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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Eisengiesserei 1851 bis 1860.
In England wurde eine Legierung von Eisen mit etwa 1/5 Zinn dar-
gestellt, welche eine sehr schöne Politur annahm und für Glocken-
guss empfohlen wurde.

Erwähnenswert ist auch die damals gemachte Beobachtung, dass
Gusseisen sich durch wiederholtes Glühen beträchtlich, bis zu 1/24
seiner Länge, ausdehnt.

Mancherlei Neuerungen wurden bei dem Giessereibetriebe ein-
geführt. Die oben schon erwähnten Bogardusmühlen kamen zum
Mahlen der Steinkohlen, welche man dem Formsand beimischte, zur
Anwendung. -- In den grossen Eisengiessereien in England, wie bei
Henderson, Fox & Komp., 1851, bediente man sich bereits grosser
Laufkrahnen, welche sich auf Eisenbahnschienen über die ganze Giess-
halle hinbewegten.

J. Bernard gab 1854 ein verbessertes Giessverfahren an 1).
Seine Giesspfanne, Fig. 292, wurde nicht gekippt, sondern hatte
unten eine Ausgussöffnung, welche durch eine Hebelstange geöffnet und

[Abbildung] Fig. 292.
geschlossen wurde. Aus
der Pfanne gelangte das
flüssige Eisen nicht un-
mittelbar in die Form,
sondern erst in einen Vor-
trichter
, aus dem es über
dem tiefsten Punkte hori-
zontal abgeleitet wurde.
Dieser Vortrichter oder
Reiniger wurde dann mit
der betreffenden Form so
verbunden, dass eine kommunizierende Röhre hergestellt wurde, und
das Giessen mit dem aufsteigenden Strome geschah. Bernard empfahl
auch die Formen vor dem Eingiessen luftleer zu pumpen.

Für die Formerei waren die Ermittelungen Karmarschs 2) über
das Gewichtsverhältnis der verschiedenen für die Modelle verwendeten
Holzarten im Verhältnis zum Eisen von praktischem Interesse. Er
fand, dass z. B. Tannenholz das 14fache, Eichenholz das 9fache, Buchen-
holz das 9,7 fache, Birkenholz das 13,4fache, Erlenholz das 12,8fache
des Eisens wiegt. Aus dem Gewichte des Modells sollte sich danach
das Gewicht des Gussstückes bestimmen lassen.


1) Practical Mechanics Journ., Febr. 1854, S. 529; Berg- und hüttenmänn.
Ztg. 1854.
2) Mitteil. d. Hannoverschen Gewerbever. 1854, S. 38.

Eisengieſserei 1851 bis 1860.
In England wurde eine Legierung von Eisen mit etwa ⅕ Zinn dar-
gestellt, welche eine sehr schöne Politur annahm und für Glocken-
guſs empfohlen wurde.

Erwähnenswert ist auch die damals gemachte Beobachtung, daſs
Guſseisen sich durch wiederholtes Glühen beträchtlich, bis zu 1/24
seiner Länge, ausdehnt.

Mancherlei Neuerungen wurden bei dem Gieſsereibetriebe ein-
geführt. Die oben schon erwähnten Bogardusmühlen kamen zum
Mahlen der Steinkohlen, welche man dem Formsand beimischte, zur
Anwendung. — In den groſsen Eisengieſsereien in England, wie bei
Henderson, Fox & Komp., 1851, bediente man sich bereits groſser
Laufkrahnen, welche sich auf Eisenbahnschienen über die ganze Gieſs-
halle hinbewegten.

J. Bernard gab 1854 ein verbessertes Gieſsverfahren an 1).
Seine Gieſspfanne, Fig. 292, wurde nicht gekippt, sondern hatte
unten eine Ausguſsöffnung, welche durch eine Hebelstange geöffnet und

[Abbildung] Fig. 292.
geschlossen wurde. Aus
der Pfanne gelangte das
flüssige Eisen nicht un-
mittelbar in die Form,
sondern erst in einen Vor-
trichter
, aus dem es über
dem tiefsten Punkte hori-
zontal abgeleitet wurde.
Dieser Vortrichter oder
Reiniger wurde dann mit
der betreffenden Form so
verbunden, daſs eine kommunizierende Röhre hergestellt wurde, und
das Gieſsen mit dem aufsteigenden Strome geschah. Bernard empfahl
auch die Formen vor dem Eingieſsen luftleer zu pumpen.

Für die Formerei waren die Ermittelungen Karmarschs 2) über
das Gewichtsverhältnis der verschiedenen für die Modelle verwendeten
Holzarten im Verhältnis zum Eisen von praktischem Interesse. Er
fand, daſs z. B. Tannenholz das 14fache, Eichenholz das 9fache, Buchen-
holz das 9,7 fache, Birkenholz das 13,4fache, Erlenholz das 12,8fache
des Eisens wiegt. Aus dem Gewichte des Modells sollte sich danach
das Gewicht des Guſsstückes bestimmen lassen.


1) Practical Mechanics Journ., Febr. 1854, S. 529; Berg- und hüttenmänn.
Ztg. 1854.
2) Mitteil. d. Hannoverschen Gewerbever. 1854, S. 38.
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[846/0862] Eisengieſserei 1851 bis 1860. In England wurde eine Legierung von Eisen mit etwa ⅕ Zinn dar- gestellt, welche eine sehr schöne Politur annahm und für Glocken- guſs empfohlen wurde. Erwähnenswert ist auch die damals gemachte Beobachtung, daſs Guſseisen sich durch wiederholtes Glühen beträchtlich, bis zu 1/24 seiner Länge, ausdehnt. Mancherlei Neuerungen wurden bei dem Gieſsereibetriebe ein- geführt. Die oben schon erwähnten Bogardusmühlen kamen zum Mahlen der Steinkohlen, welche man dem Formsand beimischte, zur Anwendung. — In den groſsen Eisengieſsereien in England, wie bei Henderson, Fox & Komp., 1851, bediente man sich bereits groſser Laufkrahnen, welche sich auf Eisenbahnschienen über die ganze Gieſs- halle hinbewegten. J. Bernard gab 1854 ein verbessertes Gieſsverfahren an 1). Seine Gieſspfanne, Fig. 292, wurde nicht gekippt, sondern hatte unten eine Ausguſsöffnung, welche durch eine Hebelstange geöffnet und [Abbildung Fig. 292.] geschlossen wurde. Aus der Pfanne gelangte das flüssige Eisen nicht un- mittelbar in die Form, sondern erst in einen Vor- trichter, aus dem es über dem tiefsten Punkte hori- zontal abgeleitet wurde. Dieser Vortrichter oder Reiniger wurde dann mit der betreffenden Form so verbunden, daſs eine kommunizierende Röhre hergestellt wurde, und das Gieſsen mit dem aufsteigenden Strome geschah. Bernard empfahl auch die Formen vor dem Eingieſsen luftleer zu pumpen. Für die Formerei waren die Ermittelungen Karmarschs 2) über das Gewichtsverhältnis der verschiedenen für die Modelle verwendeten Holzarten im Verhältnis zum Eisen von praktischem Interesse. Er fand, daſs z. B. Tannenholz das 14fache, Eichenholz das 9fache, Buchen- holz das 9,7 fache, Birkenholz das 13,4fache, Erlenholz das 12,8fache des Eisens wiegt. Aus dem Gewichte des Modells sollte sich danach das Gewicht des Guſsstückes bestimmen lassen. 1) Practical Mechanics Journ., Febr. 1854, S. 529; Berg- und hüttenmänn. Ztg. 1854. 2) Mitteil. d. Hannoverschen Gewerbever. 1854, S. 38.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/862>, abgerufen am 10.06.2024.