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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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des Eierstockes. Nach der Befruchtung vermehrt sich diese Wucherung rasch,
bis die Kapseln sich eröffnen, was bei einigen Säugethieren schon nach wenigen
Stunden (beim Schaaf), zuweilen aber, wie beim Hunde, besonders für die spä-
ter sich öffnenden Kapseln erst nach mehreren Tagen geschieht *). Diese Eröff-
nung scheint besonders dadurch veranlasst, dass die innere Schicht der Kapseln
stark wuchert, sich von der äussern mehr löst und nun, im Raume beschränkt,
den Inhalt der Kapsel gegen die dem Drucke nachgebende Narbe drängt. Zu-
gleich aber veranlasst die Befruchtung eine Turgescenz des Eileiters mit vermehr-
tem Blutandrange auf derjenigen Seite, wo eine Kapsel reift, oder auf beiden Sei-
ten, wenn in beiden Eierstöcken sich dergleichen finden. Die Eileiter krümmen
sich bei dieser Turgescenz noch mehr gegen die Eierstöcke, die Beutel vertiefen
sich und nähern sich der Form der umschliessenden Säcke, wenn sie dieselbe
nicht schon früher hatten, und der Trichter umfasst, indem er sich in sich selbst
faltet, in der Regel wenigstens, den gesammten Eierstock, nicht eine einzelne
Kapsel, wie beim Vogel und den Reptilien; doch ist bei den durch einen Sack
umhüllten Eierstöcken die Oeffnung des Trichters zuweilen so eng, dass man
glauben möchte, er ginge von einer Kapsel zur andern über, worin er von dem
Sacke leicht unterstützt wird. In diesen Thieren kann man natürlich das Um-
fassen nicht sehen, allein bei andern ist es schon oft beobachtet, und ich kann nach
zahlreichen Erfahrungen versichern, dass das Umfassen länger währt als man ge-
wöhnlich glaubt, in Schweinen bleibt der Eierstock in der Regel gegen vier Wo-
chen lang umfasst, in Schaafen fast eben so lange **).

k. Gelber
Körper.
Corpus lu-
teum

Taf. IV.
Fig. 22.

Bei der Entleerung wird zuweilen in die Höhlung der Kapseln Blut ergos-
sen. Immer wuchert die innere Haut derselben rasch fort, und indem sie sich
verdickt, füllt sie nicht nur den entstandenen leeren Raum aus, sondern, da sie
ein Sack ist, so drängt sich der die Narbe umgebende Theil über die Oberfläche
des Eierstockes hervor ***). Sie ist in diesem Zustande stark geröthet, und der
vorragende Theil bildet daher ein blutrothes Knöpfchen. Er behält einige Tage
hindurch die Oeffnung. Darauf vernarbt diese, es ist dann noch ein Rest der
innern Höhlung da, der sich aber auch bald füllt und statt des Graaf'schen Bläs-

*) Einmal fand ich in einem Hunde acht Tage nach der Befruchtung eine Kapsel noch nicht ge-
öffnet, aber doch im Reifen begriffen.
**) Ich habe daher dieses Umfassen bei Untersuchung jüngerer Embryonen sehr oft gesehen. Die
Queerfalten, in welche sich der Eileiter legt, waren mir besonders merkwürdig. Sie zeigen,
dass er sich wirklich an den Eierstock ansaugt.
***) Im Durchschnitte abgebildet Taf. IV. Fig. 12. a. Die übrigen gelben Körper dieser Abbildung
sind theils völlig ausgebildet, theils schon verschrumpft.

des Eierstockes. Nach der Befruchtung vermehrt sich diese Wucherung rasch,
bis die Kapseln sich eröffnen, was bei einigen Säugethieren schon nach wenigen
Stunden (beim Schaaf), zuweilen aber, wie beim Hunde, besonders für die spä-
ter sich öffnenden Kapseln erst nach mehreren Tagen geschieht *). Diese Eröff-
nung scheint besonders dadurch veranlaſst, daſs die innere Schicht der Kapseln
stark wuchert, sich von der äuſsern mehr löst und nun, im Raume beschränkt,
den Inhalt der Kapsel gegen die dem Drucke nachgebende Narbe drängt. Zu-
gleich aber veranlaſst die Befruchtung eine Turgescenz des Eileiters mit vermehr-
tem Blutandrange auf derjenigen Seite, wo eine Kapsel reift, oder auf beiden Sei-
ten, wenn in beiden Eierstöcken sich dergleichen finden. Die Eileiter krümmen
sich bei dieser Turgescenz noch mehr gegen die Eierstöcke, die Beutel vertiefen
sich und nähern sich der Form der umschlieſsenden Säcke, wenn sie dieselbe
nicht schon früher hatten, und der Trichter umfaſst, indem er sich in sich selbst
faltet, in der Regel wenigstens, den gesammten Eierstock, nicht eine einzelne
Kapsel, wie beim Vogel und den Reptilien; doch ist bei den durch einen Sack
umhüllten Eierstöcken die Oeffnung des Trichters zuweilen so eng, daſs man
glauben möchte, er ginge von einer Kapsel zur andern über, worin er von dem
Sacke leicht unterstützt wird. In diesen Thieren kann man natürlich das Um-
fassen nicht sehen, allein bei andern ist es schon oft beobachtet, und ich kann nach
zahlreichen Erfahrungen versichern, daſs das Umfassen länger währt als man ge-
wöhnlich glaubt, in Schweinen bleibt der Eierstock in der Regel gegen vier Wo-
chen lang umfaſst, in Schaafen fast eben so lange **).

k. Gelber
Körper.
Corpus lu-
teum

Taf. IV.
Fig. 22.

Bei der Entleerung wird zuweilen in die Höhlung der Kapseln Blut ergos-
sen. Immer wuchert die innere Haut derselben rasch fort, und indem sie sich
verdickt, füllt sie nicht nur den entstandenen leeren Raum aus, sondern, da sie
ein Sack ist, so drängt sich der die Narbe umgebende Theil über die Oberfläche
des Eierstockes hervor ***). Sie ist in diesem Zustande stark geröthet, und der
vorragende Theil bildet daher ein blutrothes Knöpfchen. Er behält einige Tage
hindurch die Oeffnung. Darauf vernarbt diese, es ist dann noch ein Rest der
innern Höhlung da, der sich aber auch bald füllt und statt des Graaf’schen Bläs-

*) Einmal fand ich in einem Hunde acht Tage nach der Befruchtung eine Kapsel noch nicht ge-
öffnet, aber doch im Reifen begriffen.
**) Ich habe daher dieses Umfassen bei Untersuchung jüngerer Embryonen sehr oft gesehen. Die
Queerfalten, in welche sich der Eileiter legt, waren mir besonders merkwürdig. Sie zeigen,
daſs er sich wirklich an den Eierstock ansaugt.
***) Im Durchschnitte abgebildet Taf. IV. Fig. 12. a. Die übrigen gelben Körper dieser Abbildung
sind theils völlig ausgebildet, theils schon verschrumpft.
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[182/0192] des Eierstockes. Nach der Befruchtung vermehrt sich diese Wucherung rasch, bis die Kapseln sich eröffnen, was bei einigen Säugethieren schon nach wenigen Stunden (beim Schaaf), zuweilen aber, wie beim Hunde, besonders für die spä- ter sich öffnenden Kapseln erst nach mehreren Tagen geschieht *). Diese Eröff- nung scheint besonders dadurch veranlaſst, daſs die innere Schicht der Kapseln stark wuchert, sich von der äuſsern mehr löst und nun, im Raume beschränkt, den Inhalt der Kapsel gegen die dem Drucke nachgebende Narbe drängt. Zu- gleich aber veranlaſst die Befruchtung eine Turgescenz des Eileiters mit vermehr- tem Blutandrange auf derjenigen Seite, wo eine Kapsel reift, oder auf beiden Sei- ten, wenn in beiden Eierstöcken sich dergleichen finden. Die Eileiter krümmen sich bei dieser Turgescenz noch mehr gegen die Eierstöcke, die Beutel vertiefen sich und nähern sich der Form der umschlieſsenden Säcke, wenn sie dieselbe nicht schon früher hatten, und der Trichter umfaſst, indem er sich in sich selbst faltet, in der Regel wenigstens, den gesammten Eierstock, nicht eine einzelne Kapsel, wie beim Vogel und den Reptilien; doch ist bei den durch einen Sack umhüllten Eierstöcken die Oeffnung des Trichters zuweilen so eng, daſs man glauben möchte, er ginge von einer Kapsel zur andern über, worin er von dem Sacke leicht unterstützt wird. In diesen Thieren kann man natürlich das Um- fassen nicht sehen, allein bei andern ist es schon oft beobachtet, und ich kann nach zahlreichen Erfahrungen versichern, daſs das Umfassen länger währt als man ge- wöhnlich glaubt, in Schweinen bleibt der Eierstock in der Regel gegen vier Wo- chen lang umfaſst, in Schaafen fast eben so lange **). Bei der Entleerung wird zuweilen in die Höhlung der Kapseln Blut ergos- sen. Immer wuchert die innere Haut derselben rasch fort, und indem sie sich verdickt, füllt sie nicht nur den entstandenen leeren Raum aus, sondern, da sie ein Sack ist, so drängt sich der die Narbe umgebende Theil über die Oberfläche des Eierstockes hervor ***). Sie ist in diesem Zustande stark geröthet, und der vorragende Theil bildet daher ein blutrothes Knöpfchen. Er behält einige Tage hindurch die Oeffnung. Darauf vernarbt diese, es ist dann noch ein Rest der innern Höhlung da, der sich aber auch bald füllt und statt des Graaf’schen Bläs- *) Einmal fand ich in einem Hunde acht Tage nach der Befruchtung eine Kapsel noch nicht ge- öffnet, aber doch im Reifen begriffen. **) Ich habe daher dieses Umfassen bei Untersuchung jüngerer Embryonen sehr oft gesehen. Die Queerfalten, in welche sich der Eileiter legt, waren mir besonders merkwürdig. Sie zeigen, daſs er sich wirklich an den Eierstock ansaugt. ***) Im Durchschnitte abgebildet Taf. IV. Fig. 12. a. Die übrigen gelben Körper dieser Abbildung sind theils völlig ausgebildet, theils schon verschrumpft.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/192>, abgerufen am 29.04.2024.