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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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sächsischen Diphthongirung der Vocale und an der kümmerlichen
logischen Erklärung erkennt, so kommen dennoch die ärgsten Fehler
vor. So hat Selig S. 152 unter dem Stammwort [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], balal,
er hat untergemengt, die Ableitung [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], blil, Futter, Viehfut-
ter, Thiele gibt aber S. 235 Blill, mit Futter, Unterfutter!
Aus Mauach (Moach, [irrelevantes Material - Zeichen fehlt]), Mark, Gehirn, creirt Thiele S. 277
"Marach, das Mark oder Marks". Anstatt unmittelbar von
[irrelevantes Material - Zeichen fehlt], patach, possach, wird S. 291 das Wort Pessiche von
[irrelevantes Material - Zeichen fehlt], pessichos, gezogene Schwerter (Psalm 55, V. 22), ab-
geleitet, welches Selig S. 261 mit dem Rococoausdruck "aus-
gezuckte
Schwerter" übersetzt; diese alte Zuckung erschien Thiele
wol bedenklich, weshalb er denn "ausgezackte Schwerdter"
(Flammberger?) daraus gemacht hat. Obwol Thiele ferner bei
Selig S. 173 hargenen und haureg sein fand, so hat er doch
nur das einfache hargenen (S. 256) aufgenommen, dagegen
aber ohne Umstände (S. 257) der Rotwelschen Grammatik oder
Grolman den argen Druckfehler Honech, mit der einseitigen Ueber-
setzung "ein von seinen Kameraden (?) besonders wegen Verraths
(?) ermordeter Spitzbube" (?) nachgeschrieben und in alphabetischer
Folge, die keine Entschuldigung mit einem Druckfehler zuläßt,
zwischen Hon und Honzche eingeschaltet. Das unzählige mal
im Judenmunde gebrauchte Jontew (vgl. Tendlau, a. a. O.,
Nr. 444, 465, 540, 604, 673, 754, 814, 817, 818, 982), von
[irrelevantes Material - Zeichen fehlt], jom tob, Festtag, gibt Thiele mit dem verfärbten Jon-
tiff,
nimmt es, so wichtig wie lächerlich falsch, für den Plural
[irrelevantes Material - Zeichen fehlt], jomim towim, und übersetzt dies Jontiff mit: "die
jüdischen Feiertage. Gruß: gut Jontiff, gute Feiertage".

Mag man nun in der Einleitung bei Thiele, S. 199, Z. 14
und 15, die Behauptung, daß "die hebräische und jüdischdeutsche
Sprache bekanntlich (?) überall dieselbe sei" (?), für eine Flüchtig-
keit nehmen, obschon man stutzig werden muß, wenn Thiele bei
der unerhörten Kritik Grolman's (S. 206 und S. 219 wiederholt)
"die hebräisch-deutsche Sprache der Juden" mit dem "Loschaun
ha kaudisch
" identificirt, so sieht man doch schon an den gerüg-
ten Fehlern, daß Thiele nicht einmal die hebräischen Quadrat-

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ſächſiſchen Diphthongirung der Vocale und an der kümmerlichen
logiſchen Erklärung erkennt, ſo kommen dennoch die ärgſten Fehler
vor. So hat Selig S. 152 unter dem Stammwort [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], balal,
er hat untergemengt, die Ableitung [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], blil, Futter, Viehfut-
ter, Thiele gibt aber S. 235 Blill, mit Futter, Unterfutter!
Aus Mauach (Moach, [irrelevantes Material – Zeichen fehlt]), Mark, Gehirn, creirt Thiele S. 277
Marach, das Mark oder Marks“. Anſtatt unmittelbar von
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geleitet, welches Selig S. 261 mit dem Rococoausdruck „aus-
gezuckte
Schwerter“ überſetzt; dieſe alte Zuckung erſchien Thiele
wol bedenklich, weshalb er denn „ausgezackte Schwerdter“
(Flammberger?) daraus gemacht hat. Obwol Thiele ferner bei
Selig S. 173 hargenen und haureg ſein fand, ſo hat er doch
nur das einfache hargenen (S. 256) aufgenommen, dagegen
aber ohne Umſtände (S. 257) der Rotwelſchen Grammatik oder
Grolman den argen Druckfehler Honech, mit der einſeitigen Ueber-
ſetzung „ein von ſeinen Kameraden (?) beſonders wegen Verraths
(?) ermordeter Spitzbube“ (?) nachgeſchrieben und in alphabetiſcher
Folge, die keine Entſchuldigung mit einem Druckfehler zuläßt,
zwiſchen Hon und Honzche eingeſchaltet. Das unzählige mal
im Judenmunde gebrauchte Jontew (vgl. Tendlau, a. a. O.,
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tiff,
nimmt es, ſo wichtig wie lächerlich falſch, für den Plural
[irrelevantes Material – Zeichen fehlt], jomim towim, und überſetzt dies Jontiff mit: „die
jüdiſchen Feiertage. Gruß: gut Jontiff, gute Feiertage“.

Mag man nun in der Einleitung bei Thiele, S. 199, Z. 14
und 15, die Behauptung, daß „die hebräiſche und jüdiſchdeutſche
Sprache bekanntlich (?) überall dieſelbe ſei“ (?), für eine Flüchtig-
keit nehmen, obſchon man ſtutzig werden muß, wenn Thiele bei
der unerhörten Kritik Grolman’s (S. 206 und S. 219 wiederholt)
„die hebräiſch-deutſche Sprache der Juden“ mit dem „Loſchaun
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[259/0271] ſächſiſchen Diphthongirung der Vocale und an der kümmerlichen logiſchen Erklärung erkennt, ſo kommen dennoch die ärgſten Fehler vor. So hat Selig S. 152 unter dem Stammwort _ , balal, er hat untergemengt, die Ableitung _ , blil, Futter, Viehfut- ter, Thiele gibt aber S. 235 Blill, mit Futter, Unterfutter! Aus Mauach (Moach, _ ), Mark, Gehirn, creirt Thiele S. 277 „Marach, das Mark oder Marks“. Anſtatt unmittelbar von _ , patach, possach, wird S. 291 das Wort Peſſiche von _ , pessichos, gezogene Schwerter (Pſalm 55, V. 22), ab- geleitet, welches Selig S. 261 mit dem Rococoausdruck „aus- gezuckte Schwerter“ überſetzt; dieſe alte Zuckung erſchien Thiele wol bedenklich, weshalb er denn „ausgezackte Schwerdter“ (Flammberger?) daraus gemacht hat. Obwol Thiele ferner bei Selig S. 173 hargenen und haureg ſein fand, ſo hat er doch nur das einfache hargenen (S. 256) aufgenommen, dagegen aber ohne Umſtände (S. 257) der Rotwelſchen Grammatik oder Grolman den argen Druckfehler Honech, mit der einſeitigen Ueber- ſetzung „ein von ſeinen Kameraden (?) beſonders wegen Verraths (?) ermordeter Spitzbube“ (?) nachgeſchrieben und in alphabetiſcher Folge, die keine Entſchuldigung mit einem Druckfehler zuläßt, zwiſchen Hon und Honzche eingeſchaltet. Das unzählige mal im Judenmunde gebrauchte Jontew (vgl. Tendlau, a. a. O., Nr. 444, 465, 540, 604, 673, 754, 814, 817, 818, 982), von _ , jom tob, Feſttag, gibt Thiele mit dem verfärbten Jon- tiff, nimmt es, ſo wichtig wie lächerlich falſch, für den Plural _ , jomim towim, und überſetzt dies Jontiff mit: „die jüdiſchen Feiertage. Gruß: gut Jontiff, gute Feiertage“. Mag man nun in der Einleitung bei Thiele, S. 199, Z. 14 und 15, die Behauptung, daß „die hebräiſche und jüdiſchdeutſche Sprache bekanntlich (?) überall dieſelbe ſei“ (?), für eine Flüchtig- keit nehmen, obſchon man ſtutzig werden muß, wenn Thiele bei der unerhörten Kritik Grolman’s (S. 206 und S. 219 wiederholt) „die hebräiſch-deutſche Sprache der Juden“ mit dem „Loſchaun ha kaudiſch“ identificirt, ſo ſieht man doch ſchon an den gerüg- ten Fehlern, daß Thiele nicht einmal die hebräiſchen Quadrat- 17 *

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/271>, abgerufen am 29.04.2024.