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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Sturmvögel.
Gegen Abend verloren sie sich gewöhnlich, nach Sonnenuntergang
war selten mehr einer zu sehen, nur einigemal wollte Jemand in
der Nacht über dem Schiffe sie schreien gehört haben. Wie sie die
Nacht verbringen, war mir ein Räthsel; doch wohl schwimmend
auf den Wellen, denn dass sie St. Helena, das Cap oder Tristan
d'Acunha, wovon wir nur das letztere von weitem sahen, erreichen
sollten, ist ihnen doch wohl zu viel zugemuthet.

Offiziere, Passagiere und Matrosen erfreuten sich, am Heck
des Schiffes stehend, dieser Vögel und disputirten über die Namen
der einzelnen Arten, aber sie in die Hände zu bekommen, war
nicht so leicht. Das vielgerühmte Mittel, mit Speck die Albatrosse
zu angeln, bewährte sich uns nicht, und ein glücklicher Zufall wie
der von der Arkona erzählte, dass ein blauer Sturmvogel sich in
die Logleine verwickelt habe und so an Bord gezogen worden sei,
wollte auf der Thetis auch nicht eintreten. Den 1. Juli wurde daher
das Schiessen an Bord vom Capitän erlaubt, viele Schüsse fielen,
aber weniger Vögel und auch diese ins Wasser, da sie nie gerade
über dem Schiffe, sondern hinter demselben flogen. So kam nur
Ein Exemplar in meine Hände und meine Sammlung, von Herrn
Otto Schottmüller geschossen. Für die andern blieb nur die Be-
stimmung auf Distanz übrig. Was ich erkennen konnte, ist folgendes:

1. Die Captaube, Procellaria Capensis Linne, Daption bei
Bonaparte, le damier der Franzosen, von oben schwarz
mit weisser Zeichnung auf Flügeln und Rücken, von unten
weiss mit schwarzem Kopf, Flügelrändern und Schwanz-
ende; wie schon erwähnt zuerst am 6. Juni gesehen, einen
Tag nachdem wir Rio Janeiro verlassen, häufiger vom
10. Juni, 35° Südbreite an und bis zum 30° im indischen
Ocean, 16. Juli, uns begleitend, aber minder zahlreich in
den höheren Breiten, 37 bis 40°, 14. Juni bis 6. Juli.
2. Noch häufiger war die Art, welche erlegt wurde, Procel-
laria haesitata Forst. 1), von weitem gesehen braungrau
mit dunklerem Schwanze, die Unterseite des Rumpfes
weiss, vom 12. Juni, 36° Südbreite im atlantischen Ocean,
bis zum 10. Juli, 35° im indischen, häufig gesehen, in
grösster Zahl aber in Sicht von Tristan d'Acunha. Er
taucht sowohl vom Fliegen, wie vom Schwimmen aus.
3. Ein grösserer schwarzer Vogel mit auffallend langen und
schmalen, sichelförmigen Flügeln, am Kopf hellere Stellen,

Sturmvögel.
Gegen Abend verloren sie sich gewöhnlich, nach Sonnenuntergang
war selten mehr einer zu sehen, nur einigemal wollte Jemand in
der Nacht über dem Schiffe sie schreien gehört haben. Wie sie die
Nacht verbringen, war mir ein Räthsel; doch wohl schwimmend
auf den Wellen, denn dass sie St. Helena, das Cap oder Tristan
d’Acunha, wovon wir nur das letztere von weitem sahen, erreichen
sollten, ist ihnen doch wohl zu viel zugemuthet.

Offiziere, Passagiere und Matrosen erfreuten sich, am Heck
des Schiffes stehend, dieser Vögel und disputirten über die Namen
der einzelnen Arten, aber sie in die Hände zu bekommen, war
nicht so leicht. Das vielgerühmte Mittel, mit Speck die Albatrosse
zu angeln, bewährte sich uns nicht, und ein glücklicher Zufall wie
der von der Arkona erzählte, dass ein blauer Sturmvogel sich in
die Logleine verwickelt habe und so an Bord gezogen worden sei,
wollte auf der Thetis auch nicht eintreten. Den 1. Juli wurde daher
das Schiessen an Bord vom Capitän erlaubt, viele Schüsse fielen,
aber weniger Vögel und auch diese ins Wasser, da sie nie gerade
über dem Schiffe, sondern hinter demselben flogen. So kam nur
Ein Exemplar in meine Hände und meine Sammlung, von Herrn
Otto Schottmüller geschossen. Für die andern blieb nur die Be-
stimmung auf Distanz übrig. Was ich erkennen konnte, ist folgendes:

1. Die Captaube, Procellaria Capensis Linné, Daption bei
Bonaparte, le damier der Franzosen, von oben schwarz
mit weisser Zeichnung auf Flügeln und Rücken, von unten
weiss mit schwarzem Kopf, Flügelrändern und Schwanz-
ende; wie schon erwähnt zuerst am 6. Juni gesehen, einen
Tag nachdem wir Rio Janeiro verlassen, häufiger vom
10. Juni, 35° Südbreite an und bis zum 30° im indischen
Ocean, 16. Juli, uns begleitend, aber minder zahlreich in
den höheren Breiten, 37 bis 40°, 14. Juni bis 6. Juli.
2. Noch häufiger war die Art, welche erlegt wurde, Procel-
laria haesitata Forst. 1), von weitem gesehen braungrau
mit dunklerem Schwanze, die Unterseite des Rumpfes
weiss, vom 12. Juni, 36° Südbreite im atlantischen Ocean,
bis zum 10. Juli, 35° im indischen, häufig gesehen, in
grösster Zahl aber in Sicht von Tristan d’Acunha. Er
taucht sowohl vom Fliegen, wie vom Schwimmen aus.
3. Ein grösserer schwarzer Vogel mit auffallend langen und
schmalen, sichelförmigen Flügeln, am Kopf hellere Stellen,
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[46/0064] Sturmvögel. Gegen Abend verloren sie sich gewöhnlich, nach Sonnenuntergang war selten mehr einer zu sehen, nur einigemal wollte Jemand in der Nacht über dem Schiffe sie schreien gehört haben. Wie sie die Nacht verbringen, war mir ein Räthsel; doch wohl schwimmend auf den Wellen, denn dass sie St. Helena, das Cap oder Tristan d’Acunha, wovon wir nur das letztere von weitem sahen, erreichen sollten, ist ihnen doch wohl zu viel zugemuthet. Offiziere, Passagiere und Matrosen erfreuten sich, am Heck des Schiffes stehend, dieser Vögel und disputirten über die Namen der einzelnen Arten, aber sie in die Hände zu bekommen, war nicht so leicht. Das vielgerühmte Mittel, mit Speck die Albatrosse zu angeln, bewährte sich uns nicht, und ein glücklicher Zufall wie der von der Arkona erzählte, dass ein blauer Sturmvogel sich in die Logleine verwickelt habe und so an Bord gezogen worden sei, wollte auf der Thetis auch nicht eintreten. Den 1. Juli wurde daher das Schiessen an Bord vom Capitän erlaubt, viele Schüsse fielen, aber weniger Vögel und auch diese ins Wasser, da sie nie gerade über dem Schiffe, sondern hinter demselben flogen. So kam nur Ein Exemplar in meine Hände und meine Sammlung, von Herrn Otto Schottmüller geschossen. Für die andern blieb nur die Be- stimmung auf Distanz übrig. Was ich erkennen konnte, ist folgendes: 1. Die Captaube, Procellaria Capensis Linné, Daption bei Bonaparte, le damier der Franzosen, von oben schwarz mit weisser Zeichnung auf Flügeln und Rücken, von unten weiss mit schwarzem Kopf, Flügelrändern und Schwanz- ende; wie schon erwähnt zuerst am 6. Juni gesehen, einen Tag nachdem wir Rio Janeiro verlassen, häufiger vom 10. Juni, 35° Südbreite an und bis zum 30° im indischen Ocean, 16. Juli, uns begleitend, aber minder zahlreich in den höheren Breiten, 37 bis 40°, 14. Juni bis 6. Juli. 2. Noch häufiger war die Art, welche erlegt wurde, Procel- laria haesitata Forst. 1), von weitem gesehen braungrau mit dunklerem Schwanze, die Unterseite des Rumpfes weiss, vom 12. Juni, 36° Südbreite im atlantischen Ocean, bis zum 10. Juli, 35° im indischen, häufig gesehen, in grösster Zahl aber in Sicht von Tristan d’Acunha. Er taucht sowohl vom Fliegen, wie vom Schwimmen aus. 3. Ein grösserer schwarzer Vogel mit auffallend langen und schmalen, sichelförmigen Flügeln, am Kopf hellere Stellen,

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/64>, abgerufen am 02.05.2024.