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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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treten! Nicht wahr: sie sehen nur schlecht
in die Ferne, und urtheilen für eine Muse
etwas zu übereilt? Bewundern sie doch
den hübschen jungen Menschen! Wahrhaf-
tig! zum Satyr fehlen ihm nur die Füsse.
Hab' ich jemals einen beseelten Klotz gese-
hen so ist es Der! Finden sie das nicht,
meine Gnädige? Und -- wie sie sich in
Absicht der Frauenzimmer geirrt haben!
Der Unverschämte würde mit dem guten
Willen derselben nie auf die Promenade ge-
kommen seyn, wenn er nicht eine so un-
überwindliche Zudringlichkeit besässe. Erst
sehen sie die blonde Dorilis an! Jch habe
wider ihren Teint nichts; aber gegen den
Teint dieses reizenden Mädchens ist er nichts
mehr, als was die Dämmrung gegen den vol-
len Glanz eines heitern Maitages ist. Es
thut mir leid, dass ich es sagen muss; allein
es ist Wahrheit, und ich habe nie so wenig

treten! Nicht wahr: ſie ſehen nur ſchlecht
in die Ferne, und urtheilen für eine Muſe
etwas zu übereilt? Bewundern ſie doch
den hübſchen jungen Menſchen! Wahrhaf-
tig! zum Satyr fehlen ihm nur die Füſse.
Hab’ ich jemals einen beſeelten Klotz geſe-
hen ſo iſt es Der! Finden ſie das nicht,
meine Gnädige? Und — wie ſie ſich in
Abſicht der Frauenzimmer geirrt haben!
Der Unverſchämte würde mit dem guten
Willen derſelben nie auf die Promenade ge-
kommen ſeyn, wenn er nicht eine ſo un-
überwindliche Zudringlichkeit beſäſse. Erſt
ſehen ſie die blonde Dorilis an! Jch habe
wider ihren Teint nichts; aber gegen den
Teint dieſes reizenden Mädchens iſt er nichts
mehr, als was die Dämmrung gegen den vol-
len Glanz eines heitern Maitages iſt. Es
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[169/0177] treten! Nicht wahr: ſie ſehen nur ſchlecht in die Ferne, und urtheilen für eine Muſe etwas zu übereilt? Bewundern ſie doch den hübſchen jungen Menſchen! Wahrhaf- tig! zum Satyr fehlen ihm nur die Füſse. Hab’ ich jemals einen beſeelten Klotz geſe- hen ſo iſt es Der! Finden ſie das nicht, meine Gnädige? Und — wie ſie ſich in Abſicht der Frauenzimmer geirrt haben! Der Unverſchämte würde mit dem guten Willen derſelben nie auf die Promenade ge- kommen ſeyn, wenn er nicht eine ſo un- überwindliche Zudringlichkeit beſäſse. Erſt ſehen ſie die blonde Dorilis an! Jch habe wider ihren Teint nichts; aber gegen den Teint dieſes reizenden Mädchens iſt er nichts mehr, als was die Dämmrung gegen den vol- len Glanz eines heitern Maitages iſt. Es thut mir leid, daſs ich es ſagen muſs; allein es iſt Wahrheit, und ich habe nie ſo wenig

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/177>, abgerufen am 08.05.2024.