Allgemeine Zeitung. Nr. 132. Augsburg, 11. Mai 1840.Stimmrechts bei der Wahl von Parlamentsgliedern. Und um alle oder einige dieser Gegenstände in Betrachtung zu ziehen, konnten von sechshundert fünfundachtzig Volksvertretern keine vierzig zusammengebracht oder zusammengehalten werden. Auch die Lords trennten sich nach einer kurzen Besprechung. Unter solchen Umständen ist unsre Parlamentswoche ein fast ganz weißes Blatt, mit keinem bemerkenswerthen Gegenstande, als der Verwerfung des Hrn. Manners Sutton wegen Bestechung der Wähler." In der Unterhaussitzung vom 4 Mai waren das Wichtigste die zwei von Hrn. Hume und Sir Robert Peel an Lord Palmerston gerichteten Fragen, hinsichtlich der türkisch-ägyptischen und der neapolitanischen Angelegenheiten, nebst den vom Minister ertheilten Antworten. Hr. Hume: "Ist es wahr, was die Zeitungen angeben, daß die brittische Regierung, vermittelst Lord Ponsonby's, von neuem eingeschritten ist, um den Sultan von directen Unterhandlungen und Ausgleichungsversuchen mit Mehemed Ali abzuhalten? und hat sie bei dieser Gelegenheit im Einklang mit den übrigen europäischen Mächten oder ihren Gesandten in Konstantinopel gehandelt? Hat die Regierung Befehle ertheilt, um Repressalien gegen Mehemed Ali auszuüben? und ist es wahr, daß zwei ägyptische Schiffe, die Recruten aus Albanien nach Candia führten, von einer brittischen Fregatte aufgebracht und nach Corfu geführt wurden? und, wenn es wahr ist, wurden sie zurückgegeben oder nicht? Sind von den Ministern Ihrer Maj., oder von Lord Ponsonby dem Obristen Hodges, brittischen Generalconsul in Aegypten, Befehle zugekommen, in den Angelegenheiten Aegyptens einzuschreiten, indem er den Unterthanen des Sultans englische Pässe ertheilte, unter deren Schutz sie Aegypten verlassen konnten? - Diese Fragen sind wichtig genug, um Krieg oder Frieden herbeizuführen, und ich hoffe, daß der edle Lord sie uns auf eine kategorische Weise beantworten wird." Lord Palmerston: "Ich bin gern bereit auf diese Fragen zu antworten. Zuerst, weiß das Haus, daß im vergangenen Julius die Repräsentanten der fünf Mächte, aus Besorgniß, der Sultan möchte unter dem Druck der Umstände dem Mehemed Ali einige unnöthige und schimpfliche Zugeständnisse machen, der Pforte eine Note im Namen ihrer Höfe überreichten, in welcher sie ersucht wurde, in keiner der schwebenden Fragen mit Mehemed Ali, ohne Beistimmung der fünf Mächte, in Unterhandlung zu treten; und Lord Ponsonby ward zugleich beauftragt, allen seinen Einfluß anzuwenden, um die Pforte zur Annahme dieses Wunsches zu bewegen. Was zweitens die beiden ägyptischen Schiffe betrifft, so ist die Thatsache folgende: Der Obercommissär der jonischen Inseln, Sir Howard Douglas, der von der Ankunft zweier Schiffe an der albanischen Küste unterrichtet worden war, ermittelte, daß dieselben durch einen Unterhändler Mehemed Ali's von Griechen gemiethet, und bestimmt waren, türkische Unterthanen, die man durch Bestechung ihrem rechtmäßigen Herrn abtrünnig machen wollte, als Recruten für das den Sultan bekämpfende Heer nach Aegypten zu führen; er ließ demnach die Schiffe wegnehmen und eine Zeit lang festhalten, so daß die Anwerbung nicht stattfinden konnte, den Unterhändler selbst aber nach Malta senden; die Schiffe wurden - ohne übrigens reclamirt worden zu seyn - bald darauf freigegeben. Hinsichtlich der dritten Frage, so sind dem Obristen Hodges Befehle jener Art nicht zugekommen, da, wie bekannt, die Ertheilung englischer Pässe an nicht-brittische Unterthanen ein nur in besondern Fällen gestatteter Gebrauch ist: indessen steh' ich nicht an, in Bezug auf die türkischen Officiere zu erklären, daß Oberst Hodges nur seine Schuldigkeit thut, wenn er Unterthanen des Sultans, die, zur Empörung verführt, jetzt sich mit ihrem rechtmäßigen Herrn wieder zu verbinden trachten, allen möglichen Schutz und Vorschub angedeihen läßt." - Sir R. Peel bringt eine Frage über den Stand der Feindseligkeiten mit Neapel und über die von Frankreich angebotene Vermittlung derselben, worauf Lord Palmerston antwortet: "Die französische Regierung hat uns in der That ihre Vermittlung vor einiger Zeit angeboten, und wir haben dieselbe auf der Stelle angenommen; jetzt ersehen wir aus den letzten Depeschen von Paris und Neapel, daß die Regierung von Neapel diese Vermittlung gleichfalls angenommen hat." Sir R. Peel: "Und sind demnach die früher ertheilten Befehle zur Ausübung von Repressalien wiederrufen worden?" - Lord Palmerston: "Man war schon früher dahin übereingekommen, daß, so wie unser Repräsentant am Hofe von Neapel die Ankunft eines mit der Vermittlung beauftragten französischen Diplomaten in Neapel erfahren würde, er augenblicklich allen Officieren der englischen Schiffe Befehle zukommen lassen sollte, ihre Repressalien einzustellen; aus den heutigen Depeschen jedoch erfahren wir, daß die Vollziehung dieser Uebereinkunft dadurch verhindert wurde, daß bei Annahme der französischen Vermittelung von Seiten Neapels die neapolitanische Regierung ihre Beschlaglegung aller brittischen Schiffe in neapolitanischen Häfen noch nicht zurückgenommen hatte. Die Times erinnert bei Gelegenheit des Untersuchens fremder Schiffe, zu dem England in dem Handel mit Neapel das Recht wieder in Anspruch nimmt, an die heftigen Tiraden, mit welchen, während des Kriegs Bonaparte's mit England, der Moniteur dieses angemaßte Recht zurückwies, so wie an den wegen derselben Streitfrage 1812 mit den Vereinigten Staaten ausgebrochenen Krieg. "Und muß nun, fragt die Times, die jetzige Erneuerung jener Streitfrage von Seite Englands nicht früher oder später zu einem ernsten Conflict führen zwischen dem Staat einerseits, der dieses Seepolizeirecht nicht aufgeben, und den beiden Staaten andrerseits, die es, als eine Beleidigung der Neutralität und des Völkerrechts, nicht dulden und anerkennen wollen?" Der schon früher von uns erwähnte Braintree-Kirchensteuerproceß zwischen der Kirchengemeinde und deren Mitgliede Hrn. Burder einerseits und den Kirchenwardeinen (Churchwardens) und dem kirchlichen Gerichtshof (ecclesiastical-court) andrerseits ist nun, am 1 Mai, von der court of queen's bench zu Gunsten der Gemeinde entschieden worden, so daß das unbedingte Recht einer jeden versammelten Gemeinde, eine Kirchensteuer zu verwerfen, anerkannt wurde. Mit welchen verächtlichen Augen die torystische Partei noch immer Irland ansieht, zeigt sich deutlich in folgender Aeußerung der Times: "es ist zu viel und vielleicht nicht genug wenn wir sagen, daß mehr als die Hälfte der irischen Parlamentsglieder von Männern gesandt worden sind, die nicht mehr Recht zu stimmen haben, als eben so viele Chinesen oder Neapolitaner." Frankreich. Paris, 6 Mai. Der Courrier francais will wissen, daß die Taufe des Grafen von Paris am 28 Jul. stattfinden werde, am zweiten Tag des Jahrsfestes der Juliusrevolution. Die Pairskammer beschäftigt sich in den letzten zwei Tagen mit dem Expropriationsgesetzentwurf. In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 5 Mai nahm nach Hrn. Wüstemberg, dessen Rede für ein Manifest der Gegner der Rübenzuckerfabrication galt, der Handelsminister Hr. Gouin das Wort. Die klägliche Lage der Zucker-Interessen überhaupt entspringt, seiner Ansicht nach, nur aus Stimmrechts bei der Wahl von Parlamentsgliedern. Und um alle oder einige dieser Gegenstände in Betrachtung zu ziehen, konnten von sechshundert fünfundachtzig Volksvertretern keine vierzig zusammengebracht oder zusammengehalten werden. Auch die Lords trennten sich nach einer kurzen Besprechung. Unter solchen Umständen ist unsre Parlamentswoche ein fast ganz weißes Blatt, mit keinem bemerkenswerthen Gegenstande, als der Verwerfung des Hrn. Manners Sutton wegen Bestechung der Wähler.“ In der Unterhaussitzung vom 4 Mai waren das Wichtigste die zwei von Hrn. Hume und Sir Robert Peel an Lord Palmerston gerichteten Fragen, hinsichtlich der türkisch-ägyptischen und der neapolitanischen Angelegenheiten, nebst den vom Minister ertheilten Antworten. Hr. Hume: „Ist es wahr, was die Zeitungen angeben, daß die brittische Regierung, vermittelst Lord Ponsonby's, von neuem eingeschritten ist, um den Sultan von directen Unterhandlungen und Ausgleichungsversuchen mit Mehemed Ali abzuhalten? und hat sie bei dieser Gelegenheit im Einklang mit den übrigen europäischen Mächten oder ihren Gesandten in Konstantinopel gehandelt? Hat die Regierung Befehle ertheilt, um Repressalien gegen Mehemed Ali auszuüben? und ist es wahr, daß zwei ägyptische Schiffe, die Recruten aus Albanien nach Candia führten, von einer brittischen Fregatte aufgebracht und nach Corfu geführt wurden? und, wenn es wahr ist, wurden sie zurückgegeben oder nicht? Sind von den Ministern Ihrer Maj., oder von Lord Ponsonby dem Obristen Hodges, brittischen Generalconsul in Aegypten, Befehle zugekommen, in den Angelegenheiten Aegyptens einzuschreiten, indem er den Unterthanen des Sultans englische Pässe ertheilte, unter deren Schutz sie Aegypten verlassen konnten? – Diese Fragen sind wichtig genug, um Krieg oder Frieden herbeizuführen, und ich hoffe, daß der edle Lord sie uns auf eine kategorische Weise beantworten wird.“ Lord Palmerston: „Ich bin gern bereit auf diese Fragen zu antworten. Zuerst, weiß das Haus, daß im vergangenen Julius die Repräsentanten der fünf Mächte, aus Besorgniß, der Sultan möchte unter dem Druck der Umstände dem Mehemed Ali einige unnöthige und schimpfliche Zugeständnisse machen, der Pforte eine Note im Namen ihrer Höfe überreichten, in welcher sie ersucht wurde, in keiner der schwebenden Fragen mit Mehemed Ali, ohne Beistimmung der fünf Mächte, in Unterhandlung zu treten; und Lord Ponsonby ward zugleich beauftragt, allen seinen Einfluß anzuwenden, um die Pforte zur Annahme dieses Wunsches zu bewegen. Was zweitens die beiden ägyptischen Schiffe betrifft, so ist die Thatsache folgende: Der Obercommissär der jonischen Inseln, Sir Howard Douglas, der von der Ankunft zweier Schiffe an der albanischen Küste unterrichtet worden war, ermittelte, daß dieselben durch einen Unterhändler Mehemed Ali's von Griechen gemiethet, und bestimmt waren, türkische Unterthanen, die man durch Bestechung ihrem rechtmäßigen Herrn abtrünnig machen wollte, als Recruten für das den Sultan bekämpfende Heer nach Aegypten zu führen; er ließ demnach die Schiffe wegnehmen und eine Zeit lang festhalten, so daß die Anwerbung nicht stattfinden konnte, den Unterhändler selbst aber nach Malta senden; die Schiffe wurden – ohne übrigens reclamirt worden zu seyn – bald darauf freigegeben. Hinsichtlich der dritten Frage, so sind dem Obristen Hodges Befehle jener Art nicht zugekommen, da, wie bekannt, die Ertheilung englischer Pässe an nicht-brittische Unterthanen ein nur in besondern Fällen gestatteter Gebrauch ist: indessen steh' ich nicht an, in Bezug auf die türkischen Officiere zu erklären, daß Oberst Hodges nur seine Schuldigkeit thut, wenn er Unterthanen des Sultans, die, zur Empörung verführt, jetzt sich mit ihrem rechtmäßigen Herrn wieder zu verbinden trachten, allen möglichen Schutz und Vorschub angedeihen läßt.“ – Sir R. Peel bringt eine Frage über den Stand der Feindseligkeiten mit Neapel und über die von Frankreich angebotene Vermittlung derselben, worauf Lord Palmerston antwortet: „Die französische Regierung hat uns in der That ihre Vermittlung vor einiger Zeit angeboten, und wir haben dieselbe auf der Stelle angenommen; jetzt ersehen wir aus den letzten Depeschen von Paris und Neapel, daß die Regierung von Neapel diese Vermittlung gleichfalls angenommen hat.“ Sir R. Peel: „Und sind demnach die früher ertheilten Befehle zur Ausübung von Repressalien wiederrufen worden?“ – Lord Palmerston: „Man war schon früher dahin übereingekommen, daß, so wie unser Repräsentant am Hofe von Neapel die Ankunft eines mit der Vermittlung beauftragten französischen Diplomaten in Neapel erfahren würde, er augenblicklich allen Officieren der englischen Schiffe Befehle zukommen lassen sollte, ihre Repressalien einzustellen; aus den heutigen Depeschen jedoch erfahren wir, daß die Vollziehung dieser Uebereinkunft dadurch verhindert wurde, daß bei Annahme der französischen Vermittelung von Seiten Neapels die neapolitanische Regierung ihre Beschlaglegung aller brittischen Schiffe in neapolitanischen Häfen noch nicht zurückgenommen hatte. Die Times erinnert bei Gelegenheit des Untersuchens fremder Schiffe, zu dem England in dem Handel mit Neapel das Recht wieder in Anspruch nimmt, an die heftigen Tiraden, mit welchen, während des Kriegs Bonaparte's mit England, der Moniteur dieses angemaßte Recht zurückwies, so wie an den wegen derselben Streitfrage 1812 mit den Vereinigten Staaten ausgebrochenen Krieg. „Und muß nun, fragt die Times, die jetzige Erneuerung jener Streitfrage von Seite Englands nicht früher oder später zu einem ernsten Conflict führen zwischen dem Staat einerseits, der dieses Seepolizeirecht nicht aufgeben, und den beiden Staaten andrerseits, die es, als eine Beleidigung der Neutralität und des Völkerrechts, nicht dulden und anerkennen wollen?“ Der schon früher von uns erwähnte Braintree-Kirchensteuerproceß zwischen der Kirchengemeinde und deren Mitgliede Hrn. Burder einerseits und den Kirchenwardeinen (Churchwardens) und dem kirchlichen Gerichtshof (ecclesiastical-court) andrerseits ist nun, am 1 Mai, von der court of queen's bench zu Gunsten der Gemeinde entschieden worden, so daß das unbedingte Recht einer jeden versammelten Gemeinde, eine Kirchensteuer zu verwerfen, anerkannt wurde. Mit welchen verächtlichen Augen die torystische Partei noch immer Irland ansieht, zeigt sich deutlich in folgender Aeußerung der Times: „es ist zu viel und vielleicht nicht genug wenn wir sagen, daß mehr als die Hälfte der irischen Parlamentsglieder von Männern gesandt worden sind, die nicht mehr Recht zu stimmen haben, als eben so viele Chinesen oder Neapolitaner.“ Frankreich. Paris, 6 Mai. Der Courrier français will wissen, daß die Taufe des Grafen von Paris am 28 Jul. stattfinden werde, am zweiten Tag des Jahrsfestes der Juliusrevolution. Die Pairskammer beschäftigt sich in den letzten zwei Tagen mit dem Expropriationsgesetzentwurf. In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 5 Mai nahm nach Hrn. Wüstemberg, dessen Rede für ein Manifest der Gegner der Rübenzuckerfabrication galt, der Handelsminister Hr. Gouin das Wort. Die klägliche Lage der Zucker-Interessen überhaupt entspringt, seiner Ansicht nach, nur aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0002" n="1050"/> Stimmrechts bei der Wahl von Parlamentsgliedern. Und um alle oder einige dieser Gegenstände in Betrachtung zu ziehen, konnten von sechshundert fünfundachtzig Volksvertretern keine vierzig zusammengebracht oder zusammengehalten werden. Auch die Lords trennten sich nach einer kurzen Besprechung. Unter solchen Umständen ist unsre Parlamentswoche ein fast ganz weißes Blatt, mit keinem bemerkenswerthen Gegenstande, als der Verwerfung des Hrn. Manners Sutton wegen Bestechung der Wähler.“</p><lb/> <p>In der <hi rendition="#g">Unterhaussitzung</hi> vom 4 Mai waren das Wichtigste die zwei von Hrn. 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Sind von den Ministern Ihrer Maj., oder von Lord Ponsonby dem Obristen Hodges, brittischen Generalconsul in Aegypten, Befehle zugekommen, in den Angelegenheiten Aegyptens einzuschreiten, indem er den Unterthanen des Sultans englische Pässe ertheilte, unter deren Schutz sie Aegypten verlassen konnten? – Diese Fragen sind wichtig genug, um Krieg oder Frieden herbeizuführen, und ich hoffe, daß der edle Lord sie uns auf eine kategorische Weise beantworten wird.“ Lord <hi rendition="#g">Palmerston</hi>: „Ich bin gern bereit auf diese Fragen zu antworten. 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Was zweitens die beiden ägyptischen Schiffe betrifft, so ist die Thatsache folgende: Der Obercommissär der jonischen Inseln, Sir Howard Douglas, der von der Ankunft zweier Schiffe an der albanischen Küste unterrichtet worden war, ermittelte, daß dieselben durch einen Unterhändler Mehemed Ali's von Griechen gemiethet, und bestimmt waren, türkische Unterthanen, die man durch Bestechung ihrem rechtmäßigen Herrn abtrünnig machen wollte, als Recruten für das den Sultan bekämpfende Heer nach Aegypten zu führen; er ließ demnach die Schiffe wegnehmen und eine Zeit lang festhalten, so daß die Anwerbung nicht stattfinden konnte, den Unterhändler selbst aber nach Malta senden; die Schiffe wurden – ohne übrigens reclamirt worden zu seyn – bald darauf freigegeben. Hinsichtlich der dritten Frage, so sind dem Obristen Hodges Befehle jener Art nicht zugekommen, da, wie bekannt, die Ertheilung englischer Pässe an nicht-brittische Unterthanen ein nur in besondern Fällen gestatteter Gebrauch ist: indessen steh' ich nicht an, in Bezug auf die türkischen Officiere zu erklären, daß Oberst Hodges nur seine Schuldigkeit thut, wenn er Unterthanen des Sultans, die, zur Empörung verführt, jetzt sich mit ihrem rechtmäßigen Herrn wieder zu verbinden trachten, allen möglichen Schutz und Vorschub angedeihen läßt.“ – Sir R. <hi rendition="#g">Peel</hi> bringt eine Frage über den Stand der Feindseligkeiten mit Neapel und über die von Frankreich angebotene Vermittlung derselben, worauf Lord <hi rendition="#g">Palmerston</hi> antwortet: „Die französische Regierung hat uns in der That ihre Vermittlung vor einiger Zeit angeboten, und wir haben dieselbe auf der Stelle angenommen; jetzt ersehen wir aus den letzten Depeschen von Paris und Neapel, daß die Regierung von Neapel diese Vermittlung gleichfalls angenommen hat.“ Sir R. <hi rendition="#g">Peel</hi>: „Und sind demnach die früher ertheilten Befehle zur Ausübung von Repressalien wiederrufen worden?“ – Lord <hi rendition="#g">Palmerston</hi>: „Man war schon früher dahin übereingekommen, daß, so wie unser Repräsentant am Hofe von Neapel die Ankunft eines mit der Vermittlung beauftragten französischen Diplomaten in Neapel erfahren würde, er augenblicklich allen Officieren der englischen Schiffe Befehle zukommen lassen sollte, ihre Repressalien einzustellen; aus den heutigen Depeschen jedoch erfahren wir, daß die Vollziehung dieser Uebereinkunft dadurch verhindert wurde, daß bei Annahme der französischen Vermittelung von Seiten Neapels die neapolitanische Regierung ihre Beschlaglegung aller brittischen Schiffe in neapolitanischen Häfen noch nicht zurückgenommen hatte.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Times</hi> erinnert bei Gelegenheit des Untersuchens fremder Schiffe, zu dem England in dem Handel mit Neapel das Recht wieder in Anspruch nimmt, an die heftigen Tiraden, mit welchen, während des Kriegs Bonaparte's mit England, der Moniteur dieses angemaßte Recht zurückwies, so wie an den wegen derselben Streitfrage 1812 mit den Vereinigten Staaten ausgebrochenen Krieg. „Und muß nun, fragt die Times, die jetzige Erneuerung jener Streitfrage von Seite Englands nicht früher oder später zu einem ernsten Conflict führen zwischen dem Staat einerseits, der dieses Seepolizeirecht nicht aufgeben, und den beiden Staaten andrerseits, die es, als eine Beleidigung der Neutralität und des Völkerrechts, nicht dulden und anerkennen wollen?“</p><lb/> <p>Der schon früher von uns erwähnte Braintree-Kirchensteuerproceß zwischen der Kirchengemeinde und deren Mitgliede Hrn. 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In der Unterhaussitzung vom 4 Mai waren das Wichtigste die zwei von Hrn. Hume und Sir Robert Peel an Lord Palmerston gerichteten Fragen, hinsichtlich der türkisch-ägyptischen und der neapolitanischen Angelegenheiten, nebst den vom Minister ertheilten Antworten. Hr. Hume: „Ist es wahr, was die Zeitungen angeben, daß die brittische Regierung, vermittelst Lord Ponsonby's, von neuem eingeschritten ist, um den Sultan von directen Unterhandlungen und Ausgleichungsversuchen mit Mehemed Ali abzuhalten? und hat sie bei dieser Gelegenheit im Einklang mit den übrigen europäischen Mächten oder ihren Gesandten in Konstantinopel gehandelt? Hat die Regierung Befehle ertheilt, um Repressalien gegen Mehemed Ali auszuüben? und ist es wahr, daß zwei ägyptische Schiffe, die Recruten aus Albanien nach Candia führten, von einer brittischen Fregatte aufgebracht und nach Corfu geführt wurden? und, wenn es wahr ist, wurden sie zurückgegeben oder nicht? Sind von den Ministern Ihrer Maj., oder von Lord Ponsonby dem Obristen Hodges, brittischen Generalconsul in Aegypten, Befehle zugekommen, in den Angelegenheiten Aegyptens einzuschreiten, indem er den Unterthanen des Sultans englische Pässe ertheilte, unter deren Schutz sie Aegypten verlassen konnten? – Diese Fragen sind wichtig genug, um Krieg oder Frieden herbeizuführen, und ich hoffe, daß der edle Lord sie uns auf eine kategorische Weise beantworten wird.“ Lord Palmerston: „Ich bin gern bereit auf diese Fragen zu antworten. Zuerst, weiß das Haus, daß im vergangenen Julius die Repräsentanten der fünf Mächte, aus Besorgniß, der Sultan möchte unter dem Druck der Umstände dem Mehemed Ali einige unnöthige und schimpfliche Zugeständnisse machen, der Pforte eine Note im Namen ihrer Höfe überreichten, in welcher sie ersucht wurde, in keiner der schwebenden Fragen mit Mehemed Ali, ohne Beistimmung der fünf Mächte, in Unterhandlung zu treten; und Lord Ponsonby ward zugleich beauftragt, allen seinen Einfluß anzuwenden, um die Pforte zur Annahme dieses Wunsches zu bewegen. Was zweitens die beiden ägyptischen Schiffe betrifft, so ist die Thatsache folgende: Der Obercommissär der jonischen Inseln, Sir Howard Douglas, der von der Ankunft zweier Schiffe an der albanischen Küste unterrichtet worden war, ermittelte, daß dieselben durch einen Unterhändler Mehemed Ali's von Griechen gemiethet, und bestimmt waren, türkische Unterthanen, die man durch Bestechung ihrem rechtmäßigen Herrn abtrünnig machen wollte, als Recruten für das den Sultan bekämpfende Heer nach Aegypten zu führen; er ließ demnach die Schiffe wegnehmen und eine Zeit lang festhalten, so daß die Anwerbung nicht stattfinden konnte, den Unterhändler selbst aber nach Malta senden; die Schiffe wurden – ohne übrigens reclamirt worden zu seyn – bald darauf freigegeben. Hinsichtlich der dritten Frage, so sind dem Obristen Hodges Befehle jener Art nicht zugekommen, da, wie bekannt, die Ertheilung englischer Pässe an nicht-brittische Unterthanen ein nur in besondern Fällen gestatteter Gebrauch ist: indessen steh' ich nicht an, in Bezug auf die türkischen Officiere zu erklären, daß Oberst Hodges nur seine Schuldigkeit thut, wenn er Unterthanen des Sultans, die, zur Empörung verführt, jetzt sich mit ihrem rechtmäßigen Herrn wieder zu verbinden trachten, allen möglichen Schutz und Vorschub angedeihen läßt.“ – Sir R. Peel bringt eine Frage über den Stand der Feindseligkeiten mit Neapel und über die von Frankreich angebotene Vermittlung derselben, worauf Lord Palmerston antwortet: „Die französische Regierung hat uns in der That ihre Vermittlung vor einiger Zeit angeboten, und wir haben dieselbe auf der Stelle angenommen; jetzt ersehen wir aus den letzten Depeschen von Paris und Neapel, daß die Regierung von Neapel diese Vermittlung gleichfalls angenommen hat.“ Sir R. Peel: „Und sind demnach die früher ertheilten Befehle zur Ausübung von Repressalien wiederrufen worden?“ – Lord Palmerston: „Man war schon früher dahin übereingekommen, daß, so wie unser Repräsentant am Hofe von Neapel die Ankunft eines mit der Vermittlung beauftragten französischen Diplomaten in Neapel erfahren würde, er augenblicklich allen Officieren der englischen Schiffe Befehle zukommen lassen sollte, ihre Repressalien einzustellen; aus den heutigen Depeschen jedoch erfahren wir, daß die Vollziehung dieser Uebereinkunft dadurch verhindert wurde, daß bei Annahme der französischen Vermittelung von Seiten Neapels die neapolitanische Regierung ihre Beschlaglegung aller brittischen Schiffe in neapolitanischen Häfen noch nicht zurückgenommen hatte.
Die Times erinnert bei Gelegenheit des Untersuchens fremder Schiffe, zu dem England in dem Handel mit Neapel das Recht wieder in Anspruch nimmt, an die heftigen Tiraden, mit welchen, während des Kriegs Bonaparte's mit England, der Moniteur dieses angemaßte Recht zurückwies, so wie an den wegen derselben Streitfrage 1812 mit den Vereinigten Staaten ausgebrochenen Krieg. „Und muß nun, fragt die Times, die jetzige Erneuerung jener Streitfrage von Seite Englands nicht früher oder später zu einem ernsten Conflict führen zwischen dem Staat einerseits, der dieses Seepolizeirecht nicht aufgeben, und den beiden Staaten andrerseits, die es, als eine Beleidigung der Neutralität und des Völkerrechts, nicht dulden und anerkennen wollen?“
Der schon früher von uns erwähnte Braintree-Kirchensteuerproceß zwischen der Kirchengemeinde und deren Mitgliede Hrn. Burder einerseits und den Kirchenwardeinen (Churchwardens) und dem kirchlichen Gerichtshof (ecclesiastical-court) andrerseits ist nun, am 1 Mai, von der court of queen's bench zu Gunsten der Gemeinde entschieden worden, so daß das unbedingte Recht einer jeden versammelten Gemeinde, eine Kirchensteuer zu verwerfen, anerkannt wurde.
Mit welchen verächtlichen Augen die torystische Partei noch immer Irland ansieht, zeigt sich deutlich in folgender Aeußerung der Times: „es ist zu viel und vielleicht nicht genug wenn wir sagen, daß mehr als die Hälfte der irischen Parlamentsglieder von Männern gesandt worden sind, die nicht mehr Recht zu stimmen haben, als eben so viele Chinesen oder Neapolitaner.“
Frankreich.
_ Paris, 6 Mai.
Der Courrier français will wissen, daß die Taufe des Grafen von Paris am 28 Jul. stattfinden werde, am zweiten Tag des Jahrsfestes der Juliusrevolution.
Die Pairskammer beschäftigt sich in den letzten zwei Tagen mit dem Expropriationsgesetzentwurf.
In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 5 Mai nahm nach Hrn. Wüstemberg, dessen Rede für ein Manifest der Gegner der Rübenzuckerfabrication galt, der Handelsminister Hr. Gouin das Wort. Die klägliche Lage der Zucker-Interessen überhaupt entspringt, seiner Ansicht nach, nur aus
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
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