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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 294-300. Beschädigung etc. von Eisenbahnen u. Telegraphenanst.
a. Die Strafen, welche auf vorsätzliche Handlungen dieser Art
gesetzt sind, weichen zum Theil von den Vorschriften des Gesetzes von
1840. ab; sie entsprechen jetzt dem allgemeinen Systeme des Straf-
gesetzbuchs, und namentlich den bei Behandlung der gemeingefährlichen
Verbrechen befolgten Grundsätzen. Die Todesstrafe konnte hier, wenn
ein Mensch in Folge der Handlung das Leben verloren hat, nicht ver-
mieden werden.
b. Die Strafe der Fahrlässigkeit ist im Verhältniß zu anderen
Fällen (§§. 288. 293.) wegen der erhöhten Gefahr gesteigert worden;
sie trifft namentlich auch nachlässige Eisenbahnbeamten.

III. Die Telegraphenanstalten (§§. 296-98.) sind nur insofern
unter den besonderen Schutz des Gesetzes gestellt, als sie dem Staate
oder einer Eisenbahngesellschaft angehören. Es kommen hier aber über-
haupt nur Strafbestimmungen gegen solche Handlungen vor, welche die
Benutzung der Anstalt zu ihren Zwecken verhindern oder stören, und
von denen in §. 296. nach dem Vorgange des angeführten Gesetzes die
wichtigsten Fälle angeführt sind.

a. Weil solche Handlungen in der Regel keine Gefahr für Leben
und Eigenthum begründen, werden sie auch, wenn sie vorsätzlich verübt
sind, nur als Vergehen betrachtet, und mit Gefängniß von drei Mo-
naten bis zu drei Jahren bestraft. Nur wenn die Beschädigung oder
gar der Tod eines Menschen die Folge der gehinderten oder gestörten
Benutzung gewesen, ist auf Zuchthaus zu erkennen (§. 297.), und nur
wegen solcher Fälle ist es überhaupt gerechtfertigt, daß das Delikt in
diesem Titel einen Platz gefunden hat.
b. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt die
auch für andere gemeingefährliche Verbrechen bestimmte Strafe ein. Da
dieselbe bei den Verbrechen gegen Eisenbahnen erhöht worden ist, hätte
hier wohl ihre Heruntersetzung erwartet werden können, welche auch bei
den vorsätzlichen Handlungen geschehen ist.

IV. Gegen Eisenbahn- und Telegraphenbeamten soll außer den
allgemeinen Strafen noch auf Unfähigkeit zu diesem besonderen Dienste
erkannt werden, und zwar ohne Rücksicht, ob die strafbare Handlung
mit Vorsatz oder aus Versehen begangen worden ist (§. 299.). e) Selbst
die Vorsteher von Eisenbahngesellschaften und Telegraphenanstalten,
welche einen solchen Beamten gegen die gesetzliche Vorschrift nicht zeitig
aus dem Dienste entfernen oder ihn wieder anstellen, sollen mit Geldbuße
oder Gefängniß bestraft werden (§. 300.). Daß gegen sie auch auf

e) Bericht der Kommission der zweiten Kammer zu §. 272. (300.).
§§. 294-300. Beſchädigung ꝛc. von Eiſenbahnen u. Telegraphenanſt.
a. Die Strafen, welche auf vorſätzliche Handlungen dieſer Art
geſetzt ſind, weichen zum Theil von den Vorſchriften des Geſetzes von
1840. ab; ſie entſprechen jetzt dem allgemeinen Syſteme des Straf-
geſetzbuchs, und namentlich den bei Behandlung der gemeingefährlichen
Verbrechen befolgten Grundſätzen. Die Todesſtrafe konnte hier, wenn
ein Menſch in Folge der Handlung das Leben verloren hat, nicht ver-
mieden werden.
b. Die Strafe der Fahrläſſigkeit iſt im Verhältniß zu anderen
Fällen (§§. 288. 293.) wegen der erhöhten Gefahr geſteigert worden;
ſie trifft namentlich auch nachläſſige Eiſenbahnbeamten.

III. Die Telegraphenanſtalten (§§. 296-98.) ſind nur inſofern
unter den beſonderen Schutz des Geſetzes geſtellt, als ſie dem Staate
oder einer Eiſenbahngeſellſchaft angehören. Es kommen hier aber über-
haupt nur Strafbeſtimmungen gegen ſolche Handlungen vor, welche die
Benutzung der Anſtalt zu ihren Zwecken verhindern oder ſtören, und
von denen in §. 296. nach dem Vorgange des angeführten Geſetzes die
wichtigſten Fälle angeführt ſind.

a. Weil ſolche Handlungen in der Regel keine Gefahr für Leben
und Eigenthum begründen, werden ſie auch, wenn ſie vorſätzlich verübt
ſind, nur als Vergehen betrachtet, und mit Gefängniß von drei Mo-
naten bis zu drei Jahren beſtraft. Nur wenn die Beſchädigung oder
gar der Tod eines Menſchen die Folge der gehinderten oder geſtörten
Benutzung geweſen, iſt auf Zuchthaus zu erkennen (§. 297.), und nur
wegen ſolcher Fälle iſt es überhaupt gerechtfertigt, daß das Delikt in
dieſem Titel einen Platz gefunden hat.
b. Iſt die Handlung aus Fahrläſſigkeit begangen, ſo tritt die
auch für andere gemeingefährliche Verbrechen beſtimmte Strafe ein. Da
dieſelbe bei den Verbrechen gegen Eiſenbahnen erhöht worden iſt, hätte
hier wohl ihre Herunterſetzung erwartet werden können, welche auch bei
den vorſätzlichen Handlungen geſchehen iſt.

IV. Gegen Eiſenbahn- und Telegraphenbeamten ſoll außer den
allgemeinen Strafen noch auf Unfähigkeit zu dieſem beſonderen Dienſte
erkannt werden, und zwar ohne Rückſicht, ob die ſtrafbare Handlung
mit Vorſatz oder aus Verſehen begangen worden iſt (§. 299.). e) Selbſt
die Vorſteher von Eiſenbahngeſellſchaften und Telegraphenanſtalten,
welche einen ſolchen Beamten gegen die geſetzliche Vorſchrift nicht zeitig
aus dem Dienſte entfernen oder ihn wieder anſtellen, ſollen mit Geldbuße
oder Gefängniß beſtraft werden (§. 300.). Daß gegen ſie auch auf

e) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 272. (300.).
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[533/0543] §§. 294-300. Beſchädigung ꝛc. von Eiſenbahnen u. Telegraphenanſt. a. Die Strafen, welche auf vorſätzliche Handlungen dieſer Art geſetzt ſind, weichen zum Theil von den Vorſchriften des Geſetzes von 1840. ab; ſie entſprechen jetzt dem allgemeinen Syſteme des Straf- geſetzbuchs, und namentlich den bei Behandlung der gemeingefährlichen Verbrechen befolgten Grundſätzen. Die Todesſtrafe konnte hier, wenn ein Menſch in Folge der Handlung das Leben verloren hat, nicht ver- mieden werden. b. Die Strafe der Fahrläſſigkeit iſt im Verhältniß zu anderen Fällen (§§. 288. 293.) wegen der erhöhten Gefahr geſteigert worden; ſie trifft namentlich auch nachläſſige Eiſenbahnbeamten. III. Die Telegraphenanſtalten (§§. 296-98.) ſind nur inſofern unter den beſonderen Schutz des Geſetzes geſtellt, als ſie dem Staate oder einer Eiſenbahngeſellſchaft angehören. Es kommen hier aber über- haupt nur Strafbeſtimmungen gegen ſolche Handlungen vor, welche die Benutzung der Anſtalt zu ihren Zwecken verhindern oder ſtören, und von denen in §. 296. nach dem Vorgange des angeführten Geſetzes die wichtigſten Fälle angeführt ſind. a. Weil ſolche Handlungen in der Regel keine Gefahr für Leben und Eigenthum begründen, werden ſie auch, wenn ſie vorſätzlich verübt ſind, nur als Vergehen betrachtet, und mit Gefängniß von drei Mo- naten bis zu drei Jahren beſtraft. Nur wenn die Beſchädigung oder gar der Tod eines Menſchen die Folge der gehinderten oder geſtörten Benutzung geweſen, iſt auf Zuchthaus zu erkennen (§. 297.), und nur wegen ſolcher Fälle iſt es überhaupt gerechtfertigt, daß das Delikt in dieſem Titel einen Platz gefunden hat. b. Iſt die Handlung aus Fahrläſſigkeit begangen, ſo tritt die auch für andere gemeingefährliche Verbrechen beſtimmte Strafe ein. Da dieſelbe bei den Verbrechen gegen Eiſenbahnen erhöht worden iſt, hätte hier wohl ihre Herunterſetzung erwartet werden können, welche auch bei den vorſätzlichen Handlungen geſchehen iſt. IV. Gegen Eiſenbahn- und Telegraphenbeamten ſoll außer den allgemeinen Strafen noch auf Unfähigkeit zu dieſem beſonderen Dienſte erkannt werden, und zwar ohne Rückſicht, ob die ſtrafbare Handlung mit Vorſatz oder aus Verſehen begangen worden iſt (§. 299.). e) Selbſt die Vorſteher von Eiſenbahngeſellſchaften und Telegraphenanſtalten, welche einen ſolchen Beamten gegen die geſetzliche Vorſchrift nicht zeitig aus dem Dienſte entfernen oder ihn wieder anſtellen, ſollen mit Geldbuße oder Gefängniß beſtraft werden (§. 300.). Daß gegen ſie auch auf e) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer zu §. 272. (300.).

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/543>, abgerufen am 29.04.2024.