Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

legt. Es ist nicht Kriegsbrauch, einen Abgeordneten in das feindliche Heerlager für das zu bestrafen, was sein Feldherr ihm auszurichten anbefahl. Fahren Sie fort, Herr Windt: Sie haben immer noch eine halbe Viertelstunde.

Der Haushofmeister wurde unruhig. Herr Graf, -- nahm er wieder das Wort: wenn ich auch voraussehe, daß ich nicht im Stande sein werde, in dieser kargen Frist zu Herzen Dringendes und völlig Ueberzeugendes auszusprechen, so darf ich doch wohl, und wie ich ganz gehorsamst zu bitten mich erkühne, ohne fremde Unterbrechung vorerst Folgendes anführen. Das Wichtigste, was ich in vorbereitender Weise und als Grundlage der späteren Verhandlungen mitzutheilen habe, läßt sich in dreizehn Punkten zusammen fassen.

Dreizehn? wiederholte der Graf spöttisch betonend: das ist eine sehr mißbeliebte verhängnißvolle Zahl. Doch lassen Sie hören!

Es sind fast dieselben dreizehn Punkte wieder, fuhr Windt fort, welche dem im Jahre siebzehnhundert und vierundfünfzig zu Berlin geschlossenen Vergleich zur Grundlage dienten, welche dem Reichs-Hofrath siebzehnhundertsechzig vorlagen, und deren Erledigung, ebenso wie eine, der gepriesenen edlen Denkart derer Herren Grafen würdige Erklärung nur durch Diejenigen über alle Gebühr hingezögert wurde, welche darin einen persönlichen Vortheil gesucht und leider nur zu sehr gefunden haben.

Das Diplomatengesicht des Hofrath Brünings schien sich bei diesen Worten in etwas zu verlängern, und seine Nase noch um ein merkliches spitziger zu werden, als sie ohnehin bereits war. Herr Wippermann begann sich unter Kopfschütteln zu räuspern und stampfte unwillig seine Feder auf. Windt aber sprach ruhig weiter: Ohne weitschweifig zu werden, so nimmt meine hochgnädige Gebieterin wiederum in Anspruch, erstens das halb ihrer hochfürstlichen Frau Mutter, halb ihr selbst von der Wittwe de Moore zu Amsterdam vermachte Kapital; zweitens den vollständigen Ertrag der Güter von Varel und Kniphausen bis zum Augenblick ihrer Entsetzung von denselben durch ungerechten Richterspruch und durch Gewalt, nebst vollständiger Rechnungsablage; drittens die Kammerzahlungen von den Vareler Einkünften seit siebzehnhundert und siebenundvierzig, welche die Dänen gewaltsam in Besitz genommen haben, auf wessen Betrieb, wissen

legt. Es ist nicht Kriegsbrauch, einen Abgeordneten in das feindliche Heerlager für das zu bestrafen, was sein Feldherr ihm auszurichten anbefahl. Fahren Sie fort, Herr Windt: Sie haben immer noch eine halbe Viertelstunde.

Der Haushofmeister wurde unruhig. Herr Graf, — nahm er wieder das Wort: wenn ich auch voraussehe, daß ich nicht im Stande sein werde, in dieser kargen Frist zu Herzen Dringendes und völlig Ueberzeugendes auszusprechen, so darf ich doch wohl, und wie ich ganz gehorsamst zu bitten mich erkühne, ohne fremde Unterbrechung vorerst Folgendes anführen. Das Wichtigste, was ich in vorbereitender Weise und als Grundlage der späteren Verhandlungen mitzutheilen habe, läßt sich in dreizehn Punkten zusammen fassen.

Dreizehn? wiederholte der Graf spöttisch betonend: das ist eine sehr mißbeliebte verhängnißvolle Zahl. Doch lassen Sie hören!

Es sind fast dieselben dreizehn Punkte wieder, fuhr Windt fort, welche dem im Jahre siebzehnhundert und vierundfünfzig zu Berlin geschlossenen Vergleich zur Grundlage dienten, welche dem Reichs-Hofrath siebzehnhundertsechzig vorlagen, und deren Erledigung, ebenso wie eine, der gepriesenen edlen Denkart derer Herren Grafen würdige Erklärung nur durch Diejenigen über alle Gebühr hingezögert wurde, welche darin einen persönlichen Vortheil gesucht und leider nur zu sehr gefunden haben.

Das Diplomatengesicht des Hofrath Brünings schien sich bei diesen Worten in etwas zu verlängern, und seine Nase noch um ein merkliches spitziger zu werden, als sie ohnehin bereits war. Herr Wippermann begann sich unter Kopfschütteln zu räuspern und stampfte unwillig seine Feder auf. Windt aber sprach ruhig weiter: Ohne weitschweifig zu werden, so nimmt meine hochgnädige Gebieterin wiederum in Anspruch, erstens das halb ihrer hochfürstlichen Frau Mutter, halb ihr selbst von der Wittwe de Moore zu Amsterdam vermachte Kapital; zweitens den vollständigen Ertrag der Güter von Varel und Kniphausen bis zum Augenblick ihrer Entsetzung von denselben durch ungerechten Richterspruch und durch Gewalt, nebst vollständiger Rechnungsablage; drittens die Kammerzahlungen von den Vareler Einkünften seit siebzehnhundert und siebenundvierzig, welche die Dänen gewaltsam in Besitz genommen haben, auf wessen Betrieb, wissen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0014" n="[10]"/>
legt. Es ist nicht Kriegsbrauch, einen Abgeordneten in das feindliche Heerlager für das zu bestrafen, was sein Feldherr ihm auszurichten anbefahl. Fahren Sie fort, Herr Windt: Sie haben immer noch eine halbe Viertelstunde.</p>
          <p>Der Haushofmeister wurde unruhig. Herr Graf, &#x2014; nahm er wieder das Wort: wenn ich auch voraussehe, daß ich nicht im Stande sein werde, in dieser kargen Frist zu Herzen Dringendes und völlig Ueberzeugendes auszusprechen, so darf ich doch wohl, und wie ich ganz gehorsamst zu bitten mich erkühne, <hi rendition="#g">ohne</hi> fremde Unterbrechung vorerst Folgendes anführen. Das Wichtigste, was ich in vorbereitender Weise und als Grundlage der späteren Verhandlungen mitzutheilen habe, läßt sich in dreizehn Punkten zusammen fassen.</p>
          <p>Dreizehn? wiederholte der Graf spöttisch betonend: das ist eine sehr mißbeliebte verhängnißvolle Zahl. Doch lassen Sie hören!</p>
          <p>Es sind fast dieselben dreizehn Punkte wieder, fuhr Windt fort, welche dem im Jahre siebzehnhundert und vierundfünfzig zu Berlin geschlossenen Vergleich zur Grundlage dienten, welche dem Reichs-Hofrath siebzehnhundertsechzig vorlagen, und deren Erledigung, ebenso wie eine, der gepriesenen edlen Denkart derer Herren Grafen würdige Erklärung nur durch Diejenigen über alle Gebühr hingezögert wurde, welche darin einen persönlichen Vortheil gesucht und leider nur zu sehr gefunden haben.</p>
          <p>Das Diplomatengesicht des Hofrath Brünings schien sich bei diesen Worten in etwas zu verlängern, und seine Nase noch um ein merkliches spitziger zu werden, als sie ohnehin bereits war. Herr Wippermann begann sich unter Kopfschütteln zu räuspern und stampfte unwillig seine Feder auf. Windt aber sprach ruhig weiter: Ohne weitschweifig zu werden, so nimmt meine hochgnädige Gebieterin wiederum in Anspruch, <hi rendition="#g">erstens</hi> das halb ihrer hochfürstlichen Frau Mutter, halb ihr selbst von der Wittwe de Moore zu Amsterdam vermachte Kapital; <hi rendition="#g">zweitens</hi> den vollständigen Ertrag der Güter von Varel und Kniphausen bis zum Augenblick ihrer Entsetzung von denselben durch ungerechten Richterspruch und durch Gewalt, nebst vollständiger Rechnungsablage; <hi rendition="#g">drittens</hi> die Kammerzahlungen von den Vareler Einkünften seit siebzehnhundert und siebenundvierzig, welche die Dänen gewaltsam in Besitz genommen haben, auf <hi rendition="#g">wessen</hi> Betrieb, wissen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[10]/0014] legt. Es ist nicht Kriegsbrauch, einen Abgeordneten in das feindliche Heerlager für das zu bestrafen, was sein Feldherr ihm auszurichten anbefahl. Fahren Sie fort, Herr Windt: Sie haben immer noch eine halbe Viertelstunde. Der Haushofmeister wurde unruhig. Herr Graf, — nahm er wieder das Wort: wenn ich auch voraussehe, daß ich nicht im Stande sein werde, in dieser kargen Frist zu Herzen Dringendes und völlig Ueberzeugendes auszusprechen, so darf ich doch wohl, und wie ich ganz gehorsamst zu bitten mich erkühne, ohne fremde Unterbrechung vorerst Folgendes anführen. Das Wichtigste, was ich in vorbereitender Weise und als Grundlage der späteren Verhandlungen mitzutheilen habe, läßt sich in dreizehn Punkten zusammen fassen. Dreizehn? wiederholte der Graf spöttisch betonend: das ist eine sehr mißbeliebte verhängnißvolle Zahl. Doch lassen Sie hören! Es sind fast dieselben dreizehn Punkte wieder, fuhr Windt fort, welche dem im Jahre siebzehnhundert und vierundfünfzig zu Berlin geschlossenen Vergleich zur Grundlage dienten, welche dem Reichs-Hofrath siebzehnhundertsechzig vorlagen, und deren Erledigung, ebenso wie eine, der gepriesenen edlen Denkart derer Herren Grafen würdige Erklärung nur durch Diejenigen über alle Gebühr hingezögert wurde, welche darin einen persönlichen Vortheil gesucht und leider nur zu sehr gefunden haben. Das Diplomatengesicht des Hofrath Brünings schien sich bei diesen Worten in etwas zu verlängern, und seine Nase noch um ein merkliches spitziger zu werden, als sie ohnehin bereits war. Herr Wippermann begann sich unter Kopfschütteln zu räuspern und stampfte unwillig seine Feder auf. Windt aber sprach ruhig weiter: Ohne weitschweifig zu werden, so nimmt meine hochgnädige Gebieterin wiederum in Anspruch, erstens das halb ihrer hochfürstlichen Frau Mutter, halb ihr selbst von der Wittwe de Moore zu Amsterdam vermachte Kapital; zweitens den vollständigen Ertrag der Güter von Varel und Kniphausen bis zum Augenblick ihrer Entsetzung von denselben durch ungerechten Richterspruch und durch Gewalt, nebst vollständiger Rechnungsablage; drittens die Kammerzahlungen von den Vareler Einkünften seit siebzehnhundert und siebenundvierzig, welche die Dänen gewaltsam in Besitz genommen haben, auf wessen Betrieb, wissen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2013-01-22T14:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
austrian literature online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-22T14:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-22T14:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/14
Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. [10]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/14>, abgerufen am 30.04.2024.