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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Die Kreuztretung.

Die japanische Regierung hatte, um sich gegen ein neues
Eindringen des Christenthumes zu sichern, die Ceremonie der
Kreuztretung eingeführt, welche in den früher christlichen Be-
zirken in bestimmten Zeitabschnitten wiederholt wurde. Die damit
beauftragten Beamten zogen dann von Haus zu Haus, liessen die
sämmtlichen Bewohner eine Erklärung unterzeichnen, dass sie keine
Christen seien, und dann der Reihe nach auf eine Kupferplatte
mit dem Kreuzesbilde treten. Dasselbe wurde von den nach
Japan kommenden Chinesen verlangt. Nun hat ein Neapolitaner,
Gemelli Carreri, der von 1693 bis 1698 in China war, und dessen
Reisewerk auch in das Französische übersetzt worden ist, unter
Anderen erzählt, dass die Holländer den Japanern die Maass-
regel der Kreuztretung als Mittel der Entdeckung von Christen
empfohlen, dass sie selbst sich freiwillig dieser Ceremonie unter-
zogen und dadurch die Erlaubniss zum Handel nach Japan erwirkt
hätten. Sein Gewährsmann ist ein aus Japan heimkehrender Chinese.
Obwohl nun die Lügenhaftigkeit des Carreri hinreichend erwiesen
ist, so hat man doch diese Fabel vielfach geglaubt und wiederholt;
es ist aber gewiss, dass die Japaner nicht nur die Kreuztretung
von den Holländern nicht verlangt, sondern ihnen sogar niemals
erlaubt haben bei dieser Handlung gegenwärtig zu sein. Die Hol-
länder haben mehrfach Gelegenheit gehabt in Japan ihren Glauben
unter schwierigen Verhältnissen zu bekennen, und bekannten sie
ihn nicht jährlich durch die mitgebrachten Erbauungsbücher, welche
nur für die Zeit ihres vorübergehenden Aufenthaltes in Nangasaki
versiegelt abgeliefert wurden?




dortigen Christen in Kurzem zur Abschwörung des Glaubens vermochte. Alle Ein-
wohner mussten ein schriftliches Bekenntniss unterzeichnen, dass sie keine Christen
seien. Die beiden einzigen in Nangasaki anwesenden Holländer schrieben damals,
von den Behörden gedrängt, die Worte "wir sind Holländer" und ihre Namen
unter die Urkunde.
Die Kreuztretung.

Die japanische Regierung hatte, um sich gegen ein neues
Eindringen des Christenthumes zu sichern, die Ceremonie der
Kreuztretung eingeführt, welche in den früher christlichen Be-
zirken in bestimmten Zeitabschnitten wiederholt wurde. Die damit
beauftragten Beamten zogen dann von Haus zu Haus, liessen die
sämmtlichen Bewohner eine Erklärung unterzeichnen, dass sie keine
Christen seien, und dann der Reihe nach auf eine Kupferplatte
mit dem Kreuzesbilde treten. Dasselbe wurde von den nach
Japan kommenden Chinesen verlangt. Nun hat ein Neapolitaner,
Gemelli Carreri, der von 1693 bis 1698 in China war, und dessen
Reisewerk auch in das Französische übersetzt worden ist, unter
Anderen erzählt, dass die Holländer den Japanern die Maass-
regel der Kreuztretung als Mittel der Entdeckung von Christen
empfohlen, dass sie selbst sich freiwillig dieser Ceremonie unter-
zogen und dadurch die Erlaubniss zum Handel nach Japan erwirkt
hätten. Sein Gewährsmann ist ein aus Japan heimkehrender Chinese.
Obwohl nun die Lügenhaftigkeit des Carreri hinreichend erwiesen
ist, so hat man doch diese Fabel vielfach geglaubt und wiederholt;
es ist aber gewiss, dass die Japaner nicht nur die Kreuztretung
von den Holländern nicht verlangt, sondern ihnen sogar niemals
erlaubt haben bei dieser Handlung gegenwärtig zu sein. Die Hol-
länder haben mehrfach Gelegenheit gehabt in Japan ihren Glauben
unter schwierigen Verhältnissen zu bekennen, und bekannten sie
ihn nicht jährlich durch die mitgebrachten Erbauungsbücher, welche
nur für die Zeit ihres vorübergehenden Aufenthaltes in Naṅgasaki
versiegelt abgeliefert wurden?




dortigen Christen in Kurzem zur Abschwörung des Glaubens vermochte. Alle Ein-
wohner mussten ein schriftliches Bekenntniss unterzeichnen, dass sie keine Christen
seien. Die beiden einzigen in Naṅgasaki anwesenden Holländer schrieben damals,
von den Behörden gedrängt, die Worte »wir sind Holländer« und ihre Namen
unter die Urkunde.
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[105/0135] Die Kreuztretung. Die japanische Regierung hatte, um sich gegen ein neues Eindringen des Christenthumes zu sichern, die Ceremonie der Kreuztretung eingeführt, welche in den früher christlichen Be- zirken in bestimmten Zeitabschnitten wiederholt wurde. Die damit beauftragten Beamten zogen dann von Haus zu Haus, liessen die sämmtlichen Bewohner eine Erklärung unterzeichnen, dass sie keine Christen seien, und dann der Reihe nach auf eine Kupferplatte mit dem Kreuzesbilde treten. Dasselbe wurde von den nach Japan kommenden Chinesen verlangt. Nun hat ein Neapolitaner, Gemelli Carreri, der von 1693 bis 1698 in China war, und dessen Reisewerk auch in das Französische übersetzt worden ist, unter Anderen erzählt, dass die Holländer den Japanern die Maass- regel der Kreuztretung als Mittel der Entdeckung von Christen empfohlen, dass sie selbst sich freiwillig dieser Ceremonie unter- zogen und dadurch die Erlaubniss zum Handel nach Japan erwirkt hätten. Sein Gewährsmann ist ein aus Japan heimkehrender Chinese. Obwohl nun die Lügenhaftigkeit des Carreri hinreichend erwiesen ist, so hat man doch diese Fabel vielfach geglaubt und wiederholt; es ist aber gewiss, dass die Japaner nicht nur die Kreuztretung von den Holländern nicht verlangt, sondern ihnen sogar niemals erlaubt haben bei dieser Handlung gegenwärtig zu sein. Die Hol- länder haben mehrfach Gelegenheit gehabt in Japan ihren Glauben unter schwierigen Verhältnissen zu bekennen, und bekannten sie ihn nicht jährlich durch die mitgebrachten Erbauungsbücher, welche nur für die Zeit ihres vorübergehenden Aufenthaltes in Naṅgasaki versiegelt abgeliefert wurden? 104) 104) dortigen Christen in Kurzem zur Abschwörung des Glaubens vermochte. Alle Ein- wohner mussten ein schriftliches Bekenntniss unterzeichnen, dass sie keine Christen seien. Die beiden einzigen in Naṅgasaki anwesenden Holländer schrieben damals, von den Behörden gedrängt, die Worte »wir sind Holländer« und ihre Namen unter die Urkunde.

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/135>, abgerufen am 26.04.2024.