Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

p1b_241.001
Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner p1b_241.002
übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, p1b_241.003
z. B. Hei5mma3t und hei5mli2ch oder anhe5ime1ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig.

p1b_241.004
3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können p1b_241.005
mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und p1b_241.006
umgekehrt &c.

p1b_241.007
Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen werden können, mögen p1b_241.008
Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in p1b_241.009
"lieblich" die Silbe lich zur mitteltonigen Thesis. Die Trennung vom Stamm p1b_241.010
durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in p1b_241.011
Wörtern wie wu5nde1rli4ch, verä5nde1rli4ch. Hießen die Worte wundlich und p1b_241.012
veränndlich, so würde die Nachsilbe nur eine mitteltonige Thesis sein. Man p1b_241.013
vgl. noch tü5cki3sch und wä5hle1ri4sch; Fre5undi3n und E5nke1li4nne1n; Lu5dwi3g und p1b_241.014
Lu5de1wi4g; Spä5tli3ng und Si5lbe1rli4nge1; Ä5nd'ru3ng und Ä5nde1ru4nge1n; Fe5uru3ng p1b_241.015
und Fe5ue1ru4nge1n; Fä5ulni3s und Fi5nste1rni4sse1.

p1b_241.016
Hochtonige Silben können mitteltonig werden, wenn sie Silben p1b_241.017
anhängen, z. B. Gro5ßva4te1r und gro3ßvä5terli2ch; A5bsche4u und a3bsche5uli2ch; A5llma4cht p1b_241.018
und a3llmä5chti2g; he5rzlo4s und he3rzlo5se1r; ju5ge1ndfri4sch und ju4ge1ndfri5sche1r; p1b_241.019
vo5reingenommen und u5nvo3reingenommen.

p1b_241.020
Mitteltonige Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig p1b_241.021
wurden (z. B. zwa5nzi3gfa4ch, Ki5nde1le4in), werden wieder mitteltonig, wenn p1b_241.022
hochtonige Silben folgen (z. B. zwa5nzi3gfa3ch lo5hne1n, oder Ki5nde1le3in li5ebe1n). p1b_241.023
Hochtonige Silben können leicht werden bei Anfügung mehrerer Silben, z. B. p1b_241.024
Ba5by2lo4n und babylonische Gänrten; Acheron und acheronisches bitteres Wasser. p1b_241.025
Der forteilende Fluß des anapästischen Rhythmus (Breve Breve -) veranlaßt hier die p1b_241.026
Tonverschiebung.

p1b_241.027
Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung p1b_241.028
empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) p1b_241.029
erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. p1b_241.030
kli5nge1nde3re1, e5ile1nde3re1. Mittelmäßige Dichter brauchen solche mitteltonige Silben p1b_241.031
mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe p1b_241.032
folgende Thesen sind unserer Zunge unbequem. Sie will zur Abwechslung p1b_241.033
betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des p1b_241.034
deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng p1b_241.035
hintereinander vertragen mag. Wir haben außer Hansnarr und Hansdampf p1b_241.036
ebenso wenig Spondeen (- -) als Molosse (- - -), ein Vorzug, den die

p1b_241.001
Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner p1b_241.002
übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, p1b_241.003
z. B. Heī5m̄a3t und hei5mli2ch oder anhe5ime1ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig.

p1b_241.004
3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können p1b_241.005
mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und p1b_241.006
umgekehrt &c.

p1b_241.007
Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen werden können, mögen p1b_241.008
Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in p1b_241.009
„lieblich“ die Silbe lich zur mitteltonigen Thesis. Die Trennung vom Stamm p1b_241.010
durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in p1b_241.011
Wörtern wie wu5nde1rli4ch, verä5nde1rli4ch. Hießen die Worte wūndlĭch und p1b_241.012
vĕrǟndlĭch, so würde die Nachsilbe nur eine mitteltonige Thesis sein. Man p1b_241.013
vgl. noch tü5cki3sch und wä5hle1ri4sch; Fre5undi3n und E5nke1li4nne1n; Lu5dwi3g und p1b_241.014
Lu5de1wi4g; Spä5tli3ng und Si5lbe1rli4nge1; Ä5nd’ru3ng und Ä5nde1ru4nge1n; Fe5uru3ng p1b_241.015
und Fe5ue1ru4nge1n; Fä5ulni3s und Fi5nste1rni4sse1.

p1b_241.016
Hochtonige Silben können mitteltonig werden, wenn sie Silben p1b_241.017
anhängen, z. B. Gro5ßva4te1r und gro3ßvä5terli2ch; A5bsche4u und a3bsche5uli2ch; A5llma4cht p1b_241.018
und a3llmä5chti2g; he5rzlo4s und he3rzlo5se1r; ju5ge1ndfri4sch und ju4ge1ndfri5sche1r; p1b_241.019
vo5reingenommen und u5nvo3reingenommen.

p1b_241.020
Mitteltonige Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig p1b_241.021
wurden (z. B. zwa5nzi3gfa4ch, Ki5nde1le4in), werden wieder mitteltonig, wenn p1b_241.022
hochtonige Silben folgen (z. B. zwā5nzĭ3gfă3ch lō5hnĕ1n, oder Kī5ndĕ13in lī5ebĕ1n). p1b_241.023
Hochtonige Silben können leicht werden bei Anfügung mehrerer Silben, z. B. p1b_241.024
5by2̆lō4n und băby̆lōnĭschĕ Gǟrten; Āchĕrōn und ăchĕrōnisches bītteres Wāsser. p1b_241.025
Der forteilende Fluß des anapästischen Rhythmus (⏑ ⏑ –) veranlaßt hier die p1b_241.026
Tonverschiebung.

p1b_241.027
Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung p1b_241.028
empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) p1b_241.029
erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. p1b_241.030
kli5nge1nde3re1, e5ile1nde3re1. Mittelmäßige Dichter brauchen solche mitteltonige Silben p1b_241.031
mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe p1b_241.032
folgende Thesen sind unserer Zunge unbequem. Sie will zur Abwechslung p1b_241.033
betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des p1b_241.034
deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng p1b_241.035
hintereinander vertragen mag. Wir haben außer Hānsnārr und Hānsdāmpf p1b_241.036
ebenso wenig Spondeen (– –) als Molosse (– – –), ein Vorzug, den die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0275" n="241"/><lb n="p1b_241.001"/>
Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner <lb n="p1b_241.002"/>
übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, <lb n="p1b_241.003"/>
z. B. He&#x012B;<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>m&#x0304;a<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>t und hei<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>mli<metamark function="metEmph" place="superlinear">2</metamark>ch oder anhe<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>ime<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig.</p>
            <p><lb n="p1b_241.004"/>
3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können <lb n="p1b_241.005"/>
mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und <lb n="p1b_241.006"/>
umgekehrt &amp;c.</p>
            <p><lb n="p1b_241.007"/><hi rendition="#g">Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen</hi> werden können, mögen <lb n="p1b_241.008"/>
Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in <lb n="p1b_241.009"/>
&#x201E;lieblich&#x201C; die Silbe lich zur mitteltonigen Thesis. Die Trennung vom Stamm <lb n="p1b_241.010"/>
durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in <lb n="p1b_241.011"/>
Wörtern wie wu<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nde<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>rli<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>ch, verä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nde<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>rli<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>ch. Hießen die Worte <hi rendition="#g">w&#x016B;ndl&#x012D;ch</hi> und <lb n="p1b_241.012"/> <hi rendition="#g">v&#x0115;ra&#x0308;&#x0304;ndl&#x012D;ch,</hi> so würde die Nachsilbe nur eine mitteltonige Thesis sein. Man <lb n="p1b_241.013"/>
vgl. noch tü<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>cki<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>sch und wä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>hle<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>ri<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>sch; Fre<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>undi<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>n und E<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nke<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>li<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>nne<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>n; Lu<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>dwi<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>g und <lb n="p1b_241.014"/>
Lu<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>de<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>wi<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>g; Spä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>tli<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>ng und Si<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>lbe<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>rli<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>nge<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>; Ä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nd&#x2019;ru<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>ng und Ä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nde<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>ru<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>nge<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>n; Fe<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>uru<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>ng <lb n="p1b_241.015"/>
und Fe<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>ue<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>ru<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>nge<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>n; Fä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>ulni<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>s und Fi<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nste<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>rni<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>sse<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>.</p>
            <p><lb n="p1b_241.016"/><hi rendition="#g">Hochtonige</hi> Silben <hi rendition="#g">können mitteltonig</hi> werden, wenn sie Silben <lb n="p1b_241.017"/>
anhängen, z. B. Gro<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>ßva<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>te<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>r und gro<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>ßvä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>terli<metamark function="metEmph" place="superlinear">2</metamark>ch; A<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>bsche<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>u und a<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>bsche<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>uli<metamark function="metEmph" place="superlinear">2</metamark>ch; A<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>llma<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>cht <lb n="p1b_241.018"/>
und a<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>llmä<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>chti<metamark function="metEmph" place="superlinear">2</metamark>g; he<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>rzlo<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>s und he<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>rzlo<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>se<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>r; ju<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>ge<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>ndfri<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>sch und ju<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>ge<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>ndfri<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>sche<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>r; <lb n="p1b_241.019"/>
vo<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>reingenommen und u<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nvo<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>reingenommen.</p>
            <p><lb n="p1b_241.020"/><hi rendition="#g">Mitteltonige</hi> Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig <lb n="p1b_241.021"/>
wurden (z. B. zwa<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nzi<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>gfa<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>ch, Ki<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nde<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>le<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>in), werden wieder mitteltonig, wenn <lb n="p1b_241.022"/>
hochtonige Silben folgen (z. B. zw&#x0101;<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nz&#x012D;<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>gf&#x0103;<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>ch l&#x014D;<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>hn&#x0115;<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>n, oder K&#x012B;<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nd&#x0115;<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>l&#x0115;<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>in l&#x012B;<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>eb&#x0115;<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>n). <lb n="p1b_241.023"/>
Hochtonige Silben können leicht werden bei Anfügung mehrerer Silben, z. B. <lb n="p1b_241.024"/>
B&#x0101;<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>by<metamark function="metEmph" place="superlinear">2</metamark>&#x0306;l&#x014D;<metamark function="metEmph" place="superlinear">4</metamark>n und b&#x0103;by&#x0306;l&#x014D;n&#x012D;sch&#x0115; Ga&#x0308;&#x0304;rten; &#x0100;ch&#x0115;r&#x014D;n und &#x0103;ch&#x0115;r&#x014D;nisches b&#x012B;tteres W&#x0101;sser. <lb n="p1b_241.025"/>
Der forteilende Fluß des anapästischen Rhythmus (&#x23D1; &#x23D1; &#x2013;) veranlaßt hier die <lb n="p1b_241.026"/>
Tonverschiebung.</p>
            <p><lb n="p1b_241.027"/>
Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung <lb n="p1b_241.028"/>
empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) <lb n="p1b_241.029"/>
erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. <lb n="p1b_241.030"/>
kli<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>nge<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>nde<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>re<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>, e<metamark function="metEmph" place="superlinear">5</metamark>ile<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>nde<metamark function="metEmph" place="superlinear">3</metamark>re<metamark function="metEmph" place="superlinear">1</metamark>. Mittelmäßige Dichter brauchen solche mitteltonige Silben <lb n="p1b_241.031"/>
mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe <lb n="p1b_241.032"/>
folgende Thesen sind unserer Zunge unbequem. Sie will zur Abwechslung <lb n="p1b_241.033"/>
betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des <lb n="p1b_241.034"/>
deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng <lb n="p1b_241.035"/>
hintereinander vertragen mag. Wir haben außer H&#x0101;nsn&#x0101;rr und H&#x0101;nsd&#x0101;mpf <lb n="p1b_241.036"/>
ebenso wenig Spondeen (&#x2013; &#x2013;) als Molosse (&#x2013; &#x2013; &#x2013;), ein Vorzug, den die
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0275] p1b_241.001 Silben tüm und er in ihrer Betonung wesentlich von einander verschieden. Ferner p1b_241.002 übt es auf die Betonung Einfluß, wenn die Nebensilbe einen langen Vokal hat, p1b_241.003 z. B. Heī5m̄a3t und hei5mli2ch oder anhe5ime1ln. Die Silbe at ist hier mitteltonig. p1b_241.004 3. Verhältnis zur Umgebung. Je nach ihrer Beziehung können p1b_241.005 mitteltonige Silben tieftonig, schwachtonige Silben mitteltonig werden und p1b_241.006 umgekehrt &c. p1b_241.007 Wie mitteltonige Silben zu tieftonigen werden können, mögen p1b_241.008 Beispiele zeigen. Es macht z. B. die enge Verbindung mit dem Stamm in p1b_241.009 „lieblich“ die Silbe lich zur mitteltonigen Thesis. Die Trennung vom Stamm p1b_241.010 durch die unbetonte Silbe er macht die Silbe lich zur 4gradigen Arsis in p1b_241.011 Wörtern wie wu5nde1rli4ch, verä5nde1rli4ch. Hießen die Worte wūndlĭch und p1b_241.012 vĕrǟndlĭch, so würde die Nachsilbe nur eine mitteltonige Thesis sein. Man p1b_241.013 vgl. noch tü5cki3sch und wä5hle1ri4sch; Fre5undi3n und E5nke1li4nne1n; Lu5dwi3g und p1b_241.014 Lu5de1wi4g; Spä5tli3ng und Si5lbe1rli4nge1; Ä5nd’ru3ng und Ä5nde1ru4nge1n; Fe5uru3ng p1b_241.015 und Fe5ue1ru4nge1n; Fä5ulni3s und Fi5nste1rni4sse1. p1b_241.016 Hochtonige Silben können mitteltonig werden, wenn sie Silben p1b_241.017 anhängen, z. B. Gro5ßva4te1r und gro3ßvä5terli2ch; A5bsche4u und a3bsche5uli2ch; A5llma4cht p1b_241.018 und a3llmä5chti2g; he5rzlo4s und he3rzlo5se1r; ju5ge1ndfri4sch und ju4ge1ndfri5sche1r; p1b_241.019 vo5reingenommen und u5nvo3reingenommen. p1b_241.020 Mitteltonige Silben, welche durch Anhängung an Formsilben tieftonig p1b_241.021 wurden (z. B. zwa5nzi3gfa4ch, Ki5nde1le4in), werden wieder mitteltonig, wenn p1b_241.022 hochtonige Silben folgen (z. B. zwā5nzĭ3gfă3ch lō5hnĕ1n, oder Kī5ndĕ1lĕ3in lī5ebĕ1n). p1b_241.023 Hochtonige Silben können leicht werden bei Anfügung mehrerer Silben, z. B. p1b_241.024 Bā5by2̆lō4n und băby̆lōnĭschĕ Gǟrten; Āchĕrōn und ăchĕrōnisches bītteres Wāsser. p1b_241.025 Der forteilende Fluß des anapästischen Rhythmus (⏑ ⏑ –) veranlaßt hier die p1b_241.026 Tonverschiebung. p1b_241.027 Gewisse Komparationsformen (die wir übrigens nicht für die Versbildung p1b_241.028 empfehlen wollen, da sie nur in dem Accentverse Verwertung finden dürfen) p1b_241.029 erheben im Verse zuweilen eine fast unbetonte Silbe zur mitteltonigen, z. B. p1b_241.030 kli5nge1nde3re1, e5ile1nde3re1. Mittelmäßige Dichter brauchen solche mitteltonige Silben p1b_241.031 mit Unrecht für tieftonige. Zwei oder drei oder gar vier der schweren Silbe p1b_241.032 folgende Thesen sind unserer Zunge unbequem. Sie will zur Abwechslung p1b_241.033 betonte Silben und strebt zu elidieren. Darin liegt eine Eigentümlichkeit des p1b_241.034 deutschen Rhythmus, der ebensowenig mehrere leichte Silben als schwere eng p1b_241.035 hintereinander vertragen mag. Wir haben außer Hānsnārr und Hānsdāmpf p1b_241.036 ebenso wenig Spondeen (– –) als Molosse (– – –), ein Vorzug, den die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/275
Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/275>, abgerufen am 15.05.2024.