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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903.

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Fortschritte der Herdflussstahlbereitung seit 1870.
[Tabelle]

Wir ersehen aus vorstehenden Ziffern, dass sich das Verfahren
von Jahr zu Jahr ausbreitete. Der saure Herdboden bedingte es,
dass man mehr auf ein hartes, stahlartiges Produkt hinarbeitete. Die
Erzeugung eines weichen Materiales gelang nicht. Das Martinieren
stellt sich in dieser Periode nur als einfacher Mischprozess (nach
Kuppelwieser) oder als Reaktionsprozess (nach Gruner) dar, indem
man die Qualität nur durch Mischung des Roheisens und der Stahl-
und Eisenabfälle nach ihrem Kohlenstoffgehalte erstrebte. Eine Re-
aktion trat hierbei nur insofern ein, als der Kohlenstoff des Roh-
eisens cementierend auf das Schmiedeeisen wirkte. Dieses war das
sogenannte Schrottverfahren; daneben bestand das "Erz-Reduktions-
verfahren" oder der Erzstahlprozess von Siemens 1), bei welchem
nur Roheisen und mehr oder weniger reducierte Erze zur Anwendung
kamen; man nannte es gewöhnlich den Landoreprozess nach dem
Orte, wo es zuerst mit Erfolg in grossem Massstabe ausgeführt wurde.
Dass dies das besondere Verdienst von William C. Siemens war,
wurde früher schon hervorgehoben.

Verbesserungen suchte man, ausser in den Feuerungsanlagen selbst,
hauptsächlich in der Konstruktion der Flammöfen und der Regene-
ratoren. Bei der älteren Form von Martin waren die stehenden Regene-
ratoren paarweise der Länge nach in der Hüttensohle unter dem Flamm-
ofen angebracht (siehe Fig. 278, 279 a. f. S.). Die Regeneratoren lagen
also ganz unter dem Schmelzofen und waren deshalb schwer zugänglich.
Später legte man vier Regeneratoren quer zum Ofen nebeneinander
und zwar so, dass die beiden grösseren Luftregeneratoren in der Mitte,

1) Vergl. S. 93 und S. 565. C. W. Siemens, Über Gewinnung von Eisen
und Stahl, Berlin 1874.
Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870.
[Tabelle]

Wir ersehen aus vorstehenden Ziffern, daſs sich das Verfahren
von Jahr zu Jahr ausbreitete. Der saure Herdboden bedingte es,
daſs man mehr auf ein hartes, stahlartiges Produkt hinarbeitete. Die
Erzeugung eines weichen Materiales gelang nicht. Das Martinieren
stellt sich in dieser Periode nur als einfacher Mischprozess (nach
Kuppelwieser) oder als Reaktionsprozeſs (nach Gruner) dar, indem
man die Qualität nur durch Mischung des Roheisens und der Stahl-
und Eisenabfälle nach ihrem Kohlenstoffgehalte erstrebte. Eine Re-
aktion trat hierbei nur insofern ein, als der Kohlenstoff des Roh-
eisens cementierend auf das Schmiedeeisen wirkte. Dieses war das
sogenannte Schrottverfahren; daneben bestand das „Erz-Reduktions-
verfahren“ oder der Erzstahlprozeſs von Siemens 1), bei welchem
nur Roheisen und mehr oder weniger reducierte Erze zur Anwendung
kamen; man nannte es gewöhnlich den Landoreprozeſs nach dem
Orte, wo es zuerst mit Erfolg in groſsem Maſsstabe ausgeführt wurde.
Daſs dies das besondere Verdienst von William C. Siemens war,
wurde früher schon hervorgehoben.

Verbesserungen suchte man, auſser in den Feuerungsanlagen selbst,
hauptsächlich in der Konstruktion der Flammöfen und der Regene-
ratoren. Bei der älteren Form von Martin waren die stehenden Regene-
ratoren paarweise der Länge nach in der Hüttensohle unter dem Flamm-
ofen angebracht (siehe Fig. 278, 279 a. f. S.). Die Regeneratoren lagen
also ganz unter dem Schmelzofen und waren deshalb schwer zugänglich.
Später legte man vier Regeneratoren quer zum Ofen nebeneinander
und zwar so, daſs die beiden gröſseren Luftregeneratoren in der Mitte,

1) Vergl. S. 93 und S. 565. C. W. Siemens, Über Gewinnung von Eisen
und Stahl, Berlin 1874.
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[695/0711] Fortschritte der Herdfluſsstahlbereitung seit 1870. Wir ersehen aus vorstehenden Ziffern, daſs sich das Verfahren von Jahr zu Jahr ausbreitete. Der saure Herdboden bedingte es, daſs man mehr auf ein hartes, stahlartiges Produkt hinarbeitete. Die Erzeugung eines weichen Materiales gelang nicht. Das Martinieren stellt sich in dieser Periode nur als einfacher Mischprozess (nach Kuppelwieser) oder als Reaktionsprozeſs (nach Gruner) dar, indem man die Qualität nur durch Mischung des Roheisens und der Stahl- und Eisenabfälle nach ihrem Kohlenstoffgehalte erstrebte. Eine Re- aktion trat hierbei nur insofern ein, als der Kohlenstoff des Roh- eisens cementierend auf das Schmiedeeisen wirkte. Dieses war das sogenannte Schrottverfahren; daneben bestand das „Erz-Reduktions- verfahren“ oder der Erzstahlprozeſs von Siemens 1), bei welchem nur Roheisen und mehr oder weniger reducierte Erze zur Anwendung kamen; man nannte es gewöhnlich den Landoreprozeſs nach dem Orte, wo es zuerst mit Erfolg in groſsem Maſsstabe ausgeführt wurde. Daſs dies das besondere Verdienst von William C. Siemens war, wurde früher schon hervorgehoben. Verbesserungen suchte man, auſser in den Feuerungsanlagen selbst, hauptsächlich in der Konstruktion der Flammöfen und der Regene- ratoren. Bei der älteren Form von Martin waren die stehenden Regene- ratoren paarweise der Länge nach in der Hüttensohle unter dem Flamm- ofen angebracht (siehe Fig. 278, 279 a. f. S.). Die Regeneratoren lagen also ganz unter dem Schmelzofen und waren deshalb schwer zugänglich. Später legte man vier Regeneratoren quer zum Ofen nebeneinander und zwar so, daſs die beiden gröſseren Luftregeneratoren in der Mitte, 1) Vergl. S. 93 und S. 565. C. W. Siemens, Über Gewinnung von Eisen und Stahl, Berlin 1874.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 5: Das XIX. Jahrhundert von 1860 bis zum Schluss. Braunschweig, 1903, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen05_1903/711>, abgerufen am 28.04.2024.