Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

und will nicht von Leipzig
schmidt, zu reden, stellte sich, als ob er mein
gröster Patron wäre, gab ihm zu verstehen, wie
daß er sich wundere, daß ich stets auf einer
Universität bliebe: man hielte nicht viel von
denen, die nur auf einer Universität studiret
hätten: es wäre in Jena ietzt der vortreffliche
Buddeus, warum ich nicht auf ein, oder ein
paar Jahre dahin zöhe. Wenn ich alsdenn
wieder nach Hause käme, so würde das alte
alles vergessen, und an meiner Beförderung gar
kein Zweiffel seyn: er möchte mir doch dieses
sein Gutachten schreiben. D. Kaltschmidt
that es. Jch aber antwortete ihm: Jch
wäre 7. Jahre in Leipzig, und meine Lehr-
Jahre wären nun aus: in Leipzig könte ich,
und müste von Collegiis leben, und hätte 6. bis
7. Stunden des Tages mit Collegiis besetzt:
es wäre ungewiß, ob ich in Jena, wenn ich
mich auch daselbst ein-disputirte, dergleichen
Applausum bekommen würde. Alß der Herr
Inspector diese meine Resolution kaum vernom-
men, so weiß er vor Furcht nicht, was er an-
fangen soll. Tisch und Wohnung war vor
seinen Sohn bey Herr Licentiat Günthern
schon bestellet, und ausgemacht; er änderte
aber von Stund an seinen Sinn, und entschließt
sich, seinen Sohn nach Jena zu thun. Ja
die Furcht, und vielleicht auch wol einiger

maßen

und will nicht von Leipzig
ſchmidt, zu reden, ſtellte ſich, als ob er mein
groͤſter Patron waͤre, gab ihm zu verſtehen, wie
daß er ſich wundere, daß ich ſtets auf einer
Univerſitaͤt bliebe: man hielte nicht viel von
denen, die nur auf einer Univerſitaͤt ſtudiret
haͤtten: es waͤre in Jena ietzt der vortreffliche
Buddeus, warum ich nicht auf ein, oder ein
paar Jahre dahin zoͤhe. Wenn ich alsdenn
wieder nach Hauſe kaͤme, ſo wuͤrde das alte
alles vergeſſen, und an meiner Befoͤrderung gar
kein Zweiffel ſeyn: er moͤchte mir doch dieſes
ſein Gutachten ſchreiben. D. Kaltſchmidt
that es. Jch aber antwortete ihm: Jch
waͤre 7. Jahre in Leipzig, und meine Lehr-
Jahre waͤren nun aus: in Leipzig koͤnte ich,
und muͤſte von Collegiis leben, und haͤtte 6. bis
7. Stunden des Tages mit Collegiis beſetzt:
es waͤre ungewiß, ob ich in Jena, wenn ich
mich auch daſelbſt ein-diſputirte, dergleichen
Applauſum bekommen wuͤrde. Alß der Herr
Inſpector dieſe meine Reſolution kaum vernom-
men, ſo weiß er vor Furcht nicht, was er an-
fangen ſoll. Tiſch und Wohnung war vor
ſeinen Sohn bey Herr Licentiat Guͤnthern
ſchon beſtellet, und ausgemacht; er aͤnderte
aber von Stund an ſeinen Sinn, und entſchließt
ſich, ſeinen Sohn nach Jena zu thun. Ja
die Furcht, und vielleicht auch wol einiger

maßen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0440" n="394"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und will nicht von Leipzig</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;chmidt,</hi> zu reden, &#x017F;tellte &#x017F;ich, als ob er mein<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ter <hi rendition="#aq">Patron</hi> wa&#x0364;re, gab ihm zu ver&#x017F;tehen, wie<lb/>
daß er &#x017F;ich wundere, daß ich &#x017F;tets auf einer<lb/><hi rendition="#aq">Univer&#x017F;it</hi>a&#x0364;t bliebe: man hielte nicht viel von<lb/>
denen, die nur auf einer <hi rendition="#aq">Univer&#x017F;it</hi>a&#x0364;t <hi rendition="#aq">&#x017F;tudi</hi>ret<lb/>
ha&#x0364;tten: es wa&#x0364;re in Jena ietzt der vortreffliche<lb/><hi rendition="#aq">Buddeus,</hi> warum ich nicht auf ein, oder ein<lb/>
paar Jahre dahin zo&#x0364;he. Wenn ich alsdenn<lb/>
wieder nach Hau&#x017F;e ka&#x0364;me, &#x017F;o wu&#x0364;rde das alte<lb/>
alles verge&#x017F;&#x017F;en, und an meiner Befo&#x0364;rderung gar<lb/>
kein Zweiffel &#x017F;eyn: er mo&#x0364;chte mir doch die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;ein Gutachten &#x017F;chreiben. <hi rendition="#aq">D. Kalt&#x017F;chmidt</hi><lb/>
that es. Jch aber antwortete ihm: Jch<lb/>
wa&#x0364;re 7. Jahre in Leipzig, und meine Lehr-<lb/>
Jahre wa&#x0364;ren nun aus: in Leipzig ko&#x0364;nte ich,<lb/>
und mu&#x0364;&#x017F;te von <hi rendition="#aq">Collegiis</hi> leben, und ha&#x0364;tte 6. bis<lb/>
7. Stunden des Tages mit <hi rendition="#aq">Collegiis</hi> be&#x017F;etzt:<lb/>
es wa&#x0364;re ungewiß, ob ich in Jena, wenn ich<lb/>
mich auch da&#x017F;elb&#x017F;t ein-<hi rendition="#aq">di&#x017F;puti</hi>rte, dergleichen<lb/><hi rendition="#aq">Applau&#x017F;um</hi> bekommen wu&#x0364;rde. Alß der Herr<lb/><hi rendition="#aq">In&#x017F;pector</hi> die&#x017F;e meine <hi rendition="#aq">Re&#x017F;olution</hi> kaum vernom-<lb/>
men, &#x017F;o weiß er vor Furcht nicht, was er an-<lb/>
fangen &#x017F;oll. Ti&#x017F;ch und Wohnung war vor<lb/>
&#x017F;einen Sohn bey Herr <hi rendition="#aq">Licentiat</hi> Gu&#x0364;nthern<lb/>
&#x017F;chon be&#x017F;tellet, und ausgemacht; er a&#x0364;nderte<lb/>
aber von Stund an &#x017F;einen Sinn, und ent&#x017F;chließt<lb/>
&#x017F;ich, &#x017F;einen Sohn nach Jena zu thun. Ja<lb/>
die Furcht, und vielleicht auch wol einiger<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">maßen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0440] und will nicht von Leipzig ſchmidt, zu reden, ſtellte ſich, als ob er mein groͤſter Patron waͤre, gab ihm zu verſtehen, wie daß er ſich wundere, daß ich ſtets auf einer Univerſitaͤt bliebe: man hielte nicht viel von denen, die nur auf einer Univerſitaͤt ſtudiret haͤtten: es waͤre in Jena ietzt der vortreffliche Buddeus, warum ich nicht auf ein, oder ein paar Jahre dahin zoͤhe. Wenn ich alsdenn wieder nach Hauſe kaͤme, ſo wuͤrde das alte alles vergeſſen, und an meiner Befoͤrderung gar kein Zweiffel ſeyn: er moͤchte mir doch dieſes ſein Gutachten ſchreiben. D. Kaltſchmidt that es. Jch aber antwortete ihm: Jch waͤre 7. Jahre in Leipzig, und meine Lehr- Jahre waͤren nun aus: in Leipzig koͤnte ich, und muͤſte von Collegiis leben, und haͤtte 6. bis 7. Stunden des Tages mit Collegiis beſetzt: es waͤre ungewiß, ob ich in Jena, wenn ich mich auch daſelbſt ein-diſputirte, dergleichen Applauſum bekommen wuͤrde. Alß der Herr Inſpector dieſe meine Reſolution kaum vernom- men, ſo weiß er vor Furcht nicht, was er an- fangen ſoll. Tiſch und Wohnung war vor ſeinen Sohn bey Herr Licentiat Guͤnthern ſchon beſtellet, und ausgemacht; er aͤnderte aber von Stund an ſeinen Sinn, und entſchließt ſich, ſeinen Sohn nach Jena zu thun. Ja die Furcht, und vielleicht auch wol einiger maßen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/440
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/440>, abgerufen am 27.04.2024.