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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern
von 1831 bis 1850.


Grossbritannien 1831 bis 1850.

Die Eisenindustrie Englands hatte schon zuvor die aller anderen
Länder weit überflügelt und eine staunenerregende Entwickelung
gewonnen, aber noch viel grossartiger wurde dieser Aufschwung in den
dreissiger Jahren durch den Bau der Eisenbahnen und die Anwendung
der erhitzten Gebläseluft. Während die Anlage von Eisenbahnen den
Eisenbedarf ausserordentlich steigerte, gewährte die Anwendung des
heissen Windes beim Hochofenbetrieb das Mittel zu einer ent-
sprechenden Steigerung der Produktion.

Die Erfindung Neilsons hat die grosse Eisenindustrie Schott-
lands
erst geschaffen. Die natürlichen Verhältnisse am Clyde waren
für die Eisenerzeugung ungemein günstig; Erz und Kohlen konnten
aus denselben Schächten gefördert werden. Aber die Kohlen hatten
einen grossen Nachtheil, sie eigneten sich wenig zum Verkoken und
erlitten dabei einen Gewichtsverlust von 55 Proz. Um auf den Clyde
iron works eine Tonne Eisen im Hochofen aus den Erzen zu schmelzen,
hatte man 1829 8 Tonnen 11/4 Ctr. Steinkohlen in Form von Koks
verbraucht. Nach Einführung der Winderhitzung im folgenden Jahre
sank der Kohlenverbrauch bei nur 300° F. auf 5 Tonnen 31/4 Ctr.
Dunlop steigerte die Windtemperatur auf den Clyde-Werken und er-
zielte ein noch besseres Ergebnis. Im Anfang des Jahres 1831 machte
W. Dixon auf den Calder iron works, die im Jahre 1800 erbaut
waren, den Versuch, rohe Steinkohle statt Koks aufzugeben. Der Er-
folg war ein vollkommener. Die Anwendung roher Steinkohle im
Hochofen und eine Windtemperatur von 600° F. fand infolgedessen
allgemeine Annahme auf den schottischen Eisenwerken. Auf den
Clyde-Werken verbrauchte man damit 1833 nur noch 2 Tonnen 51/4 Ctr.
roher Steinkohle auf die Tonne Roheisen. Dabei stieg das Ausbringen
ausserordentlich.


Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern
von 1831 bis 1850.


Groſsbritannien 1831 bis 1850.

Die Eisenindustrie Englands hatte schon zuvor die aller anderen
Länder weit überflügelt und eine staunenerregende Entwickelung
gewonnen, aber noch viel groſsartiger wurde dieser Aufschwung in den
dreiſsiger Jahren durch den Bau der Eisenbahnen und die Anwendung
der erhitzten Gebläseluft. Während die Anlage von Eisenbahnen den
Eisenbedarf ausserordentlich steigerte, gewährte die Anwendung des
heiſsen Windes beim Hochofenbetrieb das Mittel zu einer ent-
sprechenden Steigerung der Produktion.

Die Erfindung Neilsons hat die groſse Eisenindustrie Schott-
lands
erst geschaffen. Die natürlichen Verhältnisse am Clyde waren
für die Eisenerzeugung ungemein günstig; Erz und Kohlen konnten
aus denselben Schächten gefördert werden. Aber die Kohlen hatten
einen groſsen Nachtheil, sie eigneten sich wenig zum Verkoken und
erlitten dabei einen Gewichtsverlust von 55 Proz. Um auf den Clyde
iron works eine Tonne Eisen im Hochofen aus den Erzen zu schmelzen,
hatte man 1829 8 Tonnen 1¼ Ctr. Steinkohlen in Form von Koks
verbraucht. Nach Einführung der Winderhitzung im folgenden Jahre
sank der Kohlenverbrauch bei nur 300° F. auf 5 Tonnen 3¼ Ctr.
Dunlop steigerte die Windtemperatur auf den Clyde-Werken und er-
zielte ein noch besseres Ergebnis. Im Anfang des Jahres 1831 machte
W. Dixon auf den Calder iron works, die im Jahre 1800 erbaut
waren, den Versuch, rohe Steinkohle statt Koks aufzugeben. Der Er-
folg war ein vollkommener. Die Anwendung roher Steinkohle im
Hochofen und eine Windtemperatur von 600° F. fand infolgedessen
allgemeine Annahme auf den schottischen Eisenwerken. Auf den
Clyde-Werken verbrauchte man damit 1833 nur noch 2 Tonnen 5¼ Ctr.
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auſserordentlich.


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[[652]/0668] Die Geschichte des Eisens in den einzelnen Ländern von 1831 bis 1850. Groſsbritannien 1831 bis 1850. Die Eisenindustrie Englands hatte schon zuvor die aller anderen Länder weit überflügelt und eine staunenerregende Entwickelung gewonnen, aber noch viel groſsartiger wurde dieser Aufschwung in den dreiſsiger Jahren durch den Bau der Eisenbahnen und die Anwendung der erhitzten Gebläseluft. Während die Anlage von Eisenbahnen den Eisenbedarf ausserordentlich steigerte, gewährte die Anwendung des heiſsen Windes beim Hochofenbetrieb das Mittel zu einer ent- sprechenden Steigerung der Produktion. Die Erfindung Neilsons hat die groſse Eisenindustrie Schott- lands erst geschaffen. Die natürlichen Verhältnisse am Clyde waren für die Eisenerzeugung ungemein günstig; Erz und Kohlen konnten aus denselben Schächten gefördert werden. Aber die Kohlen hatten einen groſsen Nachtheil, sie eigneten sich wenig zum Verkoken und erlitten dabei einen Gewichtsverlust von 55 Proz. Um auf den Clyde iron works eine Tonne Eisen im Hochofen aus den Erzen zu schmelzen, hatte man 1829 8 Tonnen 1¼ Ctr. Steinkohlen in Form von Koks verbraucht. Nach Einführung der Winderhitzung im folgenden Jahre sank der Kohlenverbrauch bei nur 300° F. auf 5 Tonnen 3¼ Ctr. Dunlop steigerte die Windtemperatur auf den Clyde-Werken und er- zielte ein noch besseres Ergebnis. Im Anfang des Jahres 1831 machte W. Dixon auf den Calder iron works, die im Jahre 1800 erbaut waren, den Versuch, rohe Steinkohle statt Koks aufzugeben. Der Er- folg war ein vollkommener. Die Anwendung roher Steinkohle im Hochofen und eine Windtemperatur von 600° F. fand infolgedessen allgemeine Annahme auf den schottischen Eisenwerken. Auf den Clyde-Werken verbrauchte man damit 1833 nur noch 2 Tonnen 5¼ Ctr. roher Steinkohle auf die Tonne Roheisen. Dabei stieg das Ausbringen auſserordentlich.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. [652]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/668>, abgerufen am 30.04.2024.