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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. etc.

Außerdem finden sich noch Bestimmungen über die Unfähigkeit zum
Eisenbahn- und Telegraphendienst (§§. 299. 300.) und über die Stel-
lung unter Polizei-Aufsicht (§. 305.) -- In den früheren Entwürfen
waren die Vorschriften dieses Titels theils nicht so umfassend, indem
Mehreres den Spezialgesetzen überlassen blieb, theils war eine andere
Reihenfolge beobachtet worden. Die vorberathende Abtheilung des ver-
einigten ständischen Ausschusses hatte in dieser Beziehung einige Bemer-
kungen gemacht, p welche bei der Redaktion des Entwurfs von 1850.
zum Theil berücksichtigt worden sind.



Zuerst ist also von der Brandstiftung zu handeln. Die Straf-
vorschrift, welche die Karolina (Art. 125.) über dieses Verbrechen enthält:
Item die boßhafsigen überwunden brenner sollen mit dem feuer
vom leben zum todt gericht werden.

findet sich in derselben Unbedingtheit im Code penal (Art. 434.) wie-
der, während das Allgem. Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1510-70.)
ungeachtet der Strenge seiner Bestimmungen doch schon gewisse Unter-
scheidungen zuläßt. In Frankreich sind durch das Gesetz vom 28. April
1832. tief eingreifende Abänderungen von dem früheren Rechte einge-
führt worden, denen man sich bei der Revision des Strafrechts im We-
sentlichen angeschlossen hat.

Im Allgemeinen ist man bei der Behandlung der Brandstiftung
davon ausgegangen, daß vier Fälle unterschieden werden müssen:

a. es werden Wohnungen oder andere Aufenthaltsorte der Men-
schen angezündet und durch das Verbrechen Menschenleben in
Gefahr gesetzt;
b. es werden Sachen in Brand gesteckt, aus deren Anzündung sich
zwar keine Gefahr für das Leben, wohl aber für fremdes Ei-
thum ergiebt;
c. jemand zündet seine eigene Wohnung oder Sache an, und zwar
ohne Gefahr für Menschen oder fremdes Eigenthum, um da-
durch ein anderes Verbrechen, namentlich einen Betrug gegen
eine Versicherungsanstalt zu verüben;
d. jemand zündet fremde Sachen ohne Gefahr für Menschen oder
fremdes Eigenthum an. q

Die unter a. und b. bezeichneten Fälle sind nun zum Gegenstande

p Verhandlungen. IV. S. 396.
q Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. III.
S. 448.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. ꝛc.

Außerdem finden ſich noch Beſtimmungen über die Unfähigkeit zum
Eiſenbahn- und Telegraphendienſt (§§. 299. 300.) und über die Stel-
lung unter Polizei-Aufſicht (§. 305.) — In den früheren Entwürfen
waren die Vorſchriften dieſes Titels theils nicht ſo umfaſſend, indem
Mehreres den Spezialgeſetzen überlaſſen blieb, theils war eine andere
Reihenfolge beobachtet worden. Die vorberathende Abtheilung des ver-
einigten ſtändiſchen Ausſchuſſes hatte in dieſer Beziehung einige Bemer-
kungen gemacht, p welche bei der Redaktion des Entwurfs von 1850.
zum Theil berückſichtigt worden ſind.



Zuerſt iſt alſo von der Brandſtiftung zu handeln. Die Straf-
vorſchrift, welche die Karolina (Art. 125.) über dieſes Verbrechen enthält:
Item die boßhafſigen überwunden brenner ſollen mit dem feuer
vom leben zum todt gericht werden.

findet ſich in derſelben Unbedingtheit im Code pénal (Art. 434.) wie-
der, während das Allgem. Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1510-70.)
ungeachtet der Strenge ſeiner Beſtimmungen doch ſchon gewiſſe Unter-
ſcheidungen zuläßt. In Frankreich ſind durch das Geſetz vom 28. April
1832. tief eingreifende Abänderungen von dem früheren Rechte einge-
führt worden, denen man ſich bei der Reviſion des Strafrechts im We-
ſentlichen angeſchloſſen hat.

Im Allgemeinen iſt man bei der Behandlung der Brandſtiftung
davon ausgegangen, daß vier Fälle unterſchieden werden müſſen:

a. es werden Wohnungen oder andere Aufenthaltsorte der Men-
ſchen angezündet und durch das Verbrechen Menſchenleben in
Gefahr geſetzt;
b. es werden Sachen in Brand geſteckt, aus deren Anzündung ſich
zwar keine Gefahr für das Leben, wohl aber für fremdes Ei-
thum ergiebt;
c. jemand zündet ſeine eigene Wohnung oder Sache an, und zwar
ohne Gefahr für Menſchen oder fremdes Eigenthum, um da-
durch ein anderes Verbrechen, namentlich einen Betrug gegen
eine Verſicherungsanſtalt zu verüben;
d. jemand zündet fremde Sachen ohne Gefahr für Menſchen oder
fremdes Eigenthum an. q

Die unter a. und b. bezeichneten Fälle ſind nun zum Gegenſtande

p Verhandlungen. IV. S. 396.
q Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III.
S. 448.
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[522/0532] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXVII. Gemeingefährliche Verbr. ꝛc. Außerdem finden ſich noch Beſtimmungen über die Unfähigkeit zum Eiſenbahn- und Telegraphendienſt (§§. 299. 300.) und über die Stel- lung unter Polizei-Aufſicht (§. 305.) — In den früheren Entwürfen waren die Vorſchriften dieſes Titels theils nicht ſo umfaſſend, indem Mehreres den Spezialgeſetzen überlaſſen blieb, theils war eine andere Reihenfolge beobachtet worden. Die vorberathende Abtheilung des ver- einigten ſtändiſchen Ausſchuſſes hatte in dieſer Beziehung einige Bemer- kungen gemacht, p welche bei der Redaktion des Entwurfs von 1850. zum Theil berückſichtigt worden ſind. Zuerſt iſt alſo von der Brandſtiftung zu handeln. Die Straf- vorſchrift, welche die Karolina (Art. 125.) über dieſes Verbrechen enthält: Item die boßhafſigen überwunden brenner ſollen mit dem feuer vom leben zum todt gericht werden. findet ſich in derſelben Unbedingtheit im Code pénal (Art. 434.) wie- der, während das Allgem. Landrecht (Th. II. Tit. 20. §. 1510-70.) ungeachtet der Strenge ſeiner Beſtimmungen doch ſchon gewiſſe Unter- ſcheidungen zuläßt. In Frankreich ſind durch das Geſetz vom 28. April 1832. tief eingreifende Abänderungen von dem früheren Rechte einge- führt worden, denen man ſich bei der Reviſion des Strafrechts im We- ſentlichen angeſchloſſen hat. Im Allgemeinen iſt man bei der Behandlung der Brandſtiftung davon ausgegangen, daß vier Fälle unterſchieden werden müſſen: a. es werden Wohnungen oder andere Aufenthaltsorte der Men- ſchen angezündet und durch das Verbrechen Menſchenleben in Gefahr geſetzt; b. es werden Sachen in Brand geſteckt, aus deren Anzündung ſich zwar keine Gefahr für das Leben, wohl aber für fremdes Ei- thum ergiebt; c. jemand zündet ſeine eigene Wohnung oder Sache an, und zwar ohne Gefahr für Menſchen oder fremdes Eigenthum, um da- durch ein anderes Verbrechen, namentlich einen Betrug gegen eine Verſicherungsanſtalt zu verüben; d. jemand zündet fremde Sachen ohne Gefahr für Menſchen oder fremdes Eigenthum an. q Die unter a. und b. bezeichneten Fälle ſind nun zum Gegenſtande p Verhandlungen. IV. S. 396. q Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III. S. 448.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/532>, abgerufen am 02.05.2024.