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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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Dominique Cartouche 1) und noch eine Menge anderer Gauner-
biographien, unter denen die des John Sheppard, des Ernst von
Werth und des Heinrich Giesecke, sowie des John Stanley lesens-
werth sind, und über das gaunerische Treiben der geschilderten
Personen merkwürdige Aufschlüsse geben.

Ausführliche Relation von der famosen Ziegeuner- Diebs- Mord- und
Rauber-Bande,
welche den 14. und 15. Nov. 1726 zu Gießen
durch Schwerdt, Strang und Rad, respective justificirt worden.
Von Dr. Johann Benjamin Weissenbruch, Fürstl. Hessen-
Darmst. Vormundsrath, auch Ober-Schultheissen und Peinl.
Gerichtsassessor. Frankfurt u. Leipzig 1727.

Ein tüchtiges, empfehlenswerthes Werk, voll reicher Beleh-
rung für Juristen und Polizeimänner. Jn der Sect. generalis
wird in fünf Kapiteln eine werthvolle Abhandlung über die Zi-
geuner, ihren Ursprung, erstes Auftreten in Deutschland, in
Kap. 4 über die Frage, "ob die heutigen Zigeuner echte und rechte
Posteri von denen ersten Zigeunern seien 2)", und in Kap. 5, "ob die
Zigeuner in einer Republik zu dulden", abgehandelt, wobei inter-
essante Verordnungen wider die Zigeuner in Oesterreich, Sachsen,
Würtemberg, Hessen-Darmstadt, Frankreich und Spanien ange-
führt werden. Die Darstellung der von einer sehr starken Bande
im Hessischen und den benachbarten Ländern verübten Unthaten
und die Anstalten zur Captur der Bande, sowie die Untersuchung
und Ermittelung der in ihr zur Sprache gekommenen vielen und
schweren Verbrechen ist in den 18 ersten Kapiteln umständlich und

1) Der Titel dieser vortrefflichen Biographie ist: "Leben und Thaten des
weltberüchtigten Spitzbuben Louis Dominique Cartouche und seiner Came-
raden, sammt deren ganzen Proceß, Ende Urtheil und Execution. Nach dem
wahren Pariser Exemplar übersetzt" (1722). Mit einem hübschen Kupferstich
(Porträt des Cartouche).
2) Zu beachten ist, daß auch schon Weissenbruch den "Zigeunern" seiner
Zeit die Abstammung von den zu Anfang des 15. Jahrhunderts eingewanderten
Zigeunern abspricht und sie für ein "aus allerhand Nationen zusammen-
gelaufenes Volk", die in Deutschland vagirenden sogenannten "Zigeuner" geradezu
für "deutsche Spitzbuben" erklärt.

Dominique Cartouche 1) und noch eine Menge anderer Gauner-
biographien, unter denen die des John Sheppard, des Ernſt von
Werth und des Heinrich Gieſecke, ſowie des John Stanley leſens-
werth ſind, und über das gauneriſche Treiben der geſchilderten
Perſonen merkwürdige Aufſchlüſſe geben.

Ausführliche Relation von der famoſen Ziegeuner- Diebs- Mord- und
Rauber-Bande,
welche den 14. und 15. Nov. 1726 zu Gießen
durch Schwerdt, Strang und Rad, respective juſtificirt worden.
Von Dr. Johann Benjamin Weiſſenbruch, Fürſtl. Heſſen-
Darmſt. Vormundsrath, auch Ober-Schultheiſſen und Peinl.
Gerichtsaſſeſſor. Frankfurt u. Leipzig 1727.

Ein tüchtiges, empfehlenswerthes Werk, voll reicher Beleh-
rung für Juriſten und Polizeimänner. Jn der Sect. generalis
wird in fünf Kapiteln eine werthvolle Abhandlung über die Zi-
geuner, ihren Urſprung, erſtes Auftreten in Deutſchland, in
Kap. 4 über die Frage, „ob die heutigen Zigeuner echte und rechte
Poſteri von denen erſten Zigeunern ſeien 2)“, und in Kap. 5, „ob die
Zigeuner in einer Republik zu dulden“, abgehandelt, wobei inter-
eſſante Verordnungen wider die Zigeuner in Oeſterreich, Sachſen,
Würtemberg, Heſſen-Darmſtadt, Frankreich und Spanien ange-
führt werden. Die Darſtellung der von einer ſehr ſtarken Bande
im Heſſiſchen und den benachbarten Ländern verübten Unthaten
und die Anſtalten zur Captur der Bande, ſowie die Unterſuchung
und Ermittelung der in ihr zur Sprache gekommenen vielen und
ſchweren Verbrechen iſt in den 18 erſten Kapiteln umſtändlich und

1) Der Titel dieſer vortrefflichen Biographie iſt: „Leben und Thaten des
weltberüchtigten Spitzbuben Louis Dominique Cartouche und ſeiner Came-
raden, ſammt deren ganzen Proceß, Ende Urtheil und Execution. Nach dem
wahren Pariſer Exemplar überſetzt“ (1722). Mit einem hübſchen Kupferſtich
(Porträt des Cartouche).
2) Zu beachten iſt, daß auch ſchon Weiſſenbruch den „Zigeunern“ ſeiner
Zeit die Abſtammung von den zu Anfang des 15. Jahrhunderts eingewanderten
Zigeunern abſpricht und ſie für ein „aus allerhand Nationen zuſammen-
gelaufenes Volk“, die in Deutſchland vagirenden ſogenannten „Zigeuner“ geradezu
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[228/0244] Dominique Cartouche 1) und noch eine Menge anderer Gauner- biographien, unter denen die des John Sheppard, des Ernſt von Werth und des Heinrich Gieſecke, ſowie des John Stanley leſens- werth ſind, und über das gauneriſche Treiben der geſchilderten Perſonen merkwürdige Aufſchlüſſe geben. Ausführliche Relation von der famoſen Ziegeuner- Diebs- Mord- und Rauber-Bande, welche den 14. und 15. Nov. 1726 zu Gießen durch Schwerdt, Strang und Rad, respective juſtificirt worden. Von Dr. Johann Benjamin Weiſſenbruch, Fürſtl. Heſſen- Darmſt. Vormundsrath, auch Ober-Schultheiſſen und Peinl. Gerichtsaſſeſſor. Frankfurt u. Leipzig 1727. Ein tüchtiges, empfehlenswerthes Werk, voll reicher Beleh- rung für Juriſten und Polizeimänner. Jn der Sect. generalis wird in fünf Kapiteln eine werthvolle Abhandlung über die Zi- geuner, ihren Urſprung, erſtes Auftreten in Deutſchland, in Kap. 4 über die Frage, „ob die heutigen Zigeuner echte und rechte Poſteri von denen erſten Zigeunern ſeien 2)“, und in Kap. 5, „ob die Zigeuner in einer Republik zu dulden“, abgehandelt, wobei inter- eſſante Verordnungen wider die Zigeuner in Oeſterreich, Sachſen, Würtemberg, Heſſen-Darmſtadt, Frankreich und Spanien ange- führt werden. Die Darſtellung der von einer ſehr ſtarken Bande im Heſſiſchen und den benachbarten Ländern verübten Unthaten und die Anſtalten zur Captur der Bande, ſowie die Unterſuchung und Ermittelung der in ihr zur Sprache gekommenen vielen und ſchweren Verbrechen iſt in den 18 erſten Kapiteln umſtändlich und 1) Der Titel dieſer vortrefflichen Biographie iſt: „Leben und Thaten des weltberüchtigten Spitzbuben Louis Dominique Cartouche und ſeiner Came- raden, ſammt deren ganzen Proceß, Ende Urtheil und Execution. Nach dem wahren Pariſer Exemplar überſetzt“ (1722). Mit einem hübſchen Kupferſtich (Porträt des Cartouche). 2) Zu beachten iſt, daß auch ſchon Weiſſenbruch den „Zigeunern“ ſeiner Zeit die Abſtammung von den zu Anfang des 15. Jahrhunderts eingewanderten Zigeunern abſpricht und ſie für ein „aus allerhand Nationen zuſammen- gelaufenes Volk“, die in Deutſchland vagirenden ſogenannten „Zigeuner“ geradezu für „deutſche Spitzbuben“ erklärt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/244>, abgerufen am 13.05.2024.