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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Dampfmaschinen und Dampfschiffe.
Vereinigten Staaten von Amerika unausgesetzt. Bei der Unwegsam-
keit des Landes und der Stärke der Ströme war eine Schiffahrt gegen
den Strom von viel grösserer Wichtigkeit, als in England oder Frank-
reich.

1804 erbaute J. Stevens ein Dampfschiff, dessen Propeller eine
Schraube war, und Oliver Evans konstruierte ein Dampfschiff zur
Reinigung der Docks in Philadelphia.

Beide Versuche blieben erfolglos. Endlich gelang es Robert
Fulton
, die Aufgabe zu lösen. Das Interesse an der Sache hatte
Rumsey in ihm erweckt, der den talentvollen Mann in seiner Jugend
unterstützt hatte. Von grossem Nutzen für Fulton war ein längerer
Aufenthalt in Paris auf Veranlassung seines Landsmannes Barlow.
Der Gedanke, das Meer zum freien Handelswege aller Nationen zu
machen, erfüllte ihn so sehr, dass er ihn (1796) zu seinem Wahl-
spruch erkor in der Sentenz: the liberty of the Sea will be the hap-
piness of the Earth. Er beschäftigte sich damals hauptsächlich damit,
ein Taucherschiff (Nautilus) und unter Wasser explodierende Bomben
(Torpedos) zur Zerstörung feindlicher Kriegsschiffe zu konstruieren;
doch fand diese wichtige Frage der Küstenverteidigung und des See-
krieges nur geringe Beachtung, und Fultons Vorschläge wurden
wiederholt, sowohl von der französischen, wie der holländischen Re-
gierung abgewiesen.

Um diese Zeit war Robert Livingstone als amerikanischer
Gesandter nach Paris gekommen. Dieser hatte sich seit 1797 be-
müht, eine Dampfschiffahrt auf dem Hudson einzurichten. Er trat
mit Fulton in Verbindung und gab ihm die Mittel zur Erbauung
eines Dampfschiffes. 1803 hatte Fulton sein erstes Boot vollendet
und auf der Seine laufen lassen. Es fuhr aber zu langsam. Da der
Krieg von neuem ausbrach und die Kommission, welcher Napoleon
die Vorschläge Fultons unterbreitet hatte, dieselben für unausführ-
bar erklärte, so verliess Fulton Frankreich und begab sich im Mai
1804 nach England, wo er den Minister Pitt für seine Erfindungen
zu gewinnen suchte. Pitts früher Tod (1806) durchkreuzte seine Pläne
und veranlasste ihn, im Dezember 1806 nach Amerika zurückzukehren.
Hier gelang es ihm mit Livingstones eifriger Unterstützung bald,
ein vollständig brauchbares Dampfboot zu stande zu bringen, zu
dem er vor seiner Abreise von England die Dampfmaschine bei
Boulton und Watt in Soho bestellt hatte. Schon am 7. Oktober
1807 machte Fultons Dampfschiff seine erste Fahrt auf dem Hudson-
flusse von New-York nach Albany und legte den 120 engl. Meilen

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Dampfmaschinen und Dampfschiffe.
Vereinigten Staaten von Amerika unausgesetzt. Bei der Unwegsam-
keit des Landes und der Stärke der Ströme war eine Schiffahrt gegen
den Strom von viel gröſserer Wichtigkeit, als in England oder Frank-
reich.

1804 erbaute J. Stevens ein Dampfschiff, dessen Propeller eine
Schraube war, und Oliver Evans konstruierte ein Dampfschiff zur
Reinigung der Docks in Philadelphia.

Beide Versuche blieben erfolglos. Endlich gelang es Robert
Fulton
, die Aufgabe zu lösen. Das Interesse an der Sache hatte
Rumsey in ihm erweckt, der den talentvollen Mann in seiner Jugend
unterstützt hatte. Von groſsem Nutzen für Fulton war ein längerer
Aufenthalt in Paris auf Veranlassung seines Landsmannes Barlow.
Der Gedanke, das Meer zum freien Handelswege aller Nationen zu
machen, erfüllte ihn so sehr, daſs er ihn (1796) zu seinem Wahl-
spruch erkor in der Sentenz: the liberty of the Sea will be the hap-
piness of the Earth. Er beschäftigte sich damals hauptsächlich damit,
ein Taucherschiff (Nautilus) und unter Wasser explodierende Bomben
(Torpedos) zur Zerstörung feindlicher Kriegsschiffe zu konstruieren;
doch fand diese wichtige Frage der Küstenverteidigung und des See-
krieges nur geringe Beachtung, und Fultons Vorschläge wurden
wiederholt, sowohl von der französischen, wie der holländischen Re-
gierung abgewiesen.

Um diese Zeit war Robert Livingstone als amerikanischer
Gesandter nach Paris gekommen. Dieser hatte sich seit 1797 be-
müht, eine Dampfschiffahrt auf dem Hudson einzurichten. Er trat
mit Fulton in Verbindung und gab ihm die Mittel zur Erbauung
eines Dampfschiffes. 1803 hatte Fulton sein erstes Boot vollendet
und auf der Seine laufen lassen. Es fuhr aber zu langsam. Da der
Krieg von neuem ausbrach und die Kommission, welcher Napoleon
die Vorschläge Fultons unterbreitet hatte, dieselben für unausführ-
bar erklärte, so verlieſs Fulton Frankreich und begab sich im Mai
1804 nach England, wo er den Minister Pitt für seine Erfindungen
zu gewinnen suchte. Pitts früher Tod (1806) durchkreuzte seine Pläne
und veranlaſste ihn, im Dezember 1806 nach Amerika zurückzukehren.
Hier gelang es ihm mit Livingstones eifriger Unterstützung bald,
ein vollständig brauchbares Dampfboot zu stande zu bringen, zu
dem er vor seiner Abreise von England die Dampfmaschine bei
Boulton und Watt in Soho bestellt hatte. Schon am 7. Oktober
1807 machte Fultons Dampfschiff seine erste Fahrt auf dem Hudson-
flusse von New-York nach Albany und legte den 120 engl. Meilen

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[147/0163] Dampfmaschinen und Dampfschiffe. Vereinigten Staaten von Amerika unausgesetzt. Bei der Unwegsam- keit des Landes und der Stärke der Ströme war eine Schiffahrt gegen den Strom von viel gröſserer Wichtigkeit, als in England oder Frank- reich. 1804 erbaute J. Stevens ein Dampfschiff, dessen Propeller eine Schraube war, und Oliver Evans konstruierte ein Dampfschiff zur Reinigung der Docks in Philadelphia. Beide Versuche blieben erfolglos. Endlich gelang es Robert Fulton, die Aufgabe zu lösen. Das Interesse an der Sache hatte Rumsey in ihm erweckt, der den talentvollen Mann in seiner Jugend unterstützt hatte. Von groſsem Nutzen für Fulton war ein längerer Aufenthalt in Paris auf Veranlassung seines Landsmannes Barlow. Der Gedanke, das Meer zum freien Handelswege aller Nationen zu machen, erfüllte ihn so sehr, daſs er ihn (1796) zu seinem Wahl- spruch erkor in der Sentenz: the liberty of the Sea will be the hap- piness of the Earth. Er beschäftigte sich damals hauptsächlich damit, ein Taucherschiff (Nautilus) und unter Wasser explodierende Bomben (Torpedos) zur Zerstörung feindlicher Kriegsschiffe zu konstruieren; doch fand diese wichtige Frage der Küstenverteidigung und des See- krieges nur geringe Beachtung, und Fultons Vorschläge wurden wiederholt, sowohl von der französischen, wie der holländischen Re- gierung abgewiesen. Um diese Zeit war Robert Livingstone als amerikanischer Gesandter nach Paris gekommen. Dieser hatte sich seit 1797 be- müht, eine Dampfschiffahrt auf dem Hudson einzurichten. Er trat mit Fulton in Verbindung und gab ihm die Mittel zur Erbauung eines Dampfschiffes. 1803 hatte Fulton sein erstes Boot vollendet und auf der Seine laufen lassen. Es fuhr aber zu langsam. Da der Krieg von neuem ausbrach und die Kommission, welcher Napoleon die Vorschläge Fultons unterbreitet hatte, dieselben für unausführ- bar erklärte, so verlieſs Fulton Frankreich und begab sich im Mai 1804 nach England, wo er den Minister Pitt für seine Erfindungen zu gewinnen suchte. Pitts früher Tod (1806) durchkreuzte seine Pläne und veranlaſste ihn, im Dezember 1806 nach Amerika zurückzukehren. Hier gelang es ihm mit Livingstones eifriger Unterstützung bald, ein vollständig brauchbares Dampfboot zu stande zu bringen, zu dem er vor seiner Abreise von England die Dampfmaschine bei Boulton und Watt in Soho bestellt hatte. Schon am 7. Oktober 1807 machte Fultons Dampfschiff seine erste Fahrt auf dem Hudson- flusse von New-York nach Albany und legte den 120 engl. Meilen 10*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/163>, abgerufen am 26.04.2024.