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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Jahreszeiten im Archipel.
(Ternate, Tidore, Makian) zu dem Gunung-api (d. h. Feuerberg) der
Bandagruppe und dem gleichnamigen isolirten nahe der Nordwest-
küste von Timor; endlich letztgenannte Insel selbst in schiefem
Winkel zu beiden und ältere Gebirgsformationen darbietend. 1) Die
Korallenbildungen umfassen den Küstensaum der grösseren Inseln
mit Ausnahme der grossen Flussmündungen und einzelner schroffer
Felsenküsten (z. B. im südlichen Java) und bilden für sich allein
kleine Inseln, wie diejenigen südlich von Singapore und mindestens
den grössern Theil von Amboina. Die vertikale Erhebung erreicht,
soweit genaue Kenntnisse reichen, nirgends die Region des ewigen
Schnees, und bei der geringeren Verschiedenheit in der Temperatur
der Jahreszeiten tritt auch eine regelmässige Eisperiode, ein Winter
im mitteleuropäischen Sinne des Wortes, nur an den wenigsten
Stellen ein. Der Unterschied der Jahreszeiten besteht dagegen
wesentlich in der herrschenden Windrichtung (Monsun) und der
dadurch bedingten Menge des wässrigen Niederschlages, während
die Temperaturdifferenzen zwischen den verschiedenen Jahreszeiten
an demselben Orte sehr mässig sind. Die Windrichtung hängt an
sich in letzter Instanz, wie Dove gezeigt hat, vom Stande der Sonne
ab, und da einerseits der indische Archipel zu beiden Seiten des
Aequators liegt, also der senkrechte Sonnenstand für den einen
Theil die Sonnenferne für den andern bedingt, andererseits die Lage
der Bergketten den Einfluss des einen oder andern Monsuns auf die
anliegenden Landschaften abhalten, so folgt aus Beidem, dass Regen-
zeit und Trockenzeit durchaus nicht gleichzeitig durch den ganzen
Archipel herrscht, sondern für jede Gegend eigene, durch die spe-
zielle Lage gegebene Regeln annimmt. Auch ist der Unterschied
zwischen beiden Monsunen in der einen Landschaft bedeutender als
in der andern, in einigen sehr gering. Einzelne heftige Regengüsse
habe ich in allen Gegenden, wo ich mich länger aufgehalten, durch-
gemacht, nördlich vom Aequator zu Singapore im März, im nord-
westlichen Borneo (Bengkayang und Mandhor) im März und April,
in Celebes (Kema) Ende Juli, südlich vom Aequator auf Sumatra
(Kepahiang) Anfangs Mai, Java (Solo) Anfangs August, und Timor
(Kupang) Ende Dezember und Anfangs Februar; den Wasserstand
des grossen Binnensees Danau Sriang im nördlichen Borneo fand
ich Mitte Mai (1862) sehr niedrig, als ob schon längere Zeit Trocken-
heit geherrscht habe, dagegen machte in nahezu gleicher Breite in
Singapore der Monat März mit seinem üppigen Grün und den zahl-

Jahreszeiten im Archipel.
(Ternate, Tidore, Makian) zu dem Gunung-api (d. h. Feuerberg) der
Bandagruppe und dem gleichnamigen isolirten nahe der Nordwest-
küste von Timor; endlich letztgenannte Insel selbst in schiefem
Winkel zu beiden und ältere Gebirgsformationen darbietend. 1) Die
Korallenbildungen umfassen den Küstensaum der grösseren Inseln
mit Ausnahme der grossen Flussmündungen und einzelner schroffer
Felsenküsten (z. B. im südlichen Java) und bilden für sich allein
kleine Inseln, wie diejenigen südlich von Singapore und mindestens
den grössern Theil von Amboina. Die vertikale Erhebung erreicht,
soweit genaue Kenntnisse reichen, nirgends die Region des ewigen
Schnees, und bei der geringeren Verschiedenheit in der Temperatur
der Jahreszeiten tritt auch eine regelmässige Eisperiode, ein Winter
im mitteleuropäischen Sinne des Wortes, nur an den wenigsten
Stellen ein. Der Unterschied der Jahreszeiten besteht dagegen
wesentlich in der herrschenden Windrichtung (Monsun) und der
dadurch bedingten Menge des wässrigen Niederschlages, während
die Temperaturdifferenzen zwischen den verschiedenen Jahreszeiten
an demselben Orte sehr mässig sind. Die Windrichtung hängt an
sich in letzter Instanz, wie Dove gezeigt hat, vom Stande der Sonne
ab, und da einerseits der indische Archipel zu beiden Seiten des
Aequators liegt, also der senkrechte Sonnenstand für den einen
Theil die Sonnenferne für den andern bedingt, andererseits die Lage
der Bergketten den Einfluss des einen oder andern Monsuns auf die
anliegenden Landschaften abhalten, so folgt aus Beidem, dass Regen-
zeit und Trockenzeit durchaus nicht gleichzeitig durch den ganzen
Archipel herrscht, sondern für jede Gegend eigene, durch die spe-
zielle Lage gegebene Regeln annimmt. Auch ist der Unterschied
zwischen beiden Monsunen in der einen Landschaft bedeutender als
in der andern, in einigen sehr gering. Einzelne heftige Regengüsse
habe ich in allen Gegenden, wo ich mich länger aufgehalten, durch-
gemacht, nördlich vom Aequator zu Singapore im März, im nord-
westlichen Borneo (Bengkayang und Mandhor) im März und April,
in Celebes (Kema) Ende Juli, südlich vom Aequator auf Sumatra
(Kepahiang) Anfangs Mai, Java (Solo) Anfangs August, und Timor
(Kupang) Ende Dezember und Anfangs Februar; den Wasserstand
des grossen Binnensees Danau Sriang im nördlichen Borneo fand
ich Mitte Mai (1862) sehr niedrig, als ob schon längere Zeit Trocken-
heit geherrscht habe, dagegen machte in nahezu gleicher Breite in
Singapore der Monat März mit seinem üppigen Grün und den zahl-

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[245/0263] Jahreszeiten im Archipel. (Ternate, Tidore, Makian) zu dem Gunung-api (d. h. Feuerberg) der Bandagruppe und dem gleichnamigen isolirten nahe der Nordwest- küste von Timor; endlich letztgenannte Insel selbst in schiefem Winkel zu beiden und ältere Gebirgsformationen darbietend. 1) Die Korallenbildungen umfassen den Küstensaum der grösseren Inseln mit Ausnahme der grossen Flussmündungen und einzelner schroffer Felsenküsten (z. B. im südlichen Java) und bilden für sich allein kleine Inseln, wie diejenigen südlich von Singapore und mindestens den grössern Theil von Amboina. Die vertikale Erhebung erreicht, soweit genaue Kenntnisse reichen, nirgends die Region des ewigen Schnees, und bei der geringeren Verschiedenheit in der Temperatur der Jahreszeiten tritt auch eine regelmässige Eisperiode, ein Winter im mitteleuropäischen Sinne des Wortes, nur an den wenigsten Stellen ein. Der Unterschied der Jahreszeiten besteht dagegen wesentlich in der herrschenden Windrichtung (Monsun) und der dadurch bedingten Menge des wässrigen Niederschlages, während die Temperaturdifferenzen zwischen den verschiedenen Jahreszeiten an demselben Orte sehr mässig sind. Die Windrichtung hängt an sich in letzter Instanz, wie Dove gezeigt hat, vom Stande der Sonne ab, und da einerseits der indische Archipel zu beiden Seiten des Aequators liegt, also der senkrechte Sonnenstand für den einen Theil die Sonnenferne für den andern bedingt, andererseits die Lage der Bergketten den Einfluss des einen oder andern Monsuns auf die anliegenden Landschaften abhalten, so folgt aus Beidem, dass Regen- zeit und Trockenzeit durchaus nicht gleichzeitig durch den ganzen Archipel herrscht, sondern für jede Gegend eigene, durch die spe- zielle Lage gegebene Regeln annimmt. Auch ist der Unterschied zwischen beiden Monsunen in der einen Landschaft bedeutender als in der andern, in einigen sehr gering. Einzelne heftige Regengüsse habe ich in allen Gegenden, wo ich mich länger aufgehalten, durch- gemacht, nördlich vom Aequator zu Singapore im März, im nord- westlichen Borneo (Bengkayang und Mandhor) im März und April, in Celebes (Kema) Ende Juli, südlich vom Aequator auf Sumatra (Kepahiang) Anfangs Mai, Java (Solo) Anfangs August, und Timor (Kupang) Ende Dezember und Anfangs Februar; den Wasserstand des grossen Binnensees Danau Sriang im nördlichen Borneo fand ich Mitte Mai (1862) sehr niedrig, als ob schon längere Zeit Trocken- heit geherrscht habe, dagegen machte in nahezu gleicher Breite in Singapore der Monat März mit seinem üppigen Grün und den zahl-

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/263>, abgerufen am 28.04.2024.