ihnen dabei mit, dass eine mächtige Daimio-Coalition, welche auf den Sturz der Centralgewalt hinarbeite, die Ratificationsfrage jetzt wieder zur Aufstachelung des Mikado benutze; dass dieser nur einer Drohung des Taikun, seine Truppen auf Miako marschi- ren zu lassen, und dem kategorischen Auftreten der Gesandten gewichen sei.
Bald nach Ankunft des Geschwaders in Yokuhama stellte das Gorodzio auch dem preussischen Consul von Brandt eine Abschrift des Ratifications-Instrumentes zu, das der äusseren Form nach mit denen der anderen Diplomaten nicht übereinstimmte. Das begleitende Schreiben sagte, "der Vertrag sei von dem Mikadoauf das neue gut geheissen." Da nun bei allen Verhandlungen mit ostasiatischen Behörden die Etiquette niemals ohne Schaden vernachlässigt werden kann, so verlangte Herr von Brandt für seine Regierung ein auch in der Form mit den anderen übereinstimmendes Exemplar, und erhielt ein solches mit der entschuldigenden Bemerkung, dass jenes erste nur für ihn persönlich bestimmt gewesen sei. Die Worte "auf das neue gut geheissen" erklärte der Reichsrath für einen Schreibfehler, wahrscheinlich um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Noch wenige Jahre zuvor war es ja unter der Würde der Centralgewalt, beim Abschluss der Verträge die Einwilligung des Mikado einzuholen; dann sprach man von dessen still- schweigender Anerkennung ihrer Politik durch Vermählung seiner Schwester an den Taikun; jetzt bedurfte dieser der feierlichen Sanction des Erbkaisers zu jeder wichtigen Handlung, um seiner Herrschaft ein kümmerliches Dasein zu fristen. Auf jene still- schweigende Gutheissung bezog sich wahrscheinlich der Ausdruck "auf das neue."
Welchen Werth die förmliche Ratification der Verträge, -- wenn das lakonische Document sie wirklich ausdrückt, -- für die Mächte des Westens hat, ist sehr fraglich. Durch die ganze Ge- schichte des Landes geht der sonderbare Zug, dass alle alten oder verbrieften politischen Rechte nominell für heilig und unantastbar gelten, ihre Ausübung aber nur soweit zugelassen wird, als der Be- rechtigte sie durchsetzen kann. Daher ist denn auch eine Wirk- samkeit dieser "Ratification" in bedenklichen Eventualitäten kaum zu erwarten. Der Japaner wird nominell immer die Heiligkeit der Verträge anerkennen, wird sie aber nur soweit halten, als er dabei nicht Schaden nimmt oder durch Kriegsschiffe gezwungen wird.
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Anh. II. Ratification des preussischen Vertrages.
ihnen dabei mit, dass eine mächtige Daïmio-Coalition, welche auf den Sturz der Centralgewalt hinarbeite, die Ratificationsfrage jetzt wieder zur Aufstachelung des Mikado benutze; dass dieser nur einer Drohung des Taïkūn, seine Truppen auf Miako marschi- ren zu lassen, und dem kategorischen Auftreten der Gesandten gewichen sei.
Bald nach Ankunft des Geschwaders in Yokuhama stellte das Gorodžio auch dem preussischen Consul von Brandt eine Abschrift des Ratifications-Instrumentes zu, das der äusseren Form nach mit denen der anderen Diplomaten nicht übereinstimmte. Das begleitende Schreiben sagte, »der Vertrag sei von dem Mikadoauf das neue gut geheissen.« Da nun bei allen Verhandlungen mit ostasiatischen Behörden die Etiquette niemals ohne Schaden vernachlässigt werden kann, so verlangte Herr von Brandt für seine Regierung ein auch in der Form mit den anderen übereinstimmendes Exemplar, und erhielt ein solches mit der entschuldigenden Bemerkung, dass jenes erste nur für ihn persönlich bestimmt gewesen sei. Die Worte »auf das neue gut geheissen« erklärte der Reichsrath für einen Schreibfehler, wahrscheinlich um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Noch wenige Jahre zuvor war es ja unter der Würde der Centralgewalt, beim Abschluss der Verträge die Einwilligung des Mikado einzuholen; dann sprach man von dessen still- schweigender Anerkennung ihrer Politik durch Vermählung seiner Schwester an den Taïkūn; jetzt bedurfte dieser der feierlichen Sanction des Erbkaisers zu jeder wichtigen Handlung, um seiner Herrschaft ein kümmerliches Dasein zu fristen. Auf jene still- schweigende Gutheissung bezog sich wahrscheinlich der Ausdruck »auf das neue.«
Welchen Werth die förmliche Ratification der Verträge, — wenn das lakonische Document sie wirklich ausdrückt, — für die Mächte des Westens hat, ist sehr fraglich. Durch die ganze Ge- schichte des Landes geht der sonderbare Zug, dass alle alten oder verbrieften politischen Rechte nominell für heilig und unantastbar gelten, ihre Ausübung aber nur soweit zugelassen wird, als der Be- rechtigte sie durchsetzen kann. Daher ist denn auch eine Wirk- samkeit dieser »Ratification« in bedenklichen Eventualitäten kaum zu erwarten. Der Japaner wird nominell immer die Heiligkeit der Verträge anerkennen, wird sie aber nur soweit halten, als er dabei nicht Schaden nimmt oder durch Kriegsschiffe gezwungen wird.
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jetzt wieder zur Aufstachelung des Mikado benutze; dass dieser
nur einer Drohung des Taïkūn, seine Truppen auf Miako marschi-
ren zu lassen, und dem kategorischen Auftreten der Gesandten
gewichen sei.
Bald nach Ankunft des Geschwaders in Yokuhama stellte
das Gorodžio auch dem preussischen Consul von Brandt eine Abschrift
des Ratifications-Instrumentes zu, das der äusseren Form nach mit
denen der anderen Diplomaten nicht übereinstimmte. Das begleitende
Schreiben sagte, »der Vertrag sei von dem Mikado auf das neue
gut geheissen.« Da nun bei allen Verhandlungen mit ostasiatischen
Behörden die Etiquette niemals ohne Schaden vernachlässigt werden
kann, so verlangte Herr von Brandt für seine Regierung ein auch
in der Form mit den anderen übereinstimmendes Exemplar, und
erhielt ein solches mit der entschuldigenden Bemerkung, dass jenes
erste nur für ihn persönlich bestimmt gewesen sei. Die Worte
»auf das neue gut geheissen« erklärte der Reichsrath für einen
Schreibfehler, wahrscheinlich um weitere Auseinandersetzungen zu
vermeiden. Noch wenige Jahre zuvor war es ja unter der Würde
der Centralgewalt, beim Abschluss der Verträge die Einwilligung
des Mikado einzuholen; dann sprach man von dessen still-
schweigender Anerkennung ihrer Politik durch Vermählung seiner
Schwester an den Taïkūn; jetzt bedurfte dieser der feierlichen
Sanction des Erbkaisers zu jeder wichtigen Handlung, um seiner
Herrschaft ein kümmerliches Dasein zu fristen. Auf jene still-
schweigende Gutheissung bezog sich wahrscheinlich der Ausdruck
»auf das neue.«
Welchen Werth die förmliche Ratification der Verträge, —
wenn das lakonische Document sie wirklich ausdrückt, — für die
Mächte des Westens hat, ist sehr fraglich. Durch die ganze Ge-
schichte des Landes geht der sonderbare Zug, dass alle alten oder
verbrieften politischen Rechte nominell für heilig und unantastbar
gelten, ihre Ausübung aber nur soweit zugelassen wird, als der Be-
rechtigte sie durchsetzen kann. Daher ist denn auch eine Wirk-
samkeit dieser »Ratification« in bedenklichen Eventualitäten kaum
zu erwarten. Der Japaner wird nominell immer die Heiligkeit der
Verträge anerkennen, wird sie aber nur soweit halten, als er dabei
nicht Schaden nimmt oder durch Kriegsschiffe gezwungen wird.
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/375>, abgerufen am 13.06.2024.
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