Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

sich verbunden achtete,
nehme, so ehemals in der Welt geschehen,
so kan ich solche kaum mit dem vergleichen,
daß ich bey solchen Troublen, so ich mir zu-
gezogen, und worinnen vielleicht ein star-
ckes Gemüthe nur seine Lust suchen würde,
bey aller meiner vielen Furcht, Sorge,
Angst, schlaflosen Nächten, rathen und
widerrathen, Drohungen, und Aufrich-
tungen der Leute, und unsäglichem Streit
und Kampff im Gemüthe, der vom 13. Ju-
lii an bis bey nahe zu Ende des Jahres
gewähret, nicht meines Verstandes berau-
bet worden, und daß nicht alle diejenigen
Leibes- und Gemüths-Kranckheiten, zu
welchen ich bey so vielen Jahren her den
Ansatz, und die stärckeste Disposition und Po-
tentiam proximam gehabt hatte, bey dieser
Gelegenheit endlich in die That und in
Actum ausgebrochen, so nahe ich auch dem
Ausbruche derselben vielfältig mahl bey die-
sen stürmichten Zeiten gewesen.

Zwar hat es mir in meinem Leben bey aller
der Furcht, die ich mir hier und dar beygeleget,
und zugeschrieben, nicht an Hertz und Muth ge-
fehlet, so offt und so lange ich nur mit der
Kranckheit des Miltzes, und der Melancholie ver-
schonet geblieben. So lange mich nur diese
Ubel nicht plagten, so erschrack ich vor keinen

Men-

ſich verbunden achtete,
nehme, ſo ehemals in der Welt geſchehen,
ſo kan ich ſolche kaum mit dem vergleichen,
daß ich bey ſolchen Troublen, ſo ich mir zu-
gezogen, und worinnen vielleicht ein ſtar-
ckes Gemuͤthe nur ſeine Luſt ſuchen wuͤrde,
bey aller meiner vielen Furcht, Sorge,
Angſt, ſchlafloſen Naͤchten, rathen und
widerrathen, Drohungen, und Aufrich-
tungen der Leute, und unſaͤglichem Streit
und Kampff im Gemuͤthe, der vom 13. Ju-
lii an bis bey nahe zu Ende des Jahres
gewaͤhret, nicht meines Verſtandes berau-
bet worden, und daß nicht alle diejenigen
Leibes- und Gemuͤths-Kranckheiten, zu
welchen ich bey ſo vielen Jahren her den
Anſatz, und die ſtaͤrckeſte Diſpoſition und Po-
tentiam proximam gehabt hatte, bey dieſer
Gelegenheit endlich in die That und in
Actum ausgebrochen, ſo nahe ich auch dem
Ausbruche derſelben vielfaͤltig mahl bey die-
ſen ſtuͤrmichten Zeiten geweſen.

Zwar hat es mir in meinem Leben bey aller
der Furcht, die ich mir hier und dar beygeleget,
und zugeſchrieben, nicht an Hertz und Muth ge-
fehlet, ſo offt und ſo lange ich nur mit der
Kranckheit des Miltzes, und der Melancholie ver-
ſchonet geblieben. So lange mich nur dieſe
Ubel nicht plagten, ſo erſchrack ich vor keinen

Men-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0702" n="656"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">&#x017F;ich verbunden achtete,</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">nehme, &#x017F;o ehemals in der Welt ge&#x017F;chehen,<lb/>
&#x017F;o kan ich &#x017F;olche kaum mit dem vergleichen,<lb/>
daß ich bey &#x017F;olchen</hi><hi rendition="#aq">Troublen,</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;o ich mir zu-<lb/>
gezogen, und worinnen vielleicht ein &#x017F;tar-<lb/>
ckes Gemu&#x0364;the nur &#x017F;eine Lu&#x017F;t &#x017F;uchen wu&#x0364;rde,<lb/>
bey aller meiner vielen Furcht, Sorge,<lb/>
Ang&#x017F;t, &#x017F;chlaflo&#x017F;en Na&#x0364;chten, rathen und<lb/>
widerrathen, Drohungen, und Aufrich-<lb/>
tungen der Leute, und un&#x017F;a&#x0364;glichem Streit<lb/>
und Kampff im Gemu&#x0364;the, der vom</hi> 13. <hi rendition="#aq">Ju-<lb/>
lii</hi> <hi rendition="#fr">an bis bey nahe zu Ende des Jahres<lb/>
gewa&#x0364;hret, nicht meines Ver&#x017F;tandes berau-<lb/>
bet worden, und daß nicht alle diejenigen<lb/>
Leibes- und Gemu&#x0364;ths-Kranckheiten, zu<lb/>
welchen ich bey &#x017F;o vielen Jahren her den<lb/>
An&#x017F;atz, und die &#x017F;ta&#x0364;rcke&#x017F;te</hi> <hi rendition="#aq">Di&#x017F;po&#x017F;ition</hi> <hi rendition="#fr">und</hi> <hi rendition="#aq">Po-<lb/>
tentiam proximam</hi> <hi rendition="#fr">gehabt hatte, bey die&#x017F;er<lb/>
Gelegenheit endlich in die That und in</hi><lb/><hi rendition="#aq">Actum</hi> <hi rendition="#fr">ausgebrochen, &#x017F;o nahe ich auch dem<lb/>
Ausbruche der&#x017F;elben vielfa&#x0364;ltig mahl bey die-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;tu&#x0364;rmichten Zeiten gewe&#x017F;en.</hi></p><lb/>
        <p>Zwar hat es mir in meinem Leben bey aller<lb/>
der Furcht, die ich mir hier und dar beygeleget,<lb/>
und zuge&#x017F;chrieben, nicht an Hertz und Muth ge-<lb/>
fehlet, &#x017F;o offt und &#x017F;o lange ich nur mit der<lb/>
Kranckheit des Miltzes, und der <hi rendition="#aq">Melancholi</hi>e ver-<lb/>
&#x017F;chonet geblieben. So lange mich nur die&#x017F;e<lb/>
Ubel nicht plagten, &#x017F;o er&#x017F;chrack ich vor keinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Men-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[656/0702] ſich verbunden achtete, nehme, ſo ehemals in der Welt geſchehen, ſo kan ich ſolche kaum mit dem vergleichen, daß ich bey ſolchen Troublen, ſo ich mir zu- gezogen, und worinnen vielleicht ein ſtar- ckes Gemuͤthe nur ſeine Luſt ſuchen wuͤrde, bey aller meiner vielen Furcht, Sorge, Angſt, ſchlafloſen Naͤchten, rathen und widerrathen, Drohungen, und Aufrich- tungen der Leute, und unſaͤglichem Streit und Kampff im Gemuͤthe, der vom 13. Ju- lii an bis bey nahe zu Ende des Jahres gewaͤhret, nicht meines Verſtandes berau- bet worden, und daß nicht alle diejenigen Leibes- und Gemuͤths-Kranckheiten, zu welchen ich bey ſo vielen Jahren her den Anſatz, und die ſtaͤrckeſte Diſpoſition und Po- tentiam proximam gehabt hatte, bey dieſer Gelegenheit endlich in die That und in Actum ausgebrochen, ſo nahe ich auch dem Ausbruche derſelben vielfaͤltig mahl bey die- ſen ſtuͤrmichten Zeiten geweſen. Zwar hat es mir in meinem Leben bey aller der Furcht, die ich mir hier und dar beygeleget, und zugeſchrieben, nicht an Hertz und Muth ge- fehlet, ſo offt und ſo lange ich nur mit der Kranckheit des Miltzes, und der Melancholie ver- ſchonet geblieben. So lange mich nur dieſe Ubel nicht plagten, ſo erſchrack ich vor keinen Men-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/702
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/702>, abgerufen am 01.05.2024.