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Allgemeine Zeitung. Nr. 157. Augsburg, 5. Juni 1840.

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der Absatz nach Amerika sich wieder heben zu wollen scheint. Leider reißt es auch in diesem Artikel immer mehr ein, daß kleine Fabricanten mit wenigen Stücken die Messe selbst beziehen und häufig durch Nothverkäufe, und aus Mangel an Platz- und Sachkenntniß, die Preise unnöthig herabbringen. Es sind mir Verkäufe ziemlicher Partien bekannt, die mit großem Verlust bewerkstelligt worden waren. Auch die englischen schwarzen Merinos waren auffallend billiger. - Die Anstrengungen Englands, durch Wohlfeilheit und Güte der Waare den Feind "Zollverband" genannt, zu besiegen, waren am auffallendsten bei den Kattunen. Es gränzt an das Unglaubliche, wie schön sortirte Lager gefälliger Waaren zu unbegreiflich billigen Preisen auf dem Platze waren, und welchen Absatz sie trotz des hohen Zolles für das Inland fanden. Die Zollregister weisen, wie man mir aus guter Hand versichert, auf das bestimmteste nach, daß der Absatz englischer baumwollenen Waaren von Jahr zu Jahr zunimmt. Es werden von Seite unserer deutschen Fabrikländer alle Segel müssen aufgespannt werden, um sich, ungeachtet der Zollschranken, nicht übersegeln zu lassen. Man darf indeß zur Steuer der Wahrheit nicht unberührt lassen, daß die größeren Fabriken Berlins, und mehrere in Großenhain, Eilenburg, Chemnitz etc. noch immer glücklich rivalisiren und mit reger Thätigkeit vorwärts streben. Die Schweizer und Elsasser Modeartikel fanden nächst England und Berlin die bedeutendste Abnahme ihrer immer neuen und schönen Dessins. - Rohe Kattune konnten nur zu gedrückten Preisen verkauft werden, mit Ausnahme jedoch der Ebersbacher besseren. - Die Strumpfwaaren litten an demselben Uebel; Strümpfe gingen nur in feinen Sorten, Beinkleider mittelmäßig, und nur Handschuhe gut. Dagegen haben, zur Freude vieler tausend Armen im Erzgebirge, die Stickereien und Klöppeleien eine sehr gute Messe gemacht. Auch die sächsische weiße Waare verkaufte sich leicht; und nur die Treuenschen, Hirschberger und ähnliche Artikel wollten dießmal nicht so rasch als gewöhnlich abgehen. - Der große, allgemein verbreitete Luxusartikel: die Seide, spielt eine große Rolle. Sowohl von Berliner glatten, als auch französischen faconnirten Waaren wurden nach Norden und dem fernen Osten große Lager an den Mann gebracht, und die Messe kann in dieser Branche glänzend genannt werden. Nur die deutsche Kundschaft traf etwas weniger stark und mit weniger Bedürfnissen ein, wovon jedoch die großen Elberfelder Fabricanten nichts zu fühlen schienen. Die Preise der Fabricate waren unverändert, obschon vom Rohmaterial die Lager überall geräumt seyn sollen, und die Preise steigen zu wollen scheinen. Die Griechen kauften viel Barege, Tiflis hatte aber weniger Bedarf überhaupt. Am lebhaftesten war wohl der Begehr nach seidenen Fransen, die von der Mode nach allen Richtungen hin begehrt werden. An die Stelle der Shawls sind große seidene Umschlagetücher getreten, von denen die Vorräthe glatt geräumt worden sind. Der Leinenmarkt war im Allgemeinen mittelmäßig. Die Bielefelder gingen ziemlich gut; die schlesischen aber (mit Ausnahme v. Kramsta) nur flau - eine Folge der allgemein schlechten Wintergeschäfte. Auch die sächsischen feinen Sorten blieben meist unverkauft, indem nur mittlere und gröbere begehrt waren. Das Futterleinengeschäft und die Shirtings gingen dagegen sehr lebhaft. Auch die sächsischen Hosenzeuge erfreuten sich eines guten Meßabsatzes. Von Damast wurden große Posten für den Norden eingekauft. Die Rauchwaaren haben wohl seit 15 bis 20 Jahren einen so schlechten Absatz nicht gefunden, als dießmal. Der Winter war zu mild gewesen, der Absatz in England auch noch aus andern Gründen schwach, und nur die strenge Kälte in Rußland hatte in Rußland etwas Begehr hervorgerufen, der aber, wegen der enormen Preise der für Rußland sich eignenden amerikanischen Artikel bis jetzt noch wenig Befriedigung gefunden hat. Von russischen Waaren gibt es noch große, alte Lager. Selbst die russischen Hasen sind wenig begehrt; man verlangte für Ukräner 21-23 Louisd'or per Ballen. Ueberhaupt beträgt der ganze Meßvorrath an Hasen nicht mehr als 8-900 Ballen. Landfüchse sind dagegen gesucht und sehr theuer; die übrigen Landwaaren niedrig und unverkauft. Der Vorrath von Borsten ist etwa 2000 Centner gewesen; der Absatz gedrückt, die Preise um 6-10 Proc. niedriger. - Die Fortdauer der Blokade von Buenos-Ayres machte den Ledermarkt sehr gespannt. Gutes Maestrichter Sohlleder verkaufte sich reißend zu 40-44 Thlr., also 2-3 Thlr. höher als vorige Messe; Eschweger zu 36-38 Thlr. Auch das Oberleder ging rasch, jedoch zu den alten Preisen, ab. In den übrigen Artikeln ist nicht eben eine große Veränderung der Preise namhaft zu machen; überhaupt ging die Ledermesse rasch, und nur im Anfange etwas schwierig von statten, weil die Forderungen zu hoch gespannt waren. Die Zufuhr betrug etwa 30,000 Centner. Wohl seit 12 Jahren hatten wir keinen so lebhaften Roßmarkt als dießmal. Es waren an 400 Luxuspferde hier, die sich an Einkäufer von Prag, Wien, Coburg, Würzburg, Frankfurt und aus Ungarn so rasch und gut verkauften, daß der ganze Markt in drei Tagen abgemacht war. Officiere und Oekonomen aus der Nachbarschaft, obschon nur in geringer Anzahl herbeigekommen, gingen leer aus, weil sie zu spät kamen. - Der Umsatz in Juwelen war ebenfalls sehr bedeutend. Besonders nach feinen weißen Steinen war die Nachfrage stark, nach gröberer Waare, die in Massen verkauft zu werden pflegt, jedoch minder groß. Besonders wurden große Posten von Türkisen abgesetzt. - Unter den übrigen Luxusartikeln ist besonders das französische Porcellan anzuführen. Lange sahen wir nicht so große Massen aufgestellt; zwar ging es in einigen Lagern sehr lebhaft zu, aber einige neue französische Häuser dürften wohl ihren Versuch, hierher zu kommen, nicht als geglückt ansehen. Der Umsatz in kurzen Waaren ist so ziemlich immer derselbe. - Das Detailgeschäft wurde durch den Eintritt ungünstiger Witterung in der zweiten Hälfte der Messe einigermaßen gestört. - Das Wechselgeschäft war sehr lebhaft; die florirenden Münzsorten waren Conventions-Species und 20Kreuzer. Die in voriger hier zusammengeflossenen Louisd'or hatten sich fühlbar wieder verlaufen. Es fehlte namentlich an baarem Courant. Von Effecten strömten uns Wiener in beträchtlichen Summen zu, so daß der Curs gedrückt ist. - In Summa: Leipzigs Verkehr ist als im Wachsen begriffen anzusehen; daß aber einzelne Zweige von den Zeitumständen dann und wann tangirt werden, liegt in der Natur des Handels.

der Absatz nach Amerika sich wieder heben zu wollen scheint. Leider reißt es auch in diesem Artikel immer mehr ein, daß kleine Fabricanten mit wenigen Stücken die Messe selbst beziehen und häufig durch Nothverkäufe, und aus Mangel an Platz- und Sachkenntniß, die Preise unnöthig herabbringen. Es sind mir Verkäufe ziemlicher Partien bekannt, die mit großem Verlust bewerkstelligt worden waren. Auch die englischen schwarzen Merinos waren auffallend billiger. – Die Anstrengungen Englands, durch Wohlfeilheit und Güte der Waare den Feind „Zollverband“ genannt, zu besiegen, waren am auffallendsten bei den Kattunen. Es gränzt an das Unglaubliche, wie schön sortirte Lager gefälliger Waaren zu unbegreiflich billigen Preisen auf dem Platze waren, und welchen Absatz sie trotz des hohen Zolles für das Inland fanden. Die Zollregister weisen, wie man mir aus guter Hand versichert, auf das bestimmteste nach, daß der Absatz englischer baumwollenen Waaren von Jahr zu Jahr zunimmt. Es werden von Seite unserer deutschen Fabrikländer alle Segel müssen aufgespannt werden, um sich, ungeachtet der Zollschranken, nicht übersegeln zu lassen. Man darf indeß zur Steuer der Wahrheit nicht unberührt lassen, daß die größeren Fabriken Berlins, und mehrere in Großenhain, Eilenburg, Chemnitz etc. noch immer glücklich rivalisiren und mit reger Thätigkeit vorwärts streben. Die Schweizer und Elsasser Modeartikel fanden nächst England und Berlin die bedeutendste Abnahme ihrer immer neuen und schönen Dessins. – Rohe Kattune konnten nur zu gedrückten Preisen verkauft werden, mit Ausnahme jedoch der Ebersbacher besseren. – Die Strumpfwaaren litten an demselben Uebel; Strümpfe gingen nur in feinen Sorten, Beinkleider mittelmäßig, und nur Handschuhe gut. Dagegen haben, zur Freude vieler tausend Armen im Erzgebirge, die Stickereien und Klöppeleien eine sehr gute Messe gemacht. Auch die sächsische weiße Waare verkaufte sich leicht; und nur die Treuenschen, Hirschberger und ähnliche Artikel wollten dießmal nicht so rasch als gewöhnlich abgehen. – Der große, allgemein verbreitete Luxusartikel: die Seide, spielt eine große Rolle. Sowohl von Berliner glatten, als auch französischen façonnirten Waaren wurden nach Norden und dem fernen Osten große Lager an den Mann gebracht, und die Messe kann in dieser Branche glänzend genannt werden. Nur die deutsche Kundschaft traf etwas weniger stark und mit weniger Bedürfnissen ein, wovon jedoch die großen Elberfelder Fabricanten nichts zu fühlen schienen. Die Preise der Fabricate waren unverändert, obschon vom Rohmaterial die Lager überall geräumt seyn sollen, und die Preise steigen zu wollen scheinen. Die Griechen kauften viel Barege, Tiflis hatte aber weniger Bedarf überhaupt. Am lebhaftesten war wohl der Begehr nach seidenen Fransen, die von der Mode nach allen Richtungen hin begehrt werden. An die Stelle der Shawls sind große seidene Umschlagetücher getreten, von denen die Vorräthe glatt geräumt worden sind. Der Leinenmarkt war im Allgemeinen mittelmäßig. Die Bielefelder gingen ziemlich gut; die schlesischen aber (mit Ausnahme v. Kramsta) nur flau – eine Folge der allgemein schlechten Wintergeschäfte. Auch die sächsischen feinen Sorten blieben meist unverkauft, indem nur mittlere und gröbere begehrt waren. Das Futterleinengeschäft und die Shirtings gingen dagegen sehr lebhaft. Auch die sächsischen Hosenzeuge erfreuten sich eines guten Meßabsatzes. Von Damast wurden große Posten für den Norden eingekauft. Die Rauchwaaren haben wohl seit 15 bis 20 Jahren einen so schlechten Absatz nicht gefunden, als dießmal. Der Winter war zu mild gewesen, der Absatz in England auch noch aus andern Gründen schwach, und nur die strenge Kälte in Rußland hatte in Rußland etwas Begehr hervorgerufen, der aber, wegen der enormen Preise der für Rußland sich eignenden amerikanischen Artikel bis jetzt noch wenig Befriedigung gefunden hat. Von russischen Waaren gibt es noch große, alte Lager. Selbst die russischen Hasen sind wenig begehrt; man verlangte für Ukräner 21-23 Louisd'or per Ballen. Ueberhaupt beträgt der ganze Meßvorrath an Hasen nicht mehr als 8-900 Ballen. Landfüchse sind dagegen gesucht und sehr theuer; die übrigen Landwaaren niedrig und unverkauft. Der Vorrath von Borsten ist etwa 2000 Centner gewesen; der Absatz gedrückt, die Preise um 6-10 Proc. niedriger. – Die Fortdauer der Blokade von Buenos-Ayres machte den Ledermarkt sehr gespannt. Gutes Maestrichter Sohlleder verkaufte sich reißend zu 40-44 Thlr., also 2-3 Thlr. höher als vorige Messe; Eschweger zu 36-38 Thlr. Auch das Oberleder ging rasch, jedoch zu den alten Preisen, ab. In den übrigen Artikeln ist nicht eben eine große Veränderung der Preise namhaft zu machen; überhaupt ging die Ledermesse rasch, und nur im Anfange etwas schwierig von statten, weil die Forderungen zu hoch gespannt waren. Die Zufuhr betrug etwa 30,000 Centner. Wohl seit 12 Jahren hatten wir keinen so lebhaften Roßmarkt als dießmal. Es waren an 400 Luxuspferde hier, die sich an Einkäufer von Prag, Wien, Coburg, Würzburg, Frankfurt und aus Ungarn so rasch und gut verkauften, daß der ganze Markt in drei Tagen abgemacht war. Officiere und Oekonomen aus der Nachbarschaft, obschon nur in geringer Anzahl herbeigekommen, gingen leer aus, weil sie zu spät kamen. – Der Umsatz in Juwelen war ebenfalls sehr bedeutend. Besonders nach feinen weißen Steinen war die Nachfrage stark, nach gröberer Waare, die in Massen verkauft zu werden pflegt, jedoch minder groß. Besonders wurden große Posten von Türkisen abgesetzt. – Unter den übrigen Luxusartikeln ist besonders das französische Porcellan anzuführen. Lange sahen wir nicht so große Massen aufgestellt; zwar ging es in einigen Lagern sehr lebhaft zu, aber einige neue französische Häuser dürften wohl ihren Versuch, hierher zu kommen, nicht als geglückt ansehen. Der Umsatz in kurzen Waaren ist so ziemlich immer derselbe. – Das Detailgeschäft wurde durch den Eintritt ungünstiger Witterung in der zweiten Hälfte der Messe einigermaßen gestört. – Das Wechselgeschäft war sehr lebhaft; die florirenden Münzsorten waren Conventions-Species und 20Kreuzer. Die in voriger hier zusammengeflossenen Louisd'or hatten sich fühlbar wieder verlaufen. Es fehlte namentlich an baarem Courant. Von Effecten strömten uns Wiener in beträchtlichen Summen zu, so daß der Curs gedrückt ist. – In Summa: Leipzigs Verkehr ist als im Wachsen begriffen anzusehen; daß aber einzelne Zweige von den Zeitumständen dann und wann tangirt werden, liegt in der Natur des Handels.

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der Absatz nach Amerika sich wieder heben zu wollen scheint. Leider reißt es auch in diesem Artikel immer mehr ein, daß kleine Fabricanten mit wenigen Stücken die Messe selbst beziehen und häufig durch Nothverkäufe, und aus Mangel an Platz- und Sachkenntniß, die Preise unnöthig herabbringen. Es sind mir Verkäufe ziemlicher Partien bekannt, die mit großem Verlust bewerkstelligt worden waren. Auch die englischen schwarzen Merinos waren auffallend billiger. &#x2013; Die Anstrengungen Englands, durch Wohlfeilheit und Güte der Waare den Feind &#x201E;Zollverband&#x201C; genannt, zu besiegen, waren am auffallendsten bei den <hi rendition="#g">Kattunen</hi>. Es gränzt an das Unglaubliche, wie schön sortirte Lager gefälliger Waaren zu unbegreiflich billigen Preisen auf dem Platze waren, und welchen Absatz sie trotz des hohen Zolles für das Inland fanden. 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Die Griechen kauften viel Barege, Tiflis hatte aber weniger Bedarf überhaupt. Am lebhaftesten war wohl der Begehr nach seidenen Fransen, die von der Mode nach allen Richtungen hin begehrt werden. An die Stelle der Shawls sind große seidene Umschlagetücher getreten, von denen die Vorräthe glatt geräumt worden sind. Der <hi rendition="#g">Leinenmarkt</hi> war im Allgemeinen mittelmäßig. Die Bielefelder gingen ziemlich gut; die schlesischen aber (mit Ausnahme v. Kramsta) nur flau &#x2013; eine Folge der allgemein schlechten Wintergeschäfte. Auch die sächsischen <hi rendition="#g">feinen</hi> Sorten blieben meist unverkauft, indem nur mittlere und gröbere begehrt waren. Das Futterleinengeschäft und die Shirtings gingen dagegen sehr lebhaft. Auch die sächsischen Hosenzeuge erfreuten sich eines guten Meßabsatzes. Von Damast wurden große Posten für den Norden eingekauft. 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[1252/0012] der Absatz nach Amerika sich wieder heben zu wollen scheint. Leider reißt es auch in diesem Artikel immer mehr ein, daß kleine Fabricanten mit wenigen Stücken die Messe selbst beziehen und häufig durch Nothverkäufe, und aus Mangel an Platz- und Sachkenntniß, die Preise unnöthig herabbringen. Es sind mir Verkäufe ziemlicher Partien bekannt, die mit großem Verlust bewerkstelligt worden waren. Auch die englischen schwarzen Merinos waren auffallend billiger. – Die Anstrengungen Englands, durch Wohlfeilheit und Güte der Waare den Feind „Zollverband“ genannt, zu besiegen, waren am auffallendsten bei den Kattunen. Es gränzt an das Unglaubliche, wie schön sortirte Lager gefälliger Waaren zu unbegreiflich billigen Preisen auf dem Platze waren, und welchen Absatz sie trotz des hohen Zolles für das Inland fanden. Die Zollregister weisen, wie man mir aus guter Hand versichert, auf das bestimmteste nach, daß der Absatz englischer baumwollenen Waaren von Jahr zu Jahr zunimmt. Es werden von Seite unserer deutschen Fabrikländer alle Segel müssen aufgespannt werden, um sich, ungeachtet der Zollschranken, nicht übersegeln zu lassen. Man darf indeß zur Steuer der Wahrheit nicht unberührt lassen, daß die größeren Fabriken Berlins, und mehrere in Großenhain, Eilenburg, Chemnitz etc. noch immer glücklich rivalisiren und mit reger Thätigkeit vorwärts streben. Die Schweizer und Elsasser Modeartikel fanden nächst England und Berlin die bedeutendste Abnahme ihrer immer neuen und schönen Dessins. – Rohe Kattune konnten nur zu gedrückten Preisen verkauft werden, mit Ausnahme jedoch der Ebersbacher besseren. – Die Strumpfwaaren litten an demselben Uebel; Strümpfe gingen nur in feinen Sorten, Beinkleider mittelmäßig, und nur Handschuhe gut. Dagegen haben, zur Freude vieler tausend Armen im Erzgebirge, die Stickereien und Klöppeleien eine sehr gute Messe gemacht. Auch die sächsische weiße Waare verkaufte sich leicht; und nur die Treuenschen, Hirschberger und ähnliche Artikel wollten dießmal nicht so rasch als gewöhnlich abgehen. – Der große, allgemein verbreitete Luxusartikel: die Seide, spielt eine große Rolle. Sowohl von Berliner glatten, als auch französischen façonnirten Waaren wurden nach Norden und dem fernen Osten große Lager an den Mann gebracht, und die Messe kann in dieser Branche glänzend genannt werden. Nur die deutsche Kundschaft traf etwas weniger stark und mit weniger Bedürfnissen ein, wovon jedoch die großen Elberfelder Fabricanten nichts zu fühlen schienen. Die Preise der Fabricate waren unverändert, obschon vom Rohmaterial die Lager überall geräumt seyn sollen, und die Preise steigen zu wollen scheinen. Die Griechen kauften viel Barege, Tiflis hatte aber weniger Bedarf überhaupt. Am lebhaftesten war wohl der Begehr nach seidenen Fransen, die von der Mode nach allen Richtungen hin begehrt werden. An die Stelle der Shawls sind große seidene Umschlagetücher getreten, von denen die Vorräthe glatt geräumt worden sind. Der Leinenmarkt war im Allgemeinen mittelmäßig. Die Bielefelder gingen ziemlich gut; die schlesischen aber (mit Ausnahme v. Kramsta) nur flau – eine Folge der allgemein schlechten Wintergeschäfte. Auch die sächsischen feinen Sorten blieben meist unverkauft, indem nur mittlere und gröbere begehrt waren. Das Futterleinengeschäft und die Shirtings gingen dagegen sehr lebhaft. Auch die sächsischen Hosenzeuge erfreuten sich eines guten Meßabsatzes. Von Damast wurden große Posten für den Norden eingekauft. Die Rauchwaaren haben wohl seit 15 bis 20 Jahren einen so schlechten Absatz nicht gefunden, als dießmal. Der Winter war zu mild gewesen, der Absatz in England auch noch aus andern Gründen schwach, und nur die strenge Kälte in Rußland hatte in Rußland etwas Begehr hervorgerufen, der aber, wegen der enormen Preise der für Rußland sich eignenden amerikanischen Artikel bis jetzt noch wenig Befriedigung gefunden hat. Von russischen Waaren gibt es noch große, alte Lager. Selbst die russischen Hasen sind wenig begehrt; man verlangte für Ukräner 21-23 Louisd'or per Ballen. Ueberhaupt beträgt der ganze Meßvorrath an Hasen nicht mehr als 8-900 Ballen. Landfüchse sind dagegen gesucht und sehr theuer; die übrigen Landwaaren niedrig und unverkauft. Der Vorrath von Borsten ist etwa 2000 Centner gewesen; der Absatz gedrückt, die Preise um 6-10 Proc. niedriger. – Die Fortdauer der Blokade von Buenos-Ayres machte den Ledermarkt sehr gespannt. Gutes Maestrichter Sohlleder verkaufte sich reißend zu 40-44 Thlr., also 2-3 Thlr. höher als vorige Messe; Eschweger zu 36-38 Thlr. Auch das Oberleder ging rasch, jedoch zu den alten Preisen, ab. In den übrigen Artikeln ist nicht eben eine große Veränderung der Preise namhaft zu machen; überhaupt ging die Ledermesse rasch, und nur im Anfange etwas schwierig von statten, weil die Forderungen zu hoch gespannt waren. Die Zufuhr betrug etwa 30,000 Centner. Wohl seit 12 Jahren hatten wir keinen so lebhaften Roßmarkt als dießmal. Es waren an 400 Luxuspferde hier, die sich an Einkäufer von Prag, Wien, Coburg, Würzburg, Frankfurt und aus Ungarn so rasch und gut verkauften, daß der ganze Markt in drei Tagen abgemacht war. Officiere und Oekonomen aus der Nachbarschaft, obschon nur in geringer Anzahl herbeigekommen, gingen leer aus, weil sie zu spät kamen. – Der Umsatz in Juwelen war ebenfalls sehr bedeutend. Besonders nach feinen weißen Steinen war die Nachfrage stark, nach gröberer Waare, die in Massen verkauft zu werden pflegt, jedoch minder groß. Besonders wurden große Posten von Türkisen abgesetzt. – Unter den übrigen Luxusartikeln ist besonders das französische Porcellan anzuführen. Lange sahen wir nicht so große Massen aufgestellt; zwar ging es in einigen Lagern sehr lebhaft zu, aber einige neue französische Häuser dürften wohl ihren Versuch, hierher zu kommen, nicht als geglückt ansehen. Der Umsatz in kurzen Waaren ist so ziemlich immer derselbe. – Das Detailgeschäft wurde durch den Eintritt ungünstiger Witterung in der zweiten Hälfte der Messe einigermaßen gestört. – Das Wechselgeschäft war sehr lebhaft; die florirenden Münzsorten waren Conventions-Species und 20Kreuzer. Die in voriger hier zusammengeflossenen Louisd'or hatten sich fühlbar wieder verlaufen. Es fehlte namentlich an baarem Courant. Von Effecten strömten uns Wiener in beträchtlichen Summen zu, so daß der Curs gedrückt ist. – In Summa: Leipzigs Verkehr ist als im Wachsen begriffen anzusehen; daß aber einzelne Zweige von den Zeitumständen dann und wann tangirt werden, liegt in der Natur des Handels.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 157. Augsburg, 5. Juni 1840, S. 1252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_157_18400605/12>, abgerufen am 28.04.2024.