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Allgemeine Zeitung. Nr. 69. Augsburg, 9. März 1840.

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vom September unterlassen waren, und die Erwartung auf die landständischen Verhandlungen wird täglich lebhafter. Uebrigens kommen Erscheinungen vor, an welche man am wenigsten gedacht hatte. Die Zünfte, die man für verschollen hielt, sind mit frischen Zeichen und mannhaftem Worte wieder da. Die Geistlichen gehen an Hof und die Hofleute auf das Land. Die Gasthöfe füllen sich mit vornehmen Fremden zur Feier des bevorstehenden Geburtstages. Die Vermählungsfeier der Königin von England hat, dem Vernehmen nach, die Absendung eines Andenkens, 40,000 Thlr. an Werth, veranlaßt, und von dem großen Kuchen ist den Engländern, welche sich hier aufhalten, ein homöpathisch abgemessener Theil zugekommen.

Das Wahlcollegium der Residenz hat heute Morgen mit 32 gegen 4 Stimmen die Wahl eines Deputirten zur gegenwärtigen Ständeversammlung abgelehnt. - Das Cabinet hielt die Vornahme der Wahl von Seite der Residenz für ganz entschieden, und schien zu glauben, daß allenfalls nur die mehr oder minder entschiedene Gesinnung des zu Wählenden in Frage kommen könne; man hatte den Bürgern als passenden Deputirten den Landdrost Dachenhausen vorgeschlagen. Um so unerwarteter wird dem Cabinet (keineswegs der Stadt und dem Lande) die mit so überwiegender Majorität beschlossene Verweigerung der Wahl kommen.

Schweden.

Hans Jansson hat wegen seines persönlichen Ausfalls gegen den König mehrere Zurechtweisungen erfahren. Ich habe in meinem letzten Brief erwähnt, daß er dem König vorgeworfen, er habe sein in der Thronrede gegebenes Versprechen nicht gelöst, indem die Ausgaben noch so stark, wie vorher, ja stärker angesetzt seyen. Das Protokoll des Bauernstandes hatte dabei gesagt, der gesammte Bauernstand habe diesen Worten beigestimmt. Ola Jepsson aber remonstrirte in der Sitzung vom 19 und verlangte, daß statt der Worte "der ganze Stand" gesetzt werden solle "der größte Theil des Standes." Dieß geschah, und damit war im Bauernstand selbst die Sache abgemacht. Der Stadstidning vom 18 sprach sich gleichfalls darüber aus, jedoch in einem äußerst gemäßigten Tone, und die Aeußerungen Hans Janssons werden bloß "schlecht überlegt" genannt. Auch der Erzbischof sah sich veranlaßt, einen Tadel auszusprechen. Als Hans Janssons Adresse auf die Thronrede, deren ich schon früher gedachte, und sie Ihnen im Auszug mittheilte, nach ihrer einstimmigen Annahme im Bauernstand den übrigen Ständen zugesendet wurde, gab der Erzbischof, als die Deputation der Bauern im Priesterstande erschien, dieser die väterliche Warnung, doch ja in seinen Verhandlungen Maaß zu halten. Indeß hinderte Hans Janssons ungestüme Heftigkeit nicht, daß sein Adreßvorschlag im Bürgerstande mit lebhafter Zustimmung, im Priesterstande und Ritterhaus aber mit größter Rücksicht aufgenommen wurde. Eine Art von Entscheidung rückt heran; nach einer im Ritterhause geschehenen Ankündigung soll die Discussion über die Eintheilung der Verwaltung in Ministerien morgen vorgenommen werden. Als ein merkwürdiges Zeichen, wohin die Richtung der Ansichten geht, muß ich Ihnen noch eine auf dem Ritterhause gefallene Aeußerung mittheilen. Bekanntlich versammeln sich die Stände zu ihrer Unterhaltung Abends in besonderen Clubs, deren Ausgaben von der Staatscasse bestritten werden. Schon oft wurde darauf angetragen, daß alle vier Stände nur Einen Club bilden sollten, theils der geringeren Kosten wegen, theils aber und hauptsächlich, damit die Stände sich gegenseitig mehr nähern sollten. Die Sache war aus manchen Gründen, zum Theil auch aus Mangel an einem gehörigen Local, unterblieben, jetzt aber trug Graf Horn, nachdem eine Einladung von Seite des Bürgerstands zum Besuch ihres Clublocals erfolgt war, neuerdings auf Einrichtung eines gemeinsamen Clubs für alle vier Stände an, und Freihr. v. Hugo Hamilton äußerte in der Discussion hierüber, "die Sache sey von großem Gewicht, und müsse unter dem Gesichtspunkt der größern Annäherung der Stände unter einander betrachtet werden. Er hoffe, daß man dem Tag entgegengehe, wo die Versplitterung der Repräsentation in verschiedene Kammern aufhöre und deren Verschmelzung statt finde." - Welche Wichtigkeit man den morgenden Verhandlungen beimißt, davon will ich Ihnen mit nachfolgender Stelle aus dem Aftonblad einen Beweis geben: "Morgen soll der Vorschlag über eine veränderte Organisation des Conseils vermittelst Bildung von vortragenden Staatsräthen in den meisten Reichsständen zur Entscheidung kommen. Dieß ist ein wichtiger Tag für die Zukunft des schwedischen Volks. Es soll hier entschieden werden, ob ein Wunsch, den man kurz nach der Errichtung der jetzigen Verfassung aussprach, dem man aber von andern Seiten auf jedem Reichstag aus reactionärer und mißverstandener Absicht, aus Haß gegen alle wirkliche Ordnung und Kraft auf Seiten der Regierung und des Volks, entgegen arbeitete, einigermaßen in Erfüllung gehen, oder ob wir noch wenigstens zehn Jahre in die Unordnung und das Chaos zurückgeworfen werden, welche die vornehmste Veranlassung zu der in den letzten Jahren verspürten Unordnung im Lande war." Der Bauern- und Bürgerstand sind entschieden für die Maaßregel, der Priesterstand wird sie nicht verwerfen, wenn der Adel einstimmt, es hängt also von diesem letztern ab, wie sich die Zukunft des Landes gestalten soll.

Die große Frage wegen der veränderten Organisation des königlichen Staatsraths wurde Sonnabends im Ritterhause discutirt, und nach einer ziemlich langen Debatte mit 413 Stimmen gegen 19 angenommen. Im Priesterstande, wie auch im Bauernstande, wurde die Veränderung einstimmig genehmigt. Der Bürgerstand hatte die Entscheidung der Sache bis zum 26 Febr. aufgeschoben, obgleich es vorher ausgemacht war, daß die Beschlußnahme gleichzeitig in allen vier Ständen erfolgen solle. Als Ursache dieses Aufschubs wird angegeben, daß Hr. Petre, welcher jetzt in seinem Stande Alles vermag, am Sonnabend gehindert war, der Sitzung beizuwohnen; ohne seine Beistimmung wagte man nicht eine so wichtige Sache zu entscheiden. Morgen wird also diese Frage im Bürgerstand discutirt, und man ist sehr begierig, den Ausgang zu vernehmen. Das heutige Aftonblad selbst scheint einige Zweifel in dieser Hinsicht zu hegen. Obgleich die Sache von der ganzen liberalen Partei mit großem Eifer betrieben worden, wäre es nicht unmöglich, daß Hr. Petre aus Laune oder Eigensinn die vorgeschlagene Veränderung verwerfe, eben weil die Regierungspartei sie so bereitwillig angenommen. Die sämmtlichen im Ritterhause gegenwärtigen Staatsräthe, wie auch der Reichsmarschall und Generaladjutant Graf Brahe, redeten nämlich am Sonnabend für den Antrag, und nur Hr. v. Hartmansdorff, Frhr. v. Cederström und einige andere dagegen. - Morgen wird im Ritter- und im Priesterstande der Adreßvorschlag Hans Janssons in Erwägung genommen werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er aber von beiden Ständen verworfen.

Oesterreich.

Man behauptet, daß ein vor einer Stunde hier eingetroffener Courier die Nachricht von Paris gebracht, Ludwig Philipp habe sich nach vielen vergeblichen Versuchen,

vom September unterlassen waren, und die Erwartung auf die landständischen Verhandlungen wird täglich lebhafter. Uebrigens kommen Erscheinungen vor, an welche man am wenigsten gedacht hatte. Die Zünfte, die man für verschollen hielt, sind mit frischen Zeichen und mannhaftem Worte wieder da. Die Geistlichen gehen an Hof und die Hofleute auf das Land. Die Gasthöfe füllen sich mit vornehmen Fremden zur Feier des bevorstehenden Geburtstages. Die Vermählungsfeier der Königin von England hat, dem Vernehmen nach, die Absendung eines Andenkens, 40,000 Thlr. an Werth, veranlaßt, und von dem großen Kuchen ist den Engländern, welche sich hier aufhalten, ein homöpathisch abgemessener Theil zugekommen.

Das Wahlcollegium der Residenz hat heute Morgen mit 32 gegen 4 Stimmen die Wahl eines Deputirten zur gegenwärtigen Ständeversammlung abgelehnt. – Das Cabinet hielt die Vornahme der Wahl von Seite der Residenz für ganz entschieden, und schien zu glauben, daß allenfalls nur die mehr oder minder entschiedene Gesinnung des zu Wählenden in Frage kommen könne; man hatte den Bürgern als passenden Deputirten den Landdrost Dachenhausen vorgeschlagen. Um so unerwarteter wird dem Cabinet (keineswegs der Stadt und dem Lande) die mit so überwiegender Majorität beschlossene Verweigerung der Wahl kommen.

Schweden.

Hans Jansson hat wegen seines persönlichen Ausfalls gegen den König mehrere Zurechtweisungen erfahren. Ich habe in meinem letzten Brief erwähnt, daß er dem König vorgeworfen, er habe sein in der Thronrede gegebenes Versprechen nicht gelöst, indem die Ausgaben noch so stark, wie vorher, ja stärker angesetzt seyen. Das Protokoll des Bauernstandes hatte dabei gesagt, der gesammte Bauernstand habe diesen Worten beigestimmt. Ola Jepsson aber remonstrirte in der Sitzung vom 19 und verlangte, daß statt der Worte „der ganze Stand“ gesetzt werden solle „der größte Theil des Standes.“ Dieß geschah, und damit war im Bauernstand selbst die Sache abgemacht. Der Stadstidning vom 18 sprach sich gleichfalls darüber aus, jedoch in einem äußerst gemäßigten Tone, und die Aeußerungen Hans Janssons werden bloß „schlecht überlegt“ genannt. Auch der Erzbischof sah sich veranlaßt, einen Tadel auszusprechen. Als Hans Janssons Adresse auf die Thronrede, deren ich schon früher gedachte, und sie Ihnen im Auszug mittheilte, nach ihrer einstimmigen Annahme im Bauernstand den übrigen Ständen zugesendet wurde, gab der Erzbischof, als die Deputation der Bauern im Priesterstande erschien, dieser die väterliche Warnung, doch ja in seinen Verhandlungen Maaß zu halten. Indeß hinderte Hans Janssons ungestüme Heftigkeit nicht, daß sein Adreßvorschlag im Bürgerstande mit lebhafter Zustimmung, im Priesterstande und Ritterhaus aber mit größter Rücksicht aufgenommen wurde. Eine Art von Entscheidung rückt heran; nach einer im Ritterhause geschehenen Ankündigung soll die Discussion über die Eintheilung der Verwaltung in Ministerien morgen vorgenommen werden. Als ein merkwürdiges Zeichen, wohin die Richtung der Ansichten geht, muß ich Ihnen noch eine auf dem Ritterhause gefallene Aeußerung mittheilen. Bekanntlich versammeln sich die Stände zu ihrer Unterhaltung Abends in besonderen Clubs, deren Ausgaben von der Staatscasse bestritten werden. Schon oft wurde darauf angetragen, daß alle vier Stände nur Einen Club bilden sollten, theils der geringeren Kosten wegen, theils aber und hauptsächlich, damit die Stände sich gegenseitig mehr nähern sollten. Die Sache war aus manchen Gründen, zum Theil auch aus Mangel an einem gehörigen Local, unterblieben, jetzt aber trug Graf Horn, nachdem eine Einladung von Seite des Bürgerstands zum Besuch ihres Clublocals erfolgt war, neuerdings auf Einrichtung eines gemeinsamen Clubs für alle vier Stände an, und Freihr. v. Hugo Hamilton äußerte in der Discussion hierüber, „die Sache sey von großem Gewicht, und müsse unter dem Gesichtspunkt der größern Annäherung der Stände unter einander betrachtet werden. Er hoffe, daß man dem Tag entgegengehe, wo die Versplitterung der Repräsentation in verschiedene Kammern aufhöre und deren Verschmelzung statt finde.“ – Welche Wichtigkeit man den morgenden Verhandlungen beimißt, davon will ich Ihnen mit nachfolgender Stelle aus dem Aftonblad einen Beweis geben: „Morgen soll der Vorschlag über eine veränderte Organisation des Conseils vermittelst Bildung von vortragenden Staatsräthen in den meisten Reichsständen zur Entscheidung kommen. Dieß ist ein wichtiger Tag für die Zukunft des schwedischen Volks. Es soll hier entschieden werden, ob ein Wunsch, den man kurz nach der Errichtung der jetzigen Verfassung aussprach, dem man aber von andern Seiten auf jedem Reichstag aus reactionärer und mißverstandener Absicht, aus Haß gegen alle wirkliche Ordnung und Kraft auf Seiten der Regierung und des Volks, entgegen arbeitete, einigermaßen in Erfüllung gehen, oder ob wir noch wenigstens zehn Jahre in die Unordnung und das Chaos zurückgeworfen werden, welche die vornehmste Veranlassung zu der in den letzten Jahren verspürten Unordnung im Lande war.“ Der Bauern- und Bürgerstand sind entschieden für die Maaßregel, der Priesterstand wird sie nicht verwerfen, wenn der Adel einstimmt, es hängt also von diesem letztern ab, wie sich die Zukunft des Landes gestalten soll.

Die große Frage wegen der veränderten Organisation des königlichen Staatsraths wurde Sonnabends im Ritterhause discutirt, und nach einer ziemlich langen Debatte mit 413 Stimmen gegen 19 angenommen. Im Priesterstande, wie auch im Bauernstande, wurde die Veränderung einstimmig genehmigt. Der Bürgerstand hatte die Entscheidung der Sache bis zum 26 Febr. aufgeschoben, obgleich es vorher ausgemacht war, daß die Beschlußnahme gleichzeitig in allen vier Ständen erfolgen solle. Als Ursache dieses Aufschubs wird angegeben, daß Hr. Petre, welcher jetzt in seinem Stande Alles vermag, am Sonnabend gehindert war, der Sitzung beizuwohnen; ohne seine Beistimmung wagte man nicht eine so wichtige Sache zu entscheiden. Morgen wird also diese Frage im Bürgerstand discutirt, und man ist sehr begierig, den Ausgang zu vernehmen. Das heutige Aftonblad selbst scheint einige Zweifel in dieser Hinsicht zu hegen. Obgleich die Sache von der ganzen liberalen Partei mit großem Eifer betrieben worden, wäre es nicht unmöglich, daß Hr. Petre aus Laune oder Eigensinn die vorgeschlagene Veränderung verwerfe, eben weil die Regierungspartei sie so bereitwillig angenommen. Die sämmtlichen im Ritterhause gegenwärtigen Staatsräthe, wie auch der Reichsmarschall und Generaladjutant Graf Brahe, redeten nämlich am Sonnabend für den Antrag, und nur Hr. v. Hartmansdorff, Frhr. v. Cederström und einige andere dagegen. – Morgen wird im Ritter- und im Priesterstande der Adreßvorschlag Hans Janssons in Erwägung genommen werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er aber von beiden Ständen verworfen.

Oesterreich.

Man behauptet, daß ein vor einer Stunde hier eingetroffener Courier die Nachricht von Paris gebracht, Ludwig Philipp habe sich nach vielen vergeblichen Versuchen,

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[0551/0007] vom September unterlassen waren, und die Erwartung auf die landständischen Verhandlungen wird täglich lebhafter. Uebrigens kommen Erscheinungen vor, an welche man am wenigsten gedacht hatte. Die Zünfte, die man für verschollen hielt, sind mit frischen Zeichen und mannhaftem Worte wieder da. Die Geistlichen gehen an Hof und die Hofleute auf das Land. Die Gasthöfe füllen sich mit vornehmen Fremden zur Feier des bevorstehenden Geburtstages. Die Vermählungsfeier der Königin von England hat, dem Vernehmen nach, die Absendung eines Andenkens, 40,000 Thlr. an Werth, veranlaßt, und von dem großen Kuchen ist den Engländern, welche sich hier aufhalten, ein homöpathisch abgemessener Theil zugekommen. _ Hannover, 4 März. Das Wahlcollegium der Residenz hat heute Morgen mit 32 gegen 4 Stimmen die Wahl eines Deputirten zur gegenwärtigen Ständeversammlung abgelehnt. – Das Cabinet hielt die Vornahme der Wahl von Seite der Residenz für ganz entschieden, und schien zu glauben, daß allenfalls nur die mehr oder minder entschiedene Gesinnung des zu Wählenden in Frage kommen könne; man hatte den Bürgern als passenden Deputirten den Landdrost Dachenhausen vorgeschlagen. Um so unerwarteter wird dem Cabinet (keineswegs der Stadt und dem Lande) die mit so überwiegender Majorität beschlossene Verweigerung der Wahl kommen. Schweden. _ Stockholm, 21 Febr. Hans Jansson hat wegen seines persönlichen Ausfalls gegen den König mehrere Zurechtweisungen erfahren. Ich habe in meinem letzten Brief erwähnt, daß er dem König vorgeworfen, er habe sein in der Thronrede gegebenes Versprechen nicht gelöst, indem die Ausgaben noch so stark, wie vorher, ja stärker angesetzt seyen. Das Protokoll des Bauernstandes hatte dabei gesagt, der gesammte Bauernstand habe diesen Worten beigestimmt. Ola Jepsson aber remonstrirte in der Sitzung vom 19 und verlangte, daß statt der Worte „der ganze Stand“ gesetzt werden solle „der größte Theil des Standes.“ Dieß geschah, und damit war im Bauernstand selbst die Sache abgemacht. Der Stadstidning vom 18 sprach sich gleichfalls darüber aus, jedoch in einem äußerst gemäßigten Tone, und die Aeußerungen Hans Janssons werden bloß „schlecht überlegt“ genannt. Auch der Erzbischof sah sich veranlaßt, einen Tadel auszusprechen. Als Hans Janssons Adresse auf die Thronrede, deren ich schon früher gedachte, und sie Ihnen im Auszug mittheilte, nach ihrer einstimmigen Annahme im Bauernstand den übrigen Ständen zugesendet wurde, gab der Erzbischof, als die Deputation der Bauern im Priesterstande erschien, dieser die väterliche Warnung, doch ja in seinen Verhandlungen Maaß zu halten. Indeß hinderte Hans Janssons ungestüme Heftigkeit nicht, daß sein Adreßvorschlag im Bürgerstande mit lebhafter Zustimmung, im Priesterstande und Ritterhaus aber mit größter Rücksicht aufgenommen wurde. Eine Art von Entscheidung rückt heran; nach einer im Ritterhause geschehenen Ankündigung soll die Discussion über die Eintheilung der Verwaltung in Ministerien morgen vorgenommen werden. Als ein merkwürdiges Zeichen, wohin die Richtung der Ansichten geht, muß ich Ihnen noch eine auf dem Ritterhause gefallene Aeußerung mittheilen. Bekanntlich versammeln sich die Stände zu ihrer Unterhaltung Abends in besonderen Clubs, deren Ausgaben von der Staatscasse bestritten werden. Schon oft wurde darauf angetragen, daß alle vier Stände nur Einen Club bilden sollten, theils der geringeren Kosten wegen, theils aber und hauptsächlich, damit die Stände sich gegenseitig mehr nähern sollten. Die Sache war aus manchen Gründen, zum Theil auch aus Mangel an einem gehörigen Local, unterblieben, jetzt aber trug Graf Horn, nachdem eine Einladung von Seite des Bürgerstands zum Besuch ihres Clublocals erfolgt war, neuerdings auf Einrichtung eines gemeinsamen Clubs für alle vier Stände an, und Freihr. v. Hugo Hamilton äußerte in der Discussion hierüber, „die Sache sey von großem Gewicht, und müsse unter dem Gesichtspunkt der größern Annäherung der Stände unter einander betrachtet werden. Er hoffe, daß man dem Tag entgegengehe, wo die Versplitterung der Repräsentation in verschiedene Kammern aufhöre und deren Verschmelzung statt finde.“ – Welche Wichtigkeit man den morgenden Verhandlungen beimißt, davon will ich Ihnen mit nachfolgender Stelle aus dem Aftonblad einen Beweis geben: „Morgen soll der Vorschlag über eine veränderte Organisation des Conseils vermittelst Bildung von vortragenden Staatsräthen in den meisten Reichsständen zur Entscheidung kommen. Dieß ist ein wichtiger Tag für die Zukunft des schwedischen Volks. Es soll hier entschieden werden, ob ein Wunsch, den man kurz nach der Errichtung der jetzigen Verfassung aussprach, dem man aber von andern Seiten auf jedem Reichstag aus reactionärer und mißverstandener Absicht, aus Haß gegen alle wirkliche Ordnung und Kraft auf Seiten der Regierung und des Volks, entgegen arbeitete, einigermaßen in Erfüllung gehen, oder ob wir noch wenigstens zehn Jahre in die Unordnung und das Chaos zurückgeworfen werden, welche die vornehmste Veranlassung zu der in den letzten Jahren verspürten Unordnung im Lande war.“ Der Bauern- und Bürgerstand sind entschieden für die Maaßregel, der Priesterstand wird sie nicht verwerfen, wenn der Adel einstimmt, es hängt also von diesem letztern ab, wie sich die Zukunft des Landes gestalten soll. _ Stockholm, 25 Febr. Die große Frage wegen der veränderten Organisation des königlichen Staatsraths wurde Sonnabends im Ritterhause discutirt, und nach einer ziemlich langen Debatte mit 413 Stimmen gegen 19 angenommen. Im Priesterstande, wie auch im Bauernstande, wurde die Veränderung einstimmig genehmigt. Der Bürgerstand hatte die Entscheidung der Sache bis zum 26 Febr. aufgeschoben, obgleich es vorher ausgemacht war, daß die Beschlußnahme gleichzeitig in allen vier Ständen erfolgen solle. Als Ursache dieses Aufschubs wird angegeben, daß Hr. Petre, welcher jetzt in seinem Stande Alles vermag, am Sonnabend gehindert war, der Sitzung beizuwohnen; ohne seine Beistimmung wagte man nicht eine so wichtige Sache zu entscheiden. Morgen wird also diese Frage im Bürgerstand discutirt, und man ist sehr begierig, den Ausgang zu vernehmen. Das heutige Aftonblad selbst scheint einige Zweifel in dieser Hinsicht zu hegen. Obgleich die Sache von der ganzen liberalen Partei mit großem Eifer betrieben worden, wäre es nicht unmöglich, daß Hr. Petre aus Laune oder Eigensinn die vorgeschlagene Veränderung verwerfe, eben weil die Regierungspartei sie so bereitwillig angenommen. Die sämmtlichen im Ritterhause gegenwärtigen Staatsräthe, wie auch der Reichsmarschall und Generaladjutant Graf Brahe, redeten nämlich am Sonnabend für den Antrag, und nur Hr. v. Hartmansdorff, Frhr. v. Cederström und einige andere dagegen. – Morgen wird im Ritter- und im Priesterstande der Adreßvorschlag Hans Janssons in Erwägung genommen werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er aber von beiden Ständen verworfen. Oesterreich. _ Wien, 4 März. Man behauptet, daß ein vor einer Stunde hier eingetroffener Courier die Nachricht von Paris gebracht, Ludwig Philipp habe sich nach vielen vergeblichen Versuchen,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 69. Augsburg, 9. März 1840, S. 0551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_069_18400309/7>, abgerufen am 28.04.2024.