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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Hirsche und Schweine auf den Molukken.
häufig, erstere sind ein beliebter Jagdgegenstand der wohlberittenen
Makassaren, welche sie förmlich zu umstellen und in freies Feld zu
treiben pflegen, um sie hier zu Pferde einzuholen, ihnen dann eine
Schlinge über das Geweih oder um den Hals werfen und sie mit
Lanzen niederstechen; solche Treibjagden gelingen besonders in
der trockenen Jahreszeit, wo sich die Thiere an den Flüssen zu-
sammenfinden, weniger in der nassen, wo sie überall Wasser finden,
daher mehr zerstreut und unstät umherschweifen. Ebenso finden
sich Hirsche auch noch auf den Molukken und sie scheinen alle
von der javanischen Art nicht spezifisch verschieden, selbst der
philippinische nur wenig. Der alte Valentyn sagt in seiner Beschrei-
bung von Amboina (1724--26 S. 267) bestimmt, dass die Hirsche
dort nicht ursprünglich einheimisch seien, sondern aus Java und
später auch einige von Makassar her eingeführt worden seien.
Ob das nun nur für die Insel Amboina gelte, oder für die Molukken
überhaupt, wie Sal. Müller annimmt, ist schwer zu entscheiden; für
letzteres spricht einigermaassen, dass sie nach ebendemselben auf
Amboina nicht anders genannt wurden als mit dem speziell java-
nischen Namen mendjangan und dass sie auch jetzt nicht, wie doch
die Wildschweine, auf Neuguinea vorkommen, während sie doch
überall sind, soweit die mohamedanisch-malaiische Halbcivilisation
und die holländischen Ansiedlungen sich erstrecken, so noch auf
Halmahera, wo ich einen frisch geschossenen erhielt, und auf Batjan,
auf Buru und Ceram, auf Timor nebst den anliegenden kleineren
Inseln Rotti, Samao und Pulo-kambing, das von seinen Hirschen
den Namen erhalten hat, ja auch auf dem isolirten Gross-Banda.

Das Wildschwein von Timor und Batjan soll dem javanischen
Sus vittatus, das von Celebes und Ternate dem S. verrucosus zu-
nächst stehen, aber beide nicht die volle Grösse derer auf den grossen
Sunda-Inseln erreichen. Dagegen tritt auf den zwischen Celebes
und den Molukken liegenden Xula-Inseln, sowie im benachbarten
Buru und im nordöstlichen Theil von Celebes selbst14) eine eigen-
thümliche Gattung von Schweinen auf, bei denen die obern Hauer, statt
aus dem Mund hervorzustehen, die Oberkieferknochen nach oben
durchbrechen, um zwischen Oberlippe und Auge hervorzutreten;
es ist dieses der seit Bontius bekannte Babi-rusa, wörtlich Schwein-
hirsch, aber nach der Konstruktion der malaiischen Sprache genauer
als Hirschschwein zu übersetzen, übrigens durchaus Schwein und
nicht Hirsch.

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Hirsche und Schweine auf den Molukken.
häufig, erstere sind ein beliebter Jagdgegenstand der wohlberittenen
Makassaren, welche sie förmlich zu umstellen und in freies Feld zu
treiben pflegen, um sie hier zu Pferde einzuholen, ihnen dann eine
Schlinge über das Geweih oder um den Hals werfen und sie mit
Lanzen niederstechen; solche Treibjagden gelingen besonders in
der trockenen Jahreszeit, wo sich die Thiere an den Flüssen zu-
sammenfinden, weniger in der nassen, wo sie überall Wasser finden,
daher mehr zerstreut und unstät umherschweifen. Ebenso finden
sich Hirsche auch noch auf den Molukken und sie scheinen alle
von der javanischen Art nicht spezifisch verschieden, selbst der
philippinische nur wenig. Der alte Valentyn sagt in seiner Beschrei-
bung von Amboina (1724—26 S. 267) bestimmt, dass die Hirsche
dort nicht ursprünglich einheimisch seien, sondern aus Java und
später auch einige von Makassar her eingeführt worden seien.
Ob das nun nur für die Insel Amboina gelte, oder für die Molukken
überhaupt, wie Sal. Müller annimmt, ist schwer zu entscheiden; für
letzteres spricht einigermaassen, dass sie nach ebendemselben auf
Amboina nicht anders genannt wurden als mit dem speziell java-
nischen Namen mendjangan und dass sie auch jetzt nicht, wie doch
die Wildschweine, auf Neuguinea vorkommen, während sie doch
überall sind, soweit die mohamedanisch-malaiische Halbcivilisation
und die holländischen Ansiedlungen sich erstrecken, so noch auf
Halmahera, wo ich einen frisch geschossenen erhielt, und auf Batjan,
auf Buru und Ceram, auf Timor nebst den anliegenden kleineren
Inseln Rotti, Samao und Pulo-kambing, das von seinen Hirschen
den Namen erhalten hat, ja auch auf dem isolirten Gross-Banda.

Das Wildschwein von Timor und Batjan soll dem javanischen
Sus vittatus, das von Celebes und Ternate dem S. verrucosus zu-
nächst stehen, aber beide nicht die volle Grösse derer auf den grossen
Sunda-Inseln erreichen. Dagegen tritt auf den zwischen Celebes
und den Molukken liegenden Xula-Inseln, sowie im benachbarten
Buru und im nordöstlichen Theil von Celebes selbst14) eine eigen-
thümliche Gattung von Schweinen auf, bei denen die obern Hauer, statt
aus dem Mund hervorzustehen, die Oberkieferknochen nach oben
durchbrechen, um zwischen Oberlippe und Auge hervorzutreten;
es ist dieses der seit Bontius bekannte Babi-rusa, wörtlich Schwein-
hirsch, aber nach der Konstruktion der malaiischen Sprache genauer
als Hirschschwein zu übersetzen, übrigens durchaus Schwein und
nicht Hirsch.

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[259/0277] Hirsche und Schweine auf den Molukken. häufig, erstere sind ein beliebter Jagdgegenstand der wohlberittenen Makassaren, welche sie förmlich zu umstellen und in freies Feld zu treiben pflegen, um sie hier zu Pferde einzuholen, ihnen dann eine Schlinge über das Geweih oder um den Hals werfen und sie mit Lanzen niederstechen; solche Treibjagden gelingen besonders in der trockenen Jahreszeit, wo sich die Thiere an den Flüssen zu- sammenfinden, weniger in der nassen, wo sie überall Wasser finden, daher mehr zerstreut und unstät umherschweifen. Ebenso finden sich Hirsche auch noch auf den Molukken und sie scheinen alle von der javanischen Art nicht spezifisch verschieden, selbst der philippinische nur wenig. Der alte Valentyn sagt in seiner Beschrei- bung von Amboina (1724—26 S. 267) bestimmt, dass die Hirsche dort nicht ursprünglich einheimisch seien, sondern aus Java und später auch einige von Makassar her eingeführt worden seien. Ob das nun nur für die Insel Amboina gelte, oder für die Molukken überhaupt, wie Sal. Müller annimmt, ist schwer zu entscheiden; für letzteres spricht einigermaassen, dass sie nach ebendemselben auf Amboina nicht anders genannt wurden als mit dem speziell java- nischen Namen mendjangan und dass sie auch jetzt nicht, wie doch die Wildschweine, auf Neuguinea vorkommen, während sie doch überall sind, soweit die mohamedanisch-malaiische Halbcivilisation und die holländischen Ansiedlungen sich erstrecken, so noch auf Halmahera, wo ich einen frisch geschossenen erhielt, und auf Batjan, auf Buru und Ceram, auf Timor nebst den anliegenden kleineren Inseln Rotti, Samao und Pulo-kambing, das von seinen Hirschen den Namen erhalten hat, ja auch auf dem isolirten Gross-Banda. Das Wildschwein von Timor und Batjan soll dem javanischen Sus vittatus, das von Celebes und Ternate dem S. verrucosus zu- nächst stehen, aber beide nicht die volle Grösse derer auf den grossen Sunda-Inseln erreichen. Dagegen tritt auf den zwischen Celebes und den Molukken liegenden Xula-Inseln, sowie im benachbarten Buru und im nordöstlichen Theil von Celebes selbst14) eine eigen- thümliche Gattung von Schweinen auf, bei denen die obern Hauer, statt aus dem Mund hervorzustehen, die Oberkieferknochen nach oben durchbrechen, um zwischen Oberlippe und Auge hervorzutreten; es ist dieses der seit Bontius bekannte Babi-rusa, wörtlich Schwein- hirsch, aber nach der Konstruktion der malaiischen Sprache genauer als Hirschschwein zu übersetzen, übrigens durchaus Schwein und nicht Hirsch. 17*

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/277>, abgerufen am 07.05.2024.