Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Nashornvögel.
derungen von Seiten der beiden Forscher Bernstein und Wallace
gewesen, dass ich mich auch hier darauf beschränken werde, das
Wichtigste über ihre geographische Verbreitung und Einiges, was
sich mir unmittelbar darbot, zu erwähnen.

Eine der auffallendsten Vogelformen dieses Gebiets bilden die
Nashornvögel, Buceros L., übrigens auch in Vorderindien und
dem tropischen Afrika einheimisch und durch die enormen Dimen-
sionen des Schnabels, nicht aber in den Füssen, den amerikanischen
Tukan's, Rhamphastos L., ähnlich, nach ihrer lauten, unharmoni-
schen Stimme kangkarang, rangkong, belicang, angang (inggang),
tingang in den verschiedenen Gegenden genannt; namentlich als
tingang spielen sie auf Borneo eine bedeutende Rolle in dem Aber-
glauben der dortigen Eingebornen, denen sie wegen ihres lauten
Schreiens bei Annäherung eines Menschen als Sinnbild der Tapfer-
keit gelten. Das Sträuben der Federn, das Ausbreiten des Schwanzes,
als Gebärde der Kampflust und des Stolzes, kehrt oft in den von
Hardelang mitgetheilten Liedern der Dajaker wieder, und tingang
dient geradezu als Bezeichnung eines beherzten Mannes, wie etwa
bei uns Löwe oder Adler.17) Ich habe die recht kenntlich aus
Holz geschnitzte Figur eines solchen Vogels, Buceros rhinoceros L.,
nebst ähnlichen des Krokodils, bei den Dajakern im obern Kapuas-
gebiet erhalten. Buceros plicatus mit Querfurchen auf dem Schna-
bel, das Männchen mit gelbem Kehlsack, gehört Sumatra und Java
an. Eine andere Art, Buceros cassidix Tem., deren Schnabel in
den Trödelbuden zu Makassar mit den Hörnern der Anoa feil war,
heisst dort burong taun, Jahrvogel, indem die Anzahl der Furchen
seines Schnabels die seiner Jahre anzeigen soll. Denselben Namen
trägt auf den eigentlichen Molukken, sowie auf der Amboinagruppe
die einzige dortige Art, Buceros ruficollis, schon von Valentyn als
solcher erwähnt, mit kleinen Farbenunterschieden, indem der Hinter-
kopf bei den Vögeln der einen Inselgruppe etwas dunkler als bei
denen der anderen ist. Dieselbe Art findet sich noch auf Neu-
guinea, aber Neuholland hat keine Nashornvögel mehr.

Umgekehrt nehmen die Papageien sowohl an Artenzahl als
an Mannichfaltigkeit der Formen und Farben, sowie an Grösse der
Arten von Indien bis Neuholland auffällig zu. Die grossen Sunda-
Inseln haben keine andere Formen aufzuweisen, als die schon auf
dem indischen Festland und in Ceylon vorhandenen kleinen grünen
Lang- und Kurzschwänze, Palaeornis und Loriculus, von denen der

Nashornvögel.
derungen von Seiten der beiden Forscher Bernstein und Wallace
gewesen, dass ich mich auch hier darauf beschränken werde, das
Wichtigste über ihre geographische Verbreitung und Einiges, was
sich mir unmittelbar darbot, zu erwähnen.

Eine der auffallendsten Vogelformen dieses Gebiets bilden die
Nashornvögel, Buceros L., übrigens auch in Vorderindien und
dem tropischen Afrika einheimisch und durch die enormen Dimen-
sionen des Schnabels, nicht aber in den Füssen, den amerikanischen
Tukan’s, Rhamphastos L., ähnlich, nach ihrer lauten, unharmoni-
schen Stimme kangkarang, rangkong, belicang, angang (inggang),
tingang in den verschiedenen Gegenden genannt; namentlich als
tingang spielen sie auf Borneo eine bedeutende Rolle in dem Aber-
glauben der dortigen Eingebornen, denen sie wegen ihres lauten
Schreiens bei Annäherung eines Menschen als Sinnbild der Tapfer-
keit gelten. Das Sträuben der Federn, das Ausbreiten des Schwanzes,
als Gebärde der Kampflust und des Stolzes, kehrt oft in den von
Hardelang mitgetheilten Liedern der Dajaker wieder, und tingang
dient geradezu als Bezeichnung eines beherzten Mannes, wie etwa
bei uns Löwe oder Adler.17) Ich habe die recht kenntlich aus
Holz geschnitzte Figur eines solchen Vogels, Buceros rhinoceros L.,
nebst ähnlichen des Krokodils, bei den Dajakern im obern Kapuas-
gebiet erhalten. Buceros plicatus mit Querfurchen auf dem Schna-
bel, das Männchen mit gelbem Kehlsack, gehört Sumatra und Java
an. Eine andere Art, Buceros cassidix Tem., deren Schnabel in
den Trödelbuden zu Makassar mit den Hörnern der Anoa feil war,
heisst dort burong taun, Jahrvogel, indem die Anzahl der Furchen
seines Schnabels die seiner Jahre anzeigen soll. Denselben Namen
trägt auf den eigentlichen Molukken, sowie auf der Amboinagruppe
die einzige dortige Art, Buceros ruficollis, schon von Valentyn als
solcher erwähnt, mit kleinen Farbenunterschieden, indem der Hinter-
kopf bei den Vögeln der einen Inselgruppe etwas dunkler als bei
denen der anderen ist. Dieselbe Art findet sich noch auf Neu-
guinea, aber Neuholland hat keine Nashornvögel mehr.

Umgekehrt nehmen die Papageien sowohl an Artenzahl als
an Mannichfaltigkeit der Formen und Farben, sowie an Grösse der
Arten von Indien bis Neuholland auffällig zu. Die grossen Sunda-
Inseln haben keine andere Formen aufzuweisen, als die schon auf
dem indischen Festland und in Ceylon vorhandenen kleinen grünen
Lang- und Kurzschwänze, Palaeornis und Loriculus, von denen der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0280" n="262"/><fw place="top" type="header">Nashornvögel.</fw><lb/>
derungen von Seiten der beiden Forscher Bernstein und Wallace<lb/>
gewesen, dass ich mich auch hier darauf beschränken werde, das<lb/>
Wichtigste über ihre geographische Verbreitung und Einiges, was<lb/>
sich mir unmittelbar darbot, zu erwähnen.</p><lb/>
            <p>Eine der auffallendsten Vogelformen dieses Gebiets bilden die<lb/><hi rendition="#g">Nashornvögel</hi>, Buceros L., übrigens auch in Vorderindien und<lb/>
dem tropischen Afrika einheimisch und durch die enormen Dimen-<lb/>
sionen des Schnabels, nicht aber in den Füssen, den amerikanischen<lb/>
Tukan&#x2019;s, Rhamphastos L., ähnlich, nach ihrer lauten, unharmoni-<lb/>
schen Stimme kangkarang, rangkong, belicang, angang (inggang),<lb/>
tingang in den verschiedenen Gegenden genannt; namentlich als<lb/>
tingang spielen sie auf Borneo eine bedeutende Rolle in dem Aber-<lb/>
glauben der dortigen Eingebornen, denen sie wegen ihres lauten<lb/>
Schreiens bei Annäherung eines Menschen als Sinnbild der Tapfer-<lb/>
keit gelten. Das Sträuben der Federn, das Ausbreiten des Schwanzes,<lb/>
als Gebärde der Kampflust und des Stolzes, kehrt oft in den von<lb/>
Hardelang mitgetheilten Liedern der Dajaker wieder, und tingang<lb/>
dient geradezu als Bezeichnung eines beherzten Mannes, wie etwa<lb/>
bei uns Löwe oder Adler.<hi rendition="#sup">17</hi>) Ich habe die recht kenntlich aus<lb/>
Holz geschnitzte Figur eines solchen Vogels, Buceros rhinoceros L.,<lb/>
nebst ähnlichen des Krokodils, bei den Dajakern im obern Kapuas-<lb/>
gebiet erhalten. Buceros plicatus mit Querfurchen auf dem Schna-<lb/>
bel, das Männchen mit gelbem Kehlsack, gehört Sumatra und Java<lb/>
an. Eine andere Art, Buceros cassidix Tem., deren Schnabel in<lb/>
den Trödelbuden zu Makassar mit den Hörnern der Anoa feil war,<lb/>
heisst dort burong taun, Jahrvogel, indem die Anzahl der Furchen<lb/>
seines Schnabels die seiner Jahre anzeigen soll. Denselben Namen<lb/>
trägt auf den eigentlichen Molukken, sowie auf der Amboinagruppe<lb/>
die einzige dortige Art, Buceros ruficollis, schon von Valentyn als<lb/>
solcher erwähnt, mit kleinen Farbenunterschieden, indem der Hinter-<lb/>
kopf bei den Vögeln der einen Inselgruppe etwas dunkler als bei<lb/>
denen der anderen ist. Dieselbe Art findet sich noch auf Neu-<lb/>
guinea, aber Neuholland hat keine Nashornvögel mehr.</p><lb/>
            <p>Umgekehrt nehmen die <hi rendition="#g">Papageien</hi> sowohl an Artenzahl als<lb/>
an Mannichfaltigkeit der Formen und Farben, sowie an Grösse der<lb/>
Arten von Indien bis Neuholland auffällig zu. Die grossen Sunda-<lb/>
Inseln haben keine andere Formen aufzuweisen, als die schon auf<lb/>
dem indischen Festland und in Ceylon vorhandenen kleinen grünen<lb/>
Lang- und Kurzschwänze, Palaeornis und Loriculus, von denen der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0280] Nashornvögel. derungen von Seiten der beiden Forscher Bernstein und Wallace gewesen, dass ich mich auch hier darauf beschränken werde, das Wichtigste über ihre geographische Verbreitung und Einiges, was sich mir unmittelbar darbot, zu erwähnen. Eine der auffallendsten Vogelformen dieses Gebiets bilden die Nashornvögel, Buceros L., übrigens auch in Vorderindien und dem tropischen Afrika einheimisch und durch die enormen Dimen- sionen des Schnabels, nicht aber in den Füssen, den amerikanischen Tukan’s, Rhamphastos L., ähnlich, nach ihrer lauten, unharmoni- schen Stimme kangkarang, rangkong, belicang, angang (inggang), tingang in den verschiedenen Gegenden genannt; namentlich als tingang spielen sie auf Borneo eine bedeutende Rolle in dem Aber- glauben der dortigen Eingebornen, denen sie wegen ihres lauten Schreiens bei Annäherung eines Menschen als Sinnbild der Tapfer- keit gelten. Das Sträuben der Federn, das Ausbreiten des Schwanzes, als Gebärde der Kampflust und des Stolzes, kehrt oft in den von Hardelang mitgetheilten Liedern der Dajaker wieder, und tingang dient geradezu als Bezeichnung eines beherzten Mannes, wie etwa bei uns Löwe oder Adler.17) Ich habe die recht kenntlich aus Holz geschnitzte Figur eines solchen Vogels, Buceros rhinoceros L., nebst ähnlichen des Krokodils, bei den Dajakern im obern Kapuas- gebiet erhalten. Buceros plicatus mit Querfurchen auf dem Schna- bel, das Männchen mit gelbem Kehlsack, gehört Sumatra und Java an. Eine andere Art, Buceros cassidix Tem., deren Schnabel in den Trödelbuden zu Makassar mit den Hörnern der Anoa feil war, heisst dort burong taun, Jahrvogel, indem die Anzahl der Furchen seines Schnabels die seiner Jahre anzeigen soll. Denselben Namen trägt auf den eigentlichen Molukken, sowie auf der Amboinagruppe die einzige dortige Art, Buceros ruficollis, schon von Valentyn als solcher erwähnt, mit kleinen Farbenunterschieden, indem der Hinter- kopf bei den Vögeln der einen Inselgruppe etwas dunkler als bei denen der anderen ist. Dieselbe Art findet sich noch auf Neu- guinea, aber Neuholland hat keine Nashornvögel mehr. Umgekehrt nehmen die Papageien sowohl an Artenzahl als an Mannichfaltigkeit der Formen und Farben, sowie an Grösse der Arten von Indien bis Neuholland auffällig zu. Die grossen Sunda- Inseln haben keine andere Formen aufzuweisen, als die schon auf dem indischen Festland und in Ceylon vorhandenen kleinen grünen Lang- und Kurzschwänze, Palaeornis und Loriculus, von denen der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/280
Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/280>, abgerufen am 28.04.2024.