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Allgemeine Zeitung. Nr. 68. Augsburg, 8. März 1840.

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des Ritterhauses über Graf Anckarswärds Vorschlag verlesen, und derselbe ohne eigentliche Abstimmung an den betreffenden Ausschuß verwiesen. Bei dieser Gelegenheit fielen noch heftige Reden. Ich wähle wiederum die von Hans Jansson als die bezeichnendste aus. "Ich habe, sagte er, mit großer Aufmerksamkeit die in Frage stehende Motion angehört, ohne darin den mindesten Grund finden zu können, weßhalb die Ritterschaft und der Adel sie anzunehmen verweigerten. Hinsichtlich der Besteuerungsart in Schweden stimme ich ganz mit Graf Anckarswärds Ansichten überein, obwohl ich glaube, daß der beabsichtigte Zweck durch die Abschaffung der Personalsteuern sicherer erreicht werden würde. Daß die Ritterschaft und der Adel Graf Anckarswärds Vorschlag auf die Art, wie geschehen, behandelt haben, kann ich mir nicht anders erklären, als daß das darin vorgeschlagene Correctiv gegen eine mögliche Weigerung der Regierung, den Beschluß der Stände ins Werk zu setzen, die betreffenden Personen in Schrecken setzte. In solchen Fällen schließen sich die Kämpfer der Regierung eng zusammen, um ihre angeblichen Rechte zu vertheidigen. Unter diesen Kämpfern hat sich Hr. v. Hartmannsdorf seit seinem Eintritt in die Regierung besonders ausgezeichnet. Seine Aeußerung im Ritterhause in Folge von Graf Anckarswärds Motion, daß das Land keiner Steuerverminderung bedürfe, charakterisirt ihn. Er hat in der That ganz consequent gehandelt, wenn er auch in dieser Frage das Recht, sich frei zu äußern, unterdrücken wollte. Das darf uns nicht verwundern, doch hoffe ich, daß sich in diesem Stande kein Rääf *) finden wird, der so verderbliche Ansichten vertheidigt." Ich würde Ihnen solche Reden nicht so umständlich anführen, wenn sie nicht die Ansichten der Mehrzahl aussprächen. Das Gefühl der Noth im Lande muß indeß äußerst groß seyn, wenn sich Hans Jansson, sonst ein sehr verständiger Mann, in einer Rede über die königlichen Finanzpropositionen hinreißen ließ, auf eine äußerst heftige, den König kränkende Weise auf den Widerspruch zwischen der königlichen Thronrede und diesen Propositionen hinzuweisen. - Im Bürgerstande vergingen die letzten Tage mit Discussionen über den Handel und über Schutzzölle, so wie über das Zollwesen, wobei namentlich ein Vorschlag, daß die Zollbeamten keine Hausvisitationen mehr sollten anstellen dürfen, lange Discussionen herbeiführte. Doch kam auch Graf Anckerswärds Motion vor, wobei namentlich Hr. Petre eine energische Rede hielt, und da der Sprecher die Verweisung an den Ausschuß nicht zugeben wollte, so nahm ein Hr. Fänander die Motion als seine eigene auf, so daß sie dennoch vorgelegt werden mußte. - Auch im Ritterhause verging ein großer Theil der Zeit mit Discussion über einen minder allgemein interessanten Gegenstand, nämlich über die Corrections- und Strafhäuser, doch brach auch hier die Spaltung der Ansichten über die große Frage des Augenblicks bei jeder Gelegenheit durch. In der Sitzung vom 15 Febr. zeigte der Landmarschall an, daß vom Constitutionsausschuß der vom vorigen Reichstag sich herschreibende Vorschlag über Einführung einer Departementsverwaltung herüber gekommen sey. Geht dieser Vorschlag durch, so liegt es im Interesse der Regierung und der Minister selbst, dem übermäßigen Beamtenwesen möglichst zu steuern. Die Regierung betreibt diesen Gegenstand auf alle Weise, und man glaubt, daß wenn der Vorschlag in den vier Ständen durchgehe, so werde die Sanction des Königs alsbald erfolgen, und dann sogleich die Einrichtung der verschiedenen Ministerien und die Ernennung ihrer Vorstände statt haben. Dadurch behält die Regierung die Leitung der Angelegenheiten in ihrer Hand, und sie kann die zum Theil unumgänglich nothwendigen Anordnungen allmählich einführen. Setzt aber die Beamtenpartei die Verwerfung des Vorschlags durch, so ist von Seite des Bürger- und Bauernstandes ein extralegaler Schritt zu besorgen, und der Reichstag wird zu einem constituirenden. Darum sind auf den Ausgang dieses Vorschlags die Blicke so gespannt. Sobald der Landmarschall den Vortrag gemacht hatte, schlug Frhr. Hugo Hamilton vor, daß dieser Gegenstand, als der wichtigste, worüber die Repräsentation auf diesem Reichstag zu entscheiden habe, vor allen andern und zwar am Anfang des nächsten Plenums um 10 Uhr vorgenommen werden solle. Frhr. Ludwig Boije, von der Beamtenpartei, fand gar nichts dagegen einzuwenden, daß der Gegenstand im nächsten Plenum vorgenommen werde, jedoch solle dieß nicht vor 12 Uhr geschehen, weil viele Mitglieder des Hauses, die Beamte seyen und in Collegien säßen, um 10 Uhr noch nicht zur Stelle seyn könnten; er wolle deßhalb ihr Recht verwahren, und jeder Möglichkeit einer Ueberraschung zuvorkommen. Ueber die Stunde ward nichts beschlossen, hinsichtlich des Tags aber versprach der Landmarschall, daß er sich mit den andern Sprechern benehmen werde, damit die Sache zugleich in allen Ständen vorkomme. Der Gegenstand soll dem nächsten Plenum als erster Vortragsgegenstand angemerkt werden. - In derselben Sitzung machte Frhr. Sprengtporten, ein Mitglied des angeblichen Triumvirats, einen Vorschlag, daß der Staat die Kopfsteuer aufgeben, und solche zur Versorgung der Armen in jeder Gemeinde verwendet werden sollte. Der Vorschlag fand wie natürlich von Seite der höhern Beamten, namentlich wieder des Hrn. v. Hartmannsdorf, heftigen Widerspruch, wurde aber am Ende doch an den Staatsausschuß verwiesen. Ein gleicher Streit erhob sich über einen Vorschlag H. Hiertas, die Abschaffung mehrerer sehr ungleich lastenden Gerichtsabgaben betreffend. Alle diese Vorschläge und Discussionen treten indeß vor der bevorstehenden Verhandlung über die Einführung einer Ministerialverwaltung in den Hintergrund.

*) Dieser junge Gutsbesitzer hatte sich besonders eifrig gegen Graf Anckarswärds Motion ausgesprochen.

des Ritterhauses über Graf Anckarswärds Vorschlag verlesen, und derselbe ohne eigentliche Abstimmung an den betreffenden Ausschuß verwiesen. Bei dieser Gelegenheit fielen noch heftige Reden. Ich wähle wiederum die von Hans Jansson als die bezeichnendste aus. „Ich habe, sagte er, mit großer Aufmerksamkeit die in Frage stehende Motion angehört, ohne darin den mindesten Grund finden zu können, weßhalb die Ritterschaft und der Adel sie anzunehmen verweigerten. Hinsichtlich der Besteuerungsart in Schweden stimme ich ganz mit Graf Anckarswärds Ansichten überein, obwohl ich glaube, daß der beabsichtigte Zweck durch die Abschaffung der Personalsteuern sicherer erreicht werden würde. Daß die Ritterschaft und der Adel Graf Anckarswärds Vorschlag auf die Art, wie geschehen, behandelt haben, kann ich mir nicht anders erklären, als daß das darin vorgeschlagene Correctiv gegen eine mögliche Weigerung der Regierung, den Beschluß der Stände ins Werk zu setzen, die betreffenden Personen in Schrecken setzte. In solchen Fällen schließen sich die Kämpfer der Regierung eng zusammen, um ihre angeblichen Rechte zu vertheidigen. Unter diesen Kämpfern hat sich Hr. v. Hartmannsdorf seit seinem Eintritt in die Regierung besonders ausgezeichnet. Seine Aeußerung im Ritterhause in Folge von Graf Anckarswärds Motion, daß das Land keiner Steuerverminderung bedürfe, charakterisirt ihn. Er hat in der That ganz consequent gehandelt, wenn er auch in dieser Frage das Recht, sich frei zu äußern, unterdrücken wollte. Das darf uns nicht verwundern, doch hoffe ich, daß sich in diesem Stande kein Rääf *) finden wird, der so verderbliche Ansichten vertheidigt.“ Ich würde Ihnen solche Reden nicht so umständlich anführen, wenn sie nicht die Ansichten der Mehrzahl aussprächen. Das Gefühl der Noth im Lande muß indeß äußerst groß seyn, wenn sich Hans Jansson, sonst ein sehr verständiger Mann, in einer Rede über die königlichen Finanzpropositionen hinreißen ließ, auf eine äußerst heftige, den König kränkende Weise auf den Widerspruch zwischen der königlichen Thronrede und diesen Propositionen hinzuweisen. – Im Bürgerstande vergingen die letzten Tage mit Discussionen über den Handel und über Schutzzölle, so wie über das Zollwesen, wobei namentlich ein Vorschlag, daß die Zollbeamten keine Hausvisitationen mehr sollten anstellen dürfen, lange Discussionen herbeiführte. Doch kam auch Graf Anckerswärds Motion vor, wobei namentlich Hr. Petre eine energische Rede hielt, und da der Sprecher die Verweisung an den Ausschuß nicht zugeben wollte, so nahm ein Hr. Fänander die Motion als seine eigene auf, so daß sie dennoch vorgelegt werden mußte. – Auch im Ritterhause verging ein großer Theil der Zeit mit Discussion über einen minder allgemein interessanten Gegenstand, nämlich über die Corrections- und Strafhäuser, doch brach auch hier die Spaltung der Ansichten über die große Frage des Augenblicks bei jeder Gelegenheit durch. In der Sitzung vom 15 Febr. zeigte der Landmarschall an, daß vom Constitutionsausschuß der vom vorigen Reichstag sich herschreibende Vorschlag über Einführung einer Departementsverwaltung herüber gekommen sey. Geht dieser Vorschlag durch, so liegt es im Interesse der Regierung und der Minister selbst, dem übermäßigen Beamtenwesen möglichst zu steuern. Die Regierung betreibt diesen Gegenstand auf alle Weise, und man glaubt, daß wenn der Vorschlag in den vier Ständen durchgehe, so werde die Sanction des Königs alsbald erfolgen, und dann sogleich die Einrichtung der verschiedenen Ministerien und die Ernennung ihrer Vorstände statt haben. Dadurch behält die Regierung die Leitung der Angelegenheiten in ihrer Hand, und sie kann die zum Theil unumgänglich nothwendigen Anordnungen allmählich einführen. Setzt aber die Beamtenpartei die Verwerfung des Vorschlags durch, so ist von Seite des Bürger- und Bauernstandes ein extralegaler Schritt zu besorgen, und der Reichstag wird zu einem constituirenden. Darum sind auf den Ausgang dieses Vorschlags die Blicke so gespannt. Sobald der Landmarschall den Vortrag gemacht hatte, schlug Frhr. Hugo Hamilton vor, daß dieser Gegenstand, als der wichtigste, worüber die Repräsentation auf diesem Reichstag zu entscheiden habe, vor allen andern und zwar am Anfang des nächsten Plenums um 10 Uhr vorgenommen werden solle. Frhr. Ludwig Boije, von der Beamtenpartei, fand gar nichts dagegen einzuwenden, daß der Gegenstand im nächsten Plenum vorgenommen werde, jedoch solle dieß nicht vor 12 Uhr geschehen, weil viele Mitglieder des Hauses, die Beamte seyen und in Collegien säßen, um 10 Uhr noch nicht zur Stelle seyn könnten; er wolle deßhalb ihr Recht verwahren, und jeder Möglichkeit einer Ueberraschung zuvorkommen. Ueber die Stunde ward nichts beschlossen, hinsichtlich des Tags aber versprach der Landmarschall, daß er sich mit den andern Sprechern benehmen werde, damit die Sache zugleich in allen Ständen vorkomme. Der Gegenstand soll dem nächsten Plenum als erster Vortragsgegenstand angemerkt werden. – In derselben Sitzung machte Frhr. Sprengtporten, ein Mitglied des angeblichen Triumvirats, einen Vorschlag, daß der Staat die Kopfsteuer aufgeben, und solche zur Versorgung der Armen in jeder Gemeinde verwendet werden sollte. Der Vorschlag fand wie natürlich von Seite der höhern Beamten, namentlich wieder des Hrn. v. Hartmannsdorf, heftigen Widerspruch, wurde aber am Ende doch an den Staatsausschuß verwiesen. Ein gleicher Streit erhob sich über einen Vorschlag H. Hiertas, die Abschaffung mehrerer sehr ungleich lastenden Gerichtsabgaben betreffend. Alle diese Vorschläge und Discussionen treten indeß vor der bevorstehenden Verhandlung über die Einführung einer Ministerialverwaltung in den Hintergrund.

*) Dieser junge Gutsbesitzer hatte sich besonders eifrig gegen Graf Anckarswärds Motion ausgesprochen.
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des Ritterhauses über Graf Anckarswärds Vorschlag verlesen, und derselbe ohne eigentliche Abstimmung an den betreffenden Ausschuß verwiesen. Bei dieser Gelegenheit fielen noch heftige Reden. Ich wähle wiederum die von Hans Jansson als die bezeichnendste aus. &#x201E;Ich habe, sagte er, mit großer Aufmerksamkeit die in Frage stehende Motion angehört, ohne darin den mindesten Grund finden zu können, weßhalb die Ritterschaft und der Adel sie anzunehmen verweigerten. Hinsichtlich der Besteuerungsart in Schweden stimme ich ganz mit Graf Anckarswärds Ansichten überein, obwohl ich glaube, daß der beabsichtigte Zweck durch die Abschaffung der Personalsteuern sicherer erreicht werden würde. Daß die Ritterschaft und der Adel Graf Anckarswärds Vorschlag auf die Art, wie geschehen, behandelt haben, kann ich mir nicht anders erklären, als daß das darin vorgeschlagene Correctiv gegen eine mögliche Weigerung der Regierung, den Beschluß der Stände ins Werk zu setzen, die betreffenden Personen in Schrecken setzte. In solchen Fällen schließen sich die Kämpfer der Regierung eng zusammen, um ihre angeblichen Rechte zu vertheidigen. Unter diesen Kämpfern hat sich Hr. v. Hartmannsdorf seit seinem Eintritt in die Regierung besonders ausgezeichnet. Seine Aeußerung im Ritterhause in Folge von Graf Anckarswärds Motion, daß das Land keiner Steuerverminderung bedürfe, charakterisirt ihn. Er hat in der That ganz consequent gehandelt, wenn er auch in dieser Frage das Recht, sich frei zu äußern, unterdrücken wollte. 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Das Gefühl der Noth im Lande muß indeß äußerst groß seyn, wenn sich Hans Jansson, sonst ein sehr verständiger Mann, in einer Rede über die königlichen Finanzpropositionen hinreißen ließ, auf eine äußerst heftige, den König kränkende Weise auf den Widerspruch zwischen der königlichen Thronrede und diesen Propositionen hinzuweisen. &#x2013; Im Bürgerstande vergingen die letzten Tage mit Discussionen über den Handel und über Schutzzölle, so wie über das Zollwesen, wobei namentlich ein Vorschlag, daß die Zollbeamten keine Hausvisitationen mehr sollten anstellen dürfen, lange Discussionen herbeiführte. Doch kam auch Graf Anckerswärds Motion vor, wobei namentlich Hr. Petre eine energische Rede hielt, und da der Sprecher die Verweisung an den Ausschuß nicht zugeben wollte, so nahm ein Hr. Fänander die Motion als seine eigene auf, so daß sie dennoch vorgelegt werden mußte. &#x2013; Auch im Ritterhause verging ein großer Theil der Zeit mit Discussion über einen minder allgemein interessanten Gegenstand, nämlich über die Corrections- und Strafhäuser, doch brach auch hier die Spaltung der Ansichten über die große Frage des Augenblicks bei jeder Gelegenheit durch. In der Sitzung vom 15 Febr. zeigte der Landmarschall an, daß vom Constitutionsausschuß der vom vorigen Reichstag sich herschreibende Vorschlag über Einführung einer Departementsverwaltung herüber gekommen sey. Geht dieser Vorschlag durch, so liegt es im Interesse der Regierung und der Minister selbst, dem übermäßigen Beamtenwesen möglichst zu steuern. Die Regierung betreibt diesen Gegenstand auf alle Weise, und man glaubt, daß wenn der Vorschlag in den vier Ständen durchgehe, so werde die Sanction des Königs alsbald erfolgen, und dann sogleich die Einrichtung der verschiedenen Ministerien und die Ernennung ihrer Vorstände statt haben. Dadurch behält die Regierung die Leitung der Angelegenheiten in ihrer Hand, und sie kann die zum Theil unumgänglich nothwendigen Anordnungen allmählich einführen. Setzt aber die Beamtenpartei die Verwerfung des Vorschlags durch, so ist von Seite des Bürger- und Bauernstandes ein extralegaler Schritt zu besorgen, und der Reichstag wird zu einem constituirenden. Darum sind auf den Ausgang dieses Vorschlags die Blicke so gespannt. Sobald der Landmarschall den Vortrag gemacht hatte, schlug Frhr. Hugo Hamilton vor, daß dieser Gegenstand, als der wichtigste, worüber die Repräsentation auf diesem Reichstag zu entscheiden habe, vor allen andern und zwar am Anfang des nächsten Plenums um 10 Uhr vorgenommen werden solle. Frhr. Ludwig Boije, von der Beamtenpartei, fand gar nichts dagegen einzuwenden, daß der Gegenstand im nächsten Plenum vorgenommen werde, jedoch solle dieß nicht vor 12 Uhr geschehen, weil viele Mitglieder des Hauses, die Beamte seyen und in Collegien säßen, um 10 Uhr noch nicht zur Stelle seyn könnten; er wolle deßhalb ihr Recht verwahren, und jeder Möglichkeit einer Ueberraschung zuvorkommen. Ueber die Stunde ward nichts beschlossen, hinsichtlich des Tags aber versprach der Landmarschall, daß er sich mit den andern Sprechern benehmen werde, damit die Sache zugleich in allen Ständen vorkomme. Der Gegenstand soll dem nächsten Plenum als erster Vortragsgegenstand angemerkt werden. &#x2013; In derselben Sitzung machte Frhr. Sprengtporten, ein Mitglied des angeblichen Triumvirats, einen Vorschlag, daß der Staat die Kopfsteuer aufgeben, und solche zur Versorgung der Armen in jeder Gemeinde verwendet werden sollte. Der Vorschlag fand wie natürlich von Seite der höhern Beamten, namentlich wieder des Hrn. v. Hartmannsdorf, heftigen Widerspruch, wurde aber am Ende doch an den Staatsausschuß verwiesen. Ein gleicher Streit erhob sich über einen Vorschlag H. Hiertas, die Abschaffung mehrerer sehr ungleich lastenden Gerichtsabgaben betreffend. Alle diese Vorschläge und Discussionen treten indeß vor der bevorstehenden Verhandlung über die Einführung einer Ministerialverwaltung in den Hintergrund.</p>
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[0541/0013] des Ritterhauses über Graf Anckarswärds Vorschlag verlesen, und derselbe ohne eigentliche Abstimmung an den betreffenden Ausschuß verwiesen. Bei dieser Gelegenheit fielen noch heftige Reden. Ich wähle wiederum die von Hans Jansson als die bezeichnendste aus. „Ich habe, sagte er, mit großer Aufmerksamkeit die in Frage stehende Motion angehört, ohne darin den mindesten Grund finden zu können, weßhalb die Ritterschaft und der Adel sie anzunehmen verweigerten. Hinsichtlich der Besteuerungsart in Schweden stimme ich ganz mit Graf Anckarswärds Ansichten überein, obwohl ich glaube, daß der beabsichtigte Zweck durch die Abschaffung der Personalsteuern sicherer erreicht werden würde. Daß die Ritterschaft und der Adel Graf Anckarswärds Vorschlag auf die Art, wie geschehen, behandelt haben, kann ich mir nicht anders erklären, als daß das darin vorgeschlagene Correctiv gegen eine mögliche Weigerung der Regierung, den Beschluß der Stände ins Werk zu setzen, die betreffenden Personen in Schrecken setzte. In solchen Fällen schließen sich die Kämpfer der Regierung eng zusammen, um ihre angeblichen Rechte zu vertheidigen. Unter diesen Kämpfern hat sich Hr. v. Hartmannsdorf seit seinem Eintritt in die Regierung besonders ausgezeichnet. Seine Aeußerung im Ritterhause in Folge von Graf Anckarswärds Motion, daß das Land keiner Steuerverminderung bedürfe, charakterisirt ihn. Er hat in der That ganz consequent gehandelt, wenn er auch in dieser Frage das Recht, sich frei zu äußern, unterdrücken wollte. Das darf uns nicht verwundern, doch hoffe ich, daß sich in diesem Stande kein Rääf *) finden wird, der so verderbliche Ansichten vertheidigt.“ Ich würde Ihnen solche Reden nicht so umständlich anführen, wenn sie nicht die Ansichten der Mehrzahl aussprächen. Das Gefühl der Noth im Lande muß indeß äußerst groß seyn, wenn sich Hans Jansson, sonst ein sehr verständiger Mann, in einer Rede über die königlichen Finanzpropositionen hinreißen ließ, auf eine äußerst heftige, den König kränkende Weise auf den Widerspruch zwischen der königlichen Thronrede und diesen Propositionen hinzuweisen. – Im Bürgerstande vergingen die letzten Tage mit Discussionen über den Handel und über Schutzzölle, so wie über das Zollwesen, wobei namentlich ein Vorschlag, daß die Zollbeamten keine Hausvisitationen mehr sollten anstellen dürfen, lange Discussionen herbeiführte. Doch kam auch Graf Anckerswärds Motion vor, wobei namentlich Hr. Petre eine energische Rede hielt, und da der Sprecher die Verweisung an den Ausschuß nicht zugeben wollte, so nahm ein Hr. Fänander die Motion als seine eigene auf, so daß sie dennoch vorgelegt werden mußte. – Auch im Ritterhause verging ein großer Theil der Zeit mit Discussion über einen minder allgemein interessanten Gegenstand, nämlich über die Corrections- und Strafhäuser, doch brach auch hier die Spaltung der Ansichten über die große Frage des Augenblicks bei jeder Gelegenheit durch. In der Sitzung vom 15 Febr. zeigte der Landmarschall an, daß vom Constitutionsausschuß der vom vorigen Reichstag sich herschreibende Vorschlag über Einführung einer Departementsverwaltung herüber gekommen sey. Geht dieser Vorschlag durch, so liegt es im Interesse der Regierung und der Minister selbst, dem übermäßigen Beamtenwesen möglichst zu steuern. Die Regierung betreibt diesen Gegenstand auf alle Weise, und man glaubt, daß wenn der Vorschlag in den vier Ständen durchgehe, so werde die Sanction des Königs alsbald erfolgen, und dann sogleich die Einrichtung der verschiedenen Ministerien und die Ernennung ihrer Vorstände statt haben. Dadurch behält die Regierung die Leitung der Angelegenheiten in ihrer Hand, und sie kann die zum Theil unumgänglich nothwendigen Anordnungen allmählich einführen. Setzt aber die Beamtenpartei die Verwerfung des Vorschlags durch, so ist von Seite des Bürger- und Bauernstandes ein extralegaler Schritt zu besorgen, und der Reichstag wird zu einem constituirenden. Darum sind auf den Ausgang dieses Vorschlags die Blicke so gespannt. Sobald der Landmarschall den Vortrag gemacht hatte, schlug Frhr. Hugo Hamilton vor, daß dieser Gegenstand, als der wichtigste, worüber die Repräsentation auf diesem Reichstag zu entscheiden habe, vor allen andern und zwar am Anfang des nächsten Plenums um 10 Uhr vorgenommen werden solle. Frhr. Ludwig Boije, von der Beamtenpartei, fand gar nichts dagegen einzuwenden, daß der Gegenstand im nächsten Plenum vorgenommen werde, jedoch solle dieß nicht vor 12 Uhr geschehen, weil viele Mitglieder des Hauses, die Beamte seyen und in Collegien säßen, um 10 Uhr noch nicht zur Stelle seyn könnten; er wolle deßhalb ihr Recht verwahren, und jeder Möglichkeit einer Ueberraschung zuvorkommen. Ueber die Stunde ward nichts beschlossen, hinsichtlich des Tags aber versprach der Landmarschall, daß er sich mit den andern Sprechern benehmen werde, damit die Sache zugleich in allen Ständen vorkomme. Der Gegenstand soll dem nächsten Plenum als erster Vortragsgegenstand angemerkt werden. – In derselben Sitzung machte Frhr. Sprengtporten, ein Mitglied des angeblichen Triumvirats, einen Vorschlag, daß der Staat die Kopfsteuer aufgeben, und solche zur Versorgung der Armen in jeder Gemeinde verwendet werden sollte. Der Vorschlag fand wie natürlich von Seite der höhern Beamten, namentlich wieder des Hrn. v. Hartmannsdorf, heftigen Widerspruch, wurde aber am Ende doch an den Staatsausschuß verwiesen. Ein gleicher Streit erhob sich über einen Vorschlag H. Hiertas, die Abschaffung mehrerer sehr ungleich lastenden Gerichtsabgaben betreffend. Alle diese Vorschläge und Discussionen treten indeß vor der bevorstehenden Verhandlung über die Einführung einer Ministerialverwaltung in den Hintergrund. *) Dieser junge Gutsbesitzer hatte sich besonders eifrig gegen Graf Anckarswärds Motion ausgesprochen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 68. Augsburg, 8. März 1840, S. 0541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_068_18400308/13>, abgerufen am 28.04.2024.