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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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kein Zufall mir entreissen, die die Zeit
nicht verderben, die die Ewigkeit selbst
noch bis ins Unendliche vergrössern wird.

Jch bestrebe mich wohlthätig zu seyn.
Man belohnt mich mit Undank; für meine
Güte verfolgt man mich. Jch handle nach
Grundsätzen der besten Religion; ich suche
Wahrheit und Tugend auszubreiten. Man
verkennt mich, man beschuldigt mich nie-
driger Absichten. Darüber werd' ich nicht
muthlos. Jch verfolge meinen Weg. Erst
am Ende der Laufbahn erwart' ich die
Krone.

Mein Freund stirbt. Jch verliere ihn;
aber ich weiss, dass ich ihn nur auf wenige
Tage verliere. Diesem kurzen Verluste
weih' ich meine Thränen; aber ich zürne
nicht mit dem Himmel; ich störe die Ru-
he meines Geliebten durch ungestüme Kla-
gen nicht. Ruhe sanft, geweihte Asche!

kein Zufall mir entreiſsen, die die Zeit
nicht verderben, die die Ewigkeit ſelbſt
noch bis ins Unendliche vergröſsern wird.

Jch beſtrebe mich wohlthätig zu ſeyn.
Man belohnt mich mit Undank; für meine
Güte verfolgt man mich. Jch handle nach
Grundſätzen der beſten Religion; ich ſuche
Wahrheit und Tugend auszubreiten. Man
verkennt mich, man beſchuldigt mich nie-
driger Abſichten. Darüber werd’ ich nicht
muthlos. Jch verfolge meinen Weg. Erſt
am Ende der Laufbahn erwart’ ich die
Krone.

Mein Freund ſtirbt. Jch verliere ihn;
aber ich weiſs, daſs ich ihn nur auf wenige
Tage verliere. Dieſem kurzen Verluſte
weih’ ich meine Thränen; aber ich zürne
nicht mit dem Himmel; ich ſtöre die Ru-
he meines Geliebten durch ungeſtüme Kla-
gen nicht. Ruhe ſanft, geweihte Aſche!

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[115/0123] kein Zufall mir entreiſsen, die die Zeit nicht verderben, die die Ewigkeit ſelbſt noch bis ins Unendliche vergröſsern wird. Jch beſtrebe mich wohlthätig zu ſeyn. Man belohnt mich mit Undank; für meine Güte verfolgt man mich. Jch handle nach Grundſätzen der beſten Religion; ich ſuche Wahrheit und Tugend auszubreiten. Man verkennt mich, man beſchuldigt mich nie- driger Abſichten. Darüber werd’ ich nicht muthlos. Jch verfolge meinen Weg. Erſt am Ende der Laufbahn erwart’ ich die Krone. Mein Freund ſtirbt. Jch verliere ihn; aber ich weiſs, daſs ich ihn nur auf wenige Tage verliere. Dieſem kurzen Verluſte weih’ ich meine Thränen; aber ich zürne nicht mit dem Himmel; ich ſtöre die Ru- he meines Geliebten durch ungeſtüme Kla- gen nicht. Ruhe ſanft, geweihte Aſche!

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/123>, abgerufen am 26.04.2024.