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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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deutsche Wurzel zu finden, es ist durchaus jüdischdeutsch und stammt
vom neuhebr. [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], pasak (doch wol vom chaldäischen [irrelevantes Material - Zeichen fehlt],
pasag, abtheilen), davon [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], posuk, Vers, Abschnitt, beson-
ders der Heiligen Schrift, Pl. [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], pesukim. Um einen bösen
Hund zu bannen, wird von den Kabbalisten die Hersagung eines
gewissen Spruches (posuk) empfohlen. Daher ist psakken, ver-
dorben pisakken (pesakken), eigentlich bannen, daher binden, über-
wältigen, und ferner die andern entsprechenden Bedeutungen; vgl.
Tendlau, Nr. 80: "E Posik un e Stecke", wenn man mehr für
eine Sache oder Arbeit aufwendet, als nöthig ist.



Vierunddreißigstes Kapitel.
bb) Das pfullendorfer Janner-Wörterbuch.

Mitten in der von Pfister, Christensen, Falkenberg, Hermann,
Grolman und Bischoff erfreulich belebten Periode gaunerlinguisti-
scher Forschung kommt im Großherzogthum Baden ein in der Po-
lizeiliteratur kaum genanntes und kaum über Baden hinausge-
drungenes, nach seiner Wichtigkeit jedenfalls nicht gehörig gewür-
digtes Wörterbuch zum Vorschein: das pfullendorfer Jauner-Wör-
terbuch. Es erschien nämlich im Jahre 1820 zu Karlsruhe, wie
es scheint auf Verfügung der Regierung, unter dem Titel: "Diebs-
und Räubersignalement und Jauner-Wörterbuch" eine Gaunerliste
mit Signalement und Ausweis über 114 Gaunerindividuen, "nach
Angaben des Räubers und Diebes Kaspar Ott von Gersau, be-
stätigt durch dessen Kebsweib Martina Weißhaar, auch durch die
Anna Maria Rosenberger". Dieser Liste ist das Jauner-Wörter-
buch von S. 61--86 angehängt und Liste und Wörterbuch vom
großherzoglich badischen Bezirksamte (Gißler) zu Pfullendorf unter
dem 31. Mai 1820 beglaubigt. Das kleine Werk gibt weder eine
Einleitung noch sonst eine Aufklärung über die Untersuchung selbst
und gibt auch das Wörterbuch als bloße Vocabulatur ohne wei-
tere Erläuterung. Aus der Liste selbst, welche in den Personal-

deutſche Wurzel zu finden, es iſt durchaus jüdiſchdeutſch und ſtammt
vom neuhebr. [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], pasak (doch wol vom chaldäiſchen [irrelevantes Material – Zeichen fehlt],
pasag, abtheilen), davon [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], posuk, Vers, Abſchnitt, beſon-
ders der Heiligen Schrift, Pl. [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], pesukim. Um einen böſen
Hund zu bannen, wird von den Kabbaliſten die Herſagung eines
gewiſſen Spruches (posuk) empfohlen. Daher iſt pſakken, ver-
dorben piſakken (pĕſakken), eigentlich bannen, daher binden, über-
wältigen, und ferner die andern entſprechenden Bedeutungen; vgl.
Tendlau, Nr. 80: „E Poſik un e Stecke“, wenn man mehr für
eine Sache oder Arbeit aufwendet, als nöthig iſt.



Vierunddreißigſtes Kapitel.
bb) Das pfullendorfer Janner-Wörterbuch.

Mitten in der von Pfiſter, Chriſtenſen, Falkenberg, Hermann,
Grolman und Biſchoff erfreulich belebten Periode gaunerlinguiſti-
ſcher Forſchung kommt im Großherzogthum Baden ein in der Po-
lizeiliteratur kaum genanntes und kaum über Baden hinausge-
drungenes, nach ſeiner Wichtigkeit jedenfalls nicht gehörig gewür-
digtes Wörterbuch zum Vorſchein: das pfullendorfer Jauner-Wör-
terbuch. Es erſchien nämlich im Jahre 1820 zu Karlsruhe, wie
es ſcheint auf Verfügung der Regierung, unter dem Titel: „Diebs-
und Räuberſignalement und Jauner-Wörterbuch“ eine Gaunerliſte
mit Signalement und Ausweis über 114 Gaunerindividuen, „nach
Angaben des Räubers und Diebes Kaſpar Ott von Gersau, be-
ſtätigt durch deſſen Kebsweib Martina Weißhaar, auch durch die
Anna Maria Roſenberger“. Dieſer Liſte iſt das Jauner-Wörter-
buch von S. 61—86 angehängt und Liſte und Wörterbuch vom
großherzoglich badiſchen Bezirksamte (Gißler) zu Pfullendorf unter
dem 31. Mai 1820 beglaubigt. Das kleine Werk gibt weder eine
Einleitung noch ſonſt eine Aufklärung über die Unterſuchung ſelbſt
und gibt auch das Wörterbuch als bloße Vocabulatur ohne wei-
tere Erläuterung. Aus der Liſte ſelbſt, welche in den Perſonal-

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[230/0242] deutſche Wurzel zu finden, es iſt durchaus jüdiſchdeutſch und ſtammt vom neuhebr. _ , pasak (doch wol vom chaldäiſchen _ , pasag, abtheilen), davon _ , posuk, Vers, Abſchnitt, beſon- ders der Heiligen Schrift, Pl. _ , pesukim. Um einen böſen Hund zu bannen, wird von den Kabbaliſten die Herſagung eines gewiſſen Spruches (posuk) empfohlen. Daher iſt pſakken, ver- dorben piſakken (pĕſakken), eigentlich bannen, daher binden, über- wältigen, und ferner die andern entſprechenden Bedeutungen; vgl. Tendlau, Nr. 80: „E Poſik un e Stecke“, wenn man mehr für eine Sache oder Arbeit aufwendet, als nöthig iſt. Vierunddreißigſtes Kapitel. bb) Das pfullendorfer Janner-Wörterbuch. Mitten in der von Pfiſter, Chriſtenſen, Falkenberg, Hermann, Grolman und Biſchoff erfreulich belebten Periode gaunerlinguiſti- ſcher Forſchung kommt im Großherzogthum Baden ein in der Po- lizeiliteratur kaum genanntes und kaum über Baden hinausge- drungenes, nach ſeiner Wichtigkeit jedenfalls nicht gehörig gewür- digtes Wörterbuch zum Vorſchein: das pfullendorfer Jauner-Wör- terbuch. Es erſchien nämlich im Jahre 1820 zu Karlsruhe, wie es ſcheint auf Verfügung der Regierung, unter dem Titel: „Diebs- und Räuberſignalement und Jauner-Wörterbuch“ eine Gaunerliſte mit Signalement und Ausweis über 114 Gaunerindividuen, „nach Angaben des Räubers und Diebes Kaſpar Ott von Gersau, be- ſtätigt durch deſſen Kebsweib Martina Weißhaar, auch durch die Anna Maria Roſenberger“. Dieſer Liſte iſt das Jauner-Wörter- buch von S. 61—86 angehängt und Liſte und Wörterbuch vom großherzoglich badiſchen Bezirksamte (Gißler) zu Pfullendorf unter dem 31. Mai 1820 beglaubigt. Das kleine Werk gibt weder eine Einleitung noch ſonſt eine Aufklärung über die Unterſuchung ſelbſt und gibt auch das Wörterbuch als bloße Vocabulatur ohne wei- tere Erläuterung. Aus der Liſte ſelbſt, welche in den Perſonal-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/242>, abgerufen am 03.05.2024.