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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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und andern Ursachen
und herfür brachte, bis wiederum die alten
Ideen, und Einfälle von schrecklichen Todes-
Fällen im Kopffe rege worden. Jetzt weiß
ich ziemlich die Ursachen von diesen Ubeln an-
zuführen, damahls aber wurden die Augen mei-
nes Verstandes ohne Zweiffel von GOTT ge-
halten, daß sie solche nicht kannten: wie
GOTT zu thun gewohnt, wenn er Angst und
Trübsaal über die Menschen kommen, und sie
doch nicht zur Erkänntniß kommen läst, woher
solche rühre, bis er durch seine Züchtigung den
Endzweck erhalten, den er gesuchet. Es
schien wol, als ob diese Plagen aus besonderm
Rath, und Vorsehung GOttes über mich kä-
men. Denn ich hatte GOtt versuchet, und
beynahe zu solchen harten Mitteln ihn veran-
laßet. Jch hatte noch eine gewisse sündliche
Schwachheit an mir, welcher ich gern los ge-
wesen wäre. Jch klopffte mit Gebet an der
Thüre des Himmels deßhalben an, ja ich hatte
einige Jahre hinter einander bereits ange-
klopffet, und auf die letzte mochte wol solch An-
klopffen zu starck, und mit solchem Ungestüm,
Trotzen, und Provociren geschehen seyn, als ob
GOtt nicht einmahl capable wäre solch Ubel
zu heilen, und ob solches alles lauter Betrüge-
rey wäre, was in der heiligen Schrifft von sei-
ner Gnade und Beystand des Heiligen Geistes

stünde.

und andern Urſachen
und herfuͤr brachte, bis wiederum die alten
Idéen, und Einfaͤlle von ſchrecklichen Todes-
Faͤllen im Kopffe rege worden. Jetzt weiß
ich ziemlich die Urſachen von dieſen Ubeln an-
zufuͤhren, damahls aber wurden die Augen mei-
nes Verſtandes ohne Zweiffel von GOTT ge-
halten, daß ſie ſolche nicht kannten: wie
GOTT zu thun gewohnt, wenn er Angſt und
Truͤbſaal uͤber die Menſchen kommen, und ſie
doch nicht zur Erkaͤnntniß kommen laͤſt, woher
ſolche ruͤhre, bis er durch ſeine Zuͤchtigung den
Endzweck erhalten, den er geſuchet. Es
ſchien wol, als ob dieſe Plagen aus beſonderm
Rath, und Vorſehung GOttes uͤber mich kaͤ-
men. Denn ich hatte GOtt verſuchet, und
beynahe zu ſolchen harten Mitteln ihn veran-
laßet. Jch hatte noch eine gewiſſe ſuͤndliche
Schwachheit an mir, welcher ich gern los ge-
weſen waͤre. Jch klopffte mit Gebet an der
Thuͤre des Himmels deßhalben an, ja ich hatte
einige Jahre hinter einander bereits ange-
klopffet, und auf die letzte mochte wol ſolch An-
klopffen zu ſtarck, und mit ſolchem Ungeſtuͤm,
Trotzen, und Provociren geſchehen ſeyn, als ob
GOtt nicht einmahl capable waͤre ſolch Ubel
zu heilen, und ob ſolches alles lauter Betruͤge-
rey waͤre, was in der heiligen Schrifft von ſei-
ner Gnade und Beyſtand des Heiligen Geiſtes

ſtuͤnde.
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[594/0640] und andern Urſachen und herfuͤr brachte, bis wiederum die alten Idéen, und Einfaͤlle von ſchrecklichen Todes- Faͤllen im Kopffe rege worden. Jetzt weiß ich ziemlich die Urſachen von dieſen Ubeln an- zufuͤhren, damahls aber wurden die Augen mei- nes Verſtandes ohne Zweiffel von GOTT ge- halten, daß ſie ſolche nicht kannten: wie GOTT zu thun gewohnt, wenn er Angſt und Truͤbſaal uͤber die Menſchen kommen, und ſie doch nicht zur Erkaͤnntniß kommen laͤſt, woher ſolche ruͤhre, bis er durch ſeine Zuͤchtigung den Endzweck erhalten, den er geſuchet. Es ſchien wol, als ob dieſe Plagen aus beſonderm Rath, und Vorſehung GOttes uͤber mich kaͤ- men. Denn ich hatte GOtt verſuchet, und beynahe zu ſolchen harten Mitteln ihn veran- laßet. Jch hatte noch eine gewiſſe ſuͤndliche Schwachheit an mir, welcher ich gern los ge- weſen waͤre. Jch klopffte mit Gebet an der Thuͤre des Himmels deßhalben an, ja ich hatte einige Jahre hinter einander bereits ange- klopffet, und auf die letzte mochte wol ſolch An- klopffen zu ſtarck, und mit ſolchem Ungeſtuͤm, Trotzen, und Provociren geſchehen ſeyn, als ob GOtt nicht einmahl capable waͤre ſolch Ubel zu heilen, und ob ſolches alles lauter Betruͤge- rey waͤre, was in der heiligen Schrifft von ſei- ner Gnade und Beyſtand des Heiligen Geiſtes ſtuͤnde.

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/640>, abgerufen am 28.04.2024.