sei.108) Um nun mein gegebenes Wort zu halten, dass Fremde gut behandelt werden sollen, liess ich den Soldaten, welcher den Fremden getödtet hatte, sofort hinrichten, und hielt also mein Wort. Nachher sah ich, dass in Se-kin eine Kirche war, und erfuhr erst dadurch, dass Leute euerer ehrenwerthen Nationen dahin kamen, das Evangelium zu lehren, und dass sie, obwohl sie keine gelbe Flagge aufzogen, die Kobolde doch nicht unterstützten.
Ist nun auch das Geschehene geschehen, so können doch für künftig Vorsichtsmaassregeln getroffen werden. Meine Armee wird jetzt unmittelbar auf Shang-hae rücken. Sollten in den Städten und Dörfern auf ihrem Wege Kirchen sein, so hoffe ich ernstlich, dass ihr den zugehörigen Leuten gebieten werdet, an den Thüren zu stehen und zu melden, dass es Kirchen sind, damit künftig keine Irrungen entstehen.
Meine Truppen gelangten schon nach Tsei-pan und werden bald in Shang-hae sein. Deshalb hoffe ich ernstlich, dass ihr ehren- werthen Gesandten die Leute euerer Nationen vor euch bescheiden und anweisen werdet, ihre Thüren zu schliessen, darin zu bleiben und gelbe Flaggen auf den Häusern aufzustecken; dann haben sie meine Soldaten nicht zu fürchten, denn ich befahl schon, dass sie in diesem Falle niemand belästigen oder beschädigen sollen.
Nach meiner Ankunft will ich selbst alle anderen Sachen mit euch besprechen. Unterdessen sende ich dieses eilige Schreiben und ergreife die Gelegenheit, mich nach euerem Befinden zu erkundigen.
Tae-pin Tien-kau 10. Jahr 7. Mond. 9. Tag (18. August 1860)."
An demselben Tage rückten die Truppen des Tsun-wan, in breiter Fronte Alles vor sich niederbrennend, gegen Shang-hae, warfen die Kaiserlichen aus ihrem verschanzten Lager eine Viertel- meile vor dem Westthore und jagten sie in die Stadt. Im Jesuiten- hause Si-ka-be wurden mehrere chinesische Christen und ein fran- zösischer Priester gemordet.
Indische Infanterie (Sepoys) und englische Seesoldaten hiel- ten die Stadtthore besetzt; die Flussfronte beherrschten britische Kanonenboote; alle Zugänge der fremden Ansiedlung waren durch Barricaden gesperrt, bei welchen die Freiwilligen standen. Man liess am 19. August die Tae-pin-Colonne bis dicht unter die Stadt- mauer kommen und schoss sie dann zusammen. Der Angriff war kindisch und ohne Chance des Erfolges. Für die Nacht zogen die
108) Es war ein französischer Geistlicher.
Angriff auf Shang-hae.
sei.108) Um nun mein gegebenes Wort zu halten, dass Fremde gut behandelt werden sollen, liess ich den Soldaten, welcher den Fremden getödtet hatte, sofort hinrichten, und hielt also mein Wort. Nachher sah ich, dass in Se-kiṅ eine Kirche war, und erfuhr erst dadurch, dass Leute euerer ehrenwerthen Nationen dahin kamen, das Evangelium zu lehren, und dass sie, obwohl sie keine gelbe Flagge aufzogen, die Kobolde doch nicht unterstützten.
Ist nun auch das Geschehene geschehen, so können doch für künftig Vorsichtsmaassregeln getroffen werden. Meine Armee wird jetzt unmittelbar auf Shang-hae rücken. Sollten in den Städten und Dörfern auf ihrem Wege Kirchen sein, so hoffe ich ernstlich, dass ihr den zugehörigen Leuten gebieten werdet, an den Thüren zu stehen und zu melden, dass es Kirchen sind, damit künftig keine Irrungen entstehen.
Meine Truppen gelangten schon nach Tsei-pan und werden bald in Shang-hae sein. Deshalb hoffe ich ernstlich, dass ihr ehren- werthen Gesandten die Leute euerer Nationen vor euch bescheiden und anweisen werdet, ihre Thüren zu schliessen, darin zu bleiben und gelbe Flaggen auf den Häusern aufzustecken; dann haben sie meine Soldaten nicht zu fürchten, denn ich befahl schon, dass sie in diesem Falle niemand belästigen oder beschädigen sollen.
Nach meiner Ankunft will ich selbst alle anderen Sachen mit euch besprechen. Unterdessen sende ich dieses eilige Schreiben und ergreife die Gelegenheit, mich nach euerem Befinden zu erkundigen.
Tae-piṅ Tien-kau 10. Jahr 7. Mond. 9. Tag (18. August 1860).«
An demselben Tage rückten die Truppen des Tšun-waṅ, in breiter Fronte Alles vor sich niederbrennend, gegen Shang-hae, warfen die Kaiserlichen aus ihrem verschanzten Lager eine Viertel- meile vor dem Westthore und jagten sie in die Stadt. Im Jesuiten- hause Si-ka-be wurden mehrere chinesische Christen und ein fran- zösischer Priester gemordet.
Indische Infanterie (Sepoys) und englische Seesoldaten hiel- ten die Stadtthore besetzt; die Flussfronte beherrschten britische Kanonenboote; alle Zugänge der fremden Ansiedlung waren durch Barricaden gesperrt, bei welchen die Freiwilligen standen. Man liess am 19. August die Tae-piṅ-Colonne bis dicht unter die Stadt- mauer kommen und schoss sie dann zusammen. Der Angriff war kindisch und ohne Chance des Erfolges. Für die Nacht zogen die
108) Es war ein französischer Geistlicher.
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Angriff auf Shang-hae.
sei. 108) Um nun mein gegebenes Wort zu halten, dass Fremde gut
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getödtet hatte, sofort hinrichten, und hielt also mein Wort. Nachher
sah ich, dass in Se-kiṅ eine Kirche war, und erfuhr erst dadurch,
dass Leute euerer ehrenwerthen Nationen dahin kamen, das Evangelium
zu lehren, und dass sie, obwohl sie keine gelbe Flagge aufzogen, die
Kobolde doch nicht unterstützten.
Ist nun auch das Geschehene geschehen, so können doch für
künftig Vorsichtsmaassregeln getroffen werden. Meine Armee wird
jetzt unmittelbar auf Shang-hae rücken. Sollten in den Städten
und Dörfern auf ihrem Wege Kirchen sein, so hoffe ich ernstlich, dass
ihr den zugehörigen Leuten gebieten werdet, an den Thüren zu
stehen und zu melden, dass es Kirchen sind, damit künftig keine
Irrungen entstehen.
Meine Truppen gelangten schon nach Tsei-pan und werden
bald in Shang-hae sein. Deshalb hoffe ich ernstlich, dass ihr ehren-
werthen Gesandten die Leute euerer Nationen vor euch bescheiden
und anweisen werdet, ihre Thüren zu schliessen, darin zu bleiben und
gelbe Flaggen auf den Häusern aufzustecken; dann haben sie meine
Soldaten nicht zu fürchten, denn ich befahl schon, dass sie in diesem
Falle niemand belästigen oder beschädigen sollen.
Nach meiner Ankunft will ich selbst alle anderen Sachen mit
euch besprechen. Unterdessen sende ich dieses eilige Schreiben und
ergreife die Gelegenheit, mich nach euerem Befinden zu erkundigen.
Tae-piṅ Tien-kau 10. Jahr 7. Mond. 9. Tag
(18. August 1860).«
An demselben Tage rückten die Truppen des Tšun-waṅ, in
breiter Fronte Alles vor sich niederbrennend, gegen Shang-hae,
warfen die Kaiserlichen aus ihrem verschanzten Lager eine Viertel-
meile vor dem Westthore und jagten sie in die Stadt. Im Jesuiten-
hause Si-ka-be wurden mehrere chinesische Christen und ein fran-
zösischer Priester gemordet.
Indische Infanterie (Sepoys) und englische Seesoldaten hiel-
ten die Stadtthore besetzt; die Flussfronte beherrschten britische
Kanonenboote; alle Zugänge der fremden Ansiedlung waren durch
Barricaden gesperrt, bei welchen die Freiwilligen standen. Man
liess am 19. August die Tae-piṅ-Colonne bis dicht unter die Stadt-
mauer kommen und schoss sie dann zusammen. Der Angriff war
kindisch und ohne Chance des Erfolges. Für die Nacht zogen die
108) Es war ein französischer Geistlicher.
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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/301>, abgerufen am 17.02.2025.
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