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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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Durchfall, an dem viel sturben,
setzet wird, und im Leibe schon eine Disposition
zu einer solchen Kranckheit hat. Wie die Furcht
und Imagination solches würcken könne, habe
ich oben bey anderer Gelegenheit a priori gezei-
get. Mich wundert, daß ich damahls mit
dieser Kranckheit verschonet geblieben, auch bey
einer solchen Avanture und Begebenheit, bey
welcher ich dieselbe vor unausbleiblich und unver-
meidlich hielt. Jch war einst in Kohl-Garten
spatzieren gangen, und das Bier wegen heissen
Wetters, war gut zu Halse gegangen. Jch
kam um 7. Uhr nach Hause; und weil ich schläf-
frig, aber doch noch nicht schlafen gehen wolte,
so zog ich mich aus, um den Schlaf zu vertrei-
ben. Da mich zu schläfern gleichwol fortfuhr,
so legte ich mich auf die Banck, in Willens, ein
Viertel-Stündgen zu ruhen, und darnach zu
Tische zu gehen, wie ich wohl eher gethan hatte.
Und siehe, ich schlieff ein, und erwachte erst in
der Nacht um 12. Uhr, worüber ich dermaßen
erschrack, daß ich gäntzlich meynte, nun würde
ich wegen Erkältung den Durchfall bekommen,
dem ich durch spatzieren gehen und schwitzen doch
vorzubeugen gesuchet hatte. Doch es geschah
nicht. Jch trunck damahls den Thee noch
selten, und nur als eine Medicin, und befand
mich des Morgens drauf besser, als iemahls.
Die Studiosi in Jena hatten häuffig Ausreiß ge-

geben,

Durchfall, an dem viel ſturben,
ſetzet wird, und im Leibe ſchon eine Diſpoſition
zu einer ſolchen Kranckheit hat. Wie die Furcht
und Imagination ſolches wuͤrcken koͤnne, habe
ich oben bey anderer Gelegenheit a priori gezei-
get. Mich wundert, daß ich damahls mit
dieſer Kranckheit verſchonet geblieben, auch bey
einer ſolchen Avanture und Begebenheit, bey
welcher ich dieſelbe vor unausbleiblich und unver-
meidlich hielt. Jch war einſt in Kohl-Garten
ſpatzieren gangen, und das Bier wegen heiſſen
Wetters, war gut zu Halſe gegangen. Jch
kam um 7. Uhr nach Hauſe; und weil ich ſchlaͤf-
frig, aber doch noch nicht ſchlafen gehen wolte,
ſo zog ich mich aus, um den Schlaf zu vertrei-
ben. Da mich zu ſchlaͤfern gleichwol fortfuhr,
ſo legte ich mich auf die Banck, in Willens, ein
Viertel-Stuͤndgen zu ruhen, und darnach zu
Tiſche zu gehen, wie ich wohl eher gethan hatte.
Und ſiehe, ich ſchlieff ein, und erwachte erſt in
der Nacht um 12. Uhr, woruͤber ich dermaßen
erſchrack, daß ich gaͤntzlich meynte, nun wuͤrde
ich wegen Erkaͤltung den Durchfall bekommen,
dem ich durch ſpatzieren gehen und ſchwitzen doch
vorzubeugen geſuchet hatte. Doch es geſchah
nicht. Jch trunck damahls den Thée noch
ſelten, und nur als eine Medicin, und befand
mich des Morgens drauf beſſer, als iemahls.
Die Studioſi in Jena hatten haͤuffig Ausreiß ge-

geben,
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[454/0500] Durchfall, an dem viel ſturben, ſetzet wird, und im Leibe ſchon eine Diſpoſition zu einer ſolchen Kranckheit hat. Wie die Furcht und Imagination ſolches wuͤrcken koͤnne, habe ich oben bey anderer Gelegenheit a priori gezei- get. Mich wundert, daß ich damahls mit dieſer Kranckheit verſchonet geblieben, auch bey einer ſolchen Avanture und Begebenheit, bey welcher ich dieſelbe vor unausbleiblich und unver- meidlich hielt. Jch war einſt in Kohl-Garten ſpatzieren gangen, und das Bier wegen heiſſen Wetters, war gut zu Halſe gegangen. Jch kam um 7. Uhr nach Hauſe; und weil ich ſchlaͤf- frig, aber doch noch nicht ſchlafen gehen wolte, ſo zog ich mich aus, um den Schlaf zu vertrei- ben. Da mich zu ſchlaͤfern gleichwol fortfuhr, ſo legte ich mich auf die Banck, in Willens, ein Viertel-Stuͤndgen zu ruhen, und darnach zu Tiſche zu gehen, wie ich wohl eher gethan hatte. Und ſiehe, ich ſchlieff ein, und erwachte erſt in der Nacht um 12. Uhr, woruͤber ich dermaßen erſchrack, daß ich gaͤntzlich meynte, nun wuͤrde ich wegen Erkaͤltung den Durchfall bekommen, dem ich durch ſpatzieren gehen und ſchwitzen doch vorzubeugen geſuchet hatte. Doch es geſchah nicht. Jch trunck damahls den Thée noch ſelten, und nur als eine Medicin, und befand mich des Morgens drauf beſſer, als iemahls. Die Studioſi in Jena hatten haͤuffig Ausreiß ge- geben,

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/500>, abgerufen am 29.04.2024.