Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Stilpe.
mit seinem Kopf in all das Weiche, Warme, was
um ihn ist.

Da, jetzt hat er ihren Kopf in den Händen
und drückt ihn mit aller Kraft.

-- Du, das thut ja weh!

Aber sie geht nicht. Sie läßt sich noch eine
Weile so halten. Dann kommen auch ihre Hände
an seinen Kopf, und nun fühlt er ihr Gesicht an
seinem.

Ach, wie die Lippen weich sind.

-- Du beißt mich ja!

Himmel was ist das! Sie küßt ihn.

Gott! Gott! Gott!

Jetzt ist sie fort.

Noch eine Weile liegt er unterm Katheder.
Dann taumelt er auf und rennt in den Schlaf¬
saal. In seinem Bette weint er. Und stammelt
ihren Namen. Schläft, naß von Thränen, ein.

Wie er am Morgen aufwacht, ist alles ver¬
ändert um ihn herum. Er möchte schreien vor Ge¬
fühl. Josephine! Josephine! Das ist der Mond
Das ist er!

Dann wird ihm angst. Er möchte fort. Aus¬
reißen. Nach Hause. Sich verstecken.

Gottlob, daß Sonntag ist. Er singt in der

Stilpe.
mit ſeinem Kopf in all das Weiche, Warme, was
um ihn iſt.

Da, jetzt hat er ihren Kopf in den Händen
und drückt ihn mit aller Kraft.

— Du, das thut ja weh!

Aber ſie geht nicht. Sie läßt ſich noch eine
Weile ſo halten. Dann kommen auch ihre Hände
an ſeinen Kopf, und nun fühlt er ihr Geſicht an
ſeinem.

Ach, wie die Lippen weich ſind.

— Du beißt mich ja!

Himmel was iſt das! Sie küßt ihn.

Gott! Gott! Gott!

Jetzt iſt ſie fort.

Noch eine Weile liegt er unterm Katheder.
Dann taumelt er auf und rennt in den Schlaf¬
ſaal. In ſeinem Bette weint er. Und ſtammelt
ihren Namen. Schläft, naß von Thränen, ein.

Wie er am Morgen aufwacht, iſt alles ver¬
ändert um ihn herum. Er möchte ſchreien vor Ge¬
fühl. Joſephine! Joſephine! Das iſt der Mond
Das iſt er!

Dann wird ihm angſt. Er möchte fort. Aus¬
reißen. Nach Hauſe. Sich verſtecken.

Gottlob, daß Sonntag iſt. Er ſingt in der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0058" n="44"/><fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw> mit &#x017F;einem Kopf in all das Weiche, Warme, was<lb/>
um ihn i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Da, jetzt hat er ihren Kopf in den Händen<lb/>
und drückt ihn mit aller Kraft.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Du, das thut ja weh!</p><lb/>
          <p>Aber &#x017F;ie geht nicht. Sie läßt &#x017F;ich noch eine<lb/>
Weile &#x017F;o halten. Dann kommen auch ihre Hände<lb/>
an &#x017F;einen Kopf, und nun fühlt er ihr Ge&#x017F;icht an<lb/>
&#x017F;einem.</p><lb/>
          <p>Ach, wie die Lippen weich &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>&#x2014; Du beißt mich ja!</p><lb/>
          <p>Himmel was i&#x017F;t das! Sie küßt ihn.</p><lb/>
          <p>Gott! Gott! Gott!</p><lb/>
          <p>Jetzt i&#x017F;t &#x017F;ie fort.</p><lb/>
          <p>Noch eine Weile liegt er unterm Katheder.<lb/>
Dann taumelt er auf und rennt in den Schlaf¬<lb/>
&#x017F;aal. In &#x017F;einem Bette weint er. Und &#x017F;tammelt<lb/>
ihren Namen. Schläft, naß von Thränen, ein.</p><lb/>
          <p>Wie er am Morgen aufwacht, i&#x017F;t alles ver¬<lb/>
ändert um ihn herum. Er möchte &#x017F;chreien vor Ge¬<lb/>
fühl. Jo&#x017F;ephine! Jo&#x017F;ephine! Das i&#x017F;t der Mond<lb/>
Das i&#x017F;t er!</p><lb/>
          <p>Dann wird ihm ang&#x017F;t. Er möchte fort. Aus¬<lb/>
reißen. Nach Hau&#x017F;e. Sich ver&#x017F;tecken.</p><lb/>
          <p>Gottlob, daß Sonntag i&#x017F;t. Er &#x017F;ingt in der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0058] Stilpe. mit ſeinem Kopf in all das Weiche, Warme, was um ihn iſt. Da, jetzt hat er ihren Kopf in den Händen und drückt ihn mit aller Kraft. — Du, das thut ja weh! Aber ſie geht nicht. Sie läßt ſich noch eine Weile ſo halten. Dann kommen auch ihre Hände an ſeinen Kopf, und nun fühlt er ihr Geſicht an ſeinem. Ach, wie die Lippen weich ſind. — Du beißt mich ja! Himmel was iſt das! Sie küßt ihn. Gott! Gott! Gott! Jetzt iſt ſie fort. Noch eine Weile liegt er unterm Katheder. Dann taumelt er auf und rennt in den Schlaf¬ ſaal. In ſeinem Bette weint er. Und ſtammelt ihren Namen. Schläft, naß von Thränen, ein. Wie er am Morgen aufwacht, iſt alles ver¬ ändert um ihn herum. Er möchte ſchreien vor Ge¬ fühl. Joſephine! Joſephine! Das iſt der Mond Das iſt er! Dann wird ihm angſt. Er möchte fort. Aus¬ reißen. Nach Hauſe. Sich verſtecken. Gottlob, daß Sonntag iſt. Er ſingt in der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/58
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/58>, abgerufen am 28.04.2024.