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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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jungen Kosinsky, dem er das Hochgericht in der Ferne
zeigt.
Fidelis (trocken). Hat aber wenig gewirkt.
Kuno (lächelnd). Meistens bei mir auch nicht. -- (Wie-
der ernst.)
Und ich habe schließlich doch auch kein Recht,
irgend einem Menschen den Weg zur Erlösung zu versper-
ren. (Da er bemerkt, daß ihn Fidelis mißtrauisch ansieht;
lächelnd.)
Ich will Sie keineswegs einfangen, Herr Doktor.
Fidelis (lächelnd). Erlösung, Herr Legationssekretär,
gehört für mich zu den Worten, gegen die ich von vorne-
herein ein vielleicht übertriebenes Mißtrauen habe.
Kuno (leichthin). Es hat auch nur Sinn für den, der
ihrer bedürftig ist.
Fidelis. Aber auch dann, Herr Legationssekretär, wäre
mir Indien zu weit.
Kuno (sieht ihn fragend an). Sie würden --?
Fidelis (einfach). Ich gehe zuweilen in die Franzis-
kaner Kirche. Nicht sehr oft. Meine Bedürfnisse sind be-
scheiden.
Kuno (lebhaft interessiert). Und Sie meinen, daß ein
moderner Geist --
Fidelis (ihm ins Wort fallend). Was nun meinen Geist
betrifft, wenn ich den üben will, spiel ich Schach. Für
das andere aber, für das Gemüt, für die Sehnsucht oder
wie man's nun nennt, genügen mir meine Franziskaner
völlig. Ich bin innerlich etwas hausbacken.
Kuno (mit leisem Vorwurf). Auch Sie stellen sich vor,
Buddhismus sei die Religion der Snobs?
Fidelis (trocken). Es muß auch Snobs geben. War-
um sollen sie nicht ihre Religion haben?
jungen Koſinsky, dem er das Hochgericht in der Ferne
zeigt.
Fidelis (trocken). Hat aber wenig gewirkt.
Kuno (laͤchelnd). Meiſtens bei mir auch nicht. — (Wie-
der ernſt.)
Und ich habe ſchließlich doch auch kein Recht,
irgend einem Menſchen den Weg zur Erlöſung zu verſper-
ren. (Da er bemerkt, daß ihn Fidelis mißtrauiſch anſieht;
laͤchelnd.)
Ich will Sie keineswegs einfangen, Herr Doktor.
Fidelis (laͤchelnd). Erlöſung, Herr Legationsſekretär,
gehört für mich zu den Worten, gegen die ich von vorne-
herein ein vielleicht übertriebenes Mißtrauen habe.
Kuno (leichthin). Es hat auch nur Sinn für den, der
ihrer bedürftig iſt.
Fidelis. Aber auch dann, Herr Legationsſekretär, wäre
mir Indien zu weit.
Kuno (ſieht ihn fragend an). Sie würden —?
Fidelis (einfach). Ich gehe zuweilen in die Franzis-
kaner Kirche. Nicht ſehr oft. Meine Bedürfniſſe ſind be-
ſcheiden.
Kuno (lebhaft intereſſiert). Und Sie meinen, daß ein
moderner Geiſt —
Fidelis (ihm ins Wort fallend). Was nun meinen Geiſt
betrifft, wenn ich den üben will, ſpiel ich Schach. Für
das andere aber, für das Gemüt, für die Sehnſucht oder
wie man's nun nennt, genügen mir meine Franziskaner
völlig. Ich bin innerlich etwas hausbacken.
Kuno (mit leiſem Vorwurf). Auch Sie ſtellen ſich vor,
Buddhismus ſei die Religion der Snobs?
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um ſollen ſie nicht ihre Religion haben?
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[84/0090] jungen Koſinsky, dem er das Hochgericht in der Ferne zeigt. Fidelis (trocken). Hat aber wenig gewirkt. Kuno (laͤchelnd). Meiſtens bei mir auch nicht. — (Wie- der ernſt.) Und ich habe ſchließlich doch auch kein Recht, irgend einem Menſchen den Weg zur Erlöſung zu verſper- ren. (Da er bemerkt, daß ihn Fidelis mißtrauiſch anſieht; laͤchelnd.) Ich will Sie keineswegs einfangen, Herr Doktor. Fidelis (laͤchelnd). Erlöſung, Herr Legationsſekretär, gehört für mich zu den Worten, gegen die ich von vorne- herein ein vielleicht übertriebenes Mißtrauen habe. Kuno (leichthin). Es hat auch nur Sinn für den, der ihrer bedürftig iſt. Fidelis. Aber auch dann, Herr Legationsſekretär, wäre mir Indien zu weit. Kuno (ſieht ihn fragend an). Sie würden —? Fidelis (einfach). Ich gehe zuweilen in die Franzis- kaner Kirche. Nicht ſehr oft. Meine Bedürfniſſe ſind be- ſcheiden. Kuno (lebhaft intereſſiert). Und Sie meinen, daß ein moderner Geiſt — Fidelis (ihm ins Wort fallend). Was nun meinen Geiſt betrifft, wenn ich den üben will, ſpiel ich Schach. Für das andere aber, für das Gemüt, für die Sehnſucht oder wie man's nun nennt, genügen mir meine Franziskaner völlig. Ich bin innerlich etwas hausbacken. Kuno (mit leiſem Vorwurf). Auch Sie ſtellen ſich vor, Buddhismus ſei die Religion der Snobs? Fidelis (trocken). Es muß auch Snobs geben. War- um ſollen ſie nicht ihre Religion haben?

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/90>, abgerufen am 29.04.2024.