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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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4. Drei Frauenherzen


Am Jungfernstiege stand mitten unter den andern palastgleichen Häusern der schönsten Straßen Hamburgs ein altes Gebäude von gediegener Aufführung im reinsten und edelsten Style der Renaissance. Weitbogige vergoldete, mit Blumen und Blattwerk reich verzierte Eisengitter sicherten die Fenster des untern Geschosses gegen Einbruch, metallene riesige Löwenköpfe trotzten an dem schweren Eichengetäfel der Thürflügel, die mit vergoldeten Bronzebändern in gekreuzter Gitterform überdeckt waren, wie grimmige Wächter. Das Portal zierten füllreiche Karyatiden, und über demselben hoben sich unter einer fürstlichen Krone, kunstvoll in Marmor gehauen, zwei schräg aneinander gelehnte Wappenschilde.

Das eine dieser Wappenschilde zeigte auf einer großen Tafel von Lapis Lazuli, aus massivem Silber getrieben, ein Ankerkreuz.

Es war das Haus, es waren die Wappen der alten Reichsgräfin.

Bis zu dem Dachgesimse hinan war die Außenwand dieses Palastes mit reizenden steinernen Arabesken und mancherlei Emblemen geschmückt, und hinter den doppelten Spiegelscheiben der hohen Fenster nickten herrliche Blumen, die schönste Winterflora, die nur immer von den Gewächshäusern der bedeutendsten Kunstgärtnereien Hamburgs geboten werden konnte. Die Matrone saß in einem höchst vornehm, aber wohnlich eingerichteten Zimmer, dessen Boden mit weichen Teppichen belegt war, dessen Sophas schwellende gestickte Kissen bedeckten, und dessen Wände einige Oelbilder von guten Künstlern zierten, darunter auch an einer Wand vereinigt drei reizende Seitenstücke von der Meisterhand Philipp Wouwermann's, darstellend die drei Schlösser Varel, Kniphausen und Doorwerth, mit im Genre dieses berühmten Künstlers mannichfach belebten Vordergründen. Die Matrone saß,

4. Drei Frauenherzen


Am Jungfernstiege stand mitten unter den andern palastgleichen Häusern der schönsten Straßen Hamburgs ein altes Gebäude von gediegener Aufführung im reinsten und edelsten Style der Renaissance. Weitbogige vergoldete, mit Blumen und Blattwerk reich verzierte Eisengitter sicherten die Fenster des untern Geschosses gegen Einbruch, metallene riesige Löwenköpfe trotzten an dem schweren Eichengetäfel der Thürflügel, die mit vergoldeten Bronzebändern in gekreuzter Gitterform überdeckt waren, wie grimmige Wächter. Das Portal zierten füllreiche Karyatiden, und über demselben hoben sich unter einer fürstlichen Krone, kunstvoll in Marmor gehauen, zwei schräg aneinander gelehnte Wappenschilde.

Das eine dieser Wappenschilde zeigte auf einer großen Tafel von Lapis Lazuli, aus massivem Silber getrieben, ein Ankerkreuz.

Es war das Haus, es waren die Wappen der alten Reichsgräfin.

Bis zu dem Dachgesimse hinan war die Außenwand dieses Palastes mit reizenden steinernen Arabesken und mancherlei Emblemen geschmückt, und hinter den doppelten Spiegelscheiben der hohen Fenster nickten herrliche Blumen, die schönste Winterflora, die nur immer von den Gewächshäusern der bedeutendsten Kunstgärtnereien Hamburgs geboten werden konnte. Die Matrone saß in einem höchst vornehm, aber wohnlich eingerichteten Zimmer, dessen Boden mit weichen Teppichen belegt war, dessen Sophas schwellende gestickte Kissen bedeckten, und dessen Wände einige Oelbilder von guten Künstlern zierten, darunter auch an einer Wand vereinigt drei reizende Seitenstücke von der Meisterhand Philipp Wouwermann’s, darstellend die drei Schlösser Varel, Kniphausen und Doorwerth, mit im Genre dieses berühmten Künstlers mannichfach belebten Vordergründen. Die Matrone saß,

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[215/0219] 4. Drei Frauenherzen Am Jungfernstiege stand mitten unter den andern palastgleichen Häusern der schönsten Straßen Hamburgs ein altes Gebäude von gediegener Aufführung im reinsten und edelsten Style der Renaissance. Weitbogige vergoldete, mit Blumen und Blattwerk reich verzierte Eisengitter sicherten die Fenster des untern Geschosses gegen Einbruch, metallene riesige Löwenköpfe trotzten an dem schweren Eichengetäfel der Thürflügel, die mit vergoldeten Bronzebändern in gekreuzter Gitterform überdeckt waren, wie grimmige Wächter. Das Portal zierten füllreiche Karyatiden, und über demselben hoben sich unter einer fürstlichen Krone, kunstvoll in Marmor gehauen, zwei schräg aneinander gelehnte Wappenschilde. Das eine dieser Wappenschilde zeigte auf einer großen Tafel von Lapis Lazuli, aus massivem Silber getrieben, ein Ankerkreuz. Es war das Haus, es waren die Wappen der alten Reichsgräfin. Bis zu dem Dachgesimse hinan war die Außenwand dieses Palastes mit reizenden steinernen Arabesken und mancherlei Emblemen geschmückt, und hinter den doppelten Spiegelscheiben der hohen Fenster nickten herrliche Blumen, die schönste Winterflora, die nur immer von den Gewächshäusern der bedeutendsten Kunstgärtnereien Hamburgs geboten werden konnte. Die Matrone saß in einem höchst vornehm, aber wohnlich eingerichteten Zimmer, dessen Boden mit weichen Teppichen belegt war, dessen Sophas schwellende gestickte Kissen bedeckten, und dessen Wände einige Oelbilder von guten Künstlern zierten, darunter auch an einer Wand vereinigt drei reizende Seitenstücke von der Meisterhand Philipp Wouwermann’s, darstellend die drei Schlösser Varel, Kniphausen und Doorwerth, mit im Genre dieses berühmten Künstlers mannichfach belebten Vordergründen. Die Matrone saß,

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/219>, abgerufen am 26.04.2024.