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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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B. Negociation und Formen der Staatsanleihen
und Obligationen
. Die Staatsanleihen werden entweder auf
Subscription oder auf dem Wege der eigentlichen Negoziirung ver-
wirklicht, in welchem lezteren Falle der Staat die vortheilhaftesten
Anerbietungen annimmt. Die Obligationen lauten aber entweder
auf den Inhaber oder auf namentlich angeführte Personen. Im
lezteren Falle heißen sie Inscriptionen, weil sie nämlich sämmt-
lich in einem großen Buche aufgeschrieben sind, und jedesmal auf
einen anderen Besitzer in demselben umgeschrieben werden, wenn
sie an eine andere Person abgetreten werden. Zur Erleichterung
der Uebersicht, der Zins- und Tilgoperationen, und aus polizei-
lichen Rücksichten werden sämmtliche Obligationen eines Anleihens
in Reihen (Serien) und diese in einzelne Nummern abgetheilt.

C. Verzinsung und Tilgung der Staatsanleihen.
Die Zinsen der Staatsschuld werden terminweise erhoben, und man
kann sich zuweilen und in manchen Staaten auch an andern Plätzen
als in der Hauptstadt, wo die Tilg- und Zinskasse ist, ausbezahlen
lassen. Bei jeder Zinszahlung gibt man eine von den Quittungen
(Coupons), welche den Obligationen beigegeben werden, hin, und
sie werden erneuert, wenn sie alle abgegeben sind, ohne daß das
Anleihen anheim bezahlt wurde. Zuweilen erlaubt sich ein oder der
andere Staat mit Einwilligung der Gläubiger eine Herabsetzung
der Zinsen (Zinsenreduction). Zur Anheimzahlung der Schul-
den haben die Staaten außerordentliche und ordentliche Quellen.
Die lezteren sind planmäßig berechnet und bilden die Grundlage
der Tilgplane, wozu eigene Tilg- oder Amortisationskassen
eingerichtet und besonders verwaltet werden. Die Tilgung geschieht
entweder in bestimmten voraus stipulirten Terminen oder, wo diese
nicht einberaumt sind, wie z. B. bei den immerwährenden Renten,
in der Art, daß die Tilgkasse durch Commissaire aus freier Hand
Aufkäufe an Obligationen macht. Im ersten Falle werden die
anheim zu bezahlenden Obligationen durch das Loos bestimmt.
Die Ziehung, welche nach Serien und Nummern geschieht, geht
der Zahlung immer einige Monate vorher.

1) Zur Literatur: Nebenius, der öffentliche Credit. Carlsruhe 1829. 2te Aufl.
Ir Bd. (classisch). v Gönner, Von Staatsschulden. München 1826. 1te Abthl.
Bender, der Verkehr mit Staatspapieren. Göttingen 1830. 2te Auflage (mehr
juristisch, als technisch). Meine Versuche über Staatskredit, Staatsschulden und
Staatspapiere. Heidelberg 1833.
2) Meine Versuche S. 225. vrgl. mit Nebenius I. 314. v. Gönner I. §. 41.
3) Die Zeitrenten werden jedem einzelnen Gläubiger und dessen Rechtsnachfolger
eine Reihe von Jahren hindurch, -- die Leibrenten nur so lange, als er lebt, --
und die Tontinen an eine ganze Gesellschaft, bis das lezte Glied gestorben ist, aus-

B. Negociation und Formen der Staatsanleihen
und Obligationen
. Die Staatsanleihen werden entweder auf
Subſcription oder auf dem Wege der eigentlichen Negoziirung ver-
wirklicht, in welchem lezteren Falle der Staat die vortheilhafteſten
Anerbietungen annimmt. Die Obligationen lauten aber entweder
auf den Inhaber oder auf namentlich angeführte Perſonen. Im
lezteren Falle heißen ſie Inſcriptionen, weil ſie nämlich ſämmt-
lich in einem großen Buche aufgeſchrieben ſind, und jedesmal auf
einen anderen Beſitzer in demſelben umgeſchrieben werden, wenn
ſie an eine andere Perſon abgetreten werden. Zur Erleichterung
der Ueberſicht, der Zins- und Tilgoperationen, und aus polizei-
lichen Rückſichten werden ſämmtliche Obligationen eines Anleihens
in Reihen (Serien) und dieſe in einzelne Nummern abgetheilt.

C. Verzinſung und Tilgung der Staatsanleihen.
Die Zinſen der Staatsſchuld werden terminweiſe erhoben, und man
kann ſich zuweilen und in manchen Staaten auch an andern Plätzen
als in der Hauptſtadt, wo die Tilg- und Zinskaſſe iſt, ausbezahlen
laſſen. Bei jeder Zinszahlung gibt man eine von den Quittungen
(Coupons), welche den Obligationen beigegeben werden, hin, und
ſie werden erneuert, wenn ſie alle abgegeben ſind, ohne daß das
Anleihen anheim bezahlt wurde. Zuweilen erlaubt ſich ein oder der
andere Staat mit Einwilligung der Gläubiger eine Herabſetzung
der Zinſen (Zinſenreduction). Zur Anheimzahlung der Schul-
den haben die Staaten außerordentliche und ordentliche Quellen.
Die lezteren ſind planmäßig berechnet und bilden die Grundlage
der Tilgplane, wozu eigene Tilg- oder Amortiſationskaſſen
eingerichtet und beſonders verwaltet werden. Die Tilgung geſchieht
entweder in beſtimmten voraus ſtipulirten Terminen oder, wo dieſe
nicht einberaumt ſind, wie z. B. bei den immerwährenden Renten,
in der Art, daß die Tilgkaſſe durch Commiſſaire aus freier Hand
Aufkäufe an Obligationen macht. Im erſten Falle werden die
anheim zu bezahlenden Obligationen durch das Loos beſtimmt.
Die Ziehung, welche nach Serien und Nummern geſchieht, geht
der Zahlung immer einige Monate vorher.

1) Zur Literatur: Nebenius, der öffentliche Credit. Carlsruhe 1829. 2te Aufl.
Ir Bd. (claſſiſch). v Gönner, Von Staatsſchulden. München 1826. 1te Abthl.
Bender, der Verkehr mit Staatspapieren. Göttingen 1830. 2te Auflage (mehr
juriſtiſch, als techniſch). Meine Verſuche über Staatskredit, Staatsſchulden und
Staatspapiere. Heidelberg 1833.
2) Meine Verſuche S. 225. vrgl. mit Nebenius I. 314. v. Gönner I. §. 41.
3) Die Zeitrenten werden jedem einzelnen Gläubiger und deſſen Rechtsnachfolger
eine Reihe von Jahren hindurch, — die Leibrenten nur ſo lange, als er lebt, —
und die Tontinen an eine ganze Geſellſchaft, bis das lezte Glied geſtorben iſt, aus-
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[466/0488] B. Negociation und Formen der Staatsanleihen und Obligationen. Die Staatsanleihen werden entweder auf Subſcription oder auf dem Wege der eigentlichen Negoziirung ver- wirklicht, in welchem lezteren Falle der Staat die vortheilhafteſten Anerbietungen annimmt. Die Obligationen lauten aber entweder auf den Inhaber oder auf namentlich angeführte Perſonen. Im lezteren Falle heißen ſie Inſcriptionen, weil ſie nämlich ſämmt- lich in einem großen Buche aufgeſchrieben ſind, und jedesmal auf einen anderen Beſitzer in demſelben umgeſchrieben werden, wenn ſie an eine andere Perſon abgetreten werden. Zur Erleichterung der Ueberſicht, der Zins- und Tilgoperationen, und aus polizei- lichen Rückſichten werden ſämmtliche Obligationen eines Anleihens in Reihen (Serien) und dieſe in einzelne Nummern abgetheilt. C. Verzinſung und Tilgung der Staatsanleihen. Die Zinſen der Staatsſchuld werden terminweiſe erhoben, und man kann ſich zuweilen und in manchen Staaten auch an andern Plätzen als in der Hauptſtadt, wo die Tilg- und Zinskaſſe iſt, ausbezahlen laſſen. Bei jeder Zinszahlung gibt man eine von den Quittungen (Coupons), welche den Obligationen beigegeben werden, hin, und ſie werden erneuert, wenn ſie alle abgegeben ſind, ohne daß das Anleihen anheim bezahlt wurde. Zuweilen erlaubt ſich ein oder der andere Staat mit Einwilligung der Gläubiger eine Herabſetzung der Zinſen (Zinſenreduction). Zur Anheimzahlung der Schul- den haben die Staaten außerordentliche und ordentliche Quellen. Die lezteren ſind planmäßig berechnet und bilden die Grundlage der Tilgplane, wozu eigene Tilg- oder Amortiſationskaſſen eingerichtet und beſonders verwaltet werden. Die Tilgung geſchieht entweder in beſtimmten voraus ſtipulirten Terminen oder, wo dieſe nicht einberaumt ſind, wie z. B. bei den immerwährenden Renten, in der Art, daß die Tilgkaſſe durch Commiſſaire aus freier Hand Aufkäufe an Obligationen macht. Im erſten Falle werden die anheim zu bezahlenden Obligationen durch das Loos beſtimmt. Die Ziehung, welche nach Serien und Nummern geſchieht, geht der Zahlung immer einige Monate vorher. ¹⁾ Zur Literatur: Nebenius, der öffentliche Credit. Carlsruhe 1829. 2te Aufl. Ir Bd. (claſſiſch). v Gönner, Von Staatsſchulden. München 1826. 1te Abthl. Bender, der Verkehr mit Staatspapieren. Göttingen 1830. 2te Auflage (mehr juriſtiſch, als techniſch). Meine Verſuche über Staatskredit, Staatsſchulden und Staatspapiere. Heidelberg 1833. ²⁾ Meine Verſuche S. 225. vrgl. mit Nebenius I. 314. v. Gönner I. §. 41. ³⁾ Die Zeitrenten werden jedem einzelnen Gläubiger und deſſen Rechtsnachfolger eine Reihe von Jahren hindurch, — die Leibrenten nur ſo lange, als er lebt, — und die Tontinen an eine ganze Geſellſchaft, bis das lezte Glied geſtorben iſt, aus-

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/488>, abgerufen am 28.04.2024.