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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Hornkorallen, Schwämme und pelagische Thiere.
Melitaea, deren Farben aber an der Luft schon in der nächsten
Viertelstunde merklich erbleichten; dazwischen kleinere Stücke eines
fein verzweigten Antipathes und einer blutrothen Gorgonie mit rück-
ziehbaren weissen Polypen. Daran sassen einzelne Comatulen und
Ophiuren, nicht selten auch die Schwalbenmuschel, Avicula semisagitta.
Die Menge solcher Hornkorallen, welche ein Zug heraufbrachte,
deutet förmliche Dickichte von solchen an; dazwischen finden sich,
gleichsam als Unterholz, mehrere Bryozoen, besonders eine Rete-
pora, und als Kräuter die feineren Hydroid-zoophyten, worunter
mehrere Plumularien (filicina Pall., effusa Busk und Gaimardi Lamx),
Sertularien (distans Lamx und serra Blv.) und Laomedea antipathes
Lamx. All das hat als Boden wieder grössere Sternkorallen, von
denen nur einzelne abgebrochene Fragmente im Schleppnetz zu
Tage kommen. Auffallend ist endlich die grosse Menge von
Spongien in verschiedenster Form, Consistenz und Farbe, von den
weichsten, wie durchnässtes Weissbrod anzufühlenden, bis zu sehr
derben, sohlenlederartigen, die Farben bald braun, bald grasgrün,
einige selbst lebhaft ockergelb und rosenroth, wie die Hornkorallen.
Von Singapore stammen auch die riesigen Schwämme, Rhaphiophora
patera Gray, welche als Neptunsbecher in den europäischen Samm-
lungen bekannt sind; ich erhielt sie daselbst zwar nur trocken zu
kaufen, aber Crawfurd und Finlayson haben sie 1822 vom südlichen
Ende der Insel aus tiefem Wasser von den Eingeborenen frisch er-
halten, denn letzterer sagt "frisch ist die Farbe hell safrangelb,
trocken wird sie braun". 4)

Auch an frei schwimmenden Thieren fehlt es auf der
Rhede von Singapore nicht. Oefters wurden Fische von Bord der
Fregatte aus geangelt, namentlich ein grasgrüner Labrus und auch
eine bunte Muräne. Grössere Quallen wurden im Monat September
öfters gesehen, und von nackten Mollusken die als pelagisch be-
kannte Gattung Scyllaea, letztere während des Lebens durchschei-
nend hell, mit braunen Flecken, nicht an der Wasserfläche kriechend,
sondern durch heftiges Hin- und Herwenden ihres Körpers im
Wasser nach oben, unten oder seitwärts schwimmend; in einer
Schüssel mit Meerwasser confinirt, ermattete sie bald und noch so
lange sie lebte, lösten sich die meisten ihrer Rückenanhänge wäh-
rend ihrer Bewegungen ab.

Von mikroskopischen Geschöpfen im Seewasser fielen
mir namentlich Acanthometren und Diatomeen auf.

Ost-Asien. Zoologisch. I. 16

Hornkorallen, Schwämme und pelagische Thiere.
Melitaea, deren Farben aber an der Luft schon in der nächsten
Viertelstunde merklich erbleichten; dazwischen kleinere Stücke eines
fein verzweigten Antipathes und einer blutrothen Gorgonie mit rück-
ziehbaren weissen Polypen. Daran sassen einzelne Comatulen und
Ophiuren, nicht selten auch die Schwalbenmuschel, Avicula semisagitta.
Die Menge solcher Hornkorallen, welche ein Zug heraufbrachte,
deutet förmliche Dickichte von solchen an; dazwischen finden sich,
gleichsam als Unterholz, mehrere Bryozoen, besonders eine Rete-
pora, und als Kräuter die feineren Hydroid-zoophyten, worunter
mehrere Plumularien (filicina Pall., effusa Busk und Gaimardi Lamx),
Sertularien (distans Lamx und serra Blv.) und Laomedea antipathes
Lamx. All das hat als Boden wieder grössere Sternkorallen, von
denen nur einzelne abgebrochene Fragmente im Schleppnetz zu
Tage kommen. Auffallend ist endlich die grosse Menge von
Spongien in verschiedenster Form, Consistenz und Farbe, von den
weichsten, wie durchnässtes Weissbrod anzufühlenden, bis zu sehr
derben, sohlenlederartigen, die Farben bald braun, bald grasgrün,
einige selbst lebhaft ockergelb und rosenroth, wie die Hornkorallen.
Von Singapore stammen auch die riesigen Schwämme, Rhaphiophora
patera Gray, welche als Neptunsbecher in den europäischen Samm-
lungen bekannt sind; ich erhielt sie daselbst zwar nur trocken zu
kaufen, aber Crawfurd und Finlayson haben sie 1822 vom südlichen
Ende der Insel aus tiefem Wasser von den Eingeborenen frisch er-
halten, denn letzterer sagt »frisch ist die Farbe hell safrangelb,
trocken wird sie braun«. 4)

Auch an frei schwimmenden Thieren fehlt es auf der
Rhede von Singapore nicht. Oefters wurden Fische von Bord der
Fregatte aus geangelt, namentlich ein grasgrüner Labrus und auch
eine bunte Muräne. Grössere Quallen wurden im Monat September
öfters gesehen, und von nackten Mollusken die als pelagisch be-
kannte Gattung Scyllaea, letztere während des Lebens durchschei-
nend hell, mit braunen Flecken, nicht an der Wasserfläche kriechend,
sondern durch heftiges Hin- und Herwenden ihres Körpers im
Wasser nach oben, unten oder seitwärts schwimmend; in einer
Schüssel mit Meerwasser confinirt, ermattete sie bald und noch so
lange sie lebte, lösten sich die meisten ihrer Rückenanhänge wäh-
rend ihrer Bewegungen ab.

Von mikroskopischen Geschöpfen im Seewasser fielen
mir namentlich Acanthometren und Diatomeen auf.

Ost-Asien. Zoologisch. I. 16
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[241/0259] Hornkorallen, Schwämme und pelagische Thiere. Melitaea, deren Farben aber an der Luft schon in der nächsten Viertelstunde merklich erbleichten; dazwischen kleinere Stücke eines fein verzweigten Antipathes und einer blutrothen Gorgonie mit rück- ziehbaren weissen Polypen. Daran sassen einzelne Comatulen und Ophiuren, nicht selten auch die Schwalbenmuschel, Avicula semisagitta. Die Menge solcher Hornkorallen, welche ein Zug heraufbrachte, deutet förmliche Dickichte von solchen an; dazwischen finden sich, gleichsam als Unterholz, mehrere Bryozoen, besonders eine Rete- pora, und als Kräuter die feineren Hydroid-zoophyten, worunter mehrere Plumularien (filicina Pall., effusa Busk und Gaimardi Lamx), Sertularien (distans Lamx und serra Blv.) und Laomedea antipathes Lamx. All das hat als Boden wieder grössere Sternkorallen, von denen nur einzelne abgebrochene Fragmente im Schleppnetz zu Tage kommen. Auffallend ist endlich die grosse Menge von Spongien in verschiedenster Form, Consistenz und Farbe, von den weichsten, wie durchnässtes Weissbrod anzufühlenden, bis zu sehr derben, sohlenlederartigen, die Farben bald braun, bald grasgrün, einige selbst lebhaft ockergelb und rosenroth, wie die Hornkorallen. Von Singapore stammen auch die riesigen Schwämme, Rhaphiophora patera Gray, welche als Neptunsbecher in den europäischen Samm- lungen bekannt sind; ich erhielt sie daselbst zwar nur trocken zu kaufen, aber Crawfurd und Finlayson haben sie 1822 vom südlichen Ende der Insel aus tiefem Wasser von den Eingeborenen frisch er- halten, denn letzterer sagt »frisch ist die Farbe hell safrangelb, trocken wird sie braun«. 4) Auch an frei schwimmenden Thieren fehlt es auf der Rhede von Singapore nicht. Oefters wurden Fische von Bord der Fregatte aus geangelt, namentlich ein grasgrüner Labrus und auch eine bunte Muräne. Grössere Quallen wurden im Monat September öfters gesehen, und von nackten Mollusken die als pelagisch be- kannte Gattung Scyllaea, letztere während des Lebens durchschei- nend hell, mit braunen Flecken, nicht an der Wasserfläche kriechend, sondern durch heftiges Hin- und Herwenden ihres Körpers im Wasser nach oben, unten oder seitwärts schwimmend; in einer Schüssel mit Meerwasser confinirt, ermattete sie bald und noch so lange sie lebte, lösten sich die meisten ihrer Rückenanhänge wäh- rend ihrer Bewegungen ab. Von mikroskopischen Geschöpfen im Seewasser fielen mir namentlich Acanthometren und Diatomeen auf. Ost-Asien. Zoologisch. I. 16

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/259>, abgerufen am 30.04.2024.