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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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jedenfalls die wirthschaftlichen Dienste nicht aus ihrem Bereiche verdrängen, denn
sie wirken ausschließlich zur Wirthschaft der Einzelnen, Stiftungen, Gesellschaften,
Gemeinden und Staaten mit. Die blos persönlichen Dienste darf sie nicht umgehen,
weil diejenigen, welche sie leisten, Antheil an dem gesammten Volksvermögen und
-Einkommen bei der Vertheilung nehmen und also für die Verzehrung desselben von
Wichtigkeit sind. Die allen Diensten zu Grunde liegenden geistigen und körperlichen
Kräfte nehmen aber unter den Güterquellen, ebenso wie die Naturkräfte eine der
wichtigsten Stellen ein, und die Betrachtung derselben von dieser Seite gehört deß-
halb ohne Zweifel in die Nationalöconomie, auch wenn man sie nicht ins Vermögen
rechnen darf, gerade ebenso wie Sonnenschein, Luft, Regen, Naturkräfte u. dgl.
Es folgt aber hieraus: a) daß die Ansicht von Storch, die Dienste gehörten in
das Vermögen, weil sie dem Einzelnen zu einem Einkommen verhelfen, welches aus
freiwillig gesuchter und bezahlter Arbeit herrühre, einseitig und unrichtig ist, allein
b) daß Rau a. a. O. diese Storch'sche Meinung damit, daß jenes Einkommen
doch nur in einem Theile der erzeugten sachlichen Güter bestehe, durchaus nicht
widerlegen kann, weil dies einmal nur von den Gewerbsdiensten (§. 373. A.)
gelten kann und bei diesen nur dann eintritt, wenn neben dem Dienste auch noch
andere Güterquellen, z. B. Grund und Boden, Capital, Arbeit des Unternehmers,
zur Production mitgewirkt haben, nach deren Mitwirkung die Vertheilung des Pro-
ductes Statt findet; c) daß die von Say a. a. O. durchgeführte Analogie der
materiellen und immateriellen Producte nach Dauer, Ausdehnung und Form nichts
mehr beweist, als von welchem Nutzen sie für den wirthschaftlichen Wohlstand sind.
Den deutschen Begriff von Vermögen kennt er gar nicht, denn richesses sind ihm
auch die nicht wirthschaftlichen Güter, z. B. Sonnenwärme (Cours I. 132. Uebers.
von v. Th. I. 99.), aber er nennt sie nur naturelles im Gegensatze der sociales,
welche die sachlichen Bestandtheile unseres Begriffs von Vermögen bilden, da sie
ausschließlichen Besitz oder Eigenthum voraussetzen. Nur diese Lezteren sind nach
ihm Gegenstände der Nationalöconomie, und er rechnet die persönlichen Eigenschaften
und Dienste so wie die nicht gesellschaftlichen Güter blos als Mittel zur Erhöhung
der Menge und des Genusses der gesellschaftlichen Güter in die Nationalöconomie.
(Cours I. 238. Uebers. I. 176.). Hiernach ist auch Rau's Ansicht über Richesse
(polit. Oeconom. I. §. 6. N. a.) zu berichtigen. S. oben §. 39. N. 2., wozu
aber noch zu bemerken ist, daß Hermann Untersuchungen I. Abh. §. 7. eine nicht
ganz richtige Ansicht hat, da er sagt, die Dienste gehörten nicht in das Vermögen,
weil hierzu äußere Güter von Dauer nöthig seien, dieselben aber diese Eigenschaft
nicht haben; denn die Dauer ist etwas sehr Relatives und kann darum, wie Say
auch sehr richtig zeigt, kein Vermögenscriterium sein. Dieses Criterium liegt viel-
mehr blos in dem Tauschwerthe. Rau (polit. Oeconom. I. §. 50. N. c) beschul-
digt jedoch die Gelehrten, welche diese Ansicht haben, eines Fehlers, weil sie auch
sagen, die Vertauschbarkeit sei durch vorausgegangene Arbeit und Kosten bedingt,
während doch auch ein, blos durch Naturkräfte entstandenes Gut, z. B. ein noch
in der Erde liegendes Fossil Tauschwerth haben könne. Allein nicht ohne Unrecht,
denn der ausschließliche Besitz ist der lezte Grund des Tauschwerths, aber die Größe
des verwirklichten Tauschwerthes hängt auch von den aufgewendeten Arbeiten und
Kosten ab.
2) Rau (polit. Oeconom. I. § 49.) gibt daher die Bestandtheile des Volks-
vermögens nicht vollständig an, indem er die Stiftungen, Gesellschaften und Ge-
meinden nicht erwähnt. Das Staatsvermögen kann man dem Volksvermögen gegen-
über stellen; indessen es läßt sich kein Grund denken, warum die Staatslandgüter-
Bergwerke und Regalien, wodurch für die Nation direct und indirect (durch Ver-
ringerung der Steuern) Vermögen gewonnen wird, nicht zum Volksvermögen zu
zählen sind, da es doch der Fall ist, nachdem sie veräußert oder freigegeben sind.
Rau rechnet aber auch das Eigenthum der Staatsbürger im Auslande zum Ver-
mögen der Nation, welcher sie angehören. Würde das andere Land dagegen keine
Einwendungen machen? -- Wenigstens scheint die besitzende Person und ihr Aufent-
haltsort (z. B. Philadelphia) weniger zu entscheiden, als die Natur und Lage des
Eigenthums (z. B. Grundstücke und Häuser im Großh. Baden). Mit Schuldfor-
derungen ist das Verhältniß ein anderes.

jedenfalls die wirthſchaftlichen Dienſte nicht aus ihrem Bereiche verdrängen, denn
ſie wirken ausſchließlich zur Wirthſchaft der Einzelnen, Stiftungen, Geſellſchaften,
Gemeinden und Staaten mit. Die blos perſönlichen Dienſte darf ſie nicht umgehen,
weil diejenigen, welche ſie leiſten, Antheil an dem geſammten Volksvermögen und
-Einkommen bei der Vertheilung nehmen und alſo für die Verzehrung deſſelben von
Wichtigkeit ſind. Die allen Dienſten zu Grunde liegenden geiſtigen und körperlichen
Kräfte nehmen aber unter den Güterquellen, ebenſo wie die Naturkräfte eine der
wichtigſten Stellen ein, und die Betrachtung derſelben von dieſer Seite gehört deß-
halb ohne Zweifel in die Nationalöconomie, auch wenn man ſie nicht ins Vermögen
rechnen darf, gerade ebenſo wie Sonnenſchein, Luft, Regen, Naturkräfte u. dgl.
Es folgt aber hieraus: a) daß die Anſicht von Storch, die Dienſte gehörten in
das Vermögen, weil ſie dem Einzelnen zu einem Einkommen verhelfen, welches aus
freiwillig geſuchter und bezahlter Arbeit herrühre, einſeitig und unrichtig iſt, allein
b) daß Rau a. a. O. dieſe Storch'ſche Meinung damit, daß jenes Einkommen
doch nur in einem Theile der erzeugten ſachlichen Güter beſtehe, durchaus nicht
widerlegen kann, weil dies einmal nur von den Gewerbsdienſten (§. 373. A.)
gelten kann und bei dieſen nur dann eintritt, wenn neben dem Dienſte auch noch
andere Güterquellen, z. B. Grund und Boden, Capital, Arbeit des Unternehmers,
zur Production mitgewirkt haben, nach deren Mitwirkung die Vertheilung des Pro-
ductes Statt findet; c) daß die von Say a. a. O. durchgeführte Analogie der
materiellen und immateriellen Producte nach Dauer, Ausdehnung und Form nichts
mehr beweist, als von welchem Nutzen ſie für den wirthſchaftlichen Wohlſtand ſind.
Den deutſchen Begriff von Vermögen kennt er gar nicht, denn richesses ſind ihm
auch die nicht wirthſchaftlichen Güter, z. B. Sonnenwärme (Cours I. 132. Ueberſ.
von v. Th. I. 99.), aber er nennt ſie nur naturelles im Gegenſatze der sociales,
welche die ſachlichen Beſtandtheile unſeres Begriffs von Vermögen bilden, da ſie
ausſchließlichen Beſitz oder Eigenthum vorausſetzen. Nur dieſe Lezteren ſind nach
ihm Gegenſtände der Nationalöconomie, und er rechnet die perſönlichen Eigenſchaften
und Dienſte ſo wie die nicht geſellſchaftlichen Güter blos als Mittel zur Erhöhung
der Menge und des Genuſſes der geſellſchaftlichen Güter in die Nationalöconomie.
(Cours I. 238. Ueberſ. I. 176.). Hiernach iſt auch Rau's Anſicht über Richesse
(polit. Oeconom. I. §. 6. N. a.) zu berichtigen. S. oben §. 39. N. 2., wozu
aber noch zu bemerken iſt, daß Hermann Unterſuchungen I. Abh. §. 7. eine nicht
ganz richtige Anſicht hat, da er ſagt, die Dienſte gehörten nicht in das Vermögen,
weil hierzu äußere Güter von Dauer nöthig ſeien, dieſelben aber dieſe Eigenſchaft
nicht haben; denn die Dauer iſt etwas ſehr Relatives und kann darum, wie Say
auch ſehr richtig zeigt, kein Vermögenscriterium ſein. Dieſes Criterium liegt viel-
mehr blos in dem Tauſchwerthe. Rau (polit. Oeconom. I. §. 50. N. c) beſchul-
digt jedoch die Gelehrten, welche dieſe Anſicht haben, eines Fehlers, weil ſie auch
ſagen, die Vertauſchbarkeit ſei durch vorausgegangene Arbeit und Koſten bedingt,
während doch auch ein, blos durch Naturkräfte entſtandenes Gut, z. B. ein noch
in der Erde liegendes Foſſil Tauſchwerth haben könne. Allein nicht ohne Unrecht,
denn der ausſchließliche Beſitz iſt der lezte Grund des Tauſchwerths, aber die Größe
des verwirklichten Tauſchwerthes hängt auch von den aufgewendeten Arbeiten und
Koſten ab.
2) Rau (polit. Oeconom. I. § 49.) gibt daher die Beſtandtheile des Volks-
vermögens nicht vollſtändig an, indem er die Stiftungen, Geſellſchaften und Ge-
meinden nicht erwähnt. Das Staatsvermögen kann man dem Volksvermögen gegen-
über ſtellen; indeſſen es läßt ſich kein Grund denken, warum die Staatslandgüter-
Bergwerke und Regalien, wodurch für die Nation direct und indirect (durch Ver-
ringerung der Steuern) Vermögen gewonnen wird, nicht zum Volksvermögen zu
zählen ſind, da es doch der Fall iſt, nachdem ſie veräußert oder freigegeben ſind.
Rau rechnet aber auch das Eigenthum der Staatsbürger im Auslande zum Ver-
mögen der Nation, welcher ſie angehören. Würde das andere Land dagegen keine
Einwendungen machen? — Wenigſtens ſcheint die beſitzende Perſon und ihr Aufent-
haltsort (z. B. Philadelphia) weniger zu entſcheiden, als die Natur und Lage des
Eigenthums (z. B. Grundſtücke und Häuſer im Großh. Baden). Mit Schuldfor-
derungen iſt das Verhältniß ein anderes.

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[548/0570] ¹⁾ jedenfalls die wirthſchaftlichen Dienſte nicht aus ihrem Bereiche verdrängen, denn ſie wirken ausſchließlich zur Wirthſchaft der Einzelnen, Stiftungen, Geſellſchaften, Gemeinden und Staaten mit. Die blos perſönlichen Dienſte darf ſie nicht umgehen, weil diejenigen, welche ſie leiſten, Antheil an dem geſammten Volksvermögen und -Einkommen bei der Vertheilung nehmen und alſo für die Verzehrung deſſelben von Wichtigkeit ſind. Die allen Dienſten zu Grunde liegenden geiſtigen und körperlichen Kräfte nehmen aber unter den Güterquellen, ebenſo wie die Naturkräfte eine der wichtigſten Stellen ein, und die Betrachtung derſelben von dieſer Seite gehört deß- halb ohne Zweifel in die Nationalöconomie, auch wenn man ſie nicht ins Vermögen rechnen darf, gerade ebenſo wie Sonnenſchein, Luft, Regen, Naturkräfte u. dgl. Es folgt aber hieraus: a) daß die Anſicht von Storch, die Dienſte gehörten in das Vermögen, weil ſie dem Einzelnen zu einem Einkommen verhelfen, welches aus freiwillig geſuchter und bezahlter Arbeit herrühre, einſeitig und unrichtig iſt, allein b) daß Rau a. a. O. dieſe Storch'ſche Meinung damit, daß jenes Einkommen doch nur in einem Theile der erzeugten ſachlichen Güter beſtehe, durchaus nicht widerlegen kann, weil dies einmal nur von den Gewerbsdienſten (§. 373. A.) gelten kann und bei dieſen nur dann eintritt, wenn neben dem Dienſte auch noch andere Güterquellen, z. B. Grund und Boden, Capital, Arbeit des Unternehmers, zur Production mitgewirkt haben, nach deren Mitwirkung die Vertheilung des Pro- ductes Statt findet; c) daß die von Say a. a. O. durchgeführte Analogie der materiellen und immateriellen Producte nach Dauer, Ausdehnung und Form nichts mehr beweist, als von welchem Nutzen ſie für den wirthſchaftlichen Wohlſtand ſind. Den deutſchen Begriff von Vermögen kennt er gar nicht, denn richesses ſind ihm auch die nicht wirthſchaftlichen Güter, z. B. Sonnenwärme (Cours I. 132. Ueberſ. von v. Th. I. 99.), aber er nennt ſie nur naturelles im Gegenſatze der sociales, welche die ſachlichen Beſtandtheile unſeres Begriffs von Vermögen bilden, da ſie ausſchließlichen Beſitz oder Eigenthum vorausſetzen. Nur dieſe Lezteren ſind nach ihm Gegenſtände der Nationalöconomie, und er rechnet die perſönlichen Eigenſchaften und Dienſte ſo wie die nicht geſellſchaftlichen Güter blos als Mittel zur Erhöhung der Menge und des Genuſſes der geſellſchaftlichen Güter in die Nationalöconomie. (Cours I. 238. Ueberſ. I. 176.). Hiernach iſt auch Rau's Anſicht über Richesse (polit. Oeconom. I. §. 6. N. a.) zu berichtigen. S. oben §. 39. N. 2., wozu aber noch zu bemerken iſt, daß Hermann Unterſuchungen I. Abh. §. 7. eine nicht ganz richtige Anſicht hat, da er ſagt, die Dienſte gehörten nicht in das Vermögen, weil hierzu äußere Güter von Dauer nöthig ſeien, dieſelben aber dieſe Eigenſchaft nicht haben; denn die Dauer iſt etwas ſehr Relatives und kann darum, wie Say auch ſehr richtig zeigt, kein Vermögenscriterium ſein. Dieſes Criterium liegt viel- mehr blos in dem Tauſchwerthe. Rau (polit. Oeconom. I. §. 50. N. c) beſchul- digt jedoch die Gelehrten, welche dieſe Anſicht haben, eines Fehlers, weil ſie auch ſagen, die Vertauſchbarkeit ſei durch vorausgegangene Arbeit und Koſten bedingt, während doch auch ein, blos durch Naturkräfte entſtandenes Gut, z. B. ein noch in der Erde liegendes Foſſil Tauſchwerth haben könne. Allein nicht ohne Unrecht, denn der ausſchließliche Beſitz iſt der lezte Grund des Tauſchwerths, aber die Größe des verwirklichten Tauſchwerthes hängt auch von den aufgewendeten Arbeiten und Koſten ab. ²⁾ Rau (polit. Oeconom. I. § 49.) gibt daher die Beſtandtheile des Volks- vermögens nicht vollſtändig an, indem er die Stiftungen, Geſellſchaften und Ge- meinden nicht erwähnt. Das Staatsvermögen kann man dem Volksvermögen gegen- über ſtellen; indeſſen es läßt ſich kein Grund denken, warum die Staatslandgüter- Bergwerke und Regalien, wodurch für die Nation direct und indirect (durch Ver- ringerung der Steuern) Vermögen gewonnen wird, nicht zum Volksvermögen zu zählen ſind, da es doch der Fall iſt, nachdem ſie veräußert oder freigegeben ſind. Rau rechnet aber auch das Eigenthum der Staatsbürger im Auslande zum Ver- mögen der Nation, welcher ſie angehören. Würde das andere Land dagegen keine Einwendungen machen? — Wenigſtens ſcheint die beſitzende Perſon und ihr Aufent- haltsort (z. B. Philadelphia) weniger zu entſcheiden, als die Natur und Lage des Eigenthums (z. B. Grundſtücke und Häuſer im Großh. Baden). Mit Schuldfor- derungen iſt das Verhältniß ein anderes.

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/570>, abgerufen am 28.04.2024.