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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
erhöht, dass die Helmhaube gerippt oder mit Locken verziert war.
Ein solcher Helm (Fig. 155 Nr. 7) wurde bei Stuttgart gefunden und
befindet sich im dortigen Museum. Die Haube ist aus einem Stück
Eisen (Stahl) getrieben, die aufgenieteten Reife, sowie die Leisten-
beschläge an beiden Ohren sind von Erz.

Das Ganze ist ein wahres Kunststück der Treibarbeit. Es ist kalt
getrieben mit einem staunenswerten Aufwande von Zeit und Geduld.

Fig. 155, 1 bis 6 zeigt ferner sechs römische Krieger in voller
Rüstung, welche die Verschiedenheit der Panzer und Helme illustrieren 1).

Die Kriegsmaschinen, Katapulten und Ballisten, die Belage-
rungs- und Verteidigungsapparate waren bei den Römern dieselben wie
bei den Griechen und gehörten in der Kaiserzeit zur Ausrüstung der
Legionen. Ein neues von den Römern erfundenes Geschütz war der
Onager (Waldesel), auch tormentum oder scorpio genannt. Er war
der Stockschleuder nachgebildet. Der Wurfarm war zwischen den
Spannnerven eingezwängt und stand in ruhendem Zustande vertikal
in die Höhe. Er wurde mittels Winden (daher der Name tormentum)
bis zur horizontalen Lage niedergezogen. Am Ende war eine Art Sack
oder ein löffelähnliches Gefäss von Eisen. In diese wurden die schwe-
ren Steine eingelegt. Wenn nun die Klammer, welche das Wurfholz
in seiner Stellung hielt, losgeschlagen wurde, flog der Stein im Bogen
seinem Ziele zu. Zur Instandhaltung der Maschinen wie der Bewaff-
nung überhaupt war jeder Legion ein Tross von Handwerkern zugeteilt,
namentlich Zimmerleute (tignarii) und Schmiede (fabri ferrarii oder
aerarii). Diese Handwerker standen in einem Zunftverbande, welcher
Collegium hiess und ursprünglich militärisch eingerichtet war. Servius
Tullius hatte nach Livius (siehe I, Kap. 43) zwei centuriae fabrorum,
Handwerkerkompagnieen, der ersten Klasse beigegeben 2), deren Be-
stimmung die Verfertigung und Ausbesserung der Waffen und anderer
Kriegsgeräte war (datum munus ut machinas in bello ferrent, Livius).
Zur Zeit des Vegetius waren noch mehr Handwerker der Legion zuge-
teilt 3). Er schreibt:

"Bei der Legion befinden sich Zimmerleute, Schreiner, Wagner,
Eisenschmiede, Anstreicher u. s. w. zum Bau von Gebäuden, Kriegs-
maschinen, Belagerungstürmen u. s. w., ferner zur Instandhaltung des
Fuhrwerkes. Sodann Schilderer, Harnisch- und Bogenmacher, welche
die Pfeile und Wurfgeschosse u. s. w. herstellen und für alle Bedürf-

1) Fröhner, Trajantsäule, Lindenschmit a. a. O. Taf. XII.
2) Nach Dionys
von Halicarnass der zweiten.
3) Vegetius, de re milit. lib. II, cap. 11.
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Italien und die Römer.
erhöht, daſs die Helmhaube gerippt oder mit Locken verziert war.
Ein solcher Helm (Fig. 155 Nr. 7) wurde bei Stuttgart gefunden und
befindet sich im dortigen Museum. Die Haube ist aus einem Stück
Eisen (Stahl) getrieben, die aufgenieteten Reife, sowie die Leisten-
beschläge an beiden Ohren sind von Erz.

Das Ganze ist ein wahres Kunststück der Treibarbeit. Es ist kalt
getrieben mit einem staunenswerten Aufwande von Zeit und Geduld.

Fig. 155, 1 bis 6 zeigt ferner sechs römische Krieger in voller
Rüstung, welche die Verschiedenheit der Panzer und Helme illustrieren 1).

Die Kriegsmaschinen, Katapulten und Ballisten, die Belage-
rungs- und Verteidigungsapparate waren bei den Römern dieselben wie
bei den Griechen und gehörten in der Kaiserzeit zur Ausrüstung der
Legionen. Ein neues von den Römern erfundenes Geschütz war der
Onager (Waldesel), auch tormentum oder scorpio genannt. Er war
der Stockschleuder nachgebildet. Der Wurfarm war zwischen den
Spannnerven eingezwängt und stand in ruhendem Zustande vertikal
in die Höhe. Er wurde mittels Winden (daher der Name tormentum)
bis zur horizontalen Lage niedergezogen. Am Ende war eine Art Sack
oder ein löffelähnliches Gefäſs von Eisen. In diese wurden die schwe-
ren Steine eingelegt. Wenn nun die Klammer, welche das Wurfholz
in seiner Stellung hielt, losgeschlagen wurde, flog der Stein im Bogen
seinem Ziele zu. Zur Instandhaltung der Maschinen wie der Bewaff-
nung überhaupt war jeder Legion ein Troſs von Handwerkern zugeteilt,
namentlich Zimmerleute (tignarii) und Schmiede (fabri ferrarii oder
aerarii). Diese Handwerker standen in einem Zunftverbande, welcher
Collegium hieſs und ursprünglich militärisch eingerichtet war. Servius
Tullius hatte nach Livius (siehe I, Kap. 43) zwei centuriae fabrorum,
Handwerkerkompagnieen, der ersten Klasse beigegeben 2), deren Be-
stimmung die Verfertigung und Ausbesserung der Waffen und anderer
Kriegsgeräte war (datum munus ut machinas in bello ferrent, Livius).
Zur Zeit des Vegetius waren noch mehr Handwerker der Legion zuge-
teilt 3). Er schreibt:

„Bei der Legion befinden sich Zimmerleute, Schreiner, Wagner,
Eisenschmiede, Anstreicher u. s. w. zum Bau von Gebäuden, Kriegs-
maschinen, Belagerungstürmen u. s. w., ferner zur Instandhaltung des
Fuhrwerkes. Sodann Schilderer, Harnisch- und Bogenmacher, welche
die Pfeile und Wurfgeschosse u. s. w. herstellen und für alle Bedürf-

1) Fröhner, Trajantsäule, Lindenschmit a. a. O. Taf. XII.
2) Nach Dionys
von Halicarnaſs der zweiten.
3) Vegetius, de re milit. lib. II, cap. 11.
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[563/0585] Italien und die Römer. erhöht, daſs die Helmhaube gerippt oder mit Locken verziert war. Ein solcher Helm (Fig. 155 Nr. 7) wurde bei Stuttgart gefunden und befindet sich im dortigen Museum. Die Haube ist aus einem Stück Eisen (Stahl) getrieben, die aufgenieteten Reife, sowie die Leisten- beschläge an beiden Ohren sind von Erz. Das Ganze ist ein wahres Kunststück der Treibarbeit. Es ist kalt getrieben mit einem staunenswerten Aufwande von Zeit und Geduld. Fig. 155, 1 bis 6 zeigt ferner sechs römische Krieger in voller Rüstung, welche die Verschiedenheit der Panzer und Helme illustrieren 1). Die Kriegsmaschinen, Katapulten und Ballisten, die Belage- rungs- und Verteidigungsapparate waren bei den Römern dieselben wie bei den Griechen und gehörten in der Kaiserzeit zur Ausrüstung der Legionen. Ein neues von den Römern erfundenes Geschütz war der Onager (Waldesel), auch tormentum oder scorpio genannt. Er war der Stockschleuder nachgebildet. Der Wurfarm war zwischen den Spannnerven eingezwängt und stand in ruhendem Zustande vertikal in die Höhe. Er wurde mittels Winden (daher der Name tormentum) bis zur horizontalen Lage niedergezogen. Am Ende war eine Art Sack oder ein löffelähnliches Gefäſs von Eisen. In diese wurden die schwe- ren Steine eingelegt. Wenn nun die Klammer, welche das Wurfholz in seiner Stellung hielt, losgeschlagen wurde, flog der Stein im Bogen seinem Ziele zu. Zur Instandhaltung der Maschinen wie der Bewaff- nung überhaupt war jeder Legion ein Troſs von Handwerkern zugeteilt, namentlich Zimmerleute (tignarii) und Schmiede (fabri ferrarii oder aerarii). Diese Handwerker standen in einem Zunftverbande, welcher Collegium hieſs und ursprünglich militärisch eingerichtet war. Servius Tullius hatte nach Livius (siehe I, Kap. 43) zwei centuriae fabrorum, Handwerkerkompagnieen, der ersten Klasse beigegeben 2), deren Be- stimmung die Verfertigung und Ausbesserung der Waffen und anderer Kriegsgeräte war (datum munus ut machinas in bello ferrent, Livius). Zur Zeit des Vegetius waren noch mehr Handwerker der Legion zuge- teilt 3). Er schreibt: „Bei der Legion befinden sich Zimmerleute, Schreiner, Wagner, Eisenschmiede, Anstreicher u. s. w. zum Bau von Gebäuden, Kriegs- maschinen, Belagerungstürmen u. s. w., ferner zur Instandhaltung des Fuhrwerkes. Sodann Schilderer, Harnisch- und Bogenmacher, welche die Pfeile und Wurfgeschosse u. s. w. herstellen und für alle Bedürf- 1) Fröhner, Trajantsäule, Lindenschmit a. a. O. Taf. XII. 2) Nach Dionys von Halicarnaſs der zweiten. 3) Vegetius, de re milit. lib. II, cap. 11. 36*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/585>, abgerufen am 27.04.2024.