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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Eisengiesserei bis 1750.
kaum sechs Jahre alt war. Ein Schwager führte das Geschäft weiter,
aber er handelte unredlich gegen die Witwe und die Kinder und betrog
sogar verschiedene Arbeiter. In dieser traurigen Zeit mussten mehrere
Geschäftsanteile verkauft werden. Um das Jahr 1730 übernahm der
junge Abraham, erst 19 Jahre alt, das väterliche Geschäft. Seiner
Energie gelang es, dasselbe rasch wieder zu heben. Auch nahm er
die Versuche mit Steinkohle wieder auf. Er probierte erst ein Ge-
menge von Holzkohle und roher Steinkohle, aber ohne Erfolg; als-
dann ging er dazu über, Steinkohle zu verkoken, und zwar in Haufen
oder Meilern, ganz ähnlich wie das Holz. Zu diesem Zwecke machte
er im Freien einen kreisförmigen feuerfesten Boden oder Herd als
Untergrund und baute hierauf seinen Meiler in der Weise auf, wie
Swedenborg es beschrieben hat. Die Decke machte er aus einer
Mischung von Thon und Koksstaub (cinders). Nachdem er sich einen
gehörigen Vorrath Koks auf diese Weise hergestellt hatte, begann er
seine Schmelzversuche. Sechs Tage und Nächte überwachte er selbst
das Aufgeben, wobei er kaum schlief und seine Mahlzeiten auf der
Ofengicht einnahm. Nach manchen Schwierigkeiten und Enttäuschungen
floss am Abend des sechsten Tages das Eisen gut aus dem Ofen.
Erschöpft verfiel er in einen so tiefen Schlaf, dass die Arbeiter ihn
nicht zu erwecken vermochten und ihn schlafend nach seiner ent-
fernten Wohnung trugen 1). 1735 wird als das Jahr bezeichnet, in
welchem es dem jüngeren Abraham Darby gelungen sei, Eisenerze
allein mit Koks im Hochofen zu schmelzen. Es scheint indes, dass
er doch häufiger eine Mischung von Koks mit Holzkohle verwendete.

Früher schon war es gelungen, Bleierze mit Koks zu schmelzen;
1692 hatte sich eine Gesellschaft hierfür gebildet. Auch scheint das
Schmelzen der Eisenerze mit Koks, abgesehen von Dud Dudleys be-
kanntem Erfolge, schon früher in einzelnen Fällen gelungen zu sein.
Wenigstens berichtet Leigh in seiner Naturgeschichte von Lancashire,
dass man dort kurz vor 1700 Eisen mit Steinkohle gemacht habe.
Auch schmolz man um diese Zeit bereits Zinn- und Kupfererze mit
Steinkohlen. Nach Blewstones Patent von 1677 war erst 1692 wieder
ein Patent an einen Thomas Addison für die Herstellung von Eisen mit
Steinkohlen ertheilt worden 2). Von einem Erfolge verlautet aber nichts.


1) Siehe Percy, Iron, p. 888. Dieser Bericht rührt von den Nachkommen
Abraham Darbys her.
2) Patent A. D. 1692, Febr. 29, Nr. 291. Thomas Addison. -- Using seacoale
or pitt coale to melt or smelt down iron ore, iron, iron stone, slags, cinders, old
cast or hammered iron etc. and to refine and make the same into bar iron and
other iron and into guns, bullets etc.

Die Eisengieſserei bis 1750.
kaum sechs Jahre alt war. Ein Schwager führte das Geschäft weiter,
aber er handelte unredlich gegen die Witwe und die Kinder und betrog
sogar verschiedene Arbeiter. In dieser traurigen Zeit muſsten mehrere
Geschäftsanteile verkauft werden. Um das Jahr 1730 übernahm der
junge Abraham, erst 19 Jahre alt, das väterliche Geschäft. Seiner
Energie gelang es, dasselbe rasch wieder zu heben. Auch nahm er
die Versuche mit Steinkohle wieder auf. Er probierte erst ein Ge-
menge von Holzkohle und roher Steinkohle, aber ohne Erfolg; als-
dann ging er dazu über, Steinkohle zu verkoken, und zwar in Haufen
oder Meilern, ganz ähnlich wie das Holz. Zu diesem Zwecke machte
er im Freien einen kreisförmigen feuerfesten Boden oder Herd als
Untergrund und baute hierauf seinen Meiler in der Weise auf, wie
Swedenborg es beschrieben hat. Die Decke machte er aus einer
Mischung von Thon und Koksstaub (cinders). Nachdem er sich einen
gehörigen Vorrath Koks auf diese Weise hergestellt hatte, begann er
seine Schmelzversuche. Sechs Tage und Nächte überwachte er selbst
das Aufgeben, wobei er kaum schlief und seine Mahlzeiten auf der
Ofengicht einnahm. Nach manchen Schwierigkeiten und Enttäuschungen
floſs am Abend des sechsten Tages das Eisen gut aus dem Ofen.
Erschöpft verfiel er in einen so tiefen Schlaf, daſs die Arbeiter ihn
nicht zu erwecken vermochten und ihn schlafend nach seiner ent-
fernten Wohnung trugen 1). 1735 wird als das Jahr bezeichnet, in
welchem es dem jüngeren Abraham Darby gelungen sei, Eisenerze
allein mit Koks im Hochofen zu schmelzen. Es scheint indes, daſs
er doch häufiger eine Mischung von Koks mit Holzkohle verwendete.

Früher schon war es gelungen, Bleierze mit Koks zu schmelzen;
1692 hatte sich eine Gesellschaft hierfür gebildet. Auch scheint das
Schmelzen der Eisenerze mit Koks, abgesehen von Dud Dudleys be-
kanntem Erfolge, schon früher in einzelnen Fällen gelungen zu sein.
Wenigstens berichtet Leigh in seiner Naturgeschichte von Lancashire,
daſs man dort kurz vor 1700 Eisen mit Steinkohle gemacht habe.
Auch schmolz man um diese Zeit bereits Zinn- und Kupfererze mit
Steinkohlen. Nach Blewstones Patent von 1677 war erst 1692 wieder
ein Patent an einen Thomas Addison für die Herstellung von Eisen mit
Steinkohlen ertheilt worden 2). Von einem Erfolge verlautet aber nichts.


1) Siehe Percy, Iron, p. 888. Dieser Bericht rührt von den Nachkommen
Abraham Darbys her.
2) Patent A. D. 1692, Febr. 29, Nr. 291. Thomas Addison. — Using seacoale
or pitt coale to melt or smelt down iron ore, iron, iron stone, slags, cinders, old
cast or hammered iron etc. and to refine and make the same into bar iron and
other iron and into guns, bullets etc.
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[162/0176] Die Eisengieſserei bis 1750. kaum sechs Jahre alt war. Ein Schwager führte das Geschäft weiter, aber er handelte unredlich gegen die Witwe und die Kinder und betrog sogar verschiedene Arbeiter. In dieser traurigen Zeit muſsten mehrere Geschäftsanteile verkauft werden. Um das Jahr 1730 übernahm der junge Abraham, erst 19 Jahre alt, das väterliche Geschäft. Seiner Energie gelang es, dasselbe rasch wieder zu heben. Auch nahm er die Versuche mit Steinkohle wieder auf. Er probierte erst ein Ge- menge von Holzkohle und roher Steinkohle, aber ohne Erfolg; als- dann ging er dazu über, Steinkohle zu verkoken, und zwar in Haufen oder Meilern, ganz ähnlich wie das Holz. Zu diesem Zwecke machte er im Freien einen kreisförmigen feuerfesten Boden oder Herd als Untergrund und baute hierauf seinen Meiler in der Weise auf, wie Swedenborg es beschrieben hat. Die Decke machte er aus einer Mischung von Thon und Koksstaub (cinders). Nachdem er sich einen gehörigen Vorrath Koks auf diese Weise hergestellt hatte, begann er seine Schmelzversuche. Sechs Tage und Nächte überwachte er selbst das Aufgeben, wobei er kaum schlief und seine Mahlzeiten auf der Ofengicht einnahm. Nach manchen Schwierigkeiten und Enttäuschungen floſs am Abend des sechsten Tages das Eisen gut aus dem Ofen. Erschöpft verfiel er in einen so tiefen Schlaf, daſs die Arbeiter ihn nicht zu erwecken vermochten und ihn schlafend nach seiner ent- fernten Wohnung trugen 1). 1735 wird als das Jahr bezeichnet, in welchem es dem jüngeren Abraham Darby gelungen sei, Eisenerze allein mit Koks im Hochofen zu schmelzen. Es scheint indes, daſs er doch häufiger eine Mischung von Koks mit Holzkohle verwendete. Früher schon war es gelungen, Bleierze mit Koks zu schmelzen; 1692 hatte sich eine Gesellschaft hierfür gebildet. Auch scheint das Schmelzen der Eisenerze mit Koks, abgesehen von Dud Dudleys be- kanntem Erfolge, schon früher in einzelnen Fällen gelungen zu sein. Wenigstens berichtet Leigh in seiner Naturgeschichte von Lancashire, daſs man dort kurz vor 1700 Eisen mit Steinkohle gemacht habe. Auch schmolz man um diese Zeit bereits Zinn- und Kupfererze mit Steinkohlen. Nach Blewstones Patent von 1677 war erst 1692 wieder ein Patent an einen Thomas Addison für die Herstellung von Eisen mit Steinkohlen ertheilt worden 2). Von einem Erfolge verlautet aber nichts. 1) Siehe Percy, Iron, p. 888. Dieser Bericht rührt von den Nachkommen Abraham Darbys her. 2) Patent A. D. 1692, Febr. 29, Nr. 291. Thomas Addison. — Using seacoale or pitt coale to melt or smelt down iron ore, iron, iron stone, slags, cinders, old cast or hammered iron etc. and to refine and make the same into bar iron and other iron and into guns, bullets etc.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/176>, abgerufen am 29.04.2024.