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Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882.

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6. Sechstaktige jambische Verse (jambische Sechstakter).

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Der jambische Sechstakter kommt vor

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A. als Alexandriner (Breve - Breve - Breve - | Breve - Breve - Breve -);

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B. als der neue Nibelungenvers (Breve - Breve - Breve - Breve | Breve - Breve - Breve -);

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C. als der dem antiken jambischen Trimeter nachgebildete neue Senarius p1b_315.006
(wie ihn die Römer nannten: Breve - Breve - Breve | - Breve - Breve - Breve -) bei dem p1b_315.007
die Cäsur den 3. oder auch den 4. Fuß durchschneidet;

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D. als hinkender Jambus oder Choliambus (Breve - Breve - Breve - Breve - - Breve).

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A. Der Alexandriner. Breve - Breve - Breve - | Breve - Breve Breve -.

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Dieser Vers besteht aus sechs Jamben mit häufig hyperkat. Abschluß p1b_315.011
und einer ständigen Diärese in der Mitte. Er wird dem Mönche p1b_315.012
Alexander de Bernay (um 1200 n. Chr.) zugeschrieben. Nach Anderen p1b_315.013
hätte er seinen Namen von einer Reimchronik ("Alexander le grand") p1b_315.014
aus dem 12. Jahrh., welche in diesem Versmaß geschrieben ist.

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Er ist der Nationalvers der Franzosen, die ihn als den heroischen bezeichnen p1b_315.016
und namentlich seit Malesherbes im Epos wie im Drama ausschließlich p1b_315.017
zur Anwendung bringen. Martin Opitz (1597-1639), der ihn von den p1b_315.018
Jtalienern herstammen läßt (vgl. seine Poeterei S. 41), hat ihn bei uns p1b_315.019
zuerst eingeführt; Uz hat ihn in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts p1b_315.020
nicht ohne Glück angewandt, ebenso die Gottschedsche Schule im vor. Jahrh. p1b_315.021
Wegen des häufigen Gebrauchs des Alexandriners von der schlesischen Dichterschule p1b_315.022
bis zu Lessing nannte man besonders das 17. Jahrh. das Jahrhundert p1b_315.023
des Alexandriners. Der Alexandriner jener Zeit hatte etwas Eintöniges, p1b_315.024
Klapperndes, was beim französischen Alexandriner nicht auffällt, da man denselben p1b_315.025
nicht nach Betonung liest, sondern nach Quantität.

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Rückert war es, der den Alexandriner in seiner "Weisheit des Brahmanen", p1b_315.027
ferner in "Rostem und Suhrab", sowie im "Leben Jesu" zur Bedeutung p1b_315.028
brachte. Kaum daß man den Alexandriner der Uzschen Periode wieder erkennt, p1b_315.029
so wesentlich unterscheidet sich der Rückertsche von ihm!

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Rückert bildet seinen Alexandriner häufig durch Umkehrung des Nibelungenverses p1b_315.031
(Brevea - Breve - Breve - Breve | Breveb - Breve - Breve - in Breveb - Breve - Breve - | Brevea - Breve - Breve - Breve). p1b_315.032
(Siehe Beispiel weiter unten S. 317.) Ebenso häufig fügt er zwei rhythmische p1b_315.033
Reihen von je drei Takten aneinander, so daß zuweilen in der Mitte eine p1b_315.034
Taktpause und eine solche am Schlusse der Verszeile zu stehen kommt, wodurch p1b_315.035
sein Alexandriner wie ein Oktonar sich darstellt und liest. Jn der Regel p1b_315.036
fällt aber doch die Pause in der Mitte weg, und er wechselt dann mit den p1b_315.037
Einschnitten an anderen Stellen, z. B.:

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Woher ich kam, | wohin || ich gehe, | weiß ich nicht. p1b_315.039
Doch dies: | von Gott zu Gott! || ist meine Zuversicht.
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Wie oft geschiehts, | daß ich || ein Dunkles | mir erkläre p1b_315.041
Durch etwas Andres, | das || an sich | noch dunkler wäre.
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c.

Das ist mein Wunsch, | daß gut || und glücklich mögen werden p1b_315.043
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6. Sechstaktige jambische Verse (jambische Sechstakter).

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Der jambische Sechstakter kommt vor

p1b_315.003
A. als Alexandriner (⏑ – ⏑ – ⏑ – │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –);

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B. als der neue Nibelungenvers (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ │ ⏑ – ⏑ – ⏑ –);

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D. als hinkender Jambus oder Choliambus (⏑ – ⏑ – ⏑ – ⏑ – – ⏑).

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A. Der Alexandriner. ⏑ – ⏑ – ⏑ – │ ⏑ – ⏑ ⏑ –.

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Dieser Vers besteht aus sechs Jamben mit häufig hyperkat. Abschluß p1b_315.011
und einer ständigen Diärese in der Mitte. Er wird dem Mönche p1b_315.012
Alexander de Bernay (um 1200 n. Chr.) zugeschrieben. Nach Anderen p1b_315.013
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Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

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Zitationshilfe: Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Erster Band. Stuttgart, 1882, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik01_1882/349>, abgerufen am 14.05.2024.