schäumende Trank floß in den Becher und helle Sterne zirkelten in seiner Mitte. Ich fand mich auf die angenehmste Weise be- trogen. Für den Aepfelmost meines Sere- nus hätt' ich alle Weine von Burgund und Champagne weggegeben. -- Das sind die Glückseligkeiten eines armen Land- manns, sagte er; seine Flur speiset ihn und sein erquickender Trank fließt ihm von seinen Bäumen herab. -- O, mein lieber M*! wenn sie den Werth dieses Getränks wie ich kenneten! -- Meine Sophie, das Weib meiner Iugend, die Mutter dieser beyden, hat es zu meinem Labsal berei- tet. O! es war ein Weib aus einem an- dern Weltalter: nicht schön, nicht reich, nicht für die große Welt erzogen; aber geschickt, ein Leben wie das meinige, un- ter so manchen Beschwerlichkeiten, den- noch den Glücklichern selbst beneidens-
ſchäumende Trank floß in den Becher und helle Sterne zirkelten in ſeiner Mitte. Ich fand mich auf die angenehmſte Weiſe be- trogen. Für den Aepfelmoſt meines Sere- nus hätt’ ich alle Weine von Burgund und Champagne weggegeben. — Das ſind die Glückſeligkeiten eines armen Land- manns, ſagte er; ſeine Flur ſpeiſet ihn und ſein erquickender Trank fließt ihm von ſeinen Bäumen herab. — O, mein lieber M*! wenn ſie den Werth dieſes Getränks wie ich kenneten! — Meine Sophie, das Weib meiner Iugend, die Mutter dieſer beyden, hat es zu meinem Labſal berei- tet. O! es war ein Weib aus einem an- dern Weltalter: nicht ſchön, nicht reich, nicht für die große Welt erzogen; aber geſchickt, ein Leben wie das meinige, un- ter ſo manchen Beſchwerlichkeiten, den- noch den Glücklichern ſelbſt beneidens-
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ſchäumende Trank floß in den Becher und
helle Sterne zirkelten in ſeiner Mitte. Ich
fand mich auf die angenehmſte Weiſe be-
trogen. Für den Aepfelmoſt meines Sere-
nus hätt’ ich alle Weine von Burgund und
Champagne weggegeben. — Das ſind
die Glückſeligkeiten eines armen Land-
manns, ſagte er; ſeine Flur ſpeiſet ihn und
ſein erquickender Trank fließt ihm von
ſeinen Bäumen herab. — O, mein lieber
M*! wenn ſie den Werth dieſes Getränks
wie ich kenneten! — Meine Sophie, das
Weib meiner Iugend, die Mutter dieſer
beyden, hat es zu meinem Labſal berei-
tet. O! es war ein Weib aus einem an-
dern Weltalter: nicht ſchön, nicht reich,
nicht für die große Welt erzogen; aber
geſchickt, ein Leben wie das meinige, un-
ter ſo manchen Beſchwerlichkeiten, den-
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/189>, abgerufen am 13.05.2024.
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