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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
anstatt Kalk beim Thomasprozess. Schüchtermann (1884) be-
handelt die gepulverte, mit Chlorcalcium gemischte Schlacke mit
glühendem Wasserdampf, wodurch Kalkphosphat gebildet wird.

Inzwischen waren die Versuche der direkten Verwendung der
Thomasschlacke als Düngemittel fortgesetzt worden und hatte man
durch sehr feines Mahlen derselben günstige Resultate erzielt.
Besonders war dies 1885 Hoyersmann zu Hoheneggelsen bei Peine
gelungen. In der Folge beuteten besonders H. und E. Albert in
Biebrich dieses Verfahren aus.

Pieper und Wagner wiesen durch Versuche nach, dass Thomas-
schlackenmehl das Superphosphat schon im ersten Jahre, sicher aber
in seiner Nachwirkung ersetzen könne, besonders bei kalkarmem
Sand- und Lehmboden.

Seitdem kam die Verwendung der gemahlenen Thomasschlacke
als Düngemittel bei der Landwirtschaft in immer allgemeinere Auf-
nahme. Die Mahlmühlen wurden verbessert, besonders 1886 durch
die Hartgusswalzen mit nachgiebigen Walzenstühlen von Nagel und
Kamp in Hamburg und 1889 durch die Kugelmühlen von Gebr.
Sachsenberg zu Rosslau an der Elbe, von Gruson in Buckau, von
Löhnert in Bromberg und von Jenisch.

Ein Preis von 10000 Mark, den Gebr. Stumm zu Neunkirchen
1889 für das beste Verfahren des staubfreien Mahlens der Thomas-
schlacke ausgesetzt hatten, wurde zwischen G. F. Zimmer in London
und Gebr. Sachsenberg geteilt. Ferner wurden verbesserte Staub-
filter erfunden z. B. von Fr. Pelzer in Dortmund, R. Schäffer in
Kassel, Fr. Hausloh in Hamburg und anderen. Dr. Fleischer
gab ein Normalsieb an zur Bestimmung des Gehaltes an Feinmehl.

Den Thomaswerken erwuchs durch die wachsende Nachfrage und
die steigenden Preise für ihre Schlacken ein beträchtlicher Neben-
gewinn. Nach Prof. Märcker in Halle 1) produciert Deutschland (1895)
12 bis 15 Millionen Zentner Thomasphosphatmehl jährlich 2). Die
durchschnittliche Zusammensetzung giebt er zu 17,5 Phosphorsäure,
48,5 Kalk, 5,0 Magnesia, 8,0 Kieselsäure und 15,2 Eisenoxyd an. Um
die Anwendung und Wertbestimmung der Thomasschlacke als Dünge-
mittel hat sich Professor Wagner in Darmstadt grosse Verdienste
erworben. Auf seinen Vorschlag hin wurde seit dem 1. Juli 1895
die Citratlöslichkeit als Wertmesser des Thomasphosphatmehles neben
dem gesamten Phosphatsäuregehalt in Deutschland eingeführt.


1) Stahl und Eisen 1895, S. 290.
2) Kitson gab schon 1888 den Gesamtverbrauch auf 600000 Tonnen an.

Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881.
anstatt Kalk beim Thomasprozeſs. Schüchtermann (1884) be-
handelt die gepulverte, mit Chlorcalcium gemischte Schlacke mit
glühendem Wasserdampf, wodurch Kalkphosphat gebildet wird.

Inzwischen waren die Versuche der direkten Verwendung der
Thomasschlacke als Düngemittel fortgesetzt worden und hatte man
durch sehr feines Mahlen derselben günstige Resultate erzielt.
Besonders war dies 1885 Hoyersmann zu Hoheneggelsen bei Peine
gelungen. In der Folge beuteten besonders H. und E. Albert in
Biebrich dieses Verfahren aus.

Pieper und Wagner wiesen durch Versuche nach, daſs Thomas-
schlackenmehl das Superphosphat schon im ersten Jahre, sicher aber
in seiner Nachwirkung ersetzen könne, besonders bei kalkarmem
Sand- und Lehmboden.

Seitdem kam die Verwendung der gemahlenen Thomasschlacke
als Düngemittel bei der Landwirtschaft in immer allgemeinere Auf-
nahme. Die Mahlmühlen wurden verbessert, besonders 1886 durch
die Hartguſswalzen mit nachgiebigen Walzenstühlen von Nagel und
Kamp in Hamburg und 1889 durch die Kugelmühlen von Gebr.
Sachsenberg zu Roſslau an der Elbe, von Gruson in Buckau, von
Löhnert in Bromberg und von Jenisch.

Ein Preis von 10000 Mark, den Gebr. Stumm zu Neunkirchen
1889 für das beste Verfahren des staubfreien Mahlens der Thomas-
schlacke ausgesetzt hatten, wurde zwischen G. F. Zimmer in London
und Gebr. Sachsenberg geteilt. Ferner wurden verbesserte Staub-
filter erfunden z. B. von Fr. Pelzer in Dortmund, R. Schäffer in
Kassel, Fr. Hausloh in Hamburg und anderen. Dr. Fleischer
gab ein Normalsieb an zur Bestimmung des Gehaltes an Feinmehl.

Den Thomaswerken erwuchs durch die wachsende Nachfrage und
die steigenden Preise für ihre Schlacken ein beträchtlicher Neben-
gewinn. Nach Prof. Märcker in Halle 1) produciert Deutschland (1895)
12 bis 15 Millionen Zentner Thomasphosphatmehl jährlich 2). Die
durchschnittliche Zusammensetzung giebt er zu 17,5 Phosphorsäure,
48,5 Kalk, 5,0 Magnesia, 8,0 Kieselsäure und 15,2 Eisenoxyd an. Um
die Anwendung und Wertbestimmung der Thomasschlacke als Dünge-
mittel hat sich Professor Wagner in Darmstadt groſse Verdienste
erworben. Auf seinen Vorschlag hin wurde seit dem 1. Juli 1895
die Citratlöslichkeit als Wertmesser des Thomasphosphatmehles neben
dem gesamten Phosphatsäuregehalt in Deutschland eingeführt.


1) Stahl und Eisen 1895, S. 290.
2) Kitson gab schon 1888 den Gesamtverbrauch auf 600000 Tonnen an.
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[693/0709] Fortschritte des Bessemer- und Thomasprozesses seit 1881. anstatt Kalk beim Thomasprozeſs. Schüchtermann (1884) be- handelt die gepulverte, mit Chlorcalcium gemischte Schlacke mit glühendem Wasserdampf, wodurch Kalkphosphat gebildet wird. Inzwischen waren die Versuche der direkten Verwendung der Thomasschlacke als Düngemittel fortgesetzt worden und hatte man durch sehr feines Mahlen derselben günstige Resultate erzielt. Besonders war dies 1885 Hoyersmann zu Hoheneggelsen bei Peine gelungen. In der Folge beuteten besonders H. und E. Albert in Biebrich dieses Verfahren aus. Pieper und Wagner wiesen durch Versuche nach, daſs Thomas- schlackenmehl das Superphosphat schon im ersten Jahre, sicher aber in seiner Nachwirkung ersetzen könne, besonders bei kalkarmem Sand- und Lehmboden. Seitdem kam die Verwendung der gemahlenen Thomasschlacke als Düngemittel bei der Landwirtschaft in immer allgemeinere Auf- nahme. Die Mahlmühlen wurden verbessert, besonders 1886 durch die Hartguſswalzen mit nachgiebigen Walzenstühlen von Nagel und Kamp in Hamburg und 1889 durch die Kugelmühlen von Gebr. Sachsenberg zu Roſslau an der Elbe, von Gruson in Buckau, von Löhnert in Bromberg und von Jenisch. Ein Preis von 10000 Mark, den Gebr. Stumm zu Neunkirchen 1889 für das beste Verfahren des staubfreien Mahlens der Thomas- schlacke ausgesetzt hatten, wurde zwischen G. F. Zimmer in London und Gebr. Sachsenberg geteilt. Ferner wurden verbesserte Staub- filter erfunden z. B. von Fr. Pelzer in Dortmund, R. Schäffer in Kassel, Fr. Hausloh in Hamburg und anderen. Dr. Fleischer gab ein Normalsieb an zur Bestimmung des Gehaltes an Feinmehl. Den Thomaswerken erwuchs durch die wachsende Nachfrage und die steigenden Preise für ihre Schlacken ein beträchtlicher Neben- gewinn. Nach Prof. Märcker in Halle 1) produciert Deutschland (1895) 12 bis 15 Millionen Zentner Thomasphosphatmehl jährlich 2). Die durchschnittliche Zusammensetzung giebt er zu 17,5 Phosphorsäure, 48,5 Kalk, 5,0 Magnesia, 8,0 Kieselsäure und 15,2 Eisenoxyd an. Um die Anwendung und Wertbestimmung der Thomasschlacke als Dünge- mittel hat sich Professor Wagner in Darmstadt groſse Verdienste erworben. Auf seinen Vorschlag hin wurde seit dem 1. Juli 1895 die Citratlöslichkeit als Wertmesser des Thomasphosphatmehles neben dem gesamten Phosphatsäuregehalt in Deutschland eingeführt. 1) Stahl und Eisen 1895, S. 290. 2) Kitson gab schon 1888 den Gesamtverbrauch auf 600000 Tonnen an.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/709>, abgerufen am 28.04.2024.