Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

Erst nach diesem kurzen Ueberblick über den jüdischdeutschen
Vocalismus und Diphthongismus, welcher eben seiner Grund-
lage wegen einer weitern aufmerksamen Forschung gewiß nicht
unwerth ist, läßt sich ein gründlicheres Verständniß der Regeln
über den Gebrauch der Vocale und Diphthonge erreichen, welche
jetzt kurz dargestellt werden sollen.



Achtundfunfzigstes Kapitel
[fremdsprachliches Material]. Die einzelnen Vocale.

[fremdsprachliches Material] -- [fremdsprachliches Material] -- [fremdsprachliches Material].

Das [fremdsprachliches Material] ist der einfache reine deutsche Vocallaut a und wird
als kurzes, langes, verdoppeltes und durch h gedehntes a ge-
braucht, z. B.: [fremdsprachliches Material], das; [fremdsprachliches Material], alt; [fremdsprachliches Material], Hamburg; [fremdsprachliches Material],
Kalender; [fremdsprachliches Material], Cavalier; [fremdsprachliches Material], Aal; [fremdsprachliches Material], Saal; [fremdsprachliches Material], Haar;
[fremdsprachliches Material], Mahl; [fremdsprachliches Material], kahl; [fremdsprachliches Material], fahl.

Vermöge des Einflusses, welchen das [fremdsprachliches Material] als verdichtender
Vocal auf die beiden übrigen Hauptvocale [fremdsprachliches Material] und [fremdsprachliches Material] ausübt, finden
folgende Lautabweichungen statt, welche jedoch nur scheinbar sind.

Die Grammatiker stellen die Regel auf, daß [fremdsprachliches Material] sehr häufig
für den Laut o gebraucht werde, z. B.: [fremdsprachliches Material], droben; [fremdsprachliches Material],

genommen, welche wie die Juden im Schwäbischen Kreis sprechen), im ganzen
Königreich Dännemark, in den beyden Herzogthümern Mecklenburg, in dem
Churfürstenthum Hanover und in dem Herzogthum Braunschweig wohnen,
haben eine andere Mundart, als 2) die Juden, welche im ganzen Schwäbi-
schen Kreis wohnen. 3) Die Juden, welche in den ganzen Römisch Kayser-
lichen Landen wohnen, haben wiederum eine andere Aussprache als 4) die
Juden, die in Klein Pohlen, Reussen und Lithauen sich befinden. Die Aus-
sprache der Juden, welche in Groß Pohlen wohnen, ist mit der von der ersten
Klasse beinahe einerlei; nur ziehen erstere die Worte etwas lang und haben
einen singenden Ton. Diese verschiedenen Aussprachen entstehen von den ver-
schiedenen Gegenden und Provinzen, in welche die Juden nach der babyloni-
schen Gefangenschaft versetzt worden sind, deren Mundart sie angenommen
und noch bis auf den heutigen Tag beibehalten haben." (!)

Erſt nach dieſem kurzen Ueberblick über den jüdiſchdeutſchen
Vocalismus und Diphthongismus, welcher eben ſeiner Grund-
lage wegen einer weitern aufmerkſamen Forſchung gewiß nicht
unwerth iſt, läßt ſich ein gründlicheres Verſtändniß der Regeln
über den Gebrauch der Vocale und Diphthonge erreichen, welche
jetzt kurz dargeſtellt werden ſollen.



Achtundfunfzigſtes Kapitel
[fremdsprachliches Material]. Die einzelnen Vocale.

[fremdsprachliches Material][fremdsprachliches Material][fremdsprachliches Material].

Das [fremdsprachliches Material] iſt der einfache reine deutſche Vocallaut a und wird
als kurzes, langes, verdoppeltes und durch h gedehntes a ge-
braucht, z. B.: [fremdsprachliches Material], das; [fremdsprachliches Material], alt; [fremdsprachliches Material], Hamburg; [fremdsprachliches Material],
Kalender; [fremdsprachliches Material], Cavalier; [fremdsprachliches Material], Aal; [fremdsprachliches Material], Saal; [fremdsprachliches Material], Haar;
[fremdsprachliches Material], Mahl; [fremdsprachliches Material], kahl; [fremdsprachliches Material], fahl.

Vermöge des Einfluſſes, welchen das [fremdsprachliches Material] als verdichtender
Vocal auf die beiden übrigen Hauptvocale [fremdsprachliches Material] und [fremdsprachliches Material] ausübt, finden
folgende Lautabweichungen ſtatt, welche jedoch nur ſcheinbar ſind.

Die Grammatiker ſtellen die Regel auf, daß [fremdsprachliches Material] ſehr häufig
für den Laut o gebraucht werde, z. B.: [fremdsprachliches Material], droben; [fremdsprachliches Material],

genommen, welche wie die Juden im Schwäbiſchen Kreis ſprechen), im ganzen
Königreich Dännemark, in den beyden Herzogthümern Mecklenburg, in dem
Churfürſtenthum Hanover und in dem Herzogthum Braunſchweig wohnen,
haben eine andere Mundart, als 2) die Juden, welche im ganzen Schwäbi-
ſchen Kreis wohnen. 3) Die Juden, welche in den ganzen Römiſch Kayſer-
lichen Landen wohnen, haben wiederum eine andere Ausſprache als 4) die
Juden, die in Klein Pohlen, Reuſſen und Lithauen ſich befinden. Die Aus-
ſprache der Juden, welche in Groß Pohlen wohnen, iſt mit der von der erſten
Klaſſe beinahe einerlei; nur ziehen erſtere die Worte etwas lang und haben
einen ſingenden Ton. Dieſe verſchiedenen Ausſprachen entſtehen von den ver-
ſchiedenen Gegenden und Provinzen, in welche die Juden nach der babyloni-
ſchen Gefangenſchaft verſetzt worden ſind, deren Mundart ſie angenommen
und noch bis auf den heutigen Tag beibehalten haben.“ (!)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0320" n="286"/>
              <p>Er&#x017F;t nach die&#x017F;em kurzen Ueberblick über den jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;chen<lb/>
Vocalismus und Diphthongismus, welcher eben &#x017F;einer Grund-<lb/>
lage wegen einer weitern aufmerk&#x017F;amen For&#x017F;chung gewiß nicht<lb/>
unwerth i&#x017F;t, läßt &#x017F;ich ein gründlicheres Ver&#x017F;tändniß der Regeln<lb/>
über den Gebrauch der Vocale und Diphthonge erreichen, welche<lb/>
jetzt kurz darge&#x017F;tellt werden &#x017F;ollen.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#fr">Achtundfunfzig&#x017F;tes Kapitel</hi><lb/><gap reason="fm"/>. Die einzelnen Vocale.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"><gap reason="fm"/> &#x2014; <gap reason="fm"/> &#x2014; <gap reason="fm"/>.</hi> </p><lb/>
            <p>Das <gap reason="fm"/> i&#x017F;t der einfache reine deut&#x017F;che Vocallaut <hi rendition="#b">a</hi> und wird<lb/>
als kurzes, langes, verdoppeltes und durch <hi rendition="#b">h</hi> gedehntes <hi rendition="#b">a</hi> ge-<lb/>
braucht, z. B.: <gap reason="fm"/>, das; <gap reason="fm"/>, alt; <gap reason="fm"/>, Hamburg; <gap reason="fm"/>,<lb/>
Kalender; <gap reason="fm"/>, Cavalier; <gap reason="fm"/>, Aal; <gap reason="fm"/>, Saal; <gap reason="fm"/>, Haar;<lb/><gap reason="fm"/>, Mahl; <gap reason="fm"/>, kahl; <gap reason="fm"/>, fahl.</p><lb/>
            <p>Vermöge des Einflu&#x017F;&#x017F;es, welchen das <gap reason="fm"/> als verdichtender<lb/>
Vocal auf die beiden übrigen Hauptvocale <gap reason="fm"/> und <gap reason="fm"/> ausübt, finden<lb/>
folgende Lautabweichungen &#x017F;tatt, welche jedoch nur &#x017F;cheinbar &#x017F;ind.</p><lb/>
            <p>Die Grammatiker &#x017F;tellen die Regel auf, daß <gap reason="fm"/> &#x017F;ehr häufig<lb/>
für den Laut <hi rendition="#b">o</hi> gebraucht werde, z. B.: <gap reason="fm"/>, droben; <gap reason="fm"/>,<lb/><note xml:id="seg2pn_32_2" prev="#seg2pn_32_1" place="foot" n="1)">genommen, welche wie die Juden im Schwäbi&#x017F;chen Kreis &#x017F;prechen), im ganzen<lb/>
Königreich Dännemark, in den beyden Herzogthümern Mecklenburg, in dem<lb/>
Churfür&#x017F;tenthum Hanover und in dem Herzogthum Braun&#x017F;chweig wohnen,<lb/>
haben eine andere Mundart, als 2) die Juden, welche im ganzen Schwäbi-<lb/>
&#x017F;chen Kreis wohnen. 3) Die Juden, welche in den ganzen Römi&#x017F;ch Kay&#x017F;er-<lb/>
lichen Landen wohnen, haben wiederum eine andere Aus&#x017F;prache als 4) die<lb/>
Juden, die in Klein Pohlen, Reu&#x017F;&#x017F;en und Lithauen &#x017F;ich befinden. Die Aus-<lb/>
&#x017F;prache der Juden, welche in Groß Pohlen wohnen, i&#x017F;t mit der von der er&#x017F;ten<lb/>
Kla&#x017F;&#x017F;e beinahe einerlei; nur ziehen er&#x017F;tere die Worte etwas lang und haben<lb/>
einen &#x017F;ingenden Ton. Die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen Aus&#x017F;prachen ent&#x017F;tehen von den ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Gegenden und Provinzen, in welche die Juden nach der babyloni-<lb/>
&#x017F;chen Gefangen&#x017F;chaft ver&#x017F;etzt worden &#x017F;ind, deren Mundart &#x017F;ie angenommen<lb/>
und noch bis auf den heutigen Tag beibehalten haben.&#x201C; (!)</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0320] Erſt nach dieſem kurzen Ueberblick über den jüdiſchdeutſchen Vocalismus und Diphthongismus, welcher eben ſeiner Grund- lage wegen einer weitern aufmerkſamen Forſchung gewiß nicht unwerth iſt, läßt ſich ein gründlicheres Verſtändniß der Regeln über den Gebrauch der Vocale und Diphthonge erreichen, welche jetzt kurz dargeſtellt werden ſollen. Achtundfunfzigſtes Kapitel _ . Die einzelnen Vocale. _ — _ — _ . Das _ iſt der einfache reine deutſche Vocallaut a und wird als kurzes, langes, verdoppeltes und durch h gedehntes a ge- braucht, z. B.: _ , das; _ , alt; _ , Hamburg; _ , Kalender; _ , Cavalier; _ , Aal; _ , Saal; _ , Haar; _ , Mahl; _ , kahl; _ , fahl. Vermöge des Einfluſſes, welchen das _ als verdichtender Vocal auf die beiden übrigen Hauptvocale _ und _ ausübt, finden folgende Lautabweichungen ſtatt, welche jedoch nur ſcheinbar ſind. Die Grammatiker ſtellen die Regel auf, daß _ ſehr häufig für den Laut o gebraucht werde, z. B.: _ , droben; _ , 1) 1) genommen, welche wie die Juden im Schwäbiſchen Kreis ſprechen), im ganzen Königreich Dännemark, in den beyden Herzogthümern Mecklenburg, in dem Churfürſtenthum Hanover und in dem Herzogthum Braunſchweig wohnen, haben eine andere Mundart, als 2) die Juden, welche im ganzen Schwäbi- ſchen Kreis wohnen. 3) Die Juden, welche in den ganzen Römiſch Kayſer- lichen Landen wohnen, haben wiederum eine andere Ausſprache als 4) die Juden, die in Klein Pohlen, Reuſſen und Lithauen ſich befinden. Die Aus- ſprache der Juden, welche in Groß Pohlen wohnen, iſt mit der von der erſten Klaſſe beinahe einerlei; nur ziehen erſtere die Worte etwas lang und haben einen ſingenden Ton. Dieſe verſchiedenen Ausſprachen entſtehen von den ver- ſchiedenen Gegenden und Provinzen, in welche die Juden nach der babyloni- ſchen Gefangenſchaft verſetzt worden ſind, deren Mundart ſie angenommen und noch bis auf den heutigen Tag beibehalten haben.“ (!)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/320
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/320>, abgerufen am 15.05.2024.