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Allgemeine Zeitung. Nr. 123. Augsburg, 2. Mai 1840.

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Nachricht von der Unternehmung der beiden genannten Herren alsbald als die Entdeckung der nordwestlichen Durchfahrt ausposaunt, untersucht man aber den Bericht derselben genauer, so behaupten sie selbst nicht, daß sie die Durchfahrt bereits gefunden hätten, und es lassen sich auch in der That noch einige erhebliche Zweifel dagegen aufwerfen. Wir können unsern Lesern den Bericht nicht selbst mittheilen, denn er ist nicht nur etwas lang, sondern auch ohne Vergleichung mehrerer Karten, wobei aber die auf dem Continent bekannteste von Roß gar keine Dienste leistet *), so gut wie unverständlich. Die HH. Dease und Simpson fuhren am Ende Junius den Kupferminenfluß hinab und erreichten die See am 3 Julius; sie setzten sodann ihre Fahrt auf dem Polarmeer ostwärts fort, stießen unter 104° 15' westl. L. (v. G.) auf die Mündung eines Flusses, doppelt so groß als der Kupferminenfluß, und hatten bald Gelegenheit, die etwas weit gehende Zuversichtlichkeit der Karte von Roß zu erfahren. Dieser hängt keck das Cap Felix (unter 98° westl. L. v. G. und fast 70° nördl. Br.) mit dem festen Lande zusammen, was Back und diejenigen, welche ihm folgten **), weislich vermieden haben. Zu ihrem eigenen Erstaunen fanden sie bedeutend südwestwärts von dem Cap Felix eine Einfahrt, und eine starke Strömung führte sie durch eine Bay, die an beiden Eingängen etwa 10 (engl.) Meilen weit war, in der Mitte aber sich auf 3 Meilen verengerte. Sie kamen nun ostwärts hinaus über die Mündung des Großen-Fischflusses, und gelangten unter 94° 35' westl. L. v. G. zu einem schroff vorspringenden Vorgebirge, das sie Cap Britannia nannten, und auf dem sie einen kegelförmigen Steinhaufen, 14 Fuß hoch, errichteten; sie legten in denselben eine versiegelte Flasche mit einer Nachricht über ihre Entdeckungen nieder. Wir können nicht umhin, hier eine Bemerkung anzuhängen. Es heißt in dem Bericht: "nachdem wir die Scheidung Boothia's von dem amerikanischen Continent auf der Westseite des Großen-Fischflusses ausgemittelt, beschlossen wir, nicht abzustehen, bis wir auch dasselbe auf der Ostseite nachgewiesen hätten." Auf der Westseite des Großen-Fischflusses scheint man aber in den letzten Jahren keineswegs mehr einen Zusammenhang des neulich entdeckten Landes mit dem Continent vermuthet zu haben, denn außerdem, daß Commander Roß bis hieher vordrang, und auf der Karte seines Oheims zuversichtlich hier ein offenes Meer steht, so hatte auch schon Back am Ausflusse des Großen-Fischflusses (Thlew-ee-cho-dezeth) eine so starke Strömung des Meeres von Westen nach Osten gefunden, daß er nicht nur ein Offenseyn des Meeres gegen Westen als eine gewisse Sache annahm, sondern auch das Offenseyn des Meeres gegen Osten daraus schloß. Insofern ist die Entdeckung, daß das Meer zwischen dem Kupferminen- und Großen-Fischfluß nicht durch eine Landzunge gesperrt ist, keine neue Entdeckung, wiewohl die HH. Dease und Simpson zur genauen Bestimmung mancher Punkte Vieles beitrugen.

"Die Hauptfrage aber: haben sie den Streit über die nordwestliche Durchfahrt ganz gelöst, muß man bis jetzt noch mit Nein beantworten. Sie fuhren von dem oben genannten Punkt, dem Cap Britannia, unter 94° 35' westl. L. v. G. noch weiter gegen Osten; es ist nicht genau angegeben ***)***), wie weit, doch mag es in gerader, östlicher Richtung nicht viel über einen halben Grad betragen haben, so daß man ungefähr annehmen kann, sie seyen bis 94° westl. L. vorgerückt. Hier ist aber die Frage noch nicht gelöst, namentlich nicht nach der Karte von Roß, der zufolge der Isthmus, welcher die beiden Meere von einander trennen soll, zwischen 94° und 93°, ja ein zweiter Isthmus noch jenseits 93° westl. L. von Gr. liegt. Sie erstiegen an dem östlichsten Punkt, den sie erreichten, ein Vorgebirge, und sahen außer einigen Inseln nur in weiter Ferne gegen Nordosten Land; dabei ist bemerkt: "unser Ueberblick des niedern Ufers des Festlandes erstreckte sich nur fünf Meilen weit in östlicher Richtung, worauf es sich bedeutend rechts (also südwärts) zu wenden schien. Wir konnten demnach nicht zweifeln, daß wir in dem großen Golf angelangt seyen, der nach der gleichförmigen Aussage der Eskimos viele Inseln enthält, und mit zahlreichen Einschnitten sich südwärts erstreckt, bis er sich auf 40 Meilen der Repulse- und Wagerbay nähert." Damit ist aber nicht gesagt, ob das Meer bis zur Fury- und Hecla-Straße frei ist, und hier, wenn irgendwo, muß der Ausgang sich finden. Die genannten Herren haben die Frage der Lösung um ein Gutes näher gebracht, aber ganz ist sie noch nicht gelöst. Die Untersuchung dieses Golfes war Capitän Backs Hauptauftrag gewesen, als er mit dem Schiff Terror nach der Hudsonsbay abging, aber bekanntlich hat er ihn nicht ausführen können. - Die Rückreise der HH. Dease und Simpson kann uns hier trotz aller Mühseligkeiten derselben nicht wesentlich interessiren."

Deutsche und französische Poesie der Gegenwart.

Ein Artikel über die deutsche Litteratur in der Revue des deux Mondes von X. Marmier wurde in der Allg. Zeitung mehrfach besprochen. In einer neuern Nummer der genannten französischen Zeitschrift setzt nun Marmier seine Betrachtungen über die deutsche Litteratur fort, beurtheilt mehrere neuerschienene deutsche Schriften und kommt am Schluß seines Artikels auch auf das Buch der Lieder, herausgegeben von M. L. Stolle, zu reden. Darüber läßt er sich unter Anderm so vernehmen: "Wir sprachen neulich von dem Verfall der deutschen Poesie. Wenn uns noch irgend Gewissensscrupel geblieben wären über die Härte unsers Urtheils, so würde ein Buch wie dieses hinreichen, sie zu zerstreuen. Es ist nämlich eine ganz neue Anthologie lyrischer Gedichte. Ich nehme an, daß der Herausgeber bei Abfassung dieser Sammlung die ausgezeichnetsten Namen und die vollendetsten Productionen gewählt habe. Aber in Wahrheit, indem ich sie von Anfang bis zu Ende durchlaufe, finde ich viele Poeten, aber wenig Poesie, eine Menge Verse und eine außerordentliche Ideenarmuth. Nehme ich einige Lieder von Heine aus, welche gleichsam das Portal dieses neuen poetischen Baues bilden, zwei oder drei kleine elegische Compositionen von Anastasius Grün, von Lenau, und noch ein Duzend da und dort zerstreuter, mit einem mehr oder weniger bekannten Namen unterzeichneter Gedichte, so könnten die Tausende von Strophen, welcher dieser sechshundert Seiten starke Band enthält, ganz gut verloren gehen, ohne die geringste Lücke in der Litteratur zu lassen. Auch muß man sagen, daß die in diese Sammlung aus auserlesenen Productionen aufgenommenen Stücke bei uns keine sehr hohe Stelle

*) Backs Karte ist die zuverlässigste, so weit sie überhaupt reicht; bei der von Roß ist um einen Grad der Breite gefehlt, wenigstens in der, welche der deutschen Uebersetzung angehängt ist, ob auch in der Originalkarte, können wir nicht entscheiden, da wir sie im Augenblick nicht zur Hand haben.
**) Dazu gehören namentlich die Redactoren des Journal of the geographical Society, s. Vol. VI. Part. I.
***) Es ist an einer Stelle gesagt: der äußerste Punkt, den sie erreicht hätten, sey unter 68° 28' 27'' nördl. Br. und unter 97° 3' westl. L. gelegen gewesen. Dieß ist aber offenbar falsch, denn die Mündung des Großen-Fischflusses liegt unter 95° L. v. G., und über diesen Punkt sind sie hinaus nach Osten vorgerückt.

Nachricht von der Unternehmung der beiden genannten Herren alsbald als die Entdeckung der nordwestlichen Durchfahrt ausposaunt, untersucht man aber den Bericht derselben genauer, so behaupten sie selbst nicht, daß sie die Durchfahrt bereits gefunden hätten, und es lassen sich auch in der That noch einige erhebliche Zweifel dagegen aufwerfen. Wir können unsern Lesern den Bericht nicht selbst mittheilen, denn er ist nicht nur etwas lang, sondern auch ohne Vergleichung mehrerer Karten, wobei aber die auf dem Continent bekannteste von Roß gar keine Dienste leistet *), so gut wie unverständlich. Die HH. Dease und Simpson fuhren am Ende Junius den Kupferminenfluß hinab und erreichten die See am 3 Julius; sie setzten sodann ihre Fahrt auf dem Polarmeer ostwärts fort, stießen unter 104° 15' westl. L. (v. G.) auf die Mündung eines Flusses, doppelt so groß als der Kupferminenfluß, und hatten bald Gelegenheit, die etwas weit gehende Zuversichtlichkeit der Karte von Roß zu erfahren. Dieser hängt keck das Cap Felix (unter 98° westl. L. v. G. und fast 70° nördl. Br.) mit dem festen Lande zusammen, was Back und diejenigen, welche ihm folgten **), weislich vermieden haben. Zu ihrem eigenen Erstaunen fanden sie bedeutend südwestwärts von dem Cap Felix eine Einfahrt, und eine starke Strömung führte sie durch eine Bay, die an beiden Eingängen etwa 10 (engl.) Meilen weit war, in der Mitte aber sich auf 3 Meilen verengerte. Sie kamen nun ostwärts hinaus über die Mündung des Großen-Fischflusses, und gelangten unter 94° 35' westl. L. v. G. zu einem schroff vorspringenden Vorgebirge, das sie Cap Britannia nannten, und auf dem sie einen kegelförmigen Steinhaufen, 14 Fuß hoch, errichteten; sie legten in denselben eine versiegelte Flasche mit einer Nachricht über ihre Entdeckungen nieder. Wir können nicht umhin, hier eine Bemerkung anzuhängen. Es heißt in dem Bericht: „nachdem wir die Scheidung Boothia's von dem amerikanischen Continent auf der Westseite des Großen-Fischflusses ausgemittelt, beschlossen wir, nicht abzustehen, bis wir auch dasselbe auf der Ostseite nachgewiesen hätten.“ Auf der Westseite des Großen-Fischflusses scheint man aber in den letzten Jahren keineswegs mehr einen Zusammenhang des neulich entdeckten Landes mit dem Continent vermuthet zu haben, denn außerdem, daß Commander Roß bis hieher vordrang, und auf der Karte seines Oheims zuversichtlich hier ein offenes Meer steht, so hatte auch schon Back am Ausflusse des Großen-Fischflusses (Thlew-ee-cho-dezeth) eine so starke Strömung des Meeres von Westen nach Osten gefunden, daß er nicht nur ein Offenseyn des Meeres gegen Westen als eine gewisse Sache annahm, sondern auch das Offenseyn des Meeres gegen Osten daraus schloß. Insofern ist die Entdeckung, daß das Meer zwischen dem Kupferminen- und Großen-Fischfluß nicht durch eine Landzunge gesperrt ist, keine neue Entdeckung, wiewohl die HH. Dease und Simpson zur genauen Bestimmung mancher Punkte Vieles beitrugen.

„Die Hauptfrage aber: haben sie den Streit über die nordwestliche Durchfahrt ganz gelöst, muß man bis jetzt noch mit Nein beantworten. Sie fuhren von dem oben genannten Punkt, dem Cap Britannia, unter 94° 35' westl. L. v. G. noch weiter gegen Osten; es ist nicht genau angegeben ***)***), wie weit, doch mag es in gerader, östlicher Richtung nicht viel über einen halben Grad betragen haben, so daß man ungefähr annehmen kann, sie seyen bis 94° westl. L. vorgerückt. Hier ist aber die Frage noch nicht gelöst, namentlich nicht nach der Karte von Roß, der zufolge der Isthmus, welcher die beiden Meere von einander trennen soll, zwischen 94° und 93°, ja ein zweiter Isthmus noch jenseits 93° westl. L. von Gr. liegt. Sie erstiegen an dem östlichsten Punkt, den sie erreichten, ein Vorgebirge, und sahen außer einigen Inseln nur in weiter Ferne gegen Nordosten Land; dabei ist bemerkt: „unser Ueberblick des niedern Ufers des Festlandes erstreckte sich nur fünf Meilen weit in östlicher Richtung, worauf es sich bedeutend rechts (also südwärts) zu wenden schien. Wir konnten demnach nicht zweifeln, daß wir in dem großen Golf angelangt seyen, der nach der gleichförmigen Aussage der Eskimos viele Inseln enthält, und mit zahlreichen Einschnitten sich südwärts erstreckt, bis er sich auf 40 Meilen der Repulse- und Wagerbay nähert.“ Damit ist aber nicht gesagt, ob das Meer bis zur Fury- und Hecla-Straße frei ist, und hier, wenn irgendwo, muß der Ausgang sich finden. Die genannten Herren haben die Frage der Lösung um ein Gutes näher gebracht, aber ganz ist sie noch nicht gelöst. Die Untersuchung dieses Golfes war Capitän Backs Hauptauftrag gewesen, als er mit dem Schiff Terror nach der Hudsonsbay abging, aber bekanntlich hat er ihn nicht ausführen können. – Die Rückreise der HH. Dease und Simpson kann uns hier trotz aller Mühseligkeiten derselben nicht wesentlich interessiren.“

Deutsche und französische Poesie der Gegenwart.

Ein Artikel über die deutsche Litteratur in der Revue des deux Mondes von X. Marmier wurde in der Allg. Zeitung mehrfach besprochen. In einer neuern Nummer der genannten französischen Zeitschrift setzt nun Marmier seine Betrachtungen über die deutsche Litteratur fort, beurtheilt mehrere neuerschienene deutsche Schriften und kommt am Schluß seines Artikels auch auf das Buch der Lieder, herausgegeben von M. L. Stolle, zu reden. Darüber läßt er sich unter Anderm so vernehmen: „Wir sprachen neulich von dem Verfall der deutschen Poesie. Wenn uns noch irgend Gewissensscrupel geblieben wären über die Härte unsers Urtheils, so würde ein Buch wie dieses hinreichen, sie zu zerstreuen. Es ist nämlich eine ganz neue Anthologie lyrischer Gedichte. Ich nehme an, daß der Herausgeber bei Abfassung dieser Sammlung die ausgezeichnetsten Namen und die vollendetsten Productionen gewählt habe. Aber in Wahrheit, indem ich sie von Anfang bis zu Ende durchlaufe, finde ich viele Poeten, aber wenig Poesie, eine Menge Verse und eine außerordentliche Ideenarmuth. Nehme ich einige Lieder von Heine aus, welche gleichsam das Portal dieses neuen poetischen Baues bilden, zwei oder drei kleine elegische Compositionen von Anastasius Grün, von Lenau, und noch ein Duzend da und dort zerstreuter, mit einem mehr oder weniger bekannten Namen unterzeichneter Gedichte, so könnten die Tausende von Strophen, welcher dieser sechshundert Seiten starke Band enthält, ganz gut verloren gehen, ohne die geringste Lücke in der Litteratur zu lassen. Auch muß man sagen, daß die in diese Sammlung aus auserlesenen Productionen aufgenommenen Stücke bei uns keine sehr hohe Stelle

*) Backs Karte ist die zuverlässigste, so weit sie überhaupt reicht; bei der von Roß ist um einen Grad der Breite gefehlt, wenigstens in der, welche der deutschen Uebersetzung angehängt ist, ob auch in der Originalkarte, können wir nicht entscheiden, da wir sie im Augenblick nicht zur Hand haben.
**) Dazu gehören namentlich die Redactoren des Journal of the geographical Society, s. Vol. VI. Part. I.
***) Es ist an einer Stelle gesagt: der äußerste Punkt, den sie erreicht hätten, sey unter 68° 28' 27'' nördl. Br. und unter 97° 3' westl. L. gelegen gewesen. Dieß ist aber offenbar falsch, denn die Mündung des Großen-Fischflusses liegt unter 95° L. v. G., und über diesen Punkt sind sie hinaus nach Osten vorgerückt.
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[0980/0012] Nachricht von der Unternehmung der beiden genannten Herren alsbald als die Entdeckung der nordwestlichen Durchfahrt ausposaunt, untersucht man aber den Bericht derselben genauer, so behaupten sie selbst nicht, daß sie die Durchfahrt bereits gefunden hätten, und es lassen sich auch in der That noch einige erhebliche Zweifel dagegen aufwerfen. Wir können unsern Lesern den Bericht nicht selbst mittheilen, denn er ist nicht nur etwas lang, sondern auch ohne Vergleichung mehrerer Karten, wobei aber die auf dem Continent bekannteste von Roß gar keine Dienste leistet *), so gut wie unverständlich. Die HH. Dease und Simpson fuhren am Ende Junius den Kupferminenfluß hinab und erreichten die See am 3 Julius; sie setzten sodann ihre Fahrt auf dem Polarmeer ostwärts fort, stießen unter 104° 15' westl. L. (v. G.) auf die Mündung eines Flusses, doppelt so groß als der Kupferminenfluß, und hatten bald Gelegenheit, die etwas weit gehende Zuversichtlichkeit der Karte von Roß zu erfahren. Dieser hängt keck das Cap Felix (unter 98° westl. L. v. G. und fast 70° nördl. Br.) mit dem festen Lande zusammen, was Back und diejenigen, welche ihm folgten **), weislich vermieden haben. Zu ihrem eigenen Erstaunen fanden sie bedeutend südwestwärts von dem Cap Felix eine Einfahrt, und eine starke Strömung führte sie durch eine Bay, die an beiden Eingängen etwa 10 (engl.) Meilen weit war, in der Mitte aber sich auf 3 Meilen verengerte. Sie kamen nun ostwärts hinaus über die Mündung des Großen-Fischflusses, und gelangten unter 94° 35' westl. L. v. G. zu einem schroff vorspringenden Vorgebirge, das sie Cap Britannia nannten, und auf dem sie einen kegelförmigen Steinhaufen, 14 Fuß hoch, errichteten; sie legten in denselben eine versiegelte Flasche mit einer Nachricht über ihre Entdeckungen nieder. Wir können nicht umhin, hier eine Bemerkung anzuhängen. Es heißt in dem Bericht: „nachdem wir die Scheidung Boothia's von dem amerikanischen Continent auf der Westseite des Großen-Fischflusses ausgemittelt, beschlossen wir, nicht abzustehen, bis wir auch dasselbe auf der Ostseite nachgewiesen hätten.“ Auf der Westseite des Großen-Fischflusses scheint man aber in den letzten Jahren keineswegs mehr einen Zusammenhang des neulich entdeckten Landes mit dem Continent vermuthet zu haben, denn außerdem, daß Commander Roß bis hieher vordrang, und auf der Karte seines Oheims zuversichtlich hier ein offenes Meer steht, so hatte auch schon Back am Ausflusse des Großen-Fischflusses (Thlew-ee-cho-dezeth) eine so starke Strömung des Meeres von Westen nach Osten gefunden, daß er nicht nur ein Offenseyn des Meeres gegen Westen als eine gewisse Sache annahm, sondern auch das Offenseyn des Meeres gegen Osten daraus schloß. Insofern ist die Entdeckung, daß das Meer zwischen dem Kupferminen- und Großen-Fischfluß nicht durch eine Landzunge gesperrt ist, keine neue Entdeckung, wiewohl die HH. Dease und Simpson zur genauen Bestimmung mancher Punkte Vieles beitrugen. „Die Hauptfrage aber: haben sie den Streit über die nordwestliche Durchfahrt ganz gelöst, muß man bis jetzt noch mit Nein beantworten. Sie fuhren von dem oben genannten Punkt, dem Cap Britannia, unter 94° 35' westl. L. v. G. noch weiter gegen Osten; es ist nicht genau angegeben ***) ***), wie weit, doch mag es in gerader, östlicher Richtung nicht viel über einen halben Grad betragen haben, so daß man ungefähr annehmen kann, sie seyen bis 94° westl. L. vorgerückt. Hier ist aber die Frage noch nicht gelöst, namentlich nicht nach der Karte von Roß, der zufolge der Isthmus, welcher die beiden Meere von einander trennen soll, zwischen 94° und 93°, ja ein zweiter Isthmus noch jenseits 93° westl. L. von Gr. liegt. Sie erstiegen an dem östlichsten Punkt, den sie erreichten, ein Vorgebirge, und sahen außer einigen Inseln nur in weiter Ferne gegen Nordosten Land; dabei ist bemerkt: „unser Ueberblick des niedern Ufers des Festlandes erstreckte sich nur fünf Meilen weit in östlicher Richtung, worauf es sich bedeutend rechts (also südwärts) zu wenden schien. Wir konnten demnach nicht zweifeln, daß wir in dem großen Golf angelangt seyen, der nach der gleichförmigen Aussage der Eskimos viele Inseln enthält, und mit zahlreichen Einschnitten sich südwärts erstreckt, bis er sich auf 40 Meilen der Repulse- und Wagerbay nähert.“ Damit ist aber nicht gesagt, ob das Meer bis zur Fury- und Hecla-Straße frei ist, und hier, wenn irgendwo, muß der Ausgang sich finden. Die genannten Herren haben die Frage der Lösung um ein Gutes näher gebracht, aber ganz ist sie noch nicht gelöst. Die Untersuchung dieses Golfes war Capitän Backs Hauptauftrag gewesen, als er mit dem Schiff Terror nach der Hudsonsbay abging, aber bekanntlich hat er ihn nicht ausführen können. – Die Rückreise der HH. Dease und Simpson kann uns hier trotz aller Mühseligkeiten derselben nicht wesentlich interessiren.“ Deutsche und französische Poesie der Gegenwart. _ Vom Neckar. Ein Artikel über die deutsche Litteratur in der Revue des deux Mondes von X. Marmier wurde in der Allg. Zeitung mehrfach besprochen. In einer neuern Nummer der genannten französischen Zeitschrift setzt nun Marmier seine Betrachtungen über die deutsche Litteratur fort, beurtheilt mehrere neuerschienene deutsche Schriften und kommt am Schluß seines Artikels auch auf das Buch der Lieder, herausgegeben von M. L. Stolle, zu reden. Darüber läßt er sich unter Anderm so vernehmen: „Wir sprachen neulich von dem Verfall der deutschen Poesie. Wenn uns noch irgend Gewissensscrupel geblieben wären über die Härte unsers Urtheils, so würde ein Buch wie dieses hinreichen, sie zu zerstreuen. Es ist nämlich eine ganz neue Anthologie lyrischer Gedichte. Ich nehme an, daß der Herausgeber bei Abfassung dieser Sammlung die ausgezeichnetsten Namen und die vollendetsten Productionen gewählt habe. Aber in Wahrheit, indem ich sie von Anfang bis zu Ende durchlaufe, finde ich viele Poeten, aber wenig Poesie, eine Menge Verse und eine außerordentliche Ideenarmuth. Nehme ich einige Lieder von Heine aus, welche gleichsam das Portal dieses neuen poetischen Baues bilden, zwei oder drei kleine elegische Compositionen von Anastasius Grün, von Lenau, und noch ein Duzend da und dort zerstreuter, mit einem mehr oder weniger bekannten Namen unterzeichneter Gedichte, so könnten die Tausende von Strophen, welcher dieser sechshundert Seiten starke Band enthält, ganz gut verloren gehen, ohne die geringste Lücke in der Litteratur zu lassen. Auch muß man sagen, daß die in diese Sammlung aus auserlesenen Productionen aufgenommenen Stücke bei uns keine sehr hohe Stelle *) Backs Karte ist die zuverlässigste, so weit sie überhaupt reicht; bei der von Roß ist um einen Grad der Breite gefehlt, wenigstens in der, welche der deutschen Uebersetzung angehängt ist, ob auch in der Originalkarte, können wir nicht entscheiden, da wir sie im Augenblick nicht zur Hand haben. **) Dazu gehören namentlich die Redactoren des Journal of the geographical Society, s. Vol. VI. Part. I. ***) Es ist an einer Stelle gesagt: der äußerste Punkt, den sie erreicht hätten, sey unter 68° 28' 27'' nördl. Br. und unter 97° 3' westl. L. gelegen gewesen. Dieß ist aber offenbar falsch, denn die Mündung des Großen-Fischflusses liegt unter 95° L. v. G., und über diesen Punkt sind sie hinaus nach Osten vorgerückt.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 123. Augsburg, 2. Mai 1840, S. 0980. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_123_18400502/12>, abgerufen am 26.04.2024.