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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Eisengiesserei 1816 bis 1830.
geballt, eingesetzt werden. Das flüssige Eisen sollte direkt in Formen
gegossen werden. Dieser Vorschlag hat nur als ein Vorläufer des
Erzstahlprozesses ein Interesse.

Je mehr der Koksofenbetrieb sich ausbreitete, je mehr ging man
dazu über, das Roheisen zum Vergiessen umzuschmelzen. Auch
beim Umschmelzen verhalten sich die verschiedenen grauen Roheisen-
sorten sehr verschieden. Zum Tiegelguss ist ein reines halbiertes Eisen
am besten. Zum Umschmelzen in Schachtöfen eignete sich am meisten
ein gares, graues Roheisen, welches aus nicht zu leichtflüssiger Be-
schickung und in hohen und engen Obergestellen erzeugt worden war.
Ebenso musste man zum Umschmelzen im Flammofen ein graues Roh-
eisen von strengflüssiger Beschickung, in hohen Obergestellen erblasen,
wählen. Wo es besonders auf Festigkeit ankam, wie beim Geschütz-
guss, schmolz man das graue Roheisen zweckmässig erst einmal im
Flammofen um.

Beim Kupolofenbetrieb war es nützlich, zuweilen einige Stücke
Kalk als Flussmittel besonders für den an den Masseln haften ge-
bliebenen Sand einzuwerfen. Zu Birmingham wurde ein Dampfkessel
durch die Flamme eines Kupolofens geheizt. Die Kupol- oder
Wilkinsonöfen im mittleren England waren meist 7 engl. Fuss
hoch. Man blies mit 11/2 bis 2 Pfd. Windpressung, hatte 5 bis 7 Proz.
Abbrand und 23 bis 30 Proz. Koksverbrauch.

Die Herde der Flammöfen waren entweder auf einem massiven
Mauerwerk oder auf einem starken Gewölbe oder auch auf eisernen
Platten, welche man auswechseln konnte, errichtet. Als Herdmasse
eignete sich reiner Flusssand, in dessen Ermangelung man am besten
gebrannten Quarz verwendete. Die englischen Gussflammöfen waren
aus den Bleischmelzöfen entstanden und hatten von diesen den
tiefen Sumpf und stark geneigten Herd überkommen (vergl. Fig. 33).
An dieser vererbten Form hielt man lange Zeit fest. Erst in
dieser Periode ging man zu ebenen Herden und flachen Gewölben
(Fig. 68, a. f. S.) über, welche für das Umschmelzen des Eisens
aus verschiedenen Gründen zweckmässiger waren. Das Einsetzen und
Einschmelzen des Roheisens am höchsten Punkt des Herdes nahe der
Feuerbrücke hatte immer einen stärkeren Eisenabbrand zur Folge.
Allerdings gestattete der flache, fast horizontale Herd das Aus-
schöpfen mit Giesskellen nicht. Wollte man das Eisen mit Giess-
kellen entnehmen, so musste dem Herd unmittelbar vor der Einsatz-
thür eine Vertiefung gegeben werden. Doch kam man von dem
Schöpfen des Eisens mehr und mehr ab. Statt dessen brachte man

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Die Eisengieſserei 1816 bis 1830.
geballt, eingesetzt werden. Das flüssige Eisen sollte direkt in Formen
gegossen werden. Dieser Vorschlag hat nur als ein Vorläufer des
Erzstahlprozesses ein Interesse.

Je mehr der Koksofenbetrieb sich ausbreitete, je mehr ging man
dazu über, das Roheisen zum Vergieſsen umzuschmelzen. Auch
beim Umschmelzen verhalten sich die verschiedenen grauen Roheisen-
sorten sehr verschieden. Zum Tiegelguſs ist ein reines halbiertes Eisen
am besten. Zum Umschmelzen in Schachtöfen eignete sich am meisten
ein gares, graues Roheisen, welches aus nicht zu leichtflüssiger Be-
schickung und in hohen und engen Obergestellen erzeugt worden war.
Ebenso muſste man zum Umschmelzen im Flammofen ein graues Roh-
eisen von strengflüssiger Beschickung, in hohen Obergestellen erblasen,
wählen. Wo es besonders auf Festigkeit ankam, wie beim Geschütz-
guſs, schmolz man das graue Roheisen zweckmäſsig erst einmal im
Flammofen um.

Beim Kupolofenbetrieb war es nützlich, zuweilen einige Stücke
Kalk als Fluſsmittel besonders für den an den Masseln haften ge-
bliebenen Sand einzuwerfen. Zu Birmingham wurde ein Dampfkessel
durch die Flamme eines Kupolofens geheizt. Die Kupol- oder
Wilkinsonöfen im mittleren England waren meist 7 engl. Fuſs
hoch. Man blies mit 1½ bis 2 Pfd. Windpressung, hatte 5 bis 7 Proz.
Abbrand und 23 bis 30 Proz. Koksverbrauch.

Die Herde der Flammöfen waren entweder auf einem massiven
Mauerwerk oder auf einem starken Gewölbe oder auch auf eisernen
Platten, welche man auswechseln konnte, errichtet. Als Herdmasse
eignete sich reiner Fluſssand, in dessen Ermangelung man am besten
gebrannten Quarz verwendete. Die englischen Guſsflammöfen waren
aus den Bleischmelzöfen entstanden und hatten von diesen den
tiefen Sumpf und stark geneigten Herd überkommen (vergl. Fig. 33).
An dieser vererbten Form hielt man lange Zeit fest. Erst in
dieser Periode ging man zu ebenen Herden und flachen Gewölben
(Fig. 68, a. f. S.) über, welche für das Umschmelzen des Eisens
aus verschiedenen Gründen zweckmäſsiger waren. Das Einsetzen und
Einschmelzen des Roheisens am höchsten Punkt des Herdes nahe der
Feuerbrücke hatte immer einen stärkeren Eisenabbrand zur Folge.
Allerdings gestattete der flache, fast horizontale Herd das Aus-
schöpfen mit Gieſskellen nicht. Wollte man das Eisen mit Gieſs-
kellen entnehmen, so muſste dem Herd unmittelbar vor der Einsatz-
thür eine Vertiefung gegeben werden. Doch kam man von dem
Schöpfen des Eisens mehr und mehr ab. Statt dessen brachte man

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[243/0259] Die Eisengieſserei 1816 bis 1830. geballt, eingesetzt werden. Das flüssige Eisen sollte direkt in Formen gegossen werden. Dieser Vorschlag hat nur als ein Vorläufer des Erzstahlprozesses ein Interesse. Je mehr der Koksofenbetrieb sich ausbreitete, je mehr ging man dazu über, das Roheisen zum Vergieſsen umzuschmelzen. Auch beim Umschmelzen verhalten sich die verschiedenen grauen Roheisen- sorten sehr verschieden. Zum Tiegelguſs ist ein reines halbiertes Eisen am besten. Zum Umschmelzen in Schachtöfen eignete sich am meisten ein gares, graues Roheisen, welches aus nicht zu leichtflüssiger Be- schickung und in hohen und engen Obergestellen erzeugt worden war. Ebenso muſste man zum Umschmelzen im Flammofen ein graues Roh- eisen von strengflüssiger Beschickung, in hohen Obergestellen erblasen, wählen. Wo es besonders auf Festigkeit ankam, wie beim Geschütz- guſs, schmolz man das graue Roheisen zweckmäſsig erst einmal im Flammofen um. Beim Kupolofenbetrieb war es nützlich, zuweilen einige Stücke Kalk als Fluſsmittel besonders für den an den Masseln haften ge- bliebenen Sand einzuwerfen. Zu Birmingham wurde ein Dampfkessel durch die Flamme eines Kupolofens geheizt. Die Kupol- oder Wilkinsonöfen im mittleren England waren meist 7 engl. Fuſs hoch. Man blies mit 1½ bis 2 Pfd. Windpressung, hatte 5 bis 7 Proz. Abbrand und 23 bis 30 Proz. Koksverbrauch. Die Herde der Flammöfen waren entweder auf einem massiven Mauerwerk oder auf einem starken Gewölbe oder auch auf eisernen Platten, welche man auswechseln konnte, errichtet. Als Herdmasse eignete sich reiner Fluſssand, in dessen Ermangelung man am besten gebrannten Quarz verwendete. Die englischen Guſsflammöfen waren aus den Bleischmelzöfen entstanden und hatten von diesen den tiefen Sumpf und stark geneigten Herd überkommen (vergl. Fig. 33). An dieser vererbten Form hielt man lange Zeit fest. Erst in dieser Periode ging man zu ebenen Herden und flachen Gewölben (Fig. 68, a. f. S.) über, welche für das Umschmelzen des Eisens aus verschiedenen Gründen zweckmäſsiger waren. Das Einsetzen und Einschmelzen des Roheisens am höchsten Punkt des Herdes nahe der Feuerbrücke hatte immer einen stärkeren Eisenabbrand zur Folge. Allerdings gestattete der flache, fast horizontale Herd das Aus- schöpfen mit Gieſskellen nicht. Wollte man das Eisen mit Gieſs- kellen entnehmen, so muſste dem Herd unmittelbar vor der Einsatz- thür eine Vertiefung gegeben werden. Doch kam man von dem Schöpfen des Eisens mehr und mehr ab. Statt dessen brachte man 16*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/259>, abgerufen am 28.04.2024.