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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.

Stodart1) fand 450° F. als die richtigste Temperatur für das
Härten von Federmessern.

Die Schwierigkeit, welche das Zusammenschweissen von Gussstahl
und Eisen darbot, wollte Thomas Frankland durch ein von ihm
erfundenes Verfahren überwinden 2). Es bestand dies darin, Eisen
und Stahl, welche zusammengeschweisst werden sollten, in getrennten
Feuern zu erhitzen und dabei dem Stahl eine schwächere Hitze zu
geben als dem Eisen. Stahl erhitzt sich rascher im Feuer wie Eisen und
schweisst bei niedrigerer Temperatur. Wollte man beiden zusammen
die Schweisshitze geben, wie dies meist geschah, so würde Stahl ver-
brennen, ehe das Eisen seine richtige Schweisshitze erlangt hat. Dies
ist der Grund für obiges Verfahren.

Bei feinen und kurzen Sachen gab man erst dem Eisen und Stahl
Gestalt und Umfang, wie es das fertige Stück erforderte. Bei langen
Gegenständen, wie Sensen u. dergl., bei denen nur eine Stahlschneide
verlangt wurde, schmiedete man dagegen zwei entsprechend lange
Streifen aus, schweisste sie zusammen und schmiedete erst dann die
Form aus. Glatte Stahlwalzen beschleunigten und beförderten dieses
Verfahren, indem man die Stäbe, Bleche u. s. w. erst auf Länge,
Breite und Dicke ausschmiedete und hierauf für sich durch die an-
gewärmten Cylinder laufen liess; dann beide Streifen schweisswarm
aufeinanderlegte und zusammen die Walzen passieren liess, wobei die
Schweissung leicht und vollständig erfolgte, wenn die Hitze die richtige
war. Auf ähnliche Art konnte man auch schon fertigen Instrumenten
ein Stahlblatt auf das schnellste auflegen. Da dies bei grossen Stücken,
z. B. bei Walzen, nicht anging, so schlug Frankland vor, erst den
inneren Teil derselben, d. h. die ganze Form abzüglich der Stahl-
stärke, aus Gusseisen zu giessen, diesen Kern dann in eine Lehm-
form einzusetzen, zu erhitzen und dann den Stahl darum zu giessen.
Sollte die Walze eine sehr starke Achse haben, stärker als sie aus
Gusseisen hergestellt werden kann, so fertigte man dieselbe vorher
aus Schmiedeeisen und goss erst mit Gusseisen den inneren Walzen-
körper darum und hierauf dann den Stahl (compound metal!). -- Die
Verstählung durch Verschmelzung sollte sich auch bei vielen kleinen
Gegenständen mit Vorteil anwenden lassen.


1) Siehe Philos. Transactions 1795, p. 326.
2) Siehe On welding cast steel by Sir Thomas Frankland, Philos. Transact.
1795, P. II. Deutsch von Buschendorf in Journal für Fabrik. etc., Bd. XVII,
Juli 1799, S. 49.
Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.

Stodart1) fand 450° F. als die richtigste Temperatur für das
Härten von Federmessern.

Die Schwierigkeit, welche das Zusammenschweiſsen von Guſsstahl
und Eisen darbot, wollte Thomas Frankland durch ein von ihm
erfundenes Verfahren überwinden 2). Es bestand dies darin, Eisen
und Stahl, welche zusammengeschweiſst werden sollten, in getrennten
Feuern zu erhitzen und dabei dem Stahl eine schwächere Hitze zu
geben als dem Eisen. Stahl erhitzt sich rascher im Feuer wie Eisen und
schweiſst bei niedrigerer Temperatur. Wollte man beiden zusammen
die Schweiſshitze geben, wie dies meist geschah, so würde Stahl ver-
brennen, ehe das Eisen seine richtige Schweiſshitze erlangt hat. Dies
ist der Grund für obiges Verfahren.

Bei feinen und kurzen Sachen gab man erst dem Eisen und Stahl
Gestalt und Umfang, wie es das fertige Stück erforderte. Bei langen
Gegenständen, wie Sensen u. dergl., bei denen nur eine Stahlschneide
verlangt wurde, schmiedete man dagegen zwei entsprechend lange
Streifen aus, schweiſste sie zusammen und schmiedete erst dann die
Form aus. Glatte Stahlwalzen beschleunigten und beförderten dieses
Verfahren, indem man die Stäbe, Bleche u. s. w. erst auf Länge,
Breite und Dicke ausschmiedete und hierauf für sich durch die an-
gewärmten Cylinder laufen lieſs; dann beide Streifen schweiſswarm
aufeinanderlegte und zusammen die Walzen passieren lieſs, wobei die
Schweiſsung leicht und vollständig erfolgte, wenn die Hitze die richtige
war. Auf ähnliche Art konnte man auch schon fertigen Instrumenten
ein Stahlblatt auf das schnellste auflegen. Da dies bei groſsen Stücken,
z. B. bei Walzen, nicht anging, so schlug Frankland vor, erst den
inneren Teil derselben, d. h. die ganze Form abzüglich der Stahl-
stärke, aus Guſseisen zu gieſsen, diesen Kern dann in eine Lehm-
form einzusetzen, zu erhitzen und dann den Stahl darum zu gieſsen.
Sollte die Walze eine sehr starke Achse haben, stärker als sie aus
Guſseisen hergestellt werden kann, so fertigte man dieselbe vorher
aus Schmiedeeisen und goſs erst mit Guſseisen den inneren Walzen-
körper darum und hierauf dann den Stahl (compound metal!). — Die
Verstählung durch Verschmelzung sollte sich auch bei vielen kleinen
Gegenständen mit Vorteil anwenden lassen.


1) Siehe Philos. Transactions 1795, p. 326.
2) Siehe On welding cast steel by Sir Thomas Frankland, Philos. Transact.
1795, P. II. Deutsch von Buschendorf in Journal für Fabrik. etc., Bd. XVII,
Juli 1799, S. 49.
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[776/0790] Stahl Ende des 18. Jahrhunderts. Stodart 1) fand 450° F. als die richtigste Temperatur für das Härten von Federmessern. Die Schwierigkeit, welche das Zusammenschweiſsen von Guſsstahl und Eisen darbot, wollte Thomas Frankland durch ein von ihm erfundenes Verfahren überwinden 2). Es bestand dies darin, Eisen und Stahl, welche zusammengeschweiſst werden sollten, in getrennten Feuern zu erhitzen und dabei dem Stahl eine schwächere Hitze zu geben als dem Eisen. Stahl erhitzt sich rascher im Feuer wie Eisen und schweiſst bei niedrigerer Temperatur. Wollte man beiden zusammen die Schweiſshitze geben, wie dies meist geschah, so würde Stahl ver- brennen, ehe das Eisen seine richtige Schweiſshitze erlangt hat. Dies ist der Grund für obiges Verfahren. Bei feinen und kurzen Sachen gab man erst dem Eisen und Stahl Gestalt und Umfang, wie es das fertige Stück erforderte. Bei langen Gegenständen, wie Sensen u. dergl., bei denen nur eine Stahlschneide verlangt wurde, schmiedete man dagegen zwei entsprechend lange Streifen aus, schweiſste sie zusammen und schmiedete erst dann die Form aus. Glatte Stahlwalzen beschleunigten und beförderten dieses Verfahren, indem man die Stäbe, Bleche u. s. w. erst auf Länge, Breite und Dicke ausschmiedete und hierauf für sich durch die an- gewärmten Cylinder laufen lieſs; dann beide Streifen schweiſswarm aufeinanderlegte und zusammen die Walzen passieren lieſs, wobei die Schweiſsung leicht und vollständig erfolgte, wenn die Hitze die richtige war. Auf ähnliche Art konnte man auch schon fertigen Instrumenten ein Stahlblatt auf das schnellste auflegen. Da dies bei groſsen Stücken, z. B. bei Walzen, nicht anging, so schlug Frankland vor, erst den inneren Teil derselben, d. h. die ganze Form abzüglich der Stahl- stärke, aus Guſseisen zu gieſsen, diesen Kern dann in eine Lehm- form einzusetzen, zu erhitzen und dann den Stahl darum zu gieſsen. Sollte die Walze eine sehr starke Achse haben, stärker als sie aus Guſseisen hergestellt werden kann, so fertigte man dieselbe vorher aus Schmiedeeisen und goſs erst mit Guſseisen den inneren Walzen- körper darum und hierauf dann den Stahl (compound metal!). — Die Verstählung durch Verschmelzung sollte sich auch bei vielen kleinen Gegenständen mit Vorteil anwenden lassen. 1) Siehe Philos. Transactions 1795, p. 326. 2) Siehe On welding cast steel by Sir Thomas Frankland, Philos. Transact. 1795, P. II. Deutsch von Buschendorf in Journal für Fabrik. etc., Bd. XVII, Juli 1799, S. 49.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/790>, abgerufen am 30.04.2024.