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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih.
Monaten zu bestrafen. Diese Strafe kann auf Strafarbeit bis zu zwei
Jahren erhöht werden, wenn sich Mehrere vereint dieses Verbrechens
schuldig gemacht haben. War der Thäter bei Verübung des Verbrechens
mit Waffen versehen, oder ist Gewalt an Sachen verübt worden, so
tritt Gefängniß nicht unter drei Monaten oder Strafarbeit bis zu vier
Jahren ein."

Diese Bestimmungen wurden später verändert, indem man ein
eigenes Verbrechen des Landfriedensbruchs wieder annahm (Entwurf von
1847. §. 111.), und unter demselben alle Fälle begriff, wo mehrere
Personen sich zusammenrotten, und öffentlich mit vereinten Kräften
Gewaltthätigkeiten gegen Personen und Sachen verüben. Schwerere
Verletzungen des Hausrechts glaubte man unter dieses Verbrechen oder
unter das der Nöthigung, des Diebstahls u. s. w. befassen zu können,
und setzte daher nur eine Strafe für den einfachen Hausfriedensbruch
fest. t) Der Entwurf von 1850. hat diese Auffassung wieder verlassen,
indem der Begriff des Landfriedensbruchs in den des qualifizirten Auf-
ruhrs (§. 91.) und der Plünderung und Verwüstung durch zusammen-
gerottete Haufen (§. 284.) aufgelöst wurde. Die einfache Verletzung
des Hausrechts ist nun unter die Uebertretungen gestellt worden
(§. 346.); außerdem handelt §. 318. von dem Fall, wo sich Beamte
des Vergehens schuldig machen; die Vorschriften des §. 214. haben
daneben ihre selbständige Bedeutung.

I. Das Vergehen wird in dem hier vorgesehenen Fall verübt durch
mehrere Personen, welche sich zusammen rotten und in die Wohnung
u. s. w. eindringen. Die Qualifikation wird also begründet durch die
Anzahl der Thäter und die Art, wie sie zusammen gekommen sind.

II. Das unberechtigte Verweilen in der Wohnung ist nicht, wie
in §. 346., besonders unter Strafe gestellt; bei dem tumultuarischen
Charakter der Handlung konnte alles Gewicht auf das Eindringen ge-
legt werden.

III. Außer der Wohnung und dem Geschäftszimmer sind auch das
befriedigte Besitzthum und die zum öffentlichen Dienste bestimmten ab-
geschlossenen Räume unter den Schutz des Gesetzes gestellt. Unter dem
befriedigten Besitzthum ist der zur Wohnung gehörige Hof und Garten,
aber auch ein getrennt liegender umschlossener Raum, z. B. ein einge-
hegter Garten, zu verstehen. u) Im Allgemeinen ist über diese Bezeich-

t) Revision von 1845. II. S. 156.
u) Das ältere Deutsche Recht bezeichnete den Raum, welcher unter dem beson-
deren Hausfrieden stand, als die Were, welche die Wohnung mit dem eingehegten
Hof und Garten befaßte; s. Cropp in den criminalistischen Beiträgen von Hudt-
walker
und Trummer. II. 1. S. 18 ff. -- Albrecht, die Gewere. S. 12. 13.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih.
Monaten zu beſtrafen. Dieſe Strafe kann auf Strafarbeit bis zu zwei
Jahren erhöht werden, wenn ſich Mehrere vereint dieſes Verbrechens
ſchuldig gemacht haben. War der Thäter bei Verübung des Verbrechens
mit Waffen verſehen, oder iſt Gewalt an Sachen verübt worden, ſo
tritt Gefängniß nicht unter drei Monaten oder Strafarbeit bis zu vier
Jahren ein.“

Dieſe Beſtimmungen wurden ſpäter verändert, indem man ein
eigenes Verbrechen des Landfriedensbruchs wieder annahm (Entwurf von
1847. §. 111.), und unter demſelben alle Fälle begriff, wo mehrere
Perſonen ſich zuſammenrotten, und öffentlich mit vereinten Kräften
Gewaltthätigkeiten gegen Perſonen und Sachen verüben. Schwerere
Verletzungen des Hausrechts glaubte man unter dieſes Verbrechen oder
unter das der Nöthigung, des Diebſtahls u. ſ. w. befaſſen zu können,
und ſetzte daher nur eine Strafe für den einfachen Hausfriedensbruch
feſt. t) Der Entwurf von 1850. hat dieſe Auffaſſung wieder verlaſſen,
indem der Begriff des Landfriedensbruchs in den des qualifizirten Auf-
ruhrs (§. 91.) und der Plünderung und Verwüſtung durch zuſammen-
gerottete Haufen (§. 284.) aufgelöſt wurde. Die einfache Verletzung
des Hausrechts iſt nun unter die Uebertretungen geſtellt worden
(§. 346.); außerdem handelt §. 318. von dem Fall, wo ſich Beamte
des Vergehens ſchuldig machen; die Vorſchriften des §. 214. haben
daneben ihre ſelbſtändige Bedeutung.

I. Das Vergehen wird in dem hier vorgeſehenen Fall verübt durch
mehrere Perſonen, welche ſich zuſammen rotten und in die Wohnung
u. ſ. w. eindringen. Die Qualifikation wird alſo begründet durch die
Anzahl der Thäter und die Art, wie ſie zuſammen gekommen ſind.

II. Das unberechtigte Verweilen in der Wohnung iſt nicht, wie
in §. 346., beſonders unter Strafe geſtellt; bei dem tumultuariſchen
Charakter der Handlung konnte alles Gewicht auf das Eindringen ge-
legt werden.

III. Außer der Wohnung und dem Geſchäftszimmer ſind auch das
befriedigte Beſitzthum und die zum öffentlichen Dienſte beſtimmten ab-
geſchloſſenen Räume unter den Schutz des Geſetzes geſtellt. Unter dem
befriedigten Beſitzthum iſt der zur Wohnung gehörige Hof und Garten,
aber auch ein getrennt liegender umſchloſſener Raum, z. B. ein einge-
hegter Garten, zu verſtehen. u) Im Allgemeinen iſt über dieſe Bezeich-

t) Reviſion von 1845. II. S. 156.
u) Das ältere Deutſche Recht bezeichnete den Raum, welcher unter dem beſon-
deren Hausfrieden ſtand, als die Were, welche die Wohnung mit dem eingehegten
Hof und Garten befaßte; ſ. Cropp in den criminaliſtiſchen Beiträgen von Hudt-
walker
und Trummer. II. 1. S. 18 ff. — Albrecht, die Gewere. S. 12. 13.
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[404/0414] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XVII. Verbr. u. Verg. wider d. Freih. Monaten zu beſtrafen. Dieſe Strafe kann auf Strafarbeit bis zu zwei Jahren erhöht werden, wenn ſich Mehrere vereint dieſes Verbrechens ſchuldig gemacht haben. War der Thäter bei Verübung des Verbrechens mit Waffen verſehen, oder iſt Gewalt an Sachen verübt worden, ſo tritt Gefängniß nicht unter drei Monaten oder Strafarbeit bis zu vier Jahren ein.“ Dieſe Beſtimmungen wurden ſpäter verändert, indem man ein eigenes Verbrechen des Landfriedensbruchs wieder annahm (Entwurf von 1847. §. 111.), und unter demſelben alle Fälle begriff, wo mehrere Perſonen ſich zuſammenrotten, und öffentlich mit vereinten Kräften Gewaltthätigkeiten gegen Perſonen und Sachen verüben. Schwerere Verletzungen des Hausrechts glaubte man unter dieſes Verbrechen oder unter das der Nöthigung, des Diebſtahls u. ſ. w. befaſſen zu können, und ſetzte daher nur eine Strafe für den einfachen Hausfriedensbruch feſt. t) Der Entwurf von 1850. hat dieſe Auffaſſung wieder verlaſſen, indem der Begriff des Landfriedensbruchs in den des qualifizirten Auf- ruhrs (§. 91.) und der Plünderung und Verwüſtung durch zuſammen- gerottete Haufen (§. 284.) aufgelöſt wurde. Die einfache Verletzung des Hausrechts iſt nun unter die Uebertretungen geſtellt worden (§. 346.); außerdem handelt §. 318. von dem Fall, wo ſich Beamte des Vergehens ſchuldig machen; die Vorſchriften des §. 214. haben daneben ihre ſelbſtändige Bedeutung. I. Das Vergehen wird in dem hier vorgeſehenen Fall verübt durch mehrere Perſonen, welche ſich zuſammen rotten und in die Wohnung u. ſ. w. eindringen. Die Qualifikation wird alſo begründet durch die Anzahl der Thäter und die Art, wie ſie zuſammen gekommen ſind. II. Das unberechtigte Verweilen in der Wohnung iſt nicht, wie in §. 346., beſonders unter Strafe geſtellt; bei dem tumultuariſchen Charakter der Handlung konnte alles Gewicht auf das Eindringen ge- legt werden. III. Außer der Wohnung und dem Geſchäftszimmer ſind auch das befriedigte Beſitzthum und die zum öffentlichen Dienſte beſtimmten ab- geſchloſſenen Räume unter den Schutz des Geſetzes geſtellt. Unter dem befriedigten Beſitzthum iſt der zur Wohnung gehörige Hof und Garten, aber auch ein getrennt liegender umſchloſſener Raum, z. B. ein einge- hegter Garten, zu verſtehen. u) Im Allgemeinen iſt über dieſe Bezeich- t) Reviſion von 1845. II. S. 156. u) Das ältere Deutſche Recht bezeichnete den Raum, welcher unter dem beſon- deren Hausfrieden ſtand, als die Were, welche die Wohnung mit dem eingehegten Hof und Garten befaßte; ſ. Cropp in den criminaliſtiſchen Beiträgen von Hudt- walker und Trummer. II. 1. S. 18 ff. — Albrecht, die Gewere. S. 12. 13.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/414>, abgerufen am 01.05.2024.