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Allgemeine Zeitung. Nr. 95. Augsburg, 4. April 1840.

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eröffnet werden soll. Solchergestalt nimmt es wirklich den Anschein, daß die orientalischen Zerwürfnisse ruhig und ohne große Störung werden ausgeglichen werden.

Die Blätter geben heute eine Personalliste des Generalstabs der französischen Armee mit Bemerkung des Alters bei jedem Individuum. Man ersieht daraus, daß auch in Frankreich der Generalstab während der verflossenen fünfundzwanzig Friedensjahre so ziemlich ergraut ist. Frankreich zählt zur Zeit zehn Marschälle, wovon die beiden jüngsten, Gerard und Valee, 66 Jahre alt sind. Molitor ist 68, Soult 69, die Herzoge von Tarent und Reggio 72, Grouchy 73, der Herzog von Belluno 75, der Herzog von Conegliano 85. Es gibt zur Zeit 73 Generallieutenants in der französischen Armee, wovon der jüngste 48 Jahre alt ist; zwischen 50 und 55 Jahren stehen zwölf, zwischen 55 und 60 Jahren achtzehn, zwischen 60 und 65 Jahren zweiunddreißig, zwischen 65 und 70 Jahren acht, und zwischen 70 und 75 Jahren zwei Generallieutenants.

Niederlande.

So viel man vernimmt, sind die Mitglieder der Generalstaaten mit dem vorgelegten Budget nichts weniger als einverstanden. Die Berathungen in den Abtheilungen sollen sowohl über das Budget als über den Vorschlag wegen Abschaffung der Syndikats zu Ende seyn, und man behauptet, daß das Budget sowohl in seiner Anlage, als in der Größe der verschiedenen Summen für ganz unannehmbar erklärt worden sey. Gestern sollten die Berathschlagungen über die Antworten, welche die Regierung auf die Bemerkungen hinsichtlich der Veränderungen im Grundgesetz gemacht hat, beginnen, und sie werden wohl kaum günstiger ausfallen, als die Bemerkungen über das Budget. Als auffallend muß ich Ihnen melden, daß die alte Eifersucht der übrigen Provinzen gegen Holland wieder mehrfach hervortritt; in der öffentlichen Sitzung am 25 März wurde über die Bildung eines Viehfonds debattirt, aus welchem die Verluste durch Viehkrankheiten vergütet werden sollten, und dabei bemerkt, man habe der wiederholt herrschenden Viehseuche nicht die mindeste Aufmerksamkeit geschenkt, bis sie endlich auch in der Provinz Holland ausgebrochen sey. So ließen sich namentlich Cats und van Sytzama vernehmen. Auch sonst ist diese Sitzung durch den ziemlich unzufriedenen Ton gegen die Regierung auffallend, und namentlich Hr. Warin bemerkte gelegentlich, man soll die Geduld der Nation nicht aufs Aeußerste treiben.

Wenn es vor einigen Tagen noch zweifelhaft hätte seyn können, ob das von der Regierung vorgelegte Budget verworfen werden würde oder nicht, so ist letzteres gewiß, seitdem man in dem Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Syndikats gleichsam zufälligerweise eine Anleihe von 30 Millionen entdeckt hat. Im J. 1836 wurde eine Schuld von 30 Millionen creirt, um früher eingegangene Verbindlichkeiten der ostindischen Besitzungen abzulösen, damit nur Eine Art ostindischer Schuld, und so eine Gleichförmigkeit in den Finanzen dieser Colonien bestehe. Da man aber nicht wußte, ob die Einziehung der alten ostindischen Schuld so schnell und so bequem zu bewerkstelligen seyn würde, so wurde festgesetzt, daß die Ausgabe der Obligationen und die Art der Ablösung später durch ein Gesetz geregelt werden sollten. Seit jener Zeit hat man nichts davon vernommen, und nun soll bei Gelegenheit der Aufhebung des Syndikats dieses Anlehen flüssig gemacht werden, und zwar zu ganz andern Zwecken, als es ursprünglich bestimmt war, denn das Anlehen soll zum Vortheil des Staatsschatzes verwirklicht werden. Was aus der alten ostindischen Schuld geworden, weiß man nicht; abgelöst ist sie nicht, sonst hätte man die 30 Millionen längst von den Generalstaaten verlangt, und weitere Aufklärungen hat die Regierung durchaus keine gegeben. Was soll mit diesen 30 Millionen geschehen? Das Syndikat hatte alte Verbindlichkeiten des Staats, Cautionen ehemaliger Beamten u. dgl. zu berichtigen, aber alle diese Items können nicht über 10 Millionen betragen; wozu nun die übrigen zwanzig Millionen? Man antwortet ganz offen: wohl wahrscheinlich, um die Unregelmäßigkeiten zu decken, welche man allmählich in den financiellen Staatsverhandlungen entdeckt hat, und wozu die Regierung am Ende des vorigen Jahrs zuerst die 56 Millionen (worunter 40 für die Handelsmaatschappy) und nachher die 15 Millionen verlangte. Erwägt man, daß außer den obigen 30 Millionen ohnehin noch 12,700,000 fl. aufgenommen werden sollen, so ist dieß wieder eine Summe von 43 Millionen, über welche kein genügender Aufschluß gegeben wird. Alle Umstände deuten darauf hin, daß die Generalstaaten nicht darauf eingehen werden: man verlangt Offenheit, und ehe die Regierung nicht diese Offenheit zeigt, werden ihre Vorschläge verworfen werden. Man verlangt Aufklärung über die ostindischen Finanzen, Aufklärung namentlich auch über die Verhältnisse der Handelsmaatschappy zur Regierung, und diese muß nachgeben, wenn nicht mehr und mehr die Krone unter den Anschuldigungen leiden soll. Die Angriffe werden immer bestimmter und rücksichtsloser, und die Regierung darf nicht daran denken, die Presse deßhalb vor Gericht ziehen zu wollen, da sie sich dadurch in ein Labyrinth verwickeln würde, aus dem schwer ein Entkommen wäre.

Italien.

Unterm 11 d. hatte ich die Ankunft des portugiesischen Diplomaten Grafen de Carreira gemeldet, was sich nun als ein Irrthum ergibt; die Ankunft eines gleichnamigen Herrn bei der brasilianischen Gesandtschaft hatte Anlaß zu dieser Verwechselung gegeben. Uebrigens wird der Graf bald hier eintreffen, und ich höre, daß zur Regulirung der Angelegenheit mit Portugal die Aussichten sich immer besser gestalten. Das Gerücht von Dom Miguels Entsagung auf den portugiesischen Thron gewinnt immer mehr Glauben; man will sogar wissen, welche Summe ihm als jährliche Einnahme zugesichert sey. Nur gewisse Anhänger seiner Partei sind nicht damit einverstanden und wenden Alles an, um eine Versöhnung zu hintertreiben. Die in Modena erscheinende Zeitung la voce della verita liefert mehrere Aufsätze, welche man aus der Feder eines bedeutenden Mannes in dieser Angelegenheit geflossen glaubt. - Einige Arrestationen haben hier und in Viterbo stattgefunden; das Gerücht sagt wegen politischer Umtriebe. - Overbek hat sein großes Bild für Frankfurt: "den göttlichen Einfluß auf die Kunst," vollendet. Alle Kenner bewundern gegenwärtig in seinem Atelier dieses Meisterwerk der neuern Malerei. - Heute früh hatten wir das seltene Schauspiel ganz Rom und die Campagna, so weit das Auge reicht, mit Schnee bedeckt zu sehen. Ein solcher Schneefall, der mehrere Stunden anhielt und einen halben Fuß hohen Schnee zur Erde brachte, hat man seit vielen Jahren hier nicht gesehen. Jetzt ist der Himmel wieder heiter, und die warm scheinende Sonne wird uns den Anblick des Contrastes - Schnee zwischen Palmen, Orangen, Citronen und andern Südfrüchten - nicht lange gestatten.

Lucca und Toscana haben in diesem Augenblick den Tod zweier Männer zu betrauern, deren Verlust für jetzt wenigstens unersetzlich scheint. Der Sorge des Marchese Mansi, welcher vor einigen Tagen starb, waren seit einer Reihe von Jahren die innern und äußern Angelegenheiten

eröffnet werden soll. Solchergestalt nimmt es wirklich den Anschein, daß die orientalischen Zerwürfnisse ruhig und ohne große Störung werden ausgeglichen werden.

Die Blätter geben heute eine Personalliste des Generalstabs der französischen Armee mit Bemerkung des Alters bei jedem Individuum. Man ersieht daraus, daß auch in Frankreich der Generalstab während der verflossenen fünfundzwanzig Friedensjahre so ziemlich ergraut ist. Frankreich zählt zur Zeit zehn Marschälle, wovon die beiden jüngsten, Gérard und Valée, 66 Jahre alt sind. Molitor ist 68, Soult 69, die Herzoge von Tarent und Reggio 72, Grouchy 73, der Herzog von Belluno 75, der Herzog von Conegliano 85. Es gibt zur Zeit 73 Generallieutenants in der französischen Armee, wovon der jüngste 48 Jahre alt ist; zwischen 50 und 55 Jahren stehen zwölf, zwischen 55 und 60 Jahren achtzehn, zwischen 60 und 65 Jahren zweiunddreißig, zwischen 65 und 70 Jahren acht, und zwischen 70 und 75 Jahren zwei Generallieutenants.

Niederlande.

So viel man vernimmt, sind die Mitglieder der Generalstaaten mit dem vorgelegten Budget nichts weniger als einverstanden. Die Berathungen in den Abtheilungen sollen sowohl über das Budget als über den Vorschlag wegen Abschaffung der Syndikats zu Ende seyn, und man behauptet, daß das Budget sowohl in seiner Anlage, als in der Größe der verschiedenen Summen für ganz unannehmbar erklärt worden sey. Gestern sollten die Berathschlagungen über die Antworten, welche die Regierung auf die Bemerkungen hinsichtlich der Veränderungen im Grundgesetz gemacht hat, beginnen, und sie werden wohl kaum günstiger ausfallen, als die Bemerkungen über das Budget. Als auffallend muß ich Ihnen melden, daß die alte Eifersucht der übrigen Provinzen gegen Holland wieder mehrfach hervortritt; in der öffentlichen Sitzung am 25 März wurde über die Bildung eines Viehfonds debattirt, aus welchem die Verluste durch Viehkrankheiten vergütet werden sollten, und dabei bemerkt, man habe der wiederholt herrschenden Viehseuche nicht die mindeste Aufmerksamkeit geschenkt, bis sie endlich auch in der Provinz Holland ausgebrochen sey. So ließen sich namentlich Cats und van Sytzama vernehmen. Auch sonst ist diese Sitzung durch den ziemlich unzufriedenen Ton gegen die Regierung auffallend, und namentlich Hr. Warin bemerkte gelegentlich, man soll die Geduld der Nation nicht aufs Aeußerste treiben.

Wenn es vor einigen Tagen noch zweifelhaft hätte seyn können, ob das von der Regierung vorgelegte Budget verworfen werden würde oder nicht, so ist letzteres gewiß, seitdem man in dem Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Syndikats gleichsam zufälligerweise eine Anleihe von 30 Millionen entdeckt hat. Im J. 1836 wurde eine Schuld von 30 Millionen creirt, um früher eingegangene Verbindlichkeiten der ostindischen Besitzungen abzulösen, damit nur Eine Art ostindischer Schuld, und so eine Gleichförmigkeit in den Finanzen dieser Colonien bestehe. Da man aber nicht wußte, ob die Einziehung der alten ostindischen Schuld so schnell und so bequem zu bewerkstelligen seyn würde, so wurde festgesetzt, daß die Ausgabe der Obligationen und die Art der Ablösung später durch ein Gesetz geregelt werden sollten. Seit jener Zeit hat man nichts davon vernommen, und nun soll bei Gelegenheit der Aufhebung des Syndikats dieses Anlehen flüssig gemacht werden, und zwar zu ganz andern Zwecken, als es ursprünglich bestimmt war, denn das Anlehen soll zum Vortheil des Staatsschatzes verwirklicht werden. Was aus der alten ostindischen Schuld geworden, weiß man nicht; abgelöst ist sie nicht, sonst hätte man die 30 Millionen längst von den Generalstaaten verlangt, und weitere Aufklärungen hat die Regierung durchaus keine gegeben. Was soll mit diesen 30 Millionen geschehen? Das Syndikat hatte alte Verbindlichkeiten des Staats, Cautionen ehemaliger Beamten u. dgl. zu berichtigen, aber alle diese Items können nicht über 10 Millionen betragen; wozu nun die übrigen zwanzig Millionen? Man antwortet ganz offen: wohl wahrscheinlich, um die Unregelmäßigkeiten zu decken, welche man allmählich in den financiellen Staatsverhandlungen entdeckt hat, und wozu die Regierung am Ende des vorigen Jahrs zuerst die 56 Millionen (worunter 40 für die Handelsmaatschappy) und nachher die 15 Millionen verlangte. Erwägt man, daß außer den obigen 30 Millionen ohnehin noch 12,700,000 fl. aufgenommen werden sollen, so ist dieß wieder eine Summe von 43 Millionen, über welche kein genügender Aufschluß gegeben wird. Alle Umstände deuten darauf hin, daß die Generalstaaten nicht darauf eingehen werden: man verlangt Offenheit, und ehe die Regierung nicht diese Offenheit zeigt, werden ihre Vorschläge verworfen werden. Man verlangt Aufklärung über die ostindischen Finanzen, Aufklärung namentlich auch über die Verhältnisse der Handelsmaatschappy zur Regierung, und diese muß nachgeben, wenn nicht mehr und mehr die Krone unter den Anschuldigungen leiden soll. Die Angriffe werden immer bestimmter und rücksichtsloser, und die Regierung darf nicht daran denken, die Presse deßhalb vor Gericht ziehen zu wollen, da sie sich dadurch in ein Labyrinth verwickeln würde, aus dem schwer ein Entkommen wäre.

Italien.

Unterm 11 d. hatte ich die Ankunft des portugiesischen Diplomaten Grafen de Carreira gemeldet, was sich nun als ein Irrthum ergibt; die Ankunft eines gleichnamigen Herrn bei der brasilianischen Gesandtschaft hatte Anlaß zu dieser Verwechselung gegeben. Uebrigens wird der Graf bald hier eintreffen, und ich höre, daß zur Regulirung der Angelegenheit mit Portugal die Aussichten sich immer besser gestalten. Das Gerücht von Dom Miguels Entsagung auf den portugiesischen Thron gewinnt immer mehr Glauben; man will sogar wissen, welche Summe ihm als jährliche Einnahme zugesichert sey. Nur gewisse Anhänger seiner Partei sind nicht damit einverstanden und wenden Alles an, um eine Versöhnung zu hintertreiben. Die in Modena erscheinende Zeitung la voce della verita liefert mehrere Aufsätze, welche man aus der Feder eines bedeutenden Mannes in dieser Angelegenheit geflossen glaubt. – Einige Arrestationen haben hier und in Viterbo stattgefunden; das Gerücht sagt wegen politischer Umtriebe. – Overbek hat sein großes Bild für Frankfurt: „den göttlichen Einfluß auf die Kunst,“ vollendet. Alle Kenner bewundern gegenwärtig in seinem Atelier dieses Meisterwerk der neuern Malerei. – Heute früh hatten wir das seltene Schauspiel ganz Rom und die Campagna, so weit das Auge reicht, mit Schnee bedeckt zu sehen. Ein solcher Schneefall, der mehrere Stunden anhielt und einen halben Fuß hohen Schnee zur Erde brachte, hat man seit vielen Jahren hier nicht gesehen. Jetzt ist der Himmel wieder heiter, und die warm scheinende Sonne wird uns den Anblick des Contrastes – Schnee zwischen Palmen, Orangen, Citronen und andern Südfrüchten – nicht lange gestatten.

Lucca und Toscana haben in diesem Augenblick den Tod zweier Männer zu betrauern, deren Verlust für jetzt wenigstens unersetzlich scheint. Der Sorge des Marchese Mansi, welcher vor einigen Tagen starb, waren seit einer Reihe von Jahren die innern und äußern Angelegenheiten

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[0756/0004] eröffnet werden soll. Solchergestalt nimmt es wirklich den Anschein, daß die orientalischen Zerwürfnisse ruhig und ohne große Störung werden ausgeglichen werden. _ Paris, 30 März. Die Blätter geben heute eine Personalliste des Generalstabs der französischen Armee mit Bemerkung des Alters bei jedem Individuum. Man ersieht daraus, daß auch in Frankreich der Generalstab während der verflossenen fünfundzwanzig Friedensjahre so ziemlich ergraut ist. Frankreich zählt zur Zeit zehn Marschälle, wovon die beiden jüngsten, Gérard und Valée, 66 Jahre alt sind. Molitor ist 68, Soult 69, die Herzoge von Tarent und Reggio 72, Grouchy 73, der Herzog von Belluno 75, der Herzog von Conegliano 85. Es gibt zur Zeit 73 Generallieutenants in der französischen Armee, wovon der jüngste 48 Jahre alt ist; zwischen 50 und 55 Jahren stehen zwölf, zwischen 55 und 60 Jahren achtzehn, zwischen 60 und 65 Jahren zweiunddreißig, zwischen 65 und 70 Jahren acht, und zwischen 70 und 75 Jahren zwei Generallieutenants. Niederlande. _ Vom Niederrhein, 29 März. So viel man vernimmt, sind die Mitglieder der Generalstaaten mit dem vorgelegten Budget nichts weniger als einverstanden. Die Berathungen in den Abtheilungen sollen sowohl über das Budget als über den Vorschlag wegen Abschaffung der Syndikats zu Ende seyn, und man behauptet, daß das Budget sowohl in seiner Anlage, als in der Größe der verschiedenen Summen für ganz unannehmbar erklärt worden sey. Gestern sollten die Berathschlagungen über die Antworten, welche die Regierung auf die Bemerkungen hinsichtlich der Veränderungen im Grundgesetz gemacht hat, beginnen, und sie werden wohl kaum günstiger ausfallen, als die Bemerkungen über das Budget. Als auffallend muß ich Ihnen melden, daß die alte Eifersucht der übrigen Provinzen gegen Holland wieder mehrfach hervortritt; in der öffentlichen Sitzung am 25 März wurde über die Bildung eines Viehfonds debattirt, aus welchem die Verluste durch Viehkrankheiten vergütet werden sollten, und dabei bemerkt, man habe der wiederholt herrschenden Viehseuche nicht die mindeste Aufmerksamkeit geschenkt, bis sie endlich auch in der Provinz Holland ausgebrochen sey. So ließen sich namentlich Cats und van Sytzama vernehmen. Auch sonst ist diese Sitzung durch den ziemlich unzufriedenen Ton gegen die Regierung auffallend, und namentlich Hr. Warin bemerkte gelegentlich, man soll die Geduld der Nation nicht aufs Aeußerste treiben. _ Vom Niederrhein, 31 März. Wenn es vor einigen Tagen noch zweifelhaft hätte seyn können, ob das von der Regierung vorgelegte Budget verworfen werden würde oder nicht, so ist letzteres gewiß, seitdem man in dem Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Syndikats gleichsam zufälligerweise eine Anleihe von 30 Millionen entdeckt hat. Im J. 1836 wurde eine Schuld von 30 Millionen creirt, um früher eingegangene Verbindlichkeiten der ostindischen Besitzungen abzulösen, damit nur Eine Art ostindischer Schuld, und so eine Gleichförmigkeit in den Finanzen dieser Colonien bestehe. Da man aber nicht wußte, ob die Einziehung der alten ostindischen Schuld so schnell und so bequem zu bewerkstelligen seyn würde, so wurde festgesetzt, daß die Ausgabe der Obligationen und die Art der Ablösung später durch ein Gesetz geregelt werden sollten. Seit jener Zeit hat man nichts davon vernommen, und nun soll bei Gelegenheit der Aufhebung des Syndikats dieses Anlehen flüssig gemacht werden, und zwar zu ganz andern Zwecken, als es ursprünglich bestimmt war, denn das Anlehen soll zum Vortheil des Staatsschatzes verwirklicht werden. Was aus der alten ostindischen Schuld geworden, weiß man nicht; abgelöst ist sie nicht, sonst hätte man die 30 Millionen längst von den Generalstaaten verlangt, und weitere Aufklärungen hat die Regierung durchaus keine gegeben. Was soll mit diesen 30 Millionen geschehen? Das Syndikat hatte alte Verbindlichkeiten des Staats, Cautionen ehemaliger Beamten u. dgl. zu berichtigen, aber alle diese Items können nicht über 10 Millionen betragen; wozu nun die übrigen zwanzig Millionen? Man antwortet ganz offen: wohl wahrscheinlich, um die Unregelmäßigkeiten zu decken, welche man allmählich in den financiellen Staatsverhandlungen entdeckt hat, und wozu die Regierung am Ende des vorigen Jahrs zuerst die 56 Millionen (worunter 40 für die Handelsmaatschappy) und nachher die 15 Millionen verlangte. Erwägt man, daß außer den obigen 30 Millionen ohnehin noch 12,700,000 fl. aufgenommen werden sollen, so ist dieß wieder eine Summe von 43 Millionen, über welche kein genügender Aufschluß gegeben wird. Alle Umstände deuten darauf hin, daß die Generalstaaten nicht darauf eingehen werden: man verlangt Offenheit, und ehe die Regierung nicht diese Offenheit zeigt, werden ihre Vorschläge verworfen werden. Man verlangt Aufklärung über die ostindischen Finanzen, Aufklärung namentlich auch über die Verhältnisse der Handelsmaatschappy zur Regierung, und diese muß nachgeben, wenn nicht mehr und mehr die Krone unter den Anschuldigungen leiden soll. Die Angriffe werden immer bestimmter und rücksichtsloser, und die Regierung darf nicht daran denken, die Presse deßhalb vor Gericht ziehen zu wollen, da sie sich dadurch in ein Labyrinth verwickeln würde, aus dem schwer ein Entkommen wäre. Italien. _ Rom, 25 März. Unterm 11 d. hatte ich die Ankunft des portugiesischen Diplomaten Grafen de Carreira gemeldet, was sich nun als ein Irrthum ergibt; die Ankunft eines gleichnamigen Herrn bei der brasilianischen Gesandtschaft hatte Anlaß zu dieser Verwechselung gegeben. Uebrigens wird der Graf bald hier eintreffen, und ich höre, daß zur Regulirung der Angelegenheit mit Portugal die Aussichten sich immer besser gestalten. Das Gerücht von Dom Miguels Entsagung auf den portugiesischen Thron gewinnt immer mehr Glauben; man will sogar wissen, welche Summe ihm als jährliche Einnahme zugesichert sey. Nur gewisse Anhänger seiner Partei sind nicht damit einverstanden und wenden Alles an, um eine Versöhnung zu hintertreiben. Die in Modena erscheinende Zeitung la voce della verita liefert mehrere Aufsätze, welche man aus der Feder eines bedeutenden Mannes in dieser Angelegenheit geflossen glaubt. – Einige Arrestationen haben hier und in Viterbo stattgefunden; das Gerücht sagt wegen politischer Umtriebe. – Overbek hat sein großes Bild für Frankfurt: „den göttlichen Einfluß auf die Kunst,“ vollendet. Alle Kenner bewundern gegenwärtig in seinem Atelier dieses Meisterwerk der neuern Malerei. – Heute früh hatten wir das seltene Schauspiel ganz Rom und die Campagna, so weit das Auge reicht, mit Schnee bedeckt zu sehen. Ein solcher Schneefall, der mehrere Stunden anhielt und einen halben Fuß hohen Schnee zur Erde brachte, hat man seit vielen Jahren hier nicht gesehen. Jetzt ist der Himmel wieder heiter, und die warm scheinende Sonne wird uns den Anblick des Contrastes – Schnee zwischen Palmen, Orangen, Citronen und andern Südfrüchten – nicht lange gestatten. _ Florenz, 28 März. Lucca und Toscana haben in diesem Augenblick den Tod zweier Männer zu betrauern, deren Verlust für jetzt wenigstens unersetzlich scheint. Der Sorge des Marchese Mansi, welcher vor einigen Tagen starb, waren seit einer Reihe von Jahren die innern und äußern Angelegenheiten

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 95. Augsburg, 4. April 1840, S. 0756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_095_18400404/4>, abgerufen am 02.05.2024.