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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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Fidelis (erinnert sich an gar nichts und sagt auf gut Glück).
Wir sprachen damals davon -- (Hält ratlos ein und
blickt ihr fragend nach.)
Eva (am Tische stehend, mit dem Rücken zu Fidelis; nun
wieder ganz Sehnsucht, langsam, leise).
Ja. Das wäre
es! Nach einem verstehenden Mann sehnt man sich.
Fidelis (erleichtert, einstimmend). Ja das war es.
Eva. Und ich sagte Ihnen, daß ihr doch keiner die
Frauen kennt! Denn bei der Frau geht alles vom
Seelischen aus. (Sie setzt sich in den hohen Stuhl rechts
vom Tisch und streckt sich malerisch aus.)
Fidelis (nickend). Ich habe selten ein so seelenvolles
Tischgespräch geführt.
Eva (schmachtend, vor sich hin). Warum will das kein
Mann verstehen?
Fidelis (steht auf und geht an den Tisch). Am guten
Willen fehlt's uns vielleicht gar nicht.
Eva (immer noch schmachtend). Warum gibt's jenen
Seelenbund nicht, von dem jede Frau träumt?
Fidelis (links vom Tisch). Ja Sie fragten mich schon
damals.
Eva (plötzlich den Ton wechselnd, leichthin, rasch). Das
heißt, Frau? Die meisten Frauen sind ja gar keine.
Aber -- (Tonwechsel; wieder im schweren Ton der großen
Sehnsucht)
aber eine wirkliche Frau steht ganz einsam in
der weiten Welt.
Fidelis (trocken). Ich erkundigte mich schon damals
nach Ihrem Mann.
Eva (Tonwechsel; kurz mit einem verweisenden Blick). Ich
fand das damals schon taktlos.
Fidelis (erinnert ſich an gar nichts und ſagt auf gut Gluͤck).
Wir ſprachen damals davon — (Haͤlt ratlos ein und
blickt ihr fragend nach.)
Eva (am Tiſche ſtehend, mit dem Ruͤcken zu Fidelis; nun
wieder ganz Sehnſucht, langſam, leiſe).
Ja. Das wäre
es! Nach einem verſtehenden Mann ſehnt man ſich.
Fidelis (erleichtert, einſtimmend). Ja das war es.
Eva. Und ich ſagte Ihnen, daß ihr doch keiner die
Frauen kennt! Denn bei der Frau geht alles vom
Seeliſchen aus. (Sie ſetzt ſich in den hohen Stuhl rechts
vom Tiſch und ſtreckt ſich maleriſch aus.)
Fidelis (nickend). Ich habe ſelten ein ſo ſeelenvolles
Tiſchgeſpräch geführt.
Eva (ſchmachtend, vor ſich hin). Warum will das kein
Mann verſtehen?
Fidelis (ſteht auf und geht an den Tiſch). Am guten
Willen fehlt's uns vielleicht gar nicht.
Eva (immer noch ſchmachtend). Warum gibt's jenen
Seelenbund nicht, von dem jede Frau träumt?
Fidelis (links vom Tiſch). Ja Sie fragten mich ſchon
damals.
Eva (ploͤtzlich den Ton wechſelnd, leichthin, raſch). Das
heißt, Frau? Die meiſten Frauen ſind ja gar keine.
Aber — (Tonwechſel; wieder im ſchweren Ton der großen
Sehnſucht)
aber eine wirkliche Frau ſteht ganz einſam in
der weiten Welt.
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nach Ihrem Mann.
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[70/0076] Fidelis (erinnert ſich an gar nichts und ſagt auf gut Gluͤck). Wir ſprachen damals davon — (Haͤlt ratlos ein und blickt ihr fragend nach.) Eva (am Tiſche ſtehend, mit dem Ruͤcken zu Fidelis; nun wieder ganz Sehnſucht, langſam, leiſe). Ja. Das wäre es! Nach einem verſtehenden Mann ſehnt man ſich. Fidelis (erleichtert, einſtimmend). Ja das war es. Eva. Und ich ſagte Ihnen, daß ihr doch keiner die Frauen kennt! Denn bei der Frau geht alles vom Seeliſchen aus. (Sie ſetzt ſich in den hohen Stuhl rechts vom Tiſch und ſtreckt ſich maleriſch aus.) Fidelis (nickend). Ich habe ſelten ein ſo ſeelenvolles Tiſchgeſpräch geführt. Eva (ſchmachtend, vor ſich hin). Warum will das kein Mann verſtehen? Fidelis (ſteht auf und geht an den Tiſch). Am guten Willen fehlt's uns vielleicht gar nicht. Eva (immer noch ſchmachtend). Warum gibt's jenen Seelenbund nicht, von dem jede Frau träumt? Fidelis (links vom Tiſch). Ja Sie fragten mich ſchon damals. Eva (ploͤtzlich den Ton wechſelnd, leichthin, raſch). Das heißt, Frau? Die meiſten Frauen ſind ja gar keine. Aber — (Tonwechſel; wieder im ſchweren Ton der großen Sehnſucht) aber eine wirkliche Frau ſteht ganz einſam in der weiten Welt. Fidelis (trocken). Ich erkundigte mich ſchon damals nach Ihrem Mann. Eva (Tonwechſel; kurz mit einem verweiſenden Blick). Ich fand das damals ſchon taktlos.

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/76>, abgerufen am 29.04.2024.