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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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IV. Antwort der Minister. Landung.
dass dadurch bedeutende Verzögerungen entstehen würden, da am
folgenden Tage der französische Minister-Resident eine Audienz
beim Taikun2) habe; erst am Freitag könne das Antwortschreiben
abgefasst, und müsse dann noch in das Holländische übersetzt
werden. Sie erklärten sich aber bereit, der Regierung die Wünsche
des Gesandten zu melden. -- Die Unterhaltung wurde holländisch
geführt, die Japaner hatten ihren Dolmetscher bei sich; ihr Benehmen
war durchaus anständig, fein und gesetzt, sie sprachen ruhig und
bestimmt, ohne zu stocken. "Wir sehen Sie zum ersten Male",
hiess es, "und Sie empfangen uns wie alte Freunde". Dabei schienen
die vorgesetzten Erfrischungen, namentlich Goldwasser und Cigarren,
ihren Beifall zu haben. Man trank sich gegenseitig zu, und sie
verliessen das Schiff in der besten Laune.

Schon am 6. September kam die schriftliche Antwort, sie6. Septbr.
war japanisch verfasst und von einer holländischen Uebersetzung
begleitet. Der Gesandte sass grade bei Tische und man führte die
Japaner in die Officiersmesse, wo sie es sich bei Champagner und
Liqueuren eine Zeit lang gefallen liessen, dann aber dringend baten,
wie die Abgeordneten am Tage zuvor in der Vorcajüte empfangen
zu werden; man that ihnen nach aufgehobener Tafel gern den Willen
und sie entfernten sich befriedigt. Das Schreiben der Regierung
enthielt nichts Neues; Graf Eulenburg liess sagen, dass er am
Sonnabend an das Land zu gehen denke und um einen Beamten
bitte, welcher den Booten den Weg zeigte.

Sonnabend den 8. September Morgens regnete es in Strömen,8. Septbr.
so dass die Abfahrt von der Arkona um zwei Stunden verschoben
werden musste. Erst um Mittag bestieg man die Boote, welche -- in
Kreuzesform geordnet -- auf das Land zuruderten, während die mit
Flaggen festlich geschmückte Arkona den schuldigen Salut gab. Vorauf
fuhr die erste Pinasse, dann der Cutter, dann die Gig des Geschwader-
chefs mit dem Gesandten, dann die zweite Pinasse, auf den Flanken
die beiden Barcassen. Alle Boote waren armirt. Die Fahrt -- fünf
Seemeilen -- nahm bei dem schlechten Wetter und der starken

2) Der Ausdruck "Taikun" für Siogun ist ganz neuen Datums, und kommt erst
seit dem Abschluss des englischen Vertrages 1858 vor. Er scheint ausdrücklich für
die Fremden erfunden und in Japan nur den mit ihnen verkehrenden Beamten bekannt
zu sein. Da dieser Ausdruck schon gewissermaassen in die europäischen Sprachen
übergegangen ist, so muss er in den folgenden Blättern wohl beibehalten werden,
um so mehr als der richtige Titel Siogun nur wenig bekannt ist.
17*

IV. Antwort der Minister. Landung.
dass dadurch bedeutende Verzögerungen entstehen würden, da am
folgenden Tage der französische Minister-Resident eine Audienz
beim Taïkūn2) habe; erst am Freitag könne das Antwortschreiben
abgefasst, und müsse dann noch in das Holländische übersetzt
werden. Sie erklärten sich aber bereit, der Regierung die Wünsche
des Gesandten zu melden. — Die Unterhaltung wurde holländisch
geführt, die Japaner hatten ihren Dolmetscher bei sich; ihr Benehmen
war durchaus anständig, fein und gesetzt, sie sprachen ruhig und
bestimmt, ohne zu stocken. »Wir sehen Sie zum ersten Male«,
hiess es, »und Sie empfangen uns wie alte Freunde«. Dabei schienen
die vorgesetzten Erfrischungen, namentlich Goldwasser und Cigarren,
ihren Beifall zu haben. Man trank sich gegenseitig zu, und sie
verliessen das Schiff in der besten Laune.

Schon am 6. September kam die schriftliche Antwort, sie6. Septbr.
war japanisch verfasst und von einer holländischen Uebersetzung
begleitet. Der Gesandte sass grade bei Tische und man führte die
Japaner in die Officiersmesse, wo sie es sich bei Champagner und
Liqueuren eine Zeit lang gefallen liessen, dann aber dringend baten,
wie die Abgeordneten am Tage zuvor in der Vorcajüte empfangen
zu werden; man that ihnen nach aufgehobener Tafel gern den Willen
und sie entfernten sich befriedigt. Das Schreiben der Regierung
enthielt nichts Neues; Graf Eulenburg liess sagen, dass er am
Sonnabend an das Land zu gehen denke und um einen Beamten
bitte, welcher den Booten den Weg zeigte.

Sonnabend den 8. September Morgens regnete es in Strömen,8. Septbr.
so dass die Abfahrt von der Arkona um zwei Stunden verschoben
werden musste. Erst um Mittag bestieg man die Boote, welche — in
Kreuzesform geordnet — auf das Land zuruderten, während die mit
Flaggen festlich geschmückte Arkona den schuldigen Salut gab. Vorauf
fuhr die erste Pinasse, dann der Cutter, dann die Gig des Geschwader-
chefs mit dem Gesandten, dann die zweite Pinasse, auf den Flanken
die beiden Barcassen. Alle Boote waren armirt. Die Fahrt — fünf
Seemeilen — nahm bei dem schlechten Wetter und der starken

2) Der Ausdruck »Taïkūn« für Siogun ist ganz neuen Datums, und kommt erst
seit dem Abschluss des englischen Vertrages 1858 vor. Er scheint ausdrücklich für
die Fremden erfunden und in Japan nur den mit ihnen verkehrenden Beamten bekannt
zu sein. Da dieser Ausdruck schon gewissermaassen in die europäischen Sprachen
übergegangen ist, so muss er in den folgenden Blättern wohl beibehalten werden,
um so mehr als der richtige Titel Siogun nur wenig bekannt ist.
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[259/0289] IV. Antwort der Minister. Landung. dass dadurch bedeutende Verzögerungen entstehen würden, da am folgenden Tage der französische Minister-Resident eine Audienz beim Taïkūn 2) habe; erst am Freitag könne das Antwortschreiben abgefasst, und müsse dann noch in das Holländische übersetzt werden. Sie erklärten sich aber bereit, der Regierung die Wünsche des Gesandten zu melden. — Die Unterhaltung wurde holländisch geführt, die Japaner hatten ihren Dolmetscher bei sich; ihr Benehmen war durchaus anständig, fein und gesetzt, sie sprachen ruhig und bestimmt, ohne zu stocken. »Wir sehen Sie zum ersten Male«, hiess es, »und Sie empfangen uns wie alte Freunde«. Dabei schienen die vorgesetzten Erfrischungen, namentlich Goldwasser und Cigarren, ihren Beifall zu haben. Man trank sich gegenseitig zu, und sie verliessen das Schiff in der besten Laune. Schon am 6. September kam die schriftliche Antwort, sie war japanisch verfasst und von einer holländischen Uebersetzung begleitet. Der Gesandte sass grade bei Tische und man führte die Japaner in die Officiersmesse, wo sie es sich bei Champagner und Liqueuren eine Zeit lang gefallen liessen, dann aber dringend baten, wie die Abgeordneten am Tage zuvor in der Vorcajüte empfangen zu werden; man that ihnen nach aufgehobener Tafel gern den Willen und sie entfernten sich befriedigt. Das Schreiben der Regierung enthielt nichts Neues; Graf Eulenburg liess sagen, dass er am Sonnabend an das Land zu gehen denke und um einen Beamten bitte, welcher den Booten den Weg zeigte. 6. Septbr. Sonnabend den 8. September Morgens regnete es in Strömen, so dass die Abfahrt von der Arkona um zwei Stunden verschoben werden musste. Erst um Mittag bestieg man die Boote, welche — in Kreuzesform geordnet — auf das Land zuruderten, während die mit Flaggen festlich geschmückte Arkona den schuldigen Salut gab. Vorauf fuhr die erste Pinasse, dann der Cutter, dann die Gig des Geschwader- chefs mit dem Gesandten, dann die zweite Pinasse, auf den Flanken die beiden Barcassen. Alle Boote waren armirt. Die Fahrt — fünf Seemeilen — nahm bei dem schlechten Wetter und der starken 8. Septbr. 2) Der Ausdruck »Taïkūn« für Siogun ist ganz neuen Datums, und kommt erst seit dem Abschluss des englischen Vertrages 1858 vor. Er scheint ausdrücklich für die Fremden erfunden und in Japan nur den mit ihnen verkehrenden Beamten bekannt zu sein. Da dieser Ausdruck schon gewissermaassen in die europäischen Sprachen übergegangen ist, so muss er in den folgenden Blättern wohl beibehalten werden, um so mehr als der richtige Titel Siogun nur wenig bekannt ist. 17*

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/289>, abgerufen am 07.05.2024.