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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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lich vertrauten Umgang mit verschiednen
jungen Mannspersonen; Du giebst ihnen
Erlaubniss, Dich vorzüglich und am meisten
zu der Zeit zu besuchen, da Dein Mann
durch seine Reisen von Dir entfernt ist; Du
unterscheidest keine Zeit bey diesen Besu-
chen, und einer Deiner jungen Herren hat
so gar das Vorrecht, Dich bis in die späte
Nacht allein zu unterhalten. Alle diese
Dinge werden bemerkt, sorgfältig bemerkt.
Du stehst in grosser Gefahr, selbst bey
rechtschaffenen Leuten, Deinen guten Na-
men zu verlieren, und in ihren Gedanken
villeicht schon zu jenen verächtlichen Krea-
turen herabgesetzt zu werden, die die
Schande unsers Geschlechts sind.

Meine zärtlich geliebte Tochter! Statt
dieses übeln Russ von Dir, wollte ich lieber
gehört haben, dass Du krank wärest, und
ich wüsste kaum, ob mir Dein Tod viel

lich vertrauten Umgang mit verſchiednen
jungen Mannsperſonen; Du giebſt ihnen
Erlaubniſs, Dich vorzüglich und am meiſten
zu der Zeit zu beſuchen, da Dein Mann
durch ſeine Reiſen von Dir entfernt iſt; Du
unterſcheideſt keine Zeit bey dieſen Beſu-
chen, und einer Deiner jungen Herren hat
ſo gar das Vorrecht, Dich bis in die ſpäte
Nacht allein zu unterhalten. Alle dieſe
Dinge werden bemerkt, ſorgfältig bemerkt.
Du ſtehſt in groſser Gefahr, ſelbſt bey
rechtſchaffenen Leuten, Deinen guten Na-
men zu verlieren, und in ihren Gedanken
villeicht ſchon zu jenen verächtlichen Krea-
turen herabgeſetzt zu werden, die die
Schande unſers Geſchlechts ſind.

Meine zärtlich geliebte Tochter! Statt
dieſes übeln Ruſs von Dir, wollte ich lieber
gehört haben, daſs Du krank wäreſt, und
ich wüſste kaum, ob mir Dein Tod viel

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[84/0092] lich vertrauten Umgang mit verſchiednen jungen Mannsperſonen; Du giebſt ihnen Erlaubniſs, Dich vorzüglich und am meiſten zu der Zeit zu beſuchen, da Dein Mann durch ſeine Reiſen von Dir entfernt iſt; Du unterſcheideſt keine Zeit bey dieſen Beſu- chen, und einer Deiner jungen Herren hat ſo gar das Vorrecht, Dich bis in die ſpäte Nacht allein zu unterhalten. Alle dieſe Dinge werden bemerkt, ſorgfältig bemerkt. Du ſtehſt in groſser Gefahr, ſelbſt bey rechtſchaffenen Leuten, Deinen guten Na- men zu verlieren, und in ihren Gedanken villeicht ſchon zu jenen verächtlichen Krea- turen herabgeſetzt zu werden, die die Schande unſers Geſchlechts ſind. Meine zärtlich geliebte Tochter! Statt dieſes übeln Ruſs von Dir, wollte ich lieber gehört haben, daſs Du krank wäreſt, und ich wüſste kaum, ob mir Dein Tod viel

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/92>, abgerufen am 26.04.2024.