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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Mr. Ward in Pe-tan.
wirken und die Gesandten nach Pe-kin führen müssten. Herr
Bruce werde deshalb ersucht zu verweilen, bis die Garnison von
Pe-tan-ho zurückgezogen wäre; dann würde der Statthalter auf
die Rhede hinauskommen und ihn nach dem dortigen Landungs-
platze führen, von wo er sich zu Lande nach Pe-kin begeben
könne. -- Dieses Schreiben war vom 23. Juni datirt, brauchte also
zwei Tage, um zehn Seemeilen zurückzulegen. Herr Bruce schickte
dasselbe zurück, weil der Name der Königin von England darin
eine Stufe tiefer stand als der des Kaisers von China. Wollte er
es berücksichtigen, so musste er die schon begonnene Action unter-
brechen. Die Gesandten betrachteten es zudem als ihr gutes Recht,
auf dem selbstgewählten Wege, der Hauptverkehrsstrasse, nach
Pe-kin zu reisen, und sahen in der Insinuation der chinesischen
Regierung nur einen neuen Versuch, sie nach Art der tributbringen-
den Gesandten zu empfangen und in den Augen der Bevölkerung
herabzusetzen.

Herr Ward beschloss nach dem missglückten Unternehmen
der Alliirten gegen die Pei-ho-Mündung, die Auswechselung der
Ratificationen nach den Bedingungen des americanischen Vertrages
zu bewirken, welcher dem Gesandten der Vereinigten Staaten
erlaubt, einmal jährlich mit einem Gefolge von zwanzig Köpfen
die chinesische Hauptstadt zu besuchen, unter der Bedingung, dass
er dem kaiserlichen Ceremonien-Amt vorher davon Meldung
mache und seine Geschäfte ohne Verzug beende. Er schickte
den kleinen Dampfer nach der Pe-tan-Mündung; als dessen Boot
der Küste nahte, floh die Bevölkerung des dort gelegenen Dorfes.
Mit Mühe trieb man zwei Männer auf, welche die Beförderung des
von Herrn Ward an den Statthalter von Tsi-li gerichteten Schrei-
bens übernahmen, zugleich aber vor dem Angriff eines in der Nähe
stehenden Cavalleriepostens warnten. Gleich darauf sprengten
Tartaren heran; die Americaner entwischten mit Noth in ihr Fahr-
zeug. Dann aber kam eine Dschunke mit Lebensmitteln hinaus und
brachte die Nachricht, dass das Schreiben befördert sei und in
kurzem beantwortet werden solle.

Einige Tage darauf schrieb der Statthalter Han-fu dem Ge-
sandten, dass der Kaiser ihm erlaube, nach dem 19. Juli mit
zwanzig Personen über Pe-tan nach der Hauptstadt zu reisen, wo
nach Ankunft der Bevollmächtigten die Ratifications-Urkunden aus-
gewechselt werden sollten. Herr Ward landete am 20. Juli und

Mr. Ward in Pe-taṅ.
wirken und die Gesandten nach Pe-kiṅ führen müssten. Herr
Bruce werde deshalb ersucht zu verweilen, bis die Garnison von
Pe-taṅ-ho zurückgezogen wäre; dann würde der Statthalter auf
die Rhede hinauskommen und ihn nach dem dortigen Landungs-
platze führen, von wo er sich zu Lande nach Pe-kiṅ begeben
könne. — Dieses Schreiben war vom 23. Juni datirt, brauchte also
zwei Tage, um zehn Seemeilen zurückzulegen. Herr Bruce schickte
dasselbe zurück, weil der Name der Königin von England darin
eine Stufe tiefer stand als der des Kaisers von China. Wollte er
es berücksichtigen, so musste er die schon begonnene Action unter-
brechen. Die Gesandten betrachteten es zudem als ihr gutes Recht,
auf dem selbstgewählten Wege, der Hauptverkehrsstrasse, nach
Pe-kiṅ zu reisen, und sahen in der Insinuation der chinesischen
Regierung nur einen neuen Versuch, sie nach Art der tributbringen-
den Gesandten zu empfangen und in den Augen der Bevölkerung
herabzusetzen.

Herr Ward beschloss nach dem missglückten Unternehmen
der Alliirten gegen die Pei-ho-Mündung, die Auswechselung der
Ratificationen nach den Bedingungen des americanischen Vertrages
zu bewirken, welcher dem Gesandten der Vereinigten Staaten
erlaubt, einmal jährlich mit einem Gefolge von zwanzig Köpfen
die chinesische Hauptstadt zu besuchen, unter der Bedingung, dass
er dem kaiserlichen Ceremonien-Amt vorher davon Meldung
mache und seine Geschäfte ohne Verzug beende. Er schickte
den kleinen Dampfer nach der Pe-taṅ-Mündung; als dessen Boot
der Küste nahte, floh die Bevölkerung des dort gelegenen Dorfes.
Mit Mühe trieb man zwei Männer auf, welche die Beförderung des
von Herrn Ward an den Statthalter von Tši-li gerichteten Schrei-
bens übernahmen, zugleich aber vor dem Angriff eines in der Nähe
stehenden Cavalleriepostens warnten. Gleich darauf sprengten
Tartaren heran; die Americaner entwischten mit Noth in ihr Fahr-
zeug. Dann aber kam eine Dschunke mit Lebensmitteln hinaus und
brachte die Nachricht, dass das Schreiben befördert sei und in
kurzem beantwortet werden solle.

Einige Tage darauf schrieb der Statthalter Haṅ-fu dem Ge-
sandten, dass der Kaiser ihm erlaube, nach dem 19. Juli mit
zwanzig Personen über Pe-taṅ nach der Hauptstadt zu reisen, wo
nach Ankunft der Bevollmächtigten die Ratifications-Urkunden aus-
gewechselt werden sollten. Herr Ward landete am 20. Juli und

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[290/0312] Mr. Ward in Pe-taṅ. wirken und die Gesandten nach Pe-kiṅ führen müssten. Herr Bruce werde deshalb ersucht zu verweilen, bis die Garnison von Pe-taṅ-ho zurückgezogen wäre; dann würde der Statthalter auf die Rhede hinauskommen und ihn nach dem dortigen Landungs- platze führen, von wo er sich zu Lande nach Pe-kiṅ begeben könne. — Dieses Schreiben war vom 23. Juni datirt, brauchte also zwei Tage, um zehn Seemeilen zurückzulegen. Herr Bruce schickte dasselbe zurück, weil der Name der Königin von England darin eine Stufe tiefer stand als der des Kaisers von China. Wollte er es berücksichtigen, so musste er die schon begonnene Action unter- brechen. Die Gesandten betrachteten es zudem als ihr gutes Recht, auf dem selbstgewählten Wege, der Hauptverkehrsstrasse, nach Pe-kiṅ zu reisen, und sahen in der Insinuation der chinesischen Regierung nur einen neuen Versuch, sie nach Art der tributbringen- den Gesandten zu empfangen und in den Augen der Bevölkerung herabzusetzen. Herr Ward beschloss nach dem missglückten Unternehmen der Alliirten gegen die Pei-ho-Mündung, die Auswechselung der Ratificationen nach den Bedingungen des americanischen Vertrages zu bewirken, welcher dem Gesandten der Vereinigten Staaten erlaubt, einmal jährlich mit einem Gefolge von zwanzig Köpfen die chinesische Hauptstadt zu besuchen, unter der Bedingung, dass er dem kaiserlichen Ceremonien-Amt vorher davon Meldung mache und seine Geschäfte ohne Verzug beende. Er schickte den kleinen Dampfer nach der Pe-taṅ-Mündung; als dessen Boot der Küste nahte, floh die Bevölkerung des dort gelegenen Dorfes. Mit Mühe trieb man zwei Männer auf, welche die Beförderung des von Herrn Ward an den Statthalter von Tši-li gerichteten Schrei- bens übernahmen, zugleich aber vor dem Angriff eines in der Nähe stehenden Cavalleriepostens warnten. Gleich darauf sprengten Tartaren heran; die Americaner entwischten mit Noth in ihr Fahr- zeug. Dann aber kam eine Dschunke mit Lebensmitteln hinaus und brachte die Nachricht, dass das Schreiben befördert sei und in kurzem beantwortet werden solle. Einige Tage darauf schrieb der Statthalter Haṅ-fu dem Ge- sandten, dass der Kaiser ihm erlaube, nach dem 19. Juli mit zwanzig Personen über Pe-taṅ nach der Hauptstadt zu reisen, wo nach Ankunft der Bevollmächtigten die Ratifications-Urkunden aus- gewechselt werden sollten. Herr Ward landete am 20. Juli und

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/312>, abgerufen am 16.06.2024.